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Unterlassungsanspruch – Abgrenzung zwischen echter und rhetorischer Frage

OLG Brandenburg – Az.: 1 U 5/16 – Urteil vom 05.12.2016

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 12. Januar 2016 – 31 O 113/15 -wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beitzutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Unterlassung verschiedener Äußerungen im Rahmen einer kommunalpolitischen Auseinandersetzung.

Der Kläger ist seit 1998 Vertreter der Gemeinde … und Kreistagsabgeordneter. Darüber hinaus ist er Geschäftsführer und Gesellschafter der L… GmbH sowie Gesellschafter der GbR A…; beide Gesellschaften haben ihren Sitz in ….

Die Beklagten sind Mitglieder der Wählergruppe P…, abgekürzt „P…“. Der Beklagte zu 2) ist seit der letzten Kommunalwahl im Mai 2014 ebenfalls Gemeindevertreter.

Die Aufgaben der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im Bereich der Gemeinde … werden durch den Zweckverband F… wahrgenommen, dem neben der Gemeinde … die Gemeinde L… angehört. Durch Beschluss der Gemeindevertreterversammlung vom 20. November 2003 wurde der Kläger zum Vertreter der Gemeinde … in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes F… und zu ihrem Stimmenführer bestellt, vgl. § 13 Abs. 1 der Verbandssatzung. Zudem nahm er die Funktion des Vorsitzenden der Verbandsversammlung wahr.

Im Jahr 2004 beschloss die Verbandsversammlung den Umzug des Zweckverbandes in Räumlichkeiten auf dem Grundstück A…, das im Eigentum der GbR A… steht. Mit dieser Gesellschaft schloss der Zweckverband am 31. August 2004 einen Mietvertrag über die entsprechenden Räume.

Auf der Verbandsversammlung des Zweckverbands F… am 15. August 2005 wurde eine geänderte Satzung über die Entschädigung ehrenamtlicher Mitglieder der Verbandsversammlung beschlossen, mit der die monatliche Aufwandsentschädigung für den ehrenamtlichen Verbandsvorsteher oder dessen Vertreter von 100,00 € auf 350,00 € erhöht wurde.

Während des letzten Kommunalwahlkampfs im Jahr 2014 äußerte sich die Wählergemeinschaft P… auf ihrer Homepage, die als Verantwortlichen den außergerichtlich in Anspruch genommenen U… N… benennt, im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Mietvertrags der Gemeinde mit dem Zweckverband F… unter Benennung der Beklagten als Betriebsprüferin bzw. Wirtschaftsprüfer über den Kläger neben weiteren Ausführungen wie folgt:

 „ Selbstbedienungsladen Zweckverband!

Es ist höchste Zeit gegenzusteuern! (…)

Ein weiterer Posten ist die Miete, die € 52.5000 incl. Nebenkosten beträgt. (2004 betrugt sie noch € 17.500)

Der Umzug in die Räume des Gebäudes der Firma L… GmbH wurde 2004 vom Vorsteher der Verbandsversammlung Herrn L… in die Wege geleitet. Auf eine Nachfrage in der GVV von M… Z… wurde bestätigt, dass die GVV über diesen Vorgang nicht informiert wurde.

Zu der Frage, ob Herr L… oder eine ihm nahestehende Person an dem Grundstück beteiligt ist, wollte er keine Auskunft geben. (…)

Was gilt es zu klären: (…)

  • wie ist die Konstellation von Herrn L… – Gemeindevertreter, Verbandsvorsitzender des Zweckverbandes und Geschäftsführer der L… GmbH (Vermieter)
  • mit dem Mitwirkungsverbot vereinbar? Liegt eventuell sogar Vorteilsnahme vor?
  • wieso wurden die Sitzungsgelder unter dem Verbandsvorsitz des Herrn L… von € 100 auf € 350,00 erhöht (…)

Wäre die Untersuchung nicht ein Fall für T… Deutschland e.V.? Wenn der Zweckverband nichts zu verbergen hat, dann ganz sicher.“

Wegen der Einzelheiten der Erklärungen auf der Homepage der Wählergemeinschaft P… wird auf den entsprechenden Ausdruck (Bl. 11 d. A.) Bezug genommen.

