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Wohnungsüberlassung (unentgeltliche) – Leihvertrag

Oberlandesgericht Koblenz

Az: 1 U 63/10

Urteil vom 15.09.2010


Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2010 für Recht erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 18. Dezember 2009 in der (berichtigten) Fassung des Urteils des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 10. März 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, .. (Mit-)Geschäftsführer der Klägerin und Ehegatte der früheren (Mit-)Geschäftsführerin der Klägerin, die Räumung einer Wohnung auf ihrem von den vormaligen Eheleuten angepachteten Betriebsgelände „………..

Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Die von dem Beklagten nach der Trennung und Scheidung weiter genutzte „Betriebswohnung“ ist Bestandteil der Appartementanlage „…“ (Liegenschaftskarte Bl. 69 GA; Grundriss Bl. 67 GA; Handskizze Bl. 4 GA [LGU-Anlage Bl. 135 GA]). Den Gastronomiebetrieb hat die Klägerin seit Februar 2009 eingestellt; zwischenzeitlich hat die frühere Ehefrau des Beklagten die Teilungsversteigerung des Pachtgrundstücks beantragt.

Das Landgericht hat mit Teilurteil vom 18. Dezember 2009 (Bl. 123 ff. GA) den Beklagten zur Räumung der streitgegenständlichen Wohnung sowie zur Herausgabe der Wohnungsschlüssel nebst eines (ausgebauten) Schließzylinders verurteilt, jeweils Zug um Zug gegen Rechnungslegung über die im Zeitraum Oktober 2005 bis einschließlich September 2009 erzielten Umsatzerlöse und die hieran anknüpfenden Pachtzinszahlungen; auf die widerklagend erhobene Stufenklage hat es die Klägerin – in der ersten Stufe – zur Rechnungslegung im vorbezeichneten Umfang verurteilt. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten; die Klägerin hat keine (Anschluss-)Berufung eingelegt. Das Landgericht hat mit Urteil vom 10. März 2010 (Bl. 160 ff. GA) den Tatbestand des angefochtenen Urteils teilweise berichtigt; das weitergehende Begehren des Beklagten auf Tatbestandsberichtigung respektive Urteilsergänzung hat es zurückgewiesen. Der Senat hat dem Beklagten mit Beschluss vom 1. April 2010 (Bl. 226 ff. GA) Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist gewährt.

Der Beklagte rügt eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung wie Rechtsanwendung des Landgerichts. Ein Räumungs-/Herausgabeanspruch sei schon mangels wirksam gegenüber beiden (ehemaligen) Eheleuten erklärter Kündigung nicht entstanden; das Räumungs- und Herausgabeverlangen der Klägerin stelle sich aber auch als Verstoß gegen Treu und Glauben dar. Der Pachtvertrag erstrecke sich im Blick auf die „grundlegende Umgestaltung (Um- und Neubauten)“ nämlich gerade nicht auf die streitgegenständliche Wohnung; überdies seit der Pachtbetrieb inzwischen „tatsächlich eingestellt“ und das Pachtobjekt an die frühere Ehefrau „zurückgegeben“ worden. Es dränge sich auf, dass die Klägerin und ihre ehemalige (Mit-) Geschäftsführerin „unredliche Zwecke“ gegenüber ihm, dem Beklagten, verfolgten; aus der „Vereinbarung der Umsatzpacht“ müsse zugleich die Verpflichtung zur „Aufrechterhaltung des Pachtbetriebs“ folgen. Die Verhaltensweisen der Klägerin und ihrer ehemaligen Geschäftsführerin in den anderen Gerichtsverfahren (beiderseitige Darlehensrückzahlung; Trennungsunterhalt; Pachtzinszahlungen für das Jahr 2006) stellten aussagekräftige Indizien für einen unwahren Sachvortrag – auch – im vorliegenden Rechtsstreit dar und belegten deren „sittenwidriges Zusammenspiel“ zu seinen, des Beklagten, Schaden.

