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Unerlaubte Handlung – Verjährung Regressansprüche Opferentschädigungsleistungen

AG Zossen –  Az.: 5 C 145/13 –  Urteil vom 10.02.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert wird auf 1.162,39 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der am 27. März 2013 anhängig gemachten Klage vom Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen einer Körperverletzung.

Am 8. Juli 2007 gegen 4:00 Uhr befanden sich der Beklagte, Herr … und weitere Personen in der Gaststätte „…“ in … zu einer Disco. Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Beklagten und Herrn … , wobei zwischen den Parteien streitig ist, von wem die Tätlichkeiten ursprünglich ausgingen und was der Anlaß hierfür war.

Mit Bescheid vom 11. Februar 2009, dessen Adressat Herr … war, erkannte der Kläger einer Zahnschädigung als schädigende Einwirkung im Sinne des § 1 OEG an. Mit weiterem Bescheid vom 11. August 2010 wurde ein Erstattungsbetrag in Höhe von 113,07 € festgesetzt.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe Herrn … , der nur einen Streit habe schlichten wollen, mit der Faust auf den Mund geschlagen. Infolge des Faustschlages sei bei diesem ein Schneidezahn abgebrochen, der zahnprothetisch habe versorgt werden müssen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 512,39 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen, sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die übergangsfähigen Aufwendungen und Leistungen zu erstatten, die er für Herrn … aus Anlaß der am 8. Juli 2007 vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung künftig noch zu erbringen hat, sowie ferner festzustellen, dass der Anspruch aus unerlaubter Handlung resultiert.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er erhebt die Einrede der Verjährung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Es kann dahinstehen, ob der geltend gemachte Anspruch entstanden ist. Er ist jedenfalls nicht durchsetzbar. Der Kläger kann sich mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen.

Der geltend gemachte Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 5 OEG – so er entstanden ist – ist verjährt (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Das schädigende Ereignis, das der Kläger behauptet, fand im Jahre 2007 statt. Spätestens im Jahr 2009 erlangte der Kläger hiervon Kenntnis, denn in diesem Jahr verbescheidete er einen Antrag des Herrn … nach dem Opferentschädigungsgesetz. Daher war spätestens mit Ablauf des Jahres 2012 ein möglicher Anspruch verjährt, so daß die am 27. März 2013 erhobene Klage die Verjährung nicht mehr unterbrechen konnte. Mag auch im Jahr 2009 aus Sicht des Klägers der entstandene Schaden der Höhe nach noch nicht festgestanden haben, so hatte er doch im Zeitpunkt des Bescheides vom 11. Februar 2009 dem Grunde nach Kenntnis vom behaupteten Schadenseintritt und dem behaupteten Schädiger. Der Kläger hätte demnach zumindest ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit gehabt, mit einer Feststellungsklage die Verjährung zu unterbrechen.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach für den Verjährungsbeginn auf die Kenntnis der für den Regreß zuständigen Organisationseinheit des (Sozial-)Leistungsträgers abzustellen ist (zuletzt BGH NJW 2012, 2644). Diese Entscheidung, wie auch – soweit ersichtlich – sämtliche zu dieser Rechtsfrage nach dem „neuen“ Verjährungsrecht ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und der Obergerichte, beziehen sich auf Sozialversicherungsträger, wie die gesetzliche Krankenkasse, die gesetzliche Rentenversicherung oder die gesetzliche Unfallversicherung. Zu Leistungen dieser Sozialversicherungsträger sind Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz in verjährungsrechtlicher Hinsicht jedoch zu unterscheiden. Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse, der gesetzlichen Rentenversicherung oder der gesetzlichen Unfallversicherung geben in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle keinen Anlaß zur Regressierung, da ihnen schicksalshafte Erkrankungen oder ein selbstverursachte Unfallereignisse zugrunde liegen. Der Regreßfall ist die Ausnahme, von deren jeweilige Existenz der Sozialversicherungsträger durch seine Regreßabteilung erst Kenntnis erlangen muß. Dagegen sind Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz stets Anlaß zum Regreß gegen den Schädiger. Es bedarf also keiner Weiterleitung von der Leistungsabteilung an die Regreßabteilung im jeweils zu erkennenden Einzelfall, sondern alle Leistungsfälle sind Regreßfälle.

Eine Unterscheidung zwischen Kenntnis der Leistungsabteilung und der Regreßabteilung kann indes nur dann von Relevanz sein, wenn nicht jeder Leistungsfall gleichzeitig ein Regreßfall ist. Ist nämlich wie bei Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz jeder Schadensfall dem Grunde nach regressierbar, hat die leistende Behörde mit Kenntnis vom Schadensfall automatisch auch Kenntnis vom Regreßfall. Es muß dies nicht erst wie im Falle der Sozialversicherungsträger durch einen Mitarbeiter der Abteilung erkannt und der Regreßabteilung zur Kenntnis gebracht werden. Da bei Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz jeder Fall ein Regreßfall ist, obläge es der leistenden Behörde, sicherzustellen, daß auch jeder Fall spätestens mit seiner Anerkennung im Sinne des § 1 OEG unverzüglich der Regreßabteilung vorgelegt wird. Ist dagegen behördenintern kein solcher Automatismus geschaffen, der sicherstellt, daß die Regreßabteilung mit Eingang eines Leistungsantrages oder jedenfalls spätestens mit dessen Anerkennung nach § 1 OEG durch Bescheid vom Schadensfall Kenntnis erlangt, liegt grob fahrlässige Unkenntnis vor. Diese grob fahrlässige Unkenntnis beruht in diesen Fällen nämlich nicht auf einem fehlerhaften Verhalten der Mitarbeiter der Leistungabteilung, sondern darauf, daß die Behördenstruktur nicht vorsieht, daß mit Anerkennung eines jeden Anspruchs die Regreßabteilung automatisch beteiligt wird.

Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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