Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Lärmbelästigung durch Gaststätten: Rechte, Regelungen und Lösungen für Anwohner
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Lärmgrenzwerte gelten nachts für Gaststätten in Wohngebieten?
- Welche rechtlichen Schritte können Anwohner bei anhaltender Lärmbelästigung durch eine Gaststätte einleiten?
- Wie kann Lärmbelästigung durch eine Gaststätte rechtssicher dokumentiert werden?
- Welche Bedeutung hat eine behördliche Gaststättenerlaubnis für den Lärmschutz der Anwohner?
- Welche Kosten entstehen bei einem Rechtsstreit wegen Gaststättenlärm?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Offenburg
- Datum: 17.05.2021
- Aktenzeichen: 2 O 513/20
- Verfahrensart: Zivilverfahren zur Unterlassung von Geräuschimmissionen
- Rechtsbereiche: Zivilrecht, Nachbarschaftsrecht, Immissionsschutzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümer eines Wohnhauses in der G.-Gasse, Offenburg. Forderte die Unterlassung von Lärmbelästigungen durch eine benachbarte Gaststätte des Beklagten.
- Beklagter: Betreiber einer Gaststätte auf dem L.-Platz, Offenburg. Wurde beschuldigt, den Betrieb der Gaststätte unter Musikdarbietungen zu führen, was Lärm verursacht, der die Nachbarschaft stört.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger verlangt vom Beklagten, den Betrieb seiner Gaststätte so zu gestalten, dass die Lärmemissionen in den Nachtstunden und späten Abendstunden bestimmte Dezibelwerte nicht überschreiten. Der Kläger hatte zuvor ein Beweisverfahren initiiert, um die Lärmimmissionen zu dokumentieren.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Klage des Klägers bezüglich der Unterlassung rechtmäßig ist und ob die Lärmemissionen von der Gaststätte des Beklagten eine wesentliche Beeinträchtigung des Klägers darstellen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage war im Hauptantrag unzulässig aufgrund mangelnder Bestimmtheit. Im Hilfsantrag wurde teilweise zugunsten des Klägers entschieden und dem Beklagten untersagt, während der Nachtzeit Lärm über 40 dB(A) zu verursachen.
- Begründung: Der Hauptantrag scheiterte, da der Begriff „Gaststätte mit Musikdarbietungen“ nicht spezifisch genug war. Der Hilfsantrag war zulässig und teilweise begründet, da eine wesentliche Beeinträchtigung durch Lärm im Nachtzeitraum nachgewiesen wurde und eine entsprechende Wiederholungsgefahr bestand. Die erteilte gaststättenrechtliche Erlaubnis durch die Stadt Offenburg hebt den zivilrechtlichen Abwehranspruch des Klägers nicht auf.
- Folgen: Der Beklagte muss in den Nachtstunden Geräuscheinwirkungen unterhalb bestimmter Dezibelgrenzen halten, andernfalls drohen ihm finanzielle Strafmaßnahmen. Der Kläger trägt einen Teil der Verfahrenskosten, jedoch werden seine zivilrechtlichen Ansprüche teils anerkannt und durchgesetzt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Lärmbelästigung durch Gaststätten: Rechte, Regelungen und Lösungen für Anwohner
Geräuscheinwirkungen von Gaststätten stellen häufig ein sensibles Thema in Wohngebieten dar. Viele Menschen erwarten eine gewisse Ruhe, insbesondere während der Nachtruhe, was oft zu Beschwerden über Lärmbelästigung führt. Gaststättenbetrieb und die damit verbundene Geräuschkulisse, wie etwa Musik und Gespräche, können störend wirken und die Wohnqualität der Anwohner beeinträchtigen. In solchen Fällen ist das Mietrecht von Bedeutung, da es Regelungen zu Ruhezeiten und Lärmvorschriften beinhaltet.
Um den Herausforderungen dieser Situation gerecht zu werden, müssen sowohl Schallschutzmaßnahmen als auch Akustik Lösungen gefunden werden. Häufig stehen Betroffene vor der Frage, wie Lärmreduzierung konkret umgesetzt werden kann und welche rechtlichen Schritte im Falle einer Ruhestörung möglich sind. Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der einen aufschlussreichen Einblick in die rechtlichen und praktischen Aspekte dieses Themas bietet.