Ferner fand am 19. und 20. Mai 2014 unter Beteiligung des Beklagten zu 2) eine Pressekonferenz statt, auf der ein Handzettel an die Anwesenden verteilt wurde, mit dem die Wählergemeinschaft sich unter anderem wie folgt äußerte:

„ Selbstbedienungsladen Zweckverband. (…)

Die Kandidaten für P… K… O… (Wirtschaftsprüfer) und M… Z… (Betriebsprüferin) haben sich den Wirtschaftsplan mal etwas genauer angesehen. (…)

Das heißt der Zweckverband kann ab 2019 seinen Kreditverpflichtungen ohne Einlagen der Gemeinde oder deutlichen Gebührenerhöhungen nicht mehr nachkommen.

Es ist höchste Zeit gegenzusteuern. (…)

Ursächlich für diese Entwicklung ist der hohe Verwaltungsaufwand. (…)

Ein weiterer Posten ist die Miete, die € 52.500 incl. Nebenkosten beträgt. (2004 betrug sie noch € 17.500)

Der Umzug in die Räume des Gebäudes der Firma L… GmbH wurde 2004 vom Vorsteher der Verbandsversammlung Herrn L… in die Wege geleitet. Auf eine Nachfrage in der GVV von M… Z… wurde bestätigt, dass die GVV über diesen Vorgang nicht informiert wurde. Zu der Frage, ob Herr L… oder eine ihm nahestehende Person an dem Grundstück beteiligt ist, wollte er keine Auskunft geben.

Darüber hinaus wirbt der Zweckverband für Verblombungen durch die Firma L….

Was gilt es zu klären. (…)

“-“ wie ist die Konstellation von Herrn L… – Gemeindevertreter, Verbandsvorsitzender des Zweckverbandes und Geschäftsführer der L… GmbH (Vermieter) mit dem Mitwirkungsverbot vereinbar? Liegt eventuell sogar eine Vorteilsnahme vor?

“-“ welche Fremdleistungsverträge bestehen mit der Firma L…?

“-“ wieso wurden die Sitzungsgelder unter dem Verbandsvorsitz des Herrn L… von € 100 auf € 350,00 erhöht (…)

Wäre die Untersuchung nicht ein Fall für T… Deutschland e.V.

Wenn der Zweckverband nichts zu verbergen hat sicher.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in der Pressekonferenz überreichten Handzettel (Bl. 98 d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte zu 1) war bei dieser Pressekonferenz nicht anwesend.

Am 31. Mai 2014 erschien ein Artikel in der … Zeitung, der die Aussagen im Wesentlichen wiederholte und kommentierte:

„Und die Miete habe sich mit dem Umzug des Zweckverbandes 2004 nach … auf 52.500 Euro mehr als verdoppelt. M… Z… brachte den damaligen Vorsitzenden der Verbandsversammlung, W… L… (…), über die Firma L… als Vermieter ins Spiel. Das werfe Fragen nach dem Mitwirkungsverbot auf.“

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 13. Juni 2014 forderte der Kläger die Beklagten sowie den im Impressum der Homepage als Verantwortlichen benannten U… N… zur Unterlassung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, woraufhin die Internetseite geschlossen wurde. In der Folge gab U… N… eine modifizierte Unterlassungserklärung ab, die Beklagten verweigerten dies jedoch.

Der Kläger meint zunächst, dass die streitgegenständlichen Äußerungen – auch soweit sie in Form von Fragen formuliert seien – die falschen Behauptungen enthielten, er habe unter Verletzung des Mitwirkungsverbots an der Entscheidung über die Vermietung der Räume an den Zweckverband F… mitgewirkt, die Räume seien von der L… GmbH vermietet worden und er habe sich einer Vorteilsannahme strafbar gemacht. Darüber hinaus hätten die Beklagten wahrheitswidrig behauptet, dass der Mietvertrag zu für die Gemeinde nachteiligen Konditionen abgeschlossen worden sei und die Sitzungsgelder erhöht worden seien. Tatsächlich habe er die von ihm vertretene Gesellschaft damals weder als Vermieterin ins Spiel gebracht, noch habe er sich an der Abstimmung über den Abschluss des Mietvertrags beteiligt. Vielmehr habe er bei der Beschlussfassung den Raum verlassen. Der Umzug sei wegen erhöhten Platzbedarfs erforderlich geworden; das nunmehr angemietete Objekt habe 116 m² mehr Fläche. Dabei sei eine ortsübliche Grundmiete vereinbart und seitdem nicht erhöht worden. Lediglich die Nebenkosten hätten sich zwischenzeitlich erhöht.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, zukünftig ihm oder Dritten gegenüber wörtlich, sinngemäß oder rhetorisch fragend folgende Äußerungen zu treffen:

