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Rechtsreferendare in NRW: Unterhaltsbeihilfe – Berechnung weiterhin nach dem Landesbeamtengesetz


VG Köln
3 K 4933/11
Urteil vom 22.01.2014


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger stand vom 1. Oktober 2010 bis zum Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung am 5. September 2012 als Rechtsreferendar in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zum beklagten Land.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2011 wandte er sich an das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) und machte geltend, seine Unterhaltsbeihilfe sei falsch ermittelt worden. Ausgezahlt werde ihm eine Unterhaltsbeihilfe auf der Basis eines Grundbetrages von 997,58 Euro brutto monatlich. Tatsächlich müsse die Unterhaltsbeihilfe aber 1.009,01 Euro brutto betragen, da gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare (RRefBeihV NRW) der Grundbetrag 85 % des höchsten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährten Anwärtergrundbetrages entspreche. Dieser belaufe sich gemäß der Anlage VIII BBesG derzeit auf 1.187,07 Euro. Der Beklagte gehe bei seiner Berechnung offenbar von dem für Landesbeamte geltenden höchsten Anwärtergrundbetrag von 1.156,28 Euro aus. Dies sei unzutreffend, da gemäß § 6 Abs. 1 Landesbeamtengesetz (LBG) die Regelung des § 80 LBG betreffend – u. a. – die Besoldung von der Anwendung auf Rechtsreferendare ausgenommen sei.

Das LBV wies mit Bescheid vom 23. Mai 2011 den Antrag des Klägers auf Gewährung einer höheren Unterhaltsbeihilfe zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, Rechtsreferendare stünden in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zum Land, auf das das Beamtengesetz für das Land NRW mit Ausnahme der in § 16 Abs. 1 Satz 2 LBG (in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung, jetzt § 6 Abs. 1 Satz 2 LBG) genannten Vorschriften direkt oder entsprechend Anwendung finde. Die Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare knüpfe zwar zur Bestimmung der Höhe der Unterhaltsbeihilfe an das Bundesbesoldungsgesetz an. Diese Anknüpfung beinhalte jedoch keine direkte oder entsprechende Anwendung dieses Gesetzes auf Rechtsreferendare. Dies ergebe sich daraus, dass die Vorschriften über die Beamtenbesoldung auf das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis gemäß § 16 LBG (a. F.) nicht anwendbar seien. Damit verbleibe es bei der einleitend dargelegten Regelung des § 16 Abs. 1 LBG (a. F.), nach der – von einigen Ausnahmen abgesehen – das Landesbeamtenrecht auf das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis direkte oder entsprechende Anwendung finde. Dies gelte auch für den Zeitpunkt der Erhöhung der Unterhaltsbeihilfe, der sich nach der gesetzlichen Regelung für Landesbeamtinnen und -beamte richte.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, zu dessen Begründung er geltend machte, die Ausführungen im Ablehnungsbescheid seien nicht überzeugend. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 RRefBeihV NRW betrage der Grundbetrag der Unterhaltsbeihilfe 85 % des höchsten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährten Anwärtergrundbetrages. Dieser betrage derzeit 1.187,07 Euro, woraus sich ein Grundbetrag der Unterhaltsbeihilfe von 1009,01 Euro ergebe. Hinzu komme, dass gemäß § 6 Abs. 1 LBG NRW u. a. die Vorschrift des § 80 LBG NRW von der Anwendung auf Rechtsreferendare ausgenommen sei. Auch in § 1 des Landesbesoldungsgesetzes seien Rechtsreferendare nicht genannt. Das LBV habe bei der Berechnung der Unterhaltsbeihilfe offenbar einen Anwärtergrundbetrag von 1.156,28 Euro zugrunde gelegt, der sich aus Anlage 17 des Erlasses des Finanzministeriums vom 12. Januar 2010 ergebe und in diesem Jahr durch das BesVersAnpG um 1,5 % erhöht worden sei. Dies halte er aus den dargelegten Gründen für falsch.