Der Fall vor Gericht
Zivilgericht setzt Grenzen bei nächtlichem Gastronomiebetrieb
Das Landgericht Offenburg hat einem Hausbesitzer in einem allgemeinen Wohngebiet Recht gegeben und Lärmemissionen einer benachbarten Gaststätte in der Nachtzeit auf maximal 40 dB(A) begrenzt. Die Einschränkung gilt für die Nachtzeiten zwischen 22 und 24 Uhr sowie zwischen 0 und 6 Uhr.
Nächtliche Lärmbelästigung durch Veranstaltungsgaststätte
Der Fall betrifft einen Anwohner der G.-Gasse in Offenburg, dessen Grundstück sich in einem allgemeinen Wohngebiet befindet. In unmittelbarer Nachbarschaft betreibt der Beklagte die Gaststätte „Z.“ am L.-Platz, die auch für besondere Events wie Hochzeiten, Geburtstagsfeiern und andere Partys genutzt wird. Der Kläger führte an, dass durch eine Änderung der Betriebsart von einer Schankwirtschaft zu einer Gaststätte mit Musikdarbietungen erhebliche Störungen bis spät in die Nacht und den frühen Morgen verursacht würden.
Massive Überschreitung der Lärmgrenzwerte nachgewiesen
Ein vom Gericht beigezogenes Sachverständigengutachten bestätigte die Lärmbelästigung. Bei Messungen in der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 2019 wurden die für allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 40 dB(A) um mehr als 30 dB(A) überschritten. Der Gaststättenbetreiber hatte zwar Maßnahmen wie den Einbau von Schallschutzfenstern angekündigt, diese waren zum Zeitpunkt der Verhandlung jedoch noch nicht umgesetzt.
Gericht stärkt Rechte lärmgeplagter Anwohner
Das Landgericht Offenburg stellte klar, dass die behördliche Gaststättenerlaubnis keinen Einfluss auf den zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch hat. Die nächtlichen Lärmbelästigungen wurden als wesentliche Beeinträchtigung eingestuft, die nicht ortsüblich ist. Der Betreiber konnte nicht nachweisen, dass derartige Lärmbelästigungen in der Gegend üblich seien. Das Gericht gab der Klage im Hilfsantrag teilweise statt und verurteilte den Beklagten, nächtliche Geräuscheinwirkungen über 40 dB(A) auf das Grundstück des Klägers zu unterlassen. Der ursprüngliche Hauptantrag des Klägers auf vollständige Unterlassung des Betriebs einer „Gaststätte mit Musikdarbietungen“ wurde als zu unbestimmt abgewiesen.
Kostenverteilung und Vollstreckbarkeit
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des vorausgegangenen Beweisverfahrens wurden zu drei Vierteln dem Kläger und zu einem Viertel dem Beklagten auferlegt. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, wobei der Kläger eine Sicherheitsleistung von 11.000 Euro und der Beklagte eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils vollstreckbaren Betrages zu leisten haben.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass Anwohner sich erfolgreich gegen nächtliche Lärmbelästigungen durch Gaststätten wehren können, auch wenn diese eine behördliche Erlaubnis besitzen. Eine pauschale Unterlassungsklage gegen „Gaststätten mit Musikdarbietungen“ ist jedoch zu unbestimmt – stattdessen müssen konkrete Grenzwerte für die Lärmbelästigung eingeklagt werden. Besonders wichtig ist die Klarstellung des Gerichts, dass eine Gaststättenerlaubnis keinen Einfluss auf zivilrechtliche Unterlassungsansprüche der Nachbarn hat.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Anwohner können Sie sich gegen übermäßigen Lärm aus Gaststätten zur Wehr setzen, wenn nachweislich die Grenzwerte von 40 dB(A) nachts überschritten werden – unabhängig von einer behördlichen Genehmigung des Betriebs. Ein Sachverständigengutachten zur Messung der konkreten Lärmwerte ist dabei sehr hilfreich. Bei Ihrer Klage sollten Sie nicht pauschal die Unterlassung des Gaststättenbetriebs fordern, sondern konkrete Lärmgrenzwerte benennen. Wenn die Lärmbelästigung nachgewiesen ist, können Sie durchsetzen, dass der Betreiber bauliche Schallschutzmaßnahmen ergreifen oder den Betrieb in der Nachtzeit einschränken muss.