Das Zurückbehaltungsrecht sei im ersten Rechtszug umfassend wegen seines, des Beklagten, Rechts auf Rechnungslegung, Pachtzinszahlung und Wiederaufnahme des Pachtbetriebs eingewendet worden; aufgrund des Zeitablaufs sei dieses nunmehr auf den Zeitraum bis einschließlich Februar 2010 zu erstrecken.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts vom 18. Dezember 2009 abzuändern und die Klage abzuweisen; – hilfsweise – das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass die Zug-um-Zug-Einschränkung der Verurteilung des Beklagten unter Ziffern 1. und 2. des Tenors wie folgt ergänzt wird:

c)

Rechnungslegung gegenüber dem Beklagten und der Geschäftsführerin der Klägerin über die für die Zeit von Oktober 2005 bis Februar 2010 aus dem Pachtbetrieb des Anwesens „…“ geschuldeten Pachtzinsen;

d)

Zahlung der noch ausstehenden Pachtzinsen aus dem Betrieb des Anwesens „…“ für die Zeit von Oktober 2005 bis einschließlich Februar 2010 an den Beklagten und die Geschäftsführerin der Klägerin;

e)

Wiederaufnahme des Pachtbetriebs an dem Anwesen „…“;

f)

Auskunftserteilung und Belegvorlage entsprechend Ziffern 1. a) und b) sowie 2. a) und b) des Tenors des erstinstanzlichen Urteils für den Zeitraum Oktober 2009 bis Februar 2010; – weiter hilfsweise – das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 2 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, dessen Grundlagen durch den – teilweise schon unverständlichen und im zweiten Rechtszug verspäteten – Berufungsvortrag nicht erschüttert werden könnten. Eine Kündigung habe gegenüber der (ehemaligen) Geschäftsführerin, die nach dem Schlüssel-/Schließzylinderaustausch durch den Beklagten ohnehin die streitgegenständliche Wohnung überhaupt nicht mehr habe betreten können, nicht mehr ausgesprochen werden müssen; die „kurzfristige Einstellung des Pachtbetriebs“ berühre den aus einem Leihverhältnis folgenden Räumungs- und Herausgabeanspruch nicht. Dem (erweiterten und damit im zweiten Rechtszug unzulässigen) Zurückbehaltungsrecht werde entgegengetreten; ein (ohnehin noch unbezifferter) Anspruch auf Zahlung der Pachtzinsen sei noch nicht fällig, ein Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme des Pachtbetriebs bestehe nicht.

II.

Die – zulässige – Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin kann vom Beklagten, nach Maßgabe der Zug-um-Zug-Verurteilung im angefochtenen Urteil, die streitgegenständliche (im Tenor des landgerichtlichen Urteils näher beschriebe) Wohnung sowie die dazugehörigen Wohnungsschlüssel nebst ausgetauschter Schließzylindereinheit zurückfordern (§ 604 Abs. 3 BGB).

Es wird auf die ausführlichen Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen, die wie folgt zusammengefasst und ergänzt werden:

1.

Zwischen den Parteien des Rechtsstreits besteht, was die Berufung im Grunde auch nicht mehr ernsthaft in Abrede stellt, ein Leihvertrag i.S.d. § 598 BGB über die streitgegenständliche Parterrewohnung (Betriebswohnung) in der Appartementanlage auf dem (Betriebs-)Anwesen „……

a)