Der Widerspruch, dessen Eingang das LBV mit Schreiben vom 27. Mai 2011 bestätigte, wurde in der Folgezeit nicht beschieden. Mit Schreiben vom 5. August 2011, das sich nicht in den vorgelegten Verwaltungsvorgängen des LBV befindet, wies der Kläger auf die Dringlichkeit der Widerspruchsentscheidung im Hinblick auf die Dauer des Vorbereitungsdienstes hin und bat um eine zügige Entscheidung. Gleichzeitig kündigte er die Erhebung einer Untätigkeitsklage für den Fall an, dass eine Widerspruchsentscheidung bis Ende August nicht ergangen sei.

Am 3. September 2011 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er ergänzend zu seinem Widerspruchsvorbringen vorträgt: Der Wortlaut der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfe an Rechtsreferendare sei eindeutig und nicht analogiefähig. Es sei dem Landesgesetzgeber auch unbenommen, auf Bundesrecht zu verweisen und sich dortige Regelungen zu eigen zu machen. Die Verweisung auf das Bundesbesoldungsgesetz in § 1 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung sei auch nicht statisch, sondern nach allgemeinem Verständnis dynamisch, was bedeute, dass auf die jeweils geltende Fassung des Bundesbesoldungsgesetzes Bezug genommen werde. Wenn lediglich eine statische Verweisung gewollt sei, werde dies ausdrücklich kenntlich gemacht, was hier nicht geschehen sei. In diesem Zusammenhang argumentiere der Beklagte auch widersprüchlich, wenn er zwar von einer versteinerten Verweisung auf das Bundesbesoldungsgesetz in der am 31. August 2006 geltenden Fassung ausgehe, im Ergebnis aber dann doch zu einer Anwendung des Landesbesoldungsgesetzes NRW komme. Die Entscheidung des VG Saarland, auf das der Beklagte sich nunmehr zur Bestätigung seiner Rechtsauffassung berufe, sei wegen der dort geltenden andersartigen landesrechtlichen Regelung mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Zudem argumentiere das VG Saarland sehr stark mit dem Umstand, dass sich aus einer Vielzahl von Normen der Wille des Landesgesetzgeber ergebe, die Rechtsstellung der Rechtsreferendare in Bezug auf die Bezahlung parallel zu den Landesbeamten zu regeln. Dies sei auf die rechtliche Situation in NRW nicht übertragbar. Vielmehr mache der Gesetzgeber in NRW im Landesbeamtengesetz deutlich, dass er gerade im Hinblick auf die Bezahlung von Rechtsreferendaren keine mit den Landesbeamten vergleichbare Regelung wolle. Denn § 6 LBG NRW schließe Personen in öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnissen ausdrücklich von der Anwendung des § 80 LBG NRW, der für die Bezahlung auf das Landesbesoldungsgesetz verweise, aus.