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Wenn nächtlicher Lärm Ihre Lebensqualität beeinträchtigt, verstehen wir die damit verbundenen Sorgen und Belastungen. Unsere Experten haben bereits zahlreiche Anwohner dabei unterstützt, ihre rechtlichen Möglichkeiten gegen Lärmbelästigung erfolgreich durchzusetzen – von der Beweissicherung durch Lärmmessungen bis zur gerichtlichen Durchsetzung konkreter Grenzwerte. Lassen Sie uns gemeinsam analysieren, welche individuellen Handlungsoptionen in Ihrer spezifischen Situation bestehen. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Lärmgrenzwerte gelten nachts für Gaststätten in Wohngebieten?
Die nächtlichen Lärmgrenzwerte für Gaststätten werden durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) geregelt. Die Nachtruhe gilt grundsätzlich von 22 Uhr bis 6 Uhr.
Immissionsrichtwerte nach Gebietszonen
Für die verschiedenen Wohngebietstypen gelten folgende nächtliche Grenzwerte:
- Reine Wohngebiete: 35 dB(A)
- Allgemeine Wohngebiete: 40 dB(A)
- Misch-, Kern- und Dorfgebiete: 45 dB(A)
- Urbane Gebiete: 45 dB(A)
Besondere Regelungen für die Außengastronomie
In der Außengastronomie sind grundsätzlich keine Musikanlagen oder vergleichbare Beschallungen erlaubt. Die Messung der Lautstärke erfolgt im Zweifelsfall am offenen Fenster oder in der Wohnung der Anwohner.
Konsequenzen bei Überschreitung
Bei Nichteinhaltung der Lärmgrenzwerte können folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- Begrenzung der Lautstärke von Musikanlagen
- Verbesserung des Schallschutzes
- Beschränkung der Betriebszeiten
Die Überschreitung der Grenzwerte kann zu behördlichen Auflagen führen. In älteren Gebäuden können bereits bei normalem Betrieb Probleme auftreten, wenn die Schalldämmung zwischen Gaststätte und angrenzenden Wohnungen nicht ausreichend ist.
Welche rechtlichen Schritte können Anwohner bei anhaltender Lärmbelästigung durch eine Gaststätte einleiten?
Direkte Kommunikation und Dokumentation
Der erste Schritt besteht in der Dokumentation der Lärmbelästigung durch ein detailliertes Lärmprotokoll. Darin werden Datum, Uhrzeit, Dauer und Art der Störung sowie die konkrete Lärmquelle festgehalten. Diese Aufzeichnungen sind für alle weiteren rechtlichen Schritte von grundlegender Bedeutung.
Behördlicher Weg
Die Bezirksinspektion oder das Ordnungsamt kann eingeschaltet werden, die dann das Gespräch mit dem Gastwirt suchen. Bei wiederholten Beschwerden wird eine Lärmpegelmessung durch das zuständige Umweltamt durchgeführt.
Bei nachgewiesenen Verstößen gegen die TA-Lärm drohen dem Gaststättenbetreiber:
- Bußgelder
- Auflagen zum Lärmschutz
- Im Extremfall der Entzug der Konzession
Zivilrechtliche Maßnahmen
Parallel zum behördlichen Weg können Anwohner zivilrechtlich vorgehen. Der Unterlassungsanspruch basiert auf §§ 1004 Abs. 1, 906 BGB. Hierbei muss der betroffene Anwohner nur nachweisen, dass eine Störung der Nachtruhe vorliegt. Der Gastwirt muss dann beweisen, dass die Belästigung unwesentlich ist oder die Grenzwerte der TA-Lärm eingehalten werden.
