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Unfallversicherung – Ausschluss von Infektionen aus dem Versicherungsschutz

Oberlandesgericht Hamm

Az: 20 U 237/06

Beschluss vom 16.05.2007


Die Berufung des Klägers gegen das am 20. September 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufungsinstanz nach einem Streitwert von 761.863,00 €.

Gründe:

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass sie keine Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung besitzt, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senates erfordern.

I.
Auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 23. Februar 2007 wird Bezug genommen. Die Ausführungen des Klägers in den Schriftsätzen vom 22.02.2007 und vom 26.03.2007 geben weder Veranlassung zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung noch zu der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung.

1.) Die Klausel des § 2 Abs. 2 Nr. 3 AUB 94 bzw. AUB R 97 ist nicht überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB. Der Kläger berücksichtigt bei seiner Argumentation nicht, dass nach der Klausel Infektionen grundsätzlich nicht unter den Versicherungsschutz fallen. Es geht – letztlich – also nicht um die Einschränkung eines zuvor vereinbarten Versicherungsschutzes, sondern um einen möglichen Wiedereinschluss einer – eindeutig und verständlich formulierten – nicht versicherten Gefahr (Infektion). Der Umstand, dass dieser Wiedereinschluss nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gegeben ist, ist bei Berücksichtigung dieser Ausgangsprämisse nicht überraschend.

2.) Die vorgenante Klausel verstößt – dies gilt inbs. für das Merkmal der „Geringfügigkeit“ – auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zwar kann sich die Unwirksamkeit einer AGB gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB schon daraus ergeben, dass sie nicht klar und verständlich formuliert ist. Dabei ist jedoch kein allzu strenger Maßstab anzulegen. Es genügt vielmehr, wenn sich der Verwender im Rahmen des Möglichen um Verständlichkeit bemüht. Die Bestimmung in § 2 Abs. 2 Nr. 3 AUB 94 ist so formuliert, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer ihre Bedeutung bei verständiger Würdigung nachvollziehen kann (Senat, Beschluss vom 23.11.2005 – 20 U 183/05, veröffentlicht bei BeckRS 2006, 09706 und JURIS). Aus der Formulierung „….die als solche geringfügig…“ wird ein um Verständigung bemühter durchschnittlicher Versicherungsnehmer erkennen, dass sich die „Geringfügigkeit“ ausschließlich auf die „Haut- oder Schleimhautverletzung“ (durch die der Krankheitserreger in den Körper gelangt ist) bezieht und nicht auf mögliche Folgen, die erst daraus entstehen, dass Erreger in den Körper gelangt sind. Ebenso wird ein verständiger Versicherungsnehmer (falls er den Zeckenstich überhaupt wahrnimmt) „Geringfügigkeit“ der Hautverletzung „als solche“ dann bejahen, wenn die Hautverletzung für sich betrachtet – also ohne mögliche schwerwiegende Folgen – keiner ärztliche Behandlung bedarf, weil sie – „als solche“ keinen Krankheitswert hat (wie z. B. bei einem Zeckenbiss).

3.) Die Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen. Wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt, erwartet ein um Verständigung bemühter Versicherungsnehmer keinen Unfallversicherungsschutz für Infektionen aufgrund von Bagatell(-Haut)verletzungen. Ein Versicherer ist auch – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht gehalten, den Versicherungsnehmer dahingehend aufzuklären, dass Zeckenstiche nebst Folgen keinen Anspruch begründen. Ein durchschnittlicher (Unfall-)Versicherungsnehmer wird bereits einen Zeckenstich nicht als Unfall verstehen.

4.) In Bezug auf den „zweiten“ Zeckenstich vom 13.06.2005 und auf die erforderliche ärztliche Feststellung einer unfallbedingten Invalidität gilt – ergänzend – folgendes:

a) Aus dem ärztlichen Bericht vom 16.02.2006 (Bl. 135 ff. d. A.) lässt sich die erforderliche ärztliche Feststellung nicht entnehmen. Zum einen verhält sich der Bericht nur zur „Berufsunfähigkeit“. Zum anderen wird dort ein Zeckenstich vom 13.06.2005 nicht erwähnt.

b) Entsprechendes gilt für die Bescheinigung vom 18.08.2005 (Bl. 139 d. A.).

c) Die ärztliche Bescheinigung vom 27.07.2006 (Bl. 156 d. A.) enthält keine Aussage darüber, dass die weiteren Symptome zu einer weiteren Invalidität geführt haben. Nur eine solche wäre aber aufgrund des „zweiten“ Zeckenstiches zu entschädigen. Im Übrigen ist diese Bescheinigung auch deshalb unzureichend, weil dort ausgeführt wird, dass die weiteren Symptome lediglich „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ auf den Zeckenstich vom 13.06.2005 zurückzuführen sind. Eine durch den Zeckenbiss vom 13.06.2005 kausal verursachte Invalidität ist damit nicht ärztlich festgestellt worden.

d) Die ärztliche Bescheinigung vom 30.08.2006 (Bl. 167 d. A.) ist inhaltlich ebenso unzureichend wie das Attest vom 13.02.2006 (Bl. 134), welches der Senat bereits im Beschluss vom 23.02.2007 als nicht ausreichend bewertet hat. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Senat hat den Streitwert wie folgt festgesetzt:

Antrag zu 1.): 644.228,00 €

Antrag zu 2.): 43.207,00 €

Antrag zu 3.): 64.428 € (1.534,00 x 42)

Antrag zu 4.): 10.000,00 € (§ 3 ZPO)

Der – hilfsweise – gestellte Antrag zu 5.) geht in den vorherigen Anträgen auf (§§ 5, 260 ZPO, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG). Der Kläger verfolgt einen einzigen prozessualen Anspruch mit mehrfacher tatsächlicher Begründung. Der zweite Klagegrund (Zeckenstich vom 13.06.2005) stellt nur eine andere tatsächliche Begründung für das wirtschaftliche identische Begehren dar. Der Kläger kann die begehrte Invaliditätsentschädigung (insgesamt) nur einmal verlangen.

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