a. er habe unter Verletzung des Mitwirkungsverbots an der Entscheidung über die Vermietung der Räume an den Zweckverband F… mitgewirkt,

b. der Zweckverband F… habe die Räume von der L… GmbH gemietet,

c. er habe sich einer Vorteilsnahme strafbar gemacht oder es bestünde ein entsprechender Verdacht, er sei korrupt und die Vorgänge bei Abschluss des Mietvertrags seien ein Fall für T… Deutschland e.V.,

d. der Mietvertrag mit dem Zweckverband F… sei zu seinem Vorteil zu überhöhten Konditionen abgeschlossen worden, die Miete seitdem weiter erhöht worden und/oder die Miete habe sich seit 2004 verdoppelt bzw. von 17.500,00 € auf 52.500,00 € erhöht,

e. die Sitzungsgelder seien unter seinem Verbandsvorsitz von 100,00 € auf 350,00 € erhöht worden.

2. den Beklagten anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 € oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gegen sie festgesetzt werde.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Ihrer Auffassung nach handelt es sich bei den beanstandeten Äußerungen um von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckte Werturteile. Die klägerseits gerügten Behauptungen seien als Fragen formuliert, die unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit wie Werturteile zu behandeln seien. Im Übrigen seien die in den beanstandeten Texten enthaltenen Informationen aber auch zutreffend. Sie – die Beklagte zu 1) als Betriebsprüferin beim Finanzamt und der Beklagte zu 2) als Vorstandsmitglied einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft – hätten den Wirtschaftsplan des Zweckverbands im Vorfeld der Kommunalwahl einer eingehenden Prüfung unterzogen und dabei einige besorgniserregende Erkenntnisse gewonnen, namentlich die durch den Umzug des Verbands drastisch gestiegenen Mietzinsausgaben. Da aus § 13 der Satzung des Zweckverbands F… faktisch das Erfordernis einer einstimmigen Beschlussfassung folge, sei eine Entscheidung über die Anmietung neuer Räume ohne die Mitwirkung des Klägers gar nicht möglich gewesen. Der Erhöhung der Aufwandsentschädigung habe der Kläger im Übrigen ausdrücklich zugestimmt. Für den Inhalt der Homepage der Wählergemeinschaft seien sie im Übrigen nicht verantwortlich und auch der Artikel der … Zeitung gebe lediglich Bewertungen des Verfassers wider. Grundlage eines Anspruchs könne daher allenfalls der auf der Pressekonferenz verteilte Handzettel sein; dies gelte jedoch nicht für die Beklagte zu 1), der der Inhalt des Handzettels nicht als Äußerung zugerechnet werden könne.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) insgesamt nicht ersichtlich sei. Für die Äußerungen auf der Homepage sei allein der als Zeuge benannte und außergerichtlich in Anspruch genommene U… N… verantwortlich und Äußerungen in der Gemeindevertreterversammlung habe der Kläger nicht substantiiert dargetan. An der streitgegenständlichen Pressekonferenz am 19. und 20. Mai 2014 habe die Beklagte zu 1) nicht teilgenommen. Gegenüber dem Beklagten zu 2) bestehe mit Blick auf den allein relevanten Handzettel kein Anspruch, weil die insoweit streitgegenständlichen Behauptungen als Fragen formuliert seien, die unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit wie Werturteile zu behandeln und vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt seien.

Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich geltend gemachten Unterlassungsbegehren weiter verfolgt. Er meint, dass es sich bei den streitgegenständlichen Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen handele, die die Straftatbestände der üblen Nachrede und der Verleumdung erfüllten. Im Übrigen rügt er die Verletzung formellen Rechts, da er erstmals durch den Hinweisbeschluss des Landgerichts vom 9. Januar 2016 darauf hingewiesen worden sei, dass sein Vortrag zu einer Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) für den auf der Pressekonferenz verteilten Handzettel nicht hinreichend substantiiert sei; angesichts der bereits am 12. Januar 2016 stattfindenden mündlichen Verhandlung habe er hierzu nicht mehr vortragen können. Letztlich ergebe sich aber bereits aus dem Zettel selbst, dass er das Ergebnis einer gemeinschaftlichen Untersuchung beider Beklagten sei. Im Übrigen habe die Beklagte zu 1) sich ausweislich des vorliegenden Protokolls auf der Gemeindevertretersitzung am 15. Mai 2014 und auf weiteren Wahlkampfveranstaltungen im Mai 2014 dahingehend geäußert, dass er die Vermietung der eigenen Räume in die Wege geleitet und hierbei gegen das Mitwirkungsverbot verstoßen habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 12. Januar 2016, Az.: 31 O 113/15, abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zu sechs Monaten zu unterlassen, zukünftig ihm oder Dritten gegenüber wörtlich, sinngemäß oder rhetorisch fragend folgende Äußerungen zu treffen:

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1. er habe unter Verletzung des Mitwirkungsverbots an der Entscheidung über die Vermietung der Räume an den Zweckverband F… mitgewirkt,

2. der Zweckverband F… habe die Räume von der L… GmbH gemietet,

3. er habe sich einer Vorteilsnahme strafbar gemacht oder es bestünde ein entsprechender Verdacht, er sei korrupt und die Vorgänge bei Abschluss des Mietvertrags seien ein Fall für T… Deutschland e.V.,

4. der Mietvertrag mit dem Zweckverband F… sei zu seinem Vorteil zu überhöhten Konditionen abgeschlossen worden, die Miete seitdem weiter erhöht worden und/oder die Miete habe sich seit 2004 verdoppelt bzw. von 17.500,00 € auf 52.500,00 € erhöht,

5. die Sitzungsgelder seien unter seinem Verbandsvorsitz von 100,00 € auf 350,00 € erhöht worden.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger steht hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen kein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB zu.

Soweit es Verlautbarungen auf der Homepage der Wählergemeinschaft P… betrifft, sind die Beklagten nicht passivlegitimiert. Für die dort veröffentlichen Inhalte war nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien allein der außergerichtlich in Anspruch genommene U… N… verantwortlich, der im Impressum der Seite entsprechend benannt ist, § 5 Abs. 1 TMG.

Gleiches gilt für die Beklagte zu 1) hinsichtlich der auf der Pressekonferenz am 19. und 20. Mai 2014 erfolgten Äußerungen. Die Beklagte zu 1) war auf dieser Pressekonferenz nicht anwesend und der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass die dort verteilten Handzettel auch in ihrem Namen an die Journalisten verteilt worden sind. Soweit der Kläger einen Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts rügt, aufgrund dessen sein ergänzendes Vorbringen hierzu unterblieben sei (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO), ist zunächst nicht ersichtlich, aus welchen Gründen es ihm nicht möglich gewesen sein sollte, auf den mit Beschluss des Landgerichts vom 9. Januar 2016 erteilten Hinweis Stellung zu nehmen. Der ihm am 11. Januar 2016 zugegangene Beschluss enthält keine Stellungnahmefrist, die das Landgericht bei seiner Entscheidung übergangen hat, so dass er in der mündlichen Verhandlung am 12. Januar 2016 hierzu vortragen oder eine Frist zur Stellungnahme hätte beantragen können. Letztlich bedarf die Frage eines Verfahrensfehlers aber keiner Entscheidung, da die Berufung insoweit keinen entscheidungserheblichen neuen Sachvortrag enthält. Soweit es um die Abfassung des Handzettels geht, enthält der klägerische Vortrag lediglich eine Würdigung des Textes. Es mag sein, dass die Beklagte zu 1) aufgrund einer Prüfung des Wirtschaftsplans des Zweckverbands zu den auf dem Zettel zusammengefassten Ergebnissen gekommen ist. Hieraus folgt jedoch nicht, dass sie sich auch Dritten gegenüber entsprechend geäußert hat.

Soweit den Beklagten die streitgegenständlichen Äußerungen zurechenbar sind, liegt keine Beeinträchtigung des klägerischen Persönlichkeitsrechts vor. Wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, sind sämtliche der streitgegenständlichen Verlautbarungen von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt.

Maßgebend für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit von Äußerungen ist zunächst die Frage, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Dabei ist der Aussagegehalt der Äußerungen zu ermitteln. Ausgehend vom Wortlaut sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Es ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, NJW 2009, 1872 Rn. 11; BGH, NJW 2005, 279, 281; BGH, NJW 2004, 598, 599). Die Ermittlung des Aussagegehalts ist dabei nicht auf „offene“ Behauptungen beschränkt, sondern die Prüfung erstreckt sich auch auf ehrenkränkende Beschuldigungen, die im Gesamtzusammenhang der offenen Einzelaussagen „versteckt“ bzw. „zwischen den Zeilen“ stehen könnten (vgl. BGH, NJW 1980, 2801, 2803).