Der Kläger beantragt,

das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Mai 2011 zu verpflichten, die Unterhaltsbeihilfe für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis 5. September 2012 unter Zugrundelegung des höchsten Anwärtergrundbetrages nach dem Bundesbesoldungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung neu zu berechnen und den Differenzbetrag zu den für diesen Zeitraum gewährten Unterhaltsbeihilfen zuzüglich der gesetzlichen Zinsen ab Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es vertritt die Auffassung, die Regelung in § 1 Abs. 1 RRefBeihV NRW stelle nur einen partiellen Verweis auf das Bundesbesoldungsgesetz dar. Die Regelung betreffe lediglich die Höhe der zu gewährenden Unterhaltsbeihilfe und den Familienzuschlag. Ein genereller Verweis auf das Bundesbesoldungsgesetz sei darin nicht zu sehen. Dies werde gerade durch die lediglich entsprechende Anwendung bezüglich des Familienzuschlags deutlich. Bereits der Wortlaut der Vorschrift weise darauf hin, dass nur die in Bezug genommenen Regelungen gelten sollten. Die Regelung über den juristischen Vorbereitungsdienst in § 30 JAG verweise auf § 6 LBG NRW, der für Laufbahnbewerber in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis die für Beamte im Vorbereitungsdienst geltenden Vorschriften mit einigen Ausnahmen für entsprechend anwendbar erkläre. Zu diesen Ausnahmen, die sich allesamt auf das Beamtenstatusgesetz und das LBG NRW selbst bezögen, zähle auch § 80 LBG NRW über Leistungen des Dienstherrn, u. a. Besoldung. Für eine Anwendung des Landesbeamten- und -besoldungs-rechts auf Rechtsreferendare spreche daher, dass sich die vorgenannten Ausnahmen gerade nicht auf das Bundesbesoldungsgesetz bezögen, sondern auf die landesrechtlichen Regelungen. Eine Besoldung, die der eines Beamten gleichstehe, sei zudem offensichtlich nicht gewollt, da auch § 80 LBG NRW von der Anwendung bei einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis ausgenommen sei. Es sei daher insgesamt davon auszugehen, dass sich die Erhöhungen der Unterhaltsbeihilfen nach den Gesetzen über die Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge in Nordrhein-Westfalen richteten. Hintergrund sei die Föderalismusreform, deren Ziel es u. a. sei, die gesetzgeberischen Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten. Mit der Auflösung des Art. 74 a GG falle die bisher konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Besoldung, Versorgung und des Dienstrechts der Landesbeamten in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder. Für die Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare in Nordrhein-Westfalen sei aber auch noch aus einem weiteren Grund der nordrhein-westfälische Anwärtergrundbetrag zu Grunde zu legen. Der Wortlaut „Bundesbesoldungsgesetz“ in § 1 Abs. 1 Satz 3 RRefBeihV NRW sei nach der Historie, aber auch nach der Systematik und dem Sinn und Zweck der Verordnung dahingehend auszulegen, dass das „Bundesbesoldungsgesetz in der am 31. August 2006 geltenden Fassung“ gemeint sei. Hintergrund sei, dass die Verordnung aus der Zeit stamme, als die Besoldung der Beamten und Anwärter für den Bund und alle Länder noch weitgehend einheitlich durch den Bundesgesetzgeber geregelt worden sei. Infolge der Föderalismusreform I sei die Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht ab dem 1. September 2006 auf die Länder übergegangen. Bis die Regelungen des Bundesbesoldungsrechts jeweils durch eigene landesrechtliche Regelungen ersetzt seien, gelte gemäß Art. 125 a Abs. 1 Satz 1 GG das Bundesbesoldungsgesetz in der am 31. August 2006 geltenden Fassung neben dem bisherigen Landesrecht in den Ländern fort. Die Fortgeltung des Bundesrechts in der „versteinerten“ Fassung diene der Vermeidung von Regelungslücken bis zum Inkrafttreten der jeweiligen landesrechtlichen Regelungen. Dies bedeute, dass in NRW für die streitgegenständlichen Zeiträume das Bundesbesoldungsgesetz in der am 31. August 2006 geltenden Fassung weiterhin neben dem Landesbesoldungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Februar 2005 Anwendung finde. Die jeweilige Höhe der Bezüge, u. a. der Anwärtergrundbeträge, ergebe sich jeweils aus den im Ministerialblatt für das Land NRW veröffentlichten Bekanntgabeerlassen des Finanzministeriums. Soweit der Bundesgesetzgeber nach dem 31. August 2006 Änderungen seines Bundesbesoldungsgesetzes und an der Höhe der Bezüge vorgenommen habe, betreffe dies ausschließlich Beamte und Anwärter des Bundes. Entsprechend seien für die Bemessung der Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare in NRW die zum jeweils maßgebenden Zeitpunkt in NRW geltenden Anwärtergrundbeträge und der Familienzuschlag maßgeblich. Im Übrigen werde auf das Urteil des VG Saarland vom 12. August 2011 – 2 K 181/10 – verwiesen, das in einer vergleichbaren Situation der hier vertretenen Rechtsauffassung gefolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Neuberechnung seiner Unterhaltsbeihilfe für den streitgegenständlichen Zeitraum sowie die Nachzahlung der ermittelten Differenzbeträge. Der ablehnende Bescheid vom 23. Mai 2011 erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Unterhaltsbeihilfe für den streitgegenständlichen Zeitraum ist § 1 der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare vom 20. April 1999 (GV. NRW. S. 148) i. d. F. der Änderungsverordnung vom 28. Oktober 2005 (GV. NRW. S. 838) – RRefBeihV -. Diese Verordnung ist auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 20 Abs. 6 S. 4 JAG i. d. F. der Bekanntmachung vom 8. November 1993 (GV. NRW. S. 924) ergangen, deren Wortlaut im Wesentlichen mit der jetzt geltenden Regelung des § 32 Abs. 3 S. 6 JAG vom 11. März 2003 übereinstimmt.

