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Unterlassene Schneeräumung – entstandene Schäden an einem Fahrzeug

LG Hamburg, Az.: 318 S 65/15, Urteil vom 27.01.2016

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 28.05.2015, Az. 31b C 232/14, wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 897,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.07.2014 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 120,67 € freizuhalten.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und der Berufung zu tragen.

3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 897,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin verfolgt in der Berufung ihr Begehren auf Leistung von Schadensersatz wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten gegen die Beklagte weiter.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

Unterlassene Schneeräumung - entstandene Schäden an einem Fahrzeug
Symbolfoto: Irina Sokolovskaya/Bigstock

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28.05.2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 1 BGB. Jedenfalls sei keine Kausalität zwischen Schaden und Pflichtverletzung gegeben, da die Kausalkette durch das Verhalten der Zeugin M. unterbrochen worden sei.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten am 02.06.2015 zugestellte amtsgerichtliche Urteil hat die Klägerin mit einem bei Gericht am 02.07.2015 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem bei Gericht am 03.08.2015 (einem Montag) eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin trägt u.a. vor, das Amtsgericht habe zu Unrecht eine Unterbrechung der Kausalkette durch das Verhalten der Zeugin M. bejaht. Die Tiefgaragenzufahrt sei glatt gewesen. Es sei auch bereits ein Fahrzeug zuvor die Garagenauffahrt hinaus oder hinab gefahren; auf der gewählte Fahrspur habe bereits komprimierten und rutschigen Schnee gelegen.

Die Klägerin beantragt:

1. Unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Hamburg vom 28.05.2015, Az.: 31b C 232/14, wird die Beklagte zu Zahlung von 897,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz an die Klägerin seit dem 28.07.2014 verurteilt.

2. Die Klägerin wird von der Beklagten in Höhe von 120,67 € von den Kosten ihrer vorgerichtlichen Rechtsvertretung durch den Prozessvertreter freigehalten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückweisen.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, das Amtsgericht habe den Sachverhalt aufgrund einer gut vertretbaren Würdigung des Vortrages festgestellt.

Zur Ergänzung des Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1.) Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Leistung von Schadensersatz in tenorierter Höhe gem. § 823 Abs. 1 BGB.

Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Eigentum widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 823 Abs. 1 BGB).

An dem Fahrzeug der Klägerin ist ein Sachschaden im Bereich der Heckklappe in Höhe von 897,00 € entstanden, weil die Beklagten ihren ihr übertragenden Verkehrssicherungspflichten nicht nachgekommen ist.

Die Beklagte war von der Hausverwaltung der Immobilie J… Allee… in (PLZ)H. vertraglich verpflichtet worden, für die Beseitigung von Schnee und Glätte im Bereich der streitgegenständlichen Tiefgarageneinfahrt im Falle eines Schnellfalls über 20.00 Uhr hinaus bis 8.30 Uhr des folgenden (Werk-)Tages vorzunehmen (vgl. Vertrag zu Schnee- und Eisbeseitigung, Anl. K1, Bl. 7ff.).

Dass die Beklagte diesen ihr obliegenden Pflichten nicht nachgekommen ist, indem sie nicht bis um 8.30 Uhr die Tiefgaragenzufahrt von in der Nacht vom 27.01.2014 gefallenen Schnee und Eis geräumt hat, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die Pflichtverletzung der Beklagten, d.h. das pflichtwidrige Unterlassen des Streuens der Tiefgaragenzufahrt, war für den Schaden der Klägerin auch kausal. Durch ein mögliches Fehlverhalten der Zeugin M. ist die Kausalkette vorliegend nicht unterbrochen worden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 17.12.2013 – VI ZR 211/12, Rn. 55; BGHZ 199, 237-270) wird die haftungsrechtliche Zurechnung nicht schlechthin dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Verletzungshandlung noch weitere Ursachen zur Rechtsgutsverletzung beigetragen haben. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsgutsverletzung erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten eines Dritten verursacht wird. Der Zurechnungszusammenhang fehlt in derartigen Fällen allerdings, wenn die zweite Ursache – das Eingreifen des Dritten – den Geschehensablauf so verändert hat, dass die Rechtsgutsverletzung bei wertender Betrachtung nur noch in einem „äußerlichen“, gleichsam „zufälligen“ Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Wirken in der Rechtsgutsverletzung dagegen die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte die Tiefgaragenzufahrt nicht pflichtgemäß geräumt und gestreut hat, obwohl der nächtliche Schneefall dies erfordert hätte. Unabhängig davon, ob die Zeugin M. möglicherweise fehlerhaft reagiert hat, indem sie, nachdem das Fahrzeug die Ausfahrt rückwärts runterrutscht, erst leicht Gas gegeben und dann stotternd gebremst habe, steht die Rechtsgutsverletzung bei wertender Betrachtung nicht nur in einem zufälligen Zusammenhang zu der durch die Beklagte geschaffenen Gefahrenlage i.S.d. obigen Rechtsprechung. Dass das Fahrzeug der Klägerin überhaupt die Auffahrt wieder hinunterglitt, ist nicht allein darauf zurückzuführen, dass die Zeugin M. möglicherweise fehlerhaft reagiert hat. Das Verhalten der Zeugin M. war jedenfalls nicht geeignet, den Zurechnungszusammenhang zwischen der unstreitigen Pflichtverletzung der Beklagten und dem Schaden der Klägerin entfallen zu lassen.Durch dieses Verhalten der Zeugin M. ist der Geschehensablauf nicht so verändert worden, dass der Schaden der Klägerin allein in einem zufälligen Zusammenhang zu dem unstreitig nicht erfolgten Streuen der Beklagten liegt.

Die Beklagte handelte rechtswidrig und schuldhaft. Sie ist deswegen zum Ersatz des der Klägerin entstandenen Reparaturschadens in Höhe von 879,00 € verpflichtet.

Der Anspruch ist nicht wegen eines Mitverschuldens zu kürzen. Die Beklagte hat die Voraussetzungen des § 254 Abs. 1 BGB nicht hinreichend dargetan. Zu Recht trägt die Klägerin vor, dass die Zeugin M. aufgrund der Art ihres Fahrzeuges nicht damit rechnen musste, bei dieser Wetterlage die Auffahrt herunterzurutschen. Weiterhin gab es auch keinen Grund zu dieser Annahme, da bereits derartige Fahrspuren auf der Tiefgaragenzufahrt sichtbar waren.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte weiter einen Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.07.2014 gem. §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB. Die der Beklagten mit Schreiben vom 18.07.2014 gesetzte Frist zur Begleichung des Schadens verstrich erfolglos.

2.) Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 120,67 € gem. §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.

3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

4.) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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