Während bei Meinungsäußerungen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, ist für Tatsachenbehauptungen die objektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch. Von einer Tatsachenbehauptung ist auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend dem Verständnis des Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich ist und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offensteht (vgl. BGH, NJW 2005, 279, 281; BGH, NJW 2002, 1192, 1193; BGH, NJW 1992, 1314, 1316). Meinungsäußerungen sind hingegen durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt und lassen sich daher nicht als wahr oder unwahr erweisen (BGH, NJW 2009, 1872 Rn. 15; BGH, NJW 2004, 598, 599).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze gilt für die streitgegenständlichen Äußerungen Folgendes:

1. Die Behauptung, „der Kläger habe unter Verletzung des Mitwirkungsverbots an der Entscheidung über die Vermietung der Räume an den Zweckverband F… mitgewirkt“, wird in dem bei der Pressekonferenz überreichten Zettel nicht aufgestellt. Es wird lediglich die Frage aufgeworfen:

„‘-’ wie ist die Konstellation von Herrn L… – Gemeindevertreter, Verbandsvorsitzender des Zweckverbandes und Geschäftsführer der L… GmbH (Vermieter) mit dem Mitwirkungsverbot vereinbar? Liegt eventuell sogar eine Vorteilsnahme vor?“

Hierbei handelt es sich um eine echte Frage, deren Verlautbarung als Werturteil von der Meinungsfreiheit des Beklagten zu 2) gedeckt war.

Echte Fragen sind weder am Wahrheits- noch am Richtigkeitsmaßstab messbar; sie bilden eine eigene semantische Kategorie. Sie machen keine Aussage, sondern wollen eine solche herbeiführen, in dem sie auf eine Antwort gerichtet sind, die dann ihrerseits aus einem Werturteil oder einer Tatsachenmitteilung bestehen kann (vgl. BVerfG, NJW 1992, 1442, 1443). Für den Meinungsbildungsprozess spielen Fragen eine wichtige Rolle. Indem sie die Aufmerksamkeit auf Probleme lenken und Antworten hervorrufen, tragen sie zur Bildung von Meinungen bei, die dann ihrerseits wieder geäußert werden können. Das ist umso wichtiger, als in vielen Bereichen, die die Öffentlichkeit wesentlich angehen oder berühren, der einzelne nicht über die für seine Meinungsbildung erforderlichen Informationen verfügt, so dass ihm nur die Möglichkeit kritischer oder nachforschender Fragen bleibt (BVerfG, a. a. O.). Neben Werturteilen und Tatsachenbehauptungen sind daher auch Fragen von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Zwar enthält jede Frage, indem sie sich auf einen bestimmten Gegenstand bezieht, ausgesprochen oder unausgesprochen Annahmen tatsächlicher oder wertender Art, die der Fragende einer Verifizierung oder Klärung zuführen will. Insofern gibt es keine reinen Fragen, denen jeder Aussagegehalt fehlt. Da der Fragende aber gerade wissen will, was richtig oder falsch, wahr oder unwahr ist, und dabei für verschiedene Antworten offen bleibt, kann die Frage selber nicht an den Kriterien von Wahrheit oder Unwahrheit gemessen werden. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn sich eine Frage auf Tatsachen bezieht, die sich anschließend als nicht gegeben herausstellen (BVerfG, NJW 1992, 1442, 1443 f.).