Die Klägerin hatte das Betriebsanwesen vom Beklagten und seiner damaligen Ehefrau, den je hälftigen Bruchteilseigentümern der Grundstücke, in seiner Gesamtheit („Grundstück .. Flur 11, Flurstücke 6, 9 11 mit Gaststätte in …“ ) angepachtet („Mietvertrag“ vom 30. November 1998 i.d.F. der „Mietvertragsvereinbarung … “ vom 12. Dezember 2002 mit Nachtrag vom 1. Oktober 2005; Bl. 5 ff. GA). Danach waren die Verpächter seit jeher verpflichtet, der Klägerin als Pächterin den Gebrauch des verpachteten Geländes einschließlich der Gebrauchsvorteile (i.S.d. § 100 BGB) sowie den Genuss der Früchte (i.S.d. § 99 BGB) zu gewähren (§ 581 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine besondere Zweckbestimmung (etwa: „Gaststätten- und Hotelpachtvertrag“; vgl. hierzu Palandt/ Weidenkaff, BGB, 69. Auflage 2010, Einf. vor § 581 Rn. 20) oder sonstige Einschränkungen sind ersichtlich nicht vereinbart worden; die Verpächter waren nach der „Beendigung der Umbauphase“ über den dann zu zahlenden Pachtzins an den (nicht näher bestimmten) „Umsatzerlösen“ zu beteiligen. Die streitgegenständliche Betriebswohnung ist – unstreitig – Teil der auf dem Betriebsgelände entstandenen Appartementanlage und damit vom umfassenden Nutzungs- wie Fruchtziehungsrecht der Pächterin erfasst. Dass die Wohneinheiten bei Vertragsschluss noch nicht vorhanden waren, ändert hieran – entgegen der Auffassung des Beklagten – nichts. Es entspricht dem Wesen des Grundstückspachtvertrages, dass dem Pächter auch die Gebrauchsvorteile während der Pachtzeit erst zu errichtender Einrichtungen zukommen sollen (vgl. Sonnenschein/Veit in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, § 581 Rn. 11 ff.). Zu einer vertraglichen Änderung des Pachtgegenstandes ist es nach dem hier zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht gekommen; die Nachtragsvereinbarungen vom 12. Dezember 2002 sowie vom 1. Oktober 2005 betreffen einzig die Höhe des Pachtzinses. Nach dem übereinstimmenden Parteivortrag ist weiter davon auszugehen, dass der Pachtvertrag auch noch nicht beendet ist, sondern sich – über den 31. Dezember 2008 hinaus – bereits zweimal „automatisch“ verlängert hat (vgl. „Mietvertrag vom 30. November 1998 a.E.). Der Beklagte selbst hatte vorgetragen, dass der Pachtvertrag mangels wirksamer (gemeinschaftlicher) Kündigungserklärung der Verpächter „nach wie vor in Kraft“ sei (Schriftsatz vom 31. August 2009, Seite 7; Bl. 79 GA). Dem stünden als solches auch ein „tatsächlicher Stillstand“ des Pachtbetriebes (in welchem Umfang auch immer) sowie eine Weitergabe des – unmittelbaren – Besitzes (an wen auch immer) nicht entgegen. Hieraus etwa zu ziehende (pacht-)rechtliche Folgerungen sind nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Schließlich lässt auch die von der Beklagten zwischenzeitlich eingeleitete Teilungsversteigerung des Bruchteilseigentums den Pachtvertrag unberührt (arg. e §§ 57, 180 Abs. 1, 183 ZVG).

b)

Das Landgericht hat – insofern unbeanstandet – tatbestandlich festgestellt, dass die streitgegenständliche „komplett möblierte“ Betriebswohnung seit Sommer 2006 von den vormaligen Eheleuten, ohne ausdrückliche Nutzungsvereinbarung mit der Klägerin, „gelegentlich benutzt“ wurde und der Beklagte nach der Trennung der Eheleute im Februar 2007 die Nutzung aufrechterhalten hat. In den Entscheidungsgründen findet sich, im Einklang mit dem Vortrag des Beklagten im ersten Rechtszug (Schriftsatz vom 31. August 2009, Seite 6; Bl. 78 GA), die weitere tatbestandliche Feststellung, dass „eine Gegenleistung für die Einräumung des Nutzungsrechts zu keinem Zeitpunkt vereinbart“ worden war. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung, gegebenenfalls auch schon die bloße stillschweigende Duldung ihrer Nutzung, auch bei längerfristiger Gestattung als (Grundstücks-)Leihvertrag einzuordnen ist (vgl. BGH NJW 1982, 820 [BGH 11.12.1981 – V ZR 247/80]; OLG Köln MDR 1999, 1271; Reuter in: Staudinger a.a.O. § 598 Rn. 7). Das schuldrechtliche Rechtsgeschäft ist unabhängig von der dinglichen Rechtslage (Abstraktionsprinzip); der Verleiher muss im Besonderen nicht Eigentümer der verliehenen Sache sein (Palandt/ Weidenkaff a.a.O. § 598 Rn. 1; C. Wagner in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Auflage 2008, § 598 Rn. 17). Die Klägerin – insofern: Verleiherin – konnte mithin als Ausfluss ihres umfassenden und fortbestehenden Nutzungs- und Besitzrechts (s. oben II.1.a.) auch den Eigentümern – insofern: Entleiher – den Gebrauch eines abgegrenzten Teils des Pachtobjekts auf schuldrechtlicher Grundlage rechtswirksam gestatten (vgl. Reuter a.a.O. § 604 Rn. 5 f.).

