Oberlandesgericht Hamm
Az.: 6 U 192/01
Urteil vom 11.04.2002
In dem Rechtsstreit hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2002 für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 18. Juni 2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Siegen – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen – teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger über die erstinstanzlich ausgeurteilten Beträge hinaus weitere 612,02 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 31.12.1999 zu zahlen.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Kosten der 1. Instanz tragen zu 3/8 der Kläger und 5/8 die Beklagten. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen zu 3/7 der Kläger und zu 4/7 die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
I.
Der Kläger fordert restlichen Schadenersatz wegen eines Verkehrsunfalls, bei dem sein Pkw Opel-Omega Caravan (Baujahr 1994; Laufleistung 82.755 km) am 16.07.1999 vom Beklagten zu 3) mit einem bei der Beklagten zu 2) versicherten Lkw der Beklagten zu 1) linksseitig beschädig wurde. Insgesamt kostete die Reparatur 9.265,81 DM.
Der Unfall war an einem Freitag. Am folgenden Samstag trat der Kläger seinen seit längerem geplanten Urlaub an, und zwar entgegen seiner Planung ohne das Auto. Zwei Wochen darauf kam er am letzten Juliwochenende aus dem Urlaub zurück und erteilte anschließend den Reparaturauftrag. Die Reparatur dauerte bis zum 14.08.1999.
Das Landgericht hat der auf Ersatz des Fahrzeugschadens einschließlich der Nebenkosten gerichteten Klage nach einer Haftungsquote der Beklagten von 70 % stattgegeben, hat aber dem Kläger die für 32 Tage geforderte Nutzungsausfallentschädigung insgesamt versagt mit der Begründung, er habe das Gebot zur Schadensregulierung verstoßen, es sei ihm zumutbar gewesen, sich auch im Rahmen seines Urlaubs wenigstens telefonisch darum zu kümmern, den Reparaturauftrag unverzüglich zu erteilen; auch für die Zeit nach seiner Rückkehr bis zu Reparatur könne ihm kein Nutzungsausfall gewährt werden, da er weder vorgetragen habe, wann er aus dem Urlaub zurückgekommen sei noch wann er den Auftrag für die Reparatur konkret erteilt habe.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger nunmehr auf 70 % Basis sein Nutzungsausfallbegehrten für einen Zeitraum von 32 Tagen zu je 95,00 DM weiter. Er macht geltend, vor dem Urlaub habe er keinen Reparaturauftrag erteilen können, und telefonisch sei das im Urlaub auch nicht möglich, zumindest aber nicht zumutbar gewesen.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil.
Der Senat habe den Kläger gemäß § 141 ZPO angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet.
1. Dem Geschädigten, der – wie hier der Kläger – während der Reparaturzeit sein Fahrzeug benutzt hätte, steht wegen der entgangenen Gebrauchsvorteile eine Nutzungsausfallentschädigung für die angemessen Reparaturdauer zu (vgl. BGHZ 40, 345; 45, 212; 56, 214; 89, 60; Hentschel; § 12 StVG Rdn. 40 ff.). Er hat aber nach dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 BGB den Reparaturauftrag unverzüglich zu erteilen, damit der Umfang des Ausfalls möglichst gering gehalten wird (vgl. BGH NJW 86, 2945 – VersR 86, 1208; OLG Hamm – 3. ZS – MDR 84, 490; Bär, DAR 01, 27). Gegen diese Obliegenheit hat der Kläger dadurch verstoßen, dass er erst nach Rückkehr aus dem Urlaub den Reparaturauftrag erteilt hat.
Ohne Erfolg verweist der Kläger auf die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 06.10.1999 (DAR 00, 35,36), nach dem es dem im Urlaub befindlichen Geschädigten im Rahmen der Nutzungsentschädigung nicht zuzumuten ist, seinen Urlaubsplan zu ändern oder sich währen der Urlaubszeit um die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges zu bemühen. Denn darum geht es hier nicht. Das Autohaus, das nach Rückkehr des Klägers aus dem Urlaub den Reparaturauftrag erhalten hat, hatte bereits am Unfalltage das Fahrzeug abgeschleppt. Es mag zwar sein, dass der Kläger zunächst den Eingang des Schadensgutachtens abwarten durfte, um die Reparaturwürdigkeit überprüfen und die Entscheidung treffen zu können, ob statt einer Reparatur die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs wirtschaftlicher wäre. Dazu braucht er aber seinen Urlaub nicht zu verschieben. Das Gutachtenergebnis konnte er ohne Schwierigkeiten telefonisch erfragen oder sich das Gutachten an seinen Urlaubsort senden lassen. Spätestens nach Eingang des Gutachtens konnte er aus den aufgeführten Werten zweifelsfrei die Reparaturwürdigkeit feststellen, und er hätte dann unverzüglich telefonisch einen Reparaturauftrag erteilen können. Daß die Werkstatt, bei der das Fahrzeug bereits stand, sich hierauf nicht eingelassen hätte, hat der Kläger nicht konkret und substantiiert behauptet.
2. Es war aber nicht gerechtfertigt, dem Kläger die Nutzungsausfallentschädigung vollständig zu versagen. Vielmehr muß er so gestellt werden, wie er gestanden hätte, wenn er alsbald nach Eingang des Gutachtens den Reparaturauftrag erteilt hätte. In diesem Fall hätte sich der Nutzungsausfall auf 18 Kalendertage beschränkt. Das lässt sich herleiten aus der Reparaturdauer, welche aus der Reparaturrechnung i.V.m. dem vom Arbeitgeber des Klägers bescheinigten Urlaubsende zu entnehmen war, und dem Datum des Schadensgutachtens. Wenn gleichwohl das Landgericht hier noch weiteren Aufklärungsbedarf sah, hätte der Kläger gemäß § 139 ZPO gefragt werden können.
3. Der Tagessatz von 95,00 DM ist außer Streit; er entspricht den üblichen Tabellen. Der ersatzfähige Nutzungsausfall ist danach mit 1.710,00 DM zu bewerten. Hiervon erhält der Kläger entsprechend der Haftungsquote der Beklagen 70 % = 1.197,00 DM (=612,02 Euro) ersetzt.
4. Die Zinsentscheidung und die Prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 291 BGB, §§ 92, 100, 708 Nr. 10, 713 ZPO.