Im Gegensatz hierzu stehen rhetorische Fragen. Rhetorische Fragen sind nur scheinbar Fragen, die nicht um einer Antwort willen geäußert werden, sondern Aussagen bilden, die rechtlich entweder wie ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung zu behandeln sind (BVerfG, NJW 2003, 660, 661). Einerseits können Fragen in Aussagesätze, andererseits Aussagen in Fragesätze gekleidet sein. Ferner kann es vorkommen, dass in einem Fragesatz Behauptungen aufgestellt werden, auf die sich das Klärungsbegehren des Fragenden nicht bezieht (BVerfG, NJW 1992, 1442, 1444). Für die Unterscheidung zwischen echten und rhetorischen Fragen, für die die sprachliche Form allein keine zuverlässigen Schlüsse erlaubt, ist unter Berücksichtigung des Kontextes und der Umstände maßgebend, ob ein Fragesatz nicht auf eine Antwort durch einen Dritten gerichtet oder nicht für verschiedene Antworten offen ist; in diesem Fall handelt es sich nicht um eine echte Frage. Fragesätze oder Teile davon, die nicht um einer – inhaltlich noch nicht feststehenden – Antwort willen geäußert werden, bilden vielmehr Aussagen, die sich entweder als Werturteil oder als Tatsachenbehauptung darstellen und rechtlich wie solche zu behandeln sind. Dabei genügt der hohe Konkretisierungsgrad einer Frage für sich genommen nicht, um diese als rhetorisch auszuweisen. Je detailreicher die Frage ist, desto höher ist zwar der Anteil von Aussagen, die sie enthält und auf die sich das Klärungsbegehren des Fragenden bezieht. Ein hoher Tatsachenanteil macht eine Frage aber noch nicht zur Tatsachenbehauptung. Auch bei hochgradig konkreten Fragesätzen hängt die Einordnung als echte oder rhetorische Frage nur davon ab, ob die Frage auf eine inhaltlich noch nicht feststehende Antwort zielt oder ob der Fragende den Zweck seiner Äußerung bereits mit der Stellung der Frage erreicht hat. Im Zweifel ist im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes – ebenso wie von einem weiten Meinungsbegriff – von einem weiten Fragebegriff auszugehen (BVerfG, a. a. O.).

Die Gesamtaussage des Schreibens beinhaltet Kritik an der wirtschaftlichen Führung des Zweckverbands, die sich nach Auffassung des Beklagten zu 2) aus dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2014 ersehen lässt. Die vorab mitgeteilten Informationen zur Höhe der Personalkosten, des Mietzinses und der Beteiligung des Klägers in diese Vorgänge münden in verschiedene Fragen unter der Überschrift „Was gilt es zu klären?“, unter der sich auch vollkommen offene Fragestellungen wie „Was wird gegen die fortlaufenden Verluste getan?“ oder „Was wird gegen die zu erwartende Zahlungsunfähigkeit getan?“ finden. Unter Berücksichtigung eines weiten Fragebegriffs sowie des Umstands, dass ein hoher Tatsachenanteil eine Frage noch nicht zu einer Tatsachenbehauptung macht, sondern auch bei hochgradig konkreten Fragesätzen darauf abzustellen ist, ob die Frage auf eine inhaltlich noch nicht feststehende Antwort zielt oder ob der Fragende den Zweck seiner Äußerung bereits mit der Stellung der Frage erreicht hat, lässt die hier aufgeworfene Frage nach einem Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot mehrere Antworten zu, so dass es sich um eine echte Frage handelt. Hierfür spricht auch die sich anschließende Frage, ob der Vorgang durch T… Deutschland e.V. untersucht werden sollte. Diese weitere Frage verdeutlicht, dass aus Sicht des Beklagten zu 2) eine weitere Aufklärung angezeigt ist und gerade keine bereits feststehende Tatsache mitgeteilt wird.

Der Umstand, dass der Beklagte zu 2) sich auf einer Pressekonferenz und damit gegenüber der Öffentlichkeit entsprechend geäußert hat, steht der Annahme einer echten Fragestellung nicht entgegen. Zwar ist bereits bei der Einordnung einer Äußerung als rein rhetorische oder echte Frage auch der Adressatenkreis zu berücksichtigen, da die Wertung der Äußerung davon abhängen kann, ob es sich um einen unmittelbaren Gedankenaustausch zwischen zwei Personen handelt oder der Äußernde sich an die Öffentlichkeit wendet (vgl. BGH, NJW 1967, 891, 893). Der Kläger steht als Kommunalpolitiker aber selbst in der Öffentlichkeit und Kritik an seiner politischen Arbeit ist daher zwangsläufig Teil des öffentlich geführten, politischen Meinungskampfs. Darüber hinaus handelt es sich nicht um eine vollkommen anlasslose, aus der Luft gegriffene Frage, bei der die Umstände eher für eine rhetorische Fragestellung sprechen (vgl. hierzu OLG Hamburg, VersR 1999, 1252; OLG Hamburg, ZUM 1995, 496, 497). Dass der Kläger in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt sowohl Gemeindevertreter und Vorsitzender des Zweckverbandes als auch – wenngleich nicht als Geschäftsführer der L… GmbH – wirtschaftlich Begünstigter des neu abgeschlossenen Mietvertrags des Zweckverbands war, rechtfertigt die Frage einer Vereinbarkeit dieser Konstellation mit dem Mitwirkungsverbot des § 22 Abs. 1 BbgKVerf. Zwar setzt dies voraus, dass er bei der Beschlussfassung über die Anmietung der Räume beratend oder entscheidend mitgewirkt hat, und dies steht zwischen den Parteien im Streit. Die Nachfrage war aber durchaus gerechtfertigt, da nach § 13 Abs. 1 der Verbandssatzung jede Mitgliedsgemeinde zwei Stimmen hat, die jeweils nur einheitlich abgegeben werden können, so dass jedes Mitglied einen Stimmenführer bestellt.