2.

Die Dauer des Leihverhältnisses war weder bestimmt noch aus einer Zweckbestimmung zu entnehmen. Die Klägerin kann daher gemäß § 604 Abs. 3 BGB die streitgegenständliche Wohnung jederzeit zurückfordern; einer Kündigungserklärung im Rechtssinne bedarf es hier, anders als in den Fällen des § 605 BGB, nicht (Palandt/ Weidenkaff a.a.O. § 605 Rn. 2). Der Rückgabeanspruch kann gegen jeden der Entleiher als Gesamtschuldner selbständig verfolgt werden (§ 421 i.V.m. § 431 BGB; Reuter a.a.O. Rn. 2; vgl. zum Mietrecht BGHZ 131, 176, 183; Palandt/ Weidenkaff a.a.O. § 546 Rn. 12); der Beklagte hatte ohnehin – wie das Landgericht insofern unbeanstandet tatbestandlich festgestellt hat – den Schließzylinder der Wohnungstür nach der Trennung der Eheleute ausgetauscht und sich damit den Alleinbesitz verschafft.

Das Rückgabeverlangen ist nach dem hier unterbreiteten Sachverhalt auch weder zur Unzeit erfolgt noch stellt es sich als schikanös (§ 226 BGB) oder sonst rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) dar. Die vom Beklagten herausgestellten und aus einer Sicht bewerteten „Verhaltensweisen“ der Klägerin und ihrer ehemaligen Geschäftsführerin, der geschiedenen Ehefrau des Beklagten, in den weiter anhängigen Gerichtsverfahren erlauben keinen dementsprechenden Rückschluss. Der Missbrauch einer lediglich formalen Rechtsposition (vgl. hierzu Spindler in: Bamberger/Roth a.a.O. § 826 Rn. 106 ff.) ist bei interessengerechter Betrachtung nicht ansatzweise ersichtlich; der Beklagte benötigt die streitgegenständliche Wohnung – wie aus dem Rubrum ersichtlich – auch nicht zur Deckung eines existenziellen Wohnbedarfs. Es liegt auch nicht so, dass die Klägerin das Pachtobjekt und damit auch die aufstehende Betriebswohnung alsbald nach der Räumung an die Eigentümergemeinschaft würde zurückgeben müssen (dolo-agit-Einwand; vgl. hierzu Reuter a.a.O. Rn. 6). Eine Kündigung des Pachtvertrages ist – wie bereits festgestellt – bis dato nicht rechtswirksam erklärt worden; ein Notverwaltungsrecht als Teilhaber der Bruchteilsgemeinschaft (vgl. §§ 744 Abs. 2, 745 Abs. 2 BGB) hat der Beklagte noch nicht einmal behauptet.

3.

Den Zug-um-Zug-Ausspruch im angefochtenen Urteil hat die Klägerin hingenommen; dem Senat ist insofern wegen des Verbots der reformatio in peius eine vorbehaltslose Verurteilung des Beklagten verwehrt (vgl. Heßler in: Zöller, ZPO, 28. Auflage 2010, § 528 Rn. 27). Mit dem Hilfsantrag begehrt die Berufung eine sachliche Erweiterung der vorbehaltenen Gegenansprüche und damit der Zug-um-Zug-Einschränkung i.S.d. §§ 273 Abs. 1, 274 Abs. 1 BGB (Zeitraum der Rechnungslegung nunmehr bis einschließlich Februar 2010; Rechnungslegung gegenüber der Eigentümergemeinschaft; Pachtzinszahlung an die Eigentümergemeinschaft für den Zeitraum Oktober 2005 bis Februar 2010; Wiederaufnahme des Pachtbetriebs).