Nach § 1 Abs. 1 RRefBeihV erhalten Rechtsreferendarinnen oder Rechtsreferendare, die in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen, eine Unterhaltsbeihilfe (Satz 1), zu der ein monatlicher Grundbetrag und ein Familienzuschlag gehören (Satz 2). Gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 RRefBeihV entspricht der Grundbetrag 85 v.H. des höchsten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährten Anwärtergrundbetrages. Der reine Wortlaut dieser Vorschrift ist nach allgemeinem Verständnis und in Ermangelung abweichender Regelungen grundsätzlich so zu verstehen, dass Bezugsgröße der jeweils geltende höchste Anwärtergrundbetrag nach dem Bundesbesoldungsgesetz ist. Dies folgt aus der Konzeption der Vorschrift zum Zeitpunkt ihres Entstehens. Denn im Jahr 1999 wie auch noch im Zeitpunkt des Erlasses der bisher letzten Änderungsverordnung 2005 richteten sich die Anwärterbezüge für Beamte auf Widerruf im Dienst des beklagten Landes nach Grund und Höhe ausschließlich nach den Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes. Da § 1 Abs. 1 S. 3 RRefBeihV nach Inkrafttreten der Föderalismusreform I (Wegfall der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes im Besoldungs- und Versorgungsrecht der Länder) am 1. September 2006 bis heute nicht geändert wurde, spricht der reine Wortlaut der Regelung zwar für die vom Kläger vertretene Annahme, dass Bezugsgröße für die Berechnung des Grundbetrages der Unterhaltsbeihilfe auch weiterhin der höchste Anwärtergrundbetrag des Bundesbesoldungsgesetzes sein soll mit der Folge, dass die jeweiligen Erhöhungen der Bezüge für Anwärter im Bundesdienst für die Berechnung des Grundbetrages der Unterhaltsbeihilfe maßgebend wären.

Ein derartiges allein am Wortlaut orientiertes Verständnis der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 3 RRefBeihV wird jedoch in Anbetracht der durch die Föderalismusreform geänderten Rahmenbedingungen dem durch den Verordnungsgeber verfolgten Sinn und Zweck der Regelung nicht mehr gerecht. Vielmehr ist die Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen, dass maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Unterhaltsbeihilfe die Höhe der im Land Nordrhein-Westfalen jeweils maßgeblichen höchsten Anwärterbezüge ist.

Ebenso im Ergebnis für die vergleichbare Regelung im Saarland: VG Saarland, Urteil vom 12. August 2011 – 2 K 181/10 -, juris.

Eine Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 3 RRefBeihV in dem vorgenannten Sinne ist hier geboten, weil insoweit eine planwidrige Regelungslücke besteht. Eine planwidrige Regelungslücke, die von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden darf, liegt dann vor, wenn der Anwendungsbereich einer Norm wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig ist und sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Juni 2013 – 1 A 334/11 -, juris, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts.

Dies ist u. a. dann der Fall, wenn sich die Rahmenbedingungen einer Norm seit ihrem Erlasszeitpunkt geändert haben mit der Folge, dass der unverändert gebliebene Wortlaut der Norm dem Willen des Normgebers nicht mehr entspricht.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 1993 – 1 BvR 1381/90 u. a. -, BVerfGE 88, 145 ff.