Da echte Fragen unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit Werturteilen gleichstehen (BVerfG, NJW 2003, 660, 661), sind die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (BGH, NJW 2009, 1872 Rn. 17).

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Dabei genießen Meinungen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankäme, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, begründet oder grundlos, emotional oder rational ist. Auch scharfe und übersteigerte Äußerungen fallen grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten. Gleiches gilt für Formalbeleidigungen und Anprangerungen. Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik allerdings eng auszulegen. Danach macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen bzw. gleichsam an den Pranger stellen soll (BGH, NJW 2009, 1872 Rn. 18).

Vorliegend handelt es sich weder um eine die Grenze zur Schmähkritik überschreitende Äußerung, noch ist bei der gebotenen Interessenabwägung von einem Vorrang des klägerischen Persönlichkeitsrechts auszugehen. Die Frage nach einem Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot wurde nicht isoliert, sondern im Rahmen einer Auseinandersetzung um die politische Arbeit des Klägers verwendet. Sie bezieht sich ausschließlich auf seine politische Tätigkeit und lässt seine Privatsphäre unberührt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Äußerung im Rahmen politischer Auseinandersetzung, und zwar in der gesteigerten Form des Wahlkampfgeschehens, handelte. Allgemein spricht bei einem Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (BVerfG, NJW 1983, 1415; BVerfG, NJW 1958, 257, 529), und dies gilt in besonderem Maße bei Auseinandersetzungen im Wahlkampf, in dem der politische Meinungskampf auf das höchste intensiviert ist (BVerfG, NJW 1983, 1415, 1416). Anerkanntermaßen ist Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG für die parteipolitische Auseinandersetzung von wesentlicher Bedeutung und verstärkt die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede mit der Folge, dass gegen das Äußern einer Meinung nur in äußersten Fällen eingeschritten werden darf (BVerfG, a. a. O.). Dieser Grundsatz gilt auch im Rahmen der Kommunalpolitik, auch wenn kommunale Wählergemeinschaften keine Parteien im Sinne des § 2 Abs. 1 PartG sind. Äußerungen im Wahlkampf stehen in besonderem Maße unter dem Vorzeichen, für den eigenen politischen Standpunkt zu werben und diesen deshalb gegenüber dem des politischen Gegners möglichst wirkungsvoll zur Geltung zu bringen. Hiervon diktierte polemische Überzeichnungen und vereinfachende Verkürzungen in der Kritik am „anderen Lager“ sind um der Gewährleistung willen, die Art. 5 Abs. 1 GG für die wirksame Darstellung der eigenen Meinung auch und gerade im politischen Meinungskampf zuerkennt, von dem Kritisierten grundsätzlich auch auf die Gefahr hin hinzunehmen, dass Zuhörer den Stellenwert solcher Polemik falsch einschätzen (BGH, NJW 1984, 1102, 1103). Hieraus ergeben sich außerdem Grenzen bei der Feststellung des Inhalts der Aussage, insbesondere hinsichtlich ihres substantiellen Gehalts an Sachauskünften. Gerade wenn es um die Zuweisung von Schuld oder politischer Verantwortung für Missstände oder für zu verurteilende Vorkommnisse geht, muss es dem Wahlkämpfer grundsätzlich möglich sein, seinen Vorwurf in vergröbernder Vereinfachung der Zusammenhänge plastisch zu formulieren (BGH, a. a. O.).