Weitergehende Ansprüche
Bei andauernden Ruhestörungen mit gesundheitlichen Folgen besteht die Möglichkeit, Schmerzensgeld nach §§ 823 Abs. 1 und 2, § 253 Abs. 2 BGB geltend zu machen. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen müssen dabei durch ärztliche Atteste nachgewiesen werden. Mieter können zusätzlich eine Mietminderung gegenüber ihrem Vermieter geltend machen.
Für die rechtliche Bewertung ist zu beachten, dass die Zumutbarkeit des Gaststättenlärms von verschiedenen Faktoren abhängt, wie etwa:
- Die Entfernung zu Wohngebäuden
- Die Existenz weiterer lärmverursachender Betriebe in der Umgebung
- Die Art der Lärmquelle (Innengastronomie, Außenterrasse)
Wie kann Lärmbelästigung durch eine Gaststätte rechtssicher dokumentiert werden?
Lärmprotokoll als Grundlage
Ein detailliertes Lärmprotokoll bildet die Basis für eine rechtssichere Dokumentation von Gaststättenlärm. Darin müssen Sie systematisch Datum, Uhrzeit, Dauer und Art der Störung sowie die genaue Störungsquelle festhalten. Konkrete Lärmquellen können dabei Musikanlagen, laute Gästegespräche, Lüftungsanlagen oder der An- und Abfahrtsverkehr sein.
Professionelle Lärmmessung
Für eine gerichtsfeste Dokumentation empfiehlt sich die Durchführung einer professionellen Lärmmessung. Diese erfolgt durch einen anerkannten Gutachter mit kalibrierten Messgeräten. Die Messung sollte über einen längeren Zeitraum von etwa acht Wochen erfolgen, um ein repräsentatives Bild der Lärmbelastung zu erhalten.
Medizinische Dokumentation
Bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch den Gaststättenlärm ist die Vorlage eines ärztlichen Attests sinnvoll. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in seiner Rechtsprechung bestätigt, dass plausible Darstellungen von gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Verbindung mit einem ärztlichen Attest als Beweismittel anerkannt werden.
Behördliche Überprüfung
Die zuständige Behörde, meist das Ordnungsamt, überprüft auf Antrag die Einhaltung der Lärmrichtwerte. Die Messung erfolgt dabei am geöffneten Fenster der betroffenen Wohnung. Je nach Gebiet gelten unterschiedliche Grenzwerte:
- Misch-, Kern- und Dorfgebiete: tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A)
- Allgemeine Wohngebiete: tags 55 dB(A), nachts 40 dB(A)
- Reine Wohngebiete: tags 50 dB(A), nachts 35 dB(A)
Bei Überschreitung dieser Werte muss die Behörde lärmmindernde Maßnahmen nach dem Stand der Technik anordnen. Die Dokumentation dieser behördlichen Messungen und Anordnungen ist für weitere rechtliche Schritte von großer Bedeutung.
Welche Bedeutung hat eine behördliche Gaststättenerlaubnis für den Lärmschutz der Anwohner?
Die behördliche Gaststättenerlaubnis stellt ein zentrales Instrument zum Schutz der Anwohner vor Gaststättenlärm dar. Die §§ 4 und 5 des Gaststättengesetzes haben einen schützenden Charakter für Anwohner, die sich bei Beeinträchtigungen durch den Gaststättenbetrieb auf diese Paragrafen berufen können.
Erteilung und Auflagen der Gaststättenerlaubnis
Die Behörde muss eine Genehmigung zum Betrieb einer Außengastronomie nach § 4 Gaststättengesetz versagen, wenn erhebliche Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für Anwohner zu befürchten sind. Die Erlaubnis kann mit konkreten Auflagen versehen werden, beispielsweise:
- Zeitliche Begrenzung der Bewirtungsmöglichkeiten
- Zahlenmäßige Begrenzung der Sitz- und Stehplätze
- Einhaltung bestimmter Lärmrichtwerte
Pflichten des Gaststättenbetreibers
Der Gaststättenbetreiber ist verpflichtet, die Lärmentwicklung so gering wie möglich zu halten. Dies betrifft nicht nur den Lärm aus der Gaststätte selbst, sondern auch den zurechenbaren Lärm der Gäste auf dem Weg von und zu der Gaststätte.