Gemessen an diesen Vorgaben ist vorliegend eine über den Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 3 RRefBeihV hinausgehende Auslegung dieser Vorschrift in dem oben genannten Sinne geboten. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass bei Erlass der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfe an Rechtsreferendare im Jahre 1999 mit der Anknüpfung an die Anwärterbezüge nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes stillschweigend vorausgesetzt wurde, dass die durch den Bundesgesetzgeber vorgenommenen Besoldungserhöhungen stets auch für die im Dienst des beklagten Landes stehenden Beamten und Beamtenanwärter galten. Diese Voraussetzung ist mit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform entfallen, da nunmehr die Gesetzgebungskompetenz für die Besoldung ausschließlich bei den Ländern liegt und damit das beklagte Land eigenständig über Erhöhungen der Besoldung und deren Zeitpunkt entscheidet. Zwar sind auf das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis, in dem sich Rechtsreferendare und Rechtsreferendarinnen in Nordrhein-Westfalen gemäß §§ 30 ff. JAG i. V. m. § 6 LBG befinden, u. a. die besoldungsrechtlichen Vorschriften (vgl. § 6 Abs. 1 LBG i. V. m. § 80 LBG) nicht anwendbar. Jedoch ist dieses Ausbildungsverhältnis in seiner rechtlichen Ausgestaltung – historisch bedingt – sehr weitgehend an das Beamtenverhältnis auf Widerruf für Beamtenanwärter angelehnt. Dies zeigt sich darin, dass nach § 6 Abs. 1 LBG auf Laufbahnbewerber, die ihren Vorbereitungsdienst in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis ableisten, grundsätzlich die für Beamte im Vorbereitungsdienst geltenden Vorschriften Anwendung finden, soweit sie durch diese Vorschrift nicht ausdrücklich ausgenommen sind (nämlich: §§ 7 Abs. 1, 38 BeamtStG – Ernennung, Diensteid -, §§ 44, 77 und 80 LBG – Aufenthalt in der Nähe des Dienstortes, Beihilfeberechtigung, Leistungen des Dienstherrn, insbes. Besoldung und Versorgung) oder durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist (z. B. § 32 Abs. 3 Satz 5 JAG betreffend Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Mutterschutz, Erziehungsgeld). Aber auch soweit im JAG eigenständige Regelungen getroffen sind, die nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 LBG den beamtenrechtlichen Regelungen vorgehen, werden in weitem Umfang die beamtenrechtlichen Vorschriften in Bezug genommen, etwa bei Reise- und Umzugskosten, Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung, Erholungs- und Sonderurlaub. Diese weitgehende Annäherung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses für Rechtsreferendare im Dienst des beklagten Landes an das Beamtenverhältnis für Beamtenanwärter schließt letztlich auch die Ausgestaltung der Unterhaltsbeihilfe mit ein, was sich insbesondere daran zeigt, dass deren Höhe ursprünglich dem höchsten Anwärtergrundbetrag entsprach (die Absenkung auf 85 v. H. dieses Betrages erfolgte erst im Jahr 2005). Aus alledem ist zu folgern, dass es die Intention des Landesgesetzgebers war, Rechtsreferendare im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis so weit als möglich den Beamtenanwärtern des Landes gleichzustellen und in diesem Zusammenhang die Unterhaltsbeihilfe an den Anwärterbezügen, die für Beamte auf Widerruf im Landesdienst gezahlt wurden – und die sich zu diesem Zeitpunkt nach dem Bundesbesoldungsgesetz richteten – zu orientieren.

Hinsichtlich dieser aufgezeigten Rahmenbedingungen für die Bemessung der Unterhaltsbeihilfe hat sich durch die Föderalismusreform insoweit eine Änderung ergeben, als die mit der Anknüpfung an den Anwärtergrundbetrag nach dem Bundesbesoldungsgesetz (stillschweigend) vorausgesetzte Übernahme der durch den Bundesgesetzgeber jeweils initiierten Erhöhung der Beamtenbesoldung und damit auch der Anwärterbezüge für die Landesbeamten seit dem 1. September 2006 nicht mehr besteht. Seit diesem Zeitpunkt liegt die ausschließliche Gesetzeskompetenz für Besoldung und damit für Umfang und Zeitpunkt von Besoldungserhöhungen beim Land. Änderungen im Besoldungsrecht mit Wirkung für das Land können seit diesem Zeitpunkt vom Bund nicht mehr vorgenommen werden. Das schließt es zwar nicht aus, dass der Landesgesetzgeber sich weiterhin bundesrechtliche Regelungen zu eigen macht oder auf sie Bezug nimmt. Angesichts des Übergangs der Gesetzgebungskompetenz für die Besoldung auf das Land muss dies aber ausdrücklich geregelt werden oder sich ein entsprechender Wille aus nach der Föderalismusreform erlassenen Bestimmungen ergeben.

Eine ausdrückliche Änderung der Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 3 RRefBeihV ist bislang nicht erfolgt. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Verordnungsgeber ungeachtet der Änderung der Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich der Beamtenbesoldung an einer Berechnung des Unterhaltsbeitrags für Rechtsreferendare nach Maßgabe der jeweiligen durch den Bundesgesetzgeber festgelegten Anwärterbezüge fest-halten wollte.