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a)

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob das entsprechende Verteidigungsvorbringen im Berufungsverfahren überhaupt noch zulässig (vgl. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) und weiter durch hinreichend substantiierten Sachvortrag unterlegt ist. Es bedarf auch keiner Erörterung des Bestandes wie der Gegenseitigkeit der – neu eingeführten – Gegenrechte noch der (Einzel-)Forderungsbefugnis des Beklagten (einfache Forderungsgemeinschaft i.S.d. § 432 BGB). Allerdings ist der Beklagte, dessen entsprechende (Stufen-)Widerklage (Schriftsatz vom 19. Juli 2009, Seite 4; Bl. 54 GA) erst in der Auskunftsstufe beschieden ist, derzeit noch gar nicht in der Lage, den behaupteten Pachtzinsanspruch der Eigentümergemeinschaft zu beziffern; des Weiteren trägt allein die Vereinbarung einer Umsatzpacht nicht zwingend den Schluss auf eine verbindlich vereinbarte Betriebs- respektive Benutzungspflicht des Pächters (vgl. Palandt/ Weidenkaff a.a.O. § 581 Rn. 10 und 11 m.w.N.).

b)

Jedenfalls aber steht der Rückgabeanspruch der Klägerin aus der Wohnungsleihe nicht im Verhältnis der Konnexität mit den vom Beklagten vorliegend eingewendeten angeblichen Gegenansprüchen, sodass ein Zurückbehaltungsrecht nicht besteht.

Nach § 273 Abs. 1 BGB soll der Schuldner eine Leistung nicht wegen eines jeden beliebigen Gegenanspruchs zurückhalten dürfen, sondern nur dann, wenn die gegenseitigen Ansprüche einem innerlich zusammenhängenden einheitlichen Lebensverhältnis entspringen, wenn sie also in einem natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, so dass es gegen Treu und Glauben verstieße, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und verwirklicht werden könnte (BGHZ 47, 157, 167; 64, 122, 125; 92, 194, 196; BGH NJW-RR 2005, 375 ff. [BGH 06.10.2004 – XII ZR 323/01]; Palandt/ Grüneberg a.a.O. § 273 Rn. 9). Das ist hier bei interessengerechter Würdigung nicht der Fall.

Es mag zwar, nicht zuletzt im Blick auf die offensichtlich auch den vorliegenden Rechtsstreit beeinflussende Auseinandersetzung der ehemaligen Familie, bei entsprechend weitem Verständnis insgesamt noch von einem einheitlichen Lebenssachverhalt auszugehen sein. Die gegenüberstehenden Rechte beruhen aber durchaus auf verschiedenen und voneinander trennbaren Grundlagen. Der Klageanspruch betrifft die Rückführung einer zum gelegentlichen Wohngebrauch überlassenen Betriebswohnung in die Nutzungsbefugnis des Pachtbetriebs; eine besondere Nutzungs- wie Zweckvereinbarung besteht nicht (s. oben II.1.b.). Die behaupteten Gegenansprüche betreffen demgegenüber die Durchführung und Abwicklung des (weitgehend vertraglich unbestimmten und daher „konfliktträchtigen“) Pachtvertrages der Eigentümergemeinschaft des Beklagten und seiner geschiedenen Ehefrau mit der (wiederum von der Herkunftsfamilie der Ehefrau „beherrschten“) Klägerin. Zu diesem Streitstoff liegt indessen zu Gunsten des Beklagten bereits ein umfassender Auskunftstitel vor (rechtskräftiger Widerklageausspruch im vorliegenden Rechtsstreit) und ist nach seinen Angaben auch noch ein weiterer Rechtsstreit anhängig (Pachtzinsausgleich für das Jahr 2006). Unter diesen Umständen erschiene es nach Auffassung des Senats außer Verhältnis und treuwidrig, wenn der Beklagte die von ihm geschuldete sofortige Rückgabe der Betriebswohnung auf dem Pachtgelände ebenfalls noch mit dem Konfliktfeld der Familienauseinandersetzung „verknüpfen“ könnte (s. dazu auch den §§ 273 Abs. 2, § 570 BGB jeweils zugrundeliegenden Rechtsgedanken). Einen besonderen Grund für die Beibehaltung des unmittelbaren Besitzes hat der Beklagte nicht genannt; Verwendungsersatzansprüche i.S.d. § 601 BGB, die nach wohl überwie-gender Auffassung ein Zurückbehaltungsrecht des Entleihers zu begründen vermögen (vgl. RGZ 65, 270, 277 f.; Reuter a.a.O. § 604 Rn. 4), macht er nicht geltend.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache betrifft die Entscheidung in einem Einzelfall und hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist der Streitfall zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu eröffnen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

V.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 41 Abs. 2 Satz 1 GKG; § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO festgesetzt auf 13.000 Euro.

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