Behördliche Kontrollmöglichkeiten
Bei Nichteinhaltung der Auflagen oder bei nachträglich auftretenden schädlichen Umwelteinwirkungen kann die Behörde verschiedene Maßnahmen ergreifen:
- Anordnung zusätzlicher Schallschutzmaßnahmen
- Änderung der Sperrzeiten
- Im Extremfall: Widerruf der Erlaubnis nach § 15 Abs. 2 Gaststättengesetz
Die Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschen erfolgt nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), die konkrete Immissionsrichtwerte festlegt. In einem Mischgebiet gilt beispielsweise nachts ein Richtwert von 45 dB(A).
Welche Kosten entstehen bei einem Rechtsstreit wegen Gaststättenlärm?
Die Kosten eines Rechtsstreits wegen Gaststättenlärm richten sich nach dem Streitwert, also dem Wert, um den gestritten wird. Bei nicht berechenbaren Werten wird in der Regel ein Streitwert von 4.000 Euro zugrunde gelegt.
Gerichtskosten
Die Gerichtskosten setzen sich aus den gerichtlichen Gebühren und den Auslagen zusammen. Für einen erstinstanzlichen Prozess fallen 3,0 Gebühren an, für ein Berufungsverfahren 4,0 Gebühren und für ein Revisionsverfahren 5,0 Gebühren.
Zu den Auslagen gehören:
- Kosten für Zustellungen und Versand von Akten
- Vergütungen für Sachverständige und Dolmetscher
- Entschädigungen für Zeugen
Anwaltskosten
Bei einem Streitwert von 4.500 Euro entstehen folgende Kosten:
- Erste Instanz:
- Gerichtskosten: 483,00 Euro
- Anwaltskosten: 1.017,45 Euro
- Zweite Instanz:
- Gerichtskosten: 644,00 Euro
- Eigene Anwaltskosten: 1.136,69 Euro
- Gegnerische Anwaltskosten: 1.136,69 Euro
Kostenverteilung
Die Verteilung der Prozesskosten richtet sich nach dem Ausgang des Verfahrens. Wenn Sie den Prozess vollständig gewinnen, muss die Gegenseite sämtliche Kosten tragen. Bei einem teilweisen Gewinn werden die Kosten entsprechend dem Gewinn- und Verlustanteil aufgeteilt.
Bei einem gerichtlichen Vergleich können die Parteien die Kostenverteilung selbst vereinbaren oder dem Gericht die Entscheidung über eine prozentuale Kostenquote überlassen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Immissionsrichtwert
Ein rechtlich festgelegter Grenzwert für zulässige Lärmbelastungen, der je nach Gebiet und Tageszeit unterschiedlich ist. Diese Werte sind in der TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) festgelegt. Für allgemeine Wohngebiete gilt nachts typischerweise ein Richtwert von 40 dB(A). Die Einhaltung dieser Werte ist für Gewerbebetriebe, wie etwa Gaststätten, verpflichtend. Ein Überschreiten kann zu rechtlichen Konsequenzen führen.
Zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch
Das gesetzlich verankerte Recht (§ 1004 BGB), von einem Störer die Beendigung einer Beeinträchtigung des Eigentums zu verlangen. Im Lärmschutzrecht können Anwohner diesen Anspruch geltend machen, wenn sie durch übermäßigen Lärm in der Nutzung ihres Eigentums gestört werden. Der Anspruch ist unabhängig von behördlichen Genehmigungen durchsetzbar. Beispiel: Ein Nachbar kann die Unterlassung von störendem Lärm verlangen, auch wenn der Verursacher eine Gaststättenerlaubnis besitzt.
Allgemeines Wohngebiet
Eine baurechtlich festgelegte Gebietskategorie nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO § 4), in der vorwiegend dem Wohnen dient. Hier gelten besonders strenge Lärmschutzvorschriften. Gewerbliche Nutzungen sind nur eingeschränkt zulässig, wenn sie das Wohnen nicht wesentlich stören. Gaststätten sind zwar grundsätzlich zulässig, müssen sich aber in ihrer Betriebsart den Wohnbedürfnissen unterordnen und die strengeren Lärmgrenzwerte einhalten.