Gegen eine derartige Annahme spricht bereits der Umstand, dass seit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform die Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare stets unter Zugrundelegung der Anwärterbezüge nach landesbesoldungsrechtlichen Vorgaben ermittelt worden ist. Auch sind in dem Gesetz über Einmalzahlungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger in den Jahren 2006 und 2007 im Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Juni 2007 die Empfänger von Unterhaltsbeihilfen (unter Hinweis auf § 16 Abs. 1 LBG a. F. und §§ 30 Abs. 1, 32 Abs. 3 JAG) ausdrücklich erfasst (§§ 1, 4). Gleiches gilt für das Besoldungsanpassungsgesetz 2011/2012 (§§ 2, 4 und 6). Zwar sind die Empfänger von Unterhaltsbeihilfen in den Besoldungsanpassungsgesetzen 2008 und 2009/2010 nicht erwähnt. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass für Empfänger von Unterhaltsbeihilfen die landesbesoldungsrechtlichen Erhöhungen nicht maßgebend sein sollten. Vielmehr zeigt gerade die Nichterwähnung der Unterhaltsbeihilfen in diesen Gesetzen, dass der Landesgesetzgeber davon ausging, dass für die Berechnung der Höhe der Unterhaltsbeihilfe allein die Landesanwärterbezüge maßgebend sein sollten. Denn in den Jahren 2008 und 2009/2010 wurde die Besoldung jeweils prozentual erhöht, während im Jahr 2007 ausschließlich und im Jahr 2011 zum Teil eine Einmalzahlung erfolgte, die für Anwärter und Bezieher von Unterhaltsbeihilfen in jeweils gleicher Höhe vorgenommen wurde und deshalb eine ausdrückliche Regelung erforderte.

Ein bewusstes Festhalten des Verordnungsgebers an den bundesrechtlichen Vorgaben für die Berechnung der Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare kann ferner nicht daraus hergeleitet werden, dass die im wesentlichen gleich lautende Unterhaltsbeihilfenregelung für Forstreferendare im Jahr 2008 dahingehend geändert wurde, dass die Angabe „Bundesbesoldungsgesetz“ jeweils durch die Formulierung „landesbesoldungsrecht-liche Regelung“ ersetzt wurde. Vielmehr spricht gerade diese Änderung dafür, dass die Anpassung des Wortlauts der Verordnung für die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare versehentlich unterblieben ist. Denn die Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Inspektorenanwärter und Referendare im Forstdienst vom 25. Oktober 1999 war gemäß Art. 50 des Vierten Befristungsgesetzes vom 5. April 2005 bis zum 30. September 2008 befristet. Im Zuge der damit notwendig gewordenen Entscheidung über eine Verlängerung der Geltungsdauer dieser Verordnung ist dann auch die Anpassung des Wortlauts an die geänderten besoldungsrechtlichen Rahmenbedingen erfolgt. Hinsichtlich der Verordnung für die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare drängte sich zu diesem Zeitpunkt ein Änderungsbedarf noch nicht auf, da diese Verordnung gemäߠ Art. 49 des Vierten Befristungsgesetzes erst zum 31. Dezember 2010 in Bezug auf ihre Weitergeltung bzw. Änderung zu überprüfen war. Hinzu kommt, dass für die vorgenannten Verordnungen jeweils unterschiedliche ministerielle Zuständigkeiten bestehen, was ebenfalls für ein bloßes Versehen und gegen ein bewusstes Absehen von einer Änderung hinsichtlich der Unterhalts-beihilfenregelung für Rechtsreferendare spricht.

Der Kläger kann damit nicht beanspruchen, dass die Höhe der ihm im Zeitraum vom 1. August 2010 bis 5. September 2012 gewährten Unterhaltsbeihilfe unter Berücksichtigung der nach dem 31. August 2006 erfolgten Besoldungsanpassungen des Bundes nach dem Bundesbesoldungsgesetz berechnet und ihm der Differenzbetrag zu der tatsächlich gezahlten Unterhaltsbeihilfe erstattet wird.

Die Kosten des Verfahrens sind gemäß § 155 Abs. 4 VwGO dem beklagten Land auferlegt worden, weil sie durch sein Verschulden entstanden sind. Denn das beklagte Land hat bislang eine klarstellende Neufassung der hier streitigen Regelung versäumt und dadurch den Anlass für die Klage gesetzt.

Die Berufung ist gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden.

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