Vorläufige Vollstreckbarkeit
Eine gerichtliche Anordnung nach §§ 708 ff. ZPO, die es ermöglicht, ein Urteil bereits vor seiner Rechtskraft durchzusetzen. Der Gläubiger muss dabei meist eine Sicherheitsleistung hinterlegen, um mögliche Schäden bei einer späteren Aufhebung des Urteils ausgleichen zu können. Im Lärmschutzfall bedeutet dies, dass der Gaststättenbetreiber die Auflagen sofort befolgen muss, auch wenn er Rechtsmittel einlegt.
Ortsüblichkeit
Ein rechtlicher Maßstab, der bestimmt, welche Beeinträchtigungen in einem bestimmten Gebiet als normal und hinnehmbar gelten (§ 906 BGB). Die Ortsüblichkeit wird anhand der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Gebiet beurteilt. Eine Lärmbelästigung, die das ortsübliche Maß überschreitet, muss nicht geduldet werden, selbst wenn sie von einem genehmigten Betrieb ausgeht.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Diese Vorschrift regelt die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags im Zivilprozess. Ein Klageantrag muss nicht nur klar und unmissverständlich sein, sondern auch die konkreten Ansprüche präzise wiedergeben. Im vorliegenden Fall wurde die Klage auf Unterlassung des Betriebs einer Gaststätte mit Musikdarbietungen eingereicht, was die erforderlichen Bestimmtheitsanforderungen nicht erfüllte und zur Unzulässigkeit der Klage führte.
- § 4 BauNVO: Diese Norm definiert den Begriff des allgemeinen Wohngebiets und legt die Rahmenbedingungen für die Nutzung solcher Flächen fest. In diesem Fall liegt das Grundstück des Klägers in einem allgemeinen Wohngebiet, was bedeutet, dass der Betrieb einer Gaststätte mit Musikdarbietungen nur unter bestimmten Bedingungen zulässig ist. Die Lärmeinwirkungen der Gaststätte müssen daher in Einklang mit dem Bauplanungsrecht stehen, was vom Beklagten möglicherweise nicht ausreichend beachtet wurde.
- Immissionsschutzgesetz (BImSchG): Das BImSchG regelt den Schutz der Bevölkerung vor schädlichen Umwelteinwirkungen, einschließlich Lärm. In diesem speziellen Fall könnte der Lärm von der Gaststätte des Beklagten als schädliche Umwelteinwirkung angesehen werden, da der Kläger durch die Geräuschbelastung in seiner Lebensqualität beeinträchtigt wurde. Der Zusammenhang zwischen dem Gesetz und dem Fall liegt in der Frage, ob die Geräuschentwicklung die zulässigen Immissionswerte überschreitet.
- § 1004 BGB: Diese Vorschrift beinhaltet das Recht, von einem anderen die Beseitigung einer Beeinträchtigung des Eigentums zu verlangen. Da der Kläger in seiner Nutzung des Grundstücks durch die Geräuscheinwirkungen der Gaststätte beeinträchtigt ist, könnte er Ansprüche nach § 1004 BGB geltend machen. Im vorliegenden Fall stellte der Kläger fest, dass die Lärmeinwirkungen nicht durch die geltende Gaststättenkonzession gedeckt sind und somit Unterlassungsansprüche hergeleitet werden können.
- Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG): Dieses Gesetz regelt die Verfahren der öffentlichen Verwaltung in Deutschland, einschließlich der Erteilung von Gaststättenkonzessionen. Der Beklagte argumentierte, dass die Klage abgewiesen werden müsse, weil der Kläger im Falle von Störungen durch die Gaststätte die Verwaltung auf dem Verwaltungsrechtsweg hätte anfechten sollen. Der Zusammenhang ist hier von Bedeutung, da die rechtlichen Mittel des Klägers möglicherweise nicht richtig gewählt wurden, um seine Ansprüche gegen die Genehmigung der Gaststätte durch die Stadt Offenburg durchzusetzen.
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LG Offenburg – Az.: 2 O 513/20 – Urteil vom 17.05.2021
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