Im Übrigen war es dem Kläger zumutbar, sich gegen die in der Frage enthaltenen Angriffe mit politischen Mitteln und damit gleichfalls im Rahmen des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung zu wehren. Politiker müssen sich anerkanntermaßen auch scharfer und überspitzter Kritik als Teil einer im politischen Tageskampf nicht ungewöhnlichen Polemik stellen (vgl. BVerfG, NJW 1983, 1415, 1417; Götting/Schertz/Seitz/Höch, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 21 Rn. 20; Wenzel/Burkhardt, das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 5 Rn. 96).

2. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung, „der Zweckverband F… habe die Räume von der L… GmbH gemietet“, ist zunächst festzustellen, dass die Beklagte zu 1) sich in der Gemeindevertretersitzung am 15. Mai 2014 dahingehend geäußert hat, dass die neuen „Mieträumlichkeiten der Firma L… GbR“ gehörten. Damit hat sie zwar weder die L… GmbH noch deren Eigenschaft als Vermieterin angesprochen, die Äußerung kann aber grundsätzlich von dem auch auf sinngemäße Äußerungen bezogenen Unterlassungsanspruch erfasst sein.

Die Beklagte zu 1) hat allerdings keine entsprechende Behauptung aufgestellt. Zum einen handelt es sich bei der Niederschrift der Gemeindevertretersitzung nicht um ein Wortprotokoll, so dass die stichpunktartige Wiedergabe der Wortbeiträge nur einen begrenzten Rückschluss auf die eher feststellende oder eher fragende Art einer Äußerung zulässt. Zum anderen ist die gewählte Formulierung zu berücksichtigen, nach der es sich um eine Feststellung handelt, an die die Beklagte zu 1) die Frage angeknüpft hat, ob Umzug und Miethöhe mit der Gemeindevertretung abgestimmt gewesen seien. Die Äußerung war Bestandteil einer Einwohnerfragestunde, in der die Beklagte zu 1) in einen unmittelbaren Dialog mit dem Kläger eingetreten ist. Sie erfolgte in seinem Beisein, so dass der Kläger – wie auch geschehen – unmittelbar darauf erwidern konnte. Nachdem sich seine Antwort auf die Mitteilung beschränkte, dass die Firma L… nicht die Vermieterin sei, fragte die Beklagte zu 2) konkret nach der Person des Vermieters, woraufhin der Kläger sie an den Betreiber verwies. Bei der gebotenen Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs steht daher nicht die Behauptung einer aus Sicht der Beklagten zu 1) feststehenden Tatsache im Vordergrund, sondern es wird die Frage der Eigentümer- bzw. Vermietereigenschaft, die letztlich unbeantwortet geblieben ist, zur Diskussion gestellt. Derartige Nachfragen im Rahmen einer Einwohnerfragestunde sind jedoch von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt.

Gleiches gilt, soweit der Kläger mit seiner Berufung ergänzend ausführt, dass die Beklagte zu 1) – wie in dem Zeitungsartikel vom 31. Mai 2014 wiedergegeben – ihn als Vermieter ins Spiel gebracht habe. Schon die gewählte Formulierung lässt keinen Schluss auf eine abschließende Feststellung zu.

Der Beklagte zu 2) hat sich mit dem auf der Pressekonferenz ausgeteilten Handzettel dahingehend geäußert, dass die L… GmbH die Vermieterin der neu angemieteten Räumlichkeiten sei. Zwar handelt es sich hierbei – ausgehend von einer Würdigung dieser Äußerung als reine Tatsachenbehauptung – um eine unwahre Information, da Vermieterin tatsächlich die GbR A… war. Bei der gebotenen Betrachtung dieser Äußerung im Gesamtzusammenhang steht jedoch die Darstellung des eigenen wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der konkreten Gestaltung der mietvertraglichen Verhältnisse und nicht die Mitteilung im Vordergrund, dass gerade die L… GmbH als juristische Person die Vermieterin des Objekts ist. Die weiteren Ausführungen, namentlich der Hinweis, dass der Kläger auf die Frage, ob er oder eine ihm nahestehende Person an dem Grundstück beteiligt sei, keine Auskunft geben wollte, und die sich an die verkürzte Darstellung der mietvertraglichen Verhältnisse anschließenden Fragestellungen zu deren Vereinbarkeit mit dem Mitwirkungsverbot oder einer eventuellen Vorteilsannahme, lassen darauf schließen, dass der in der Äußerung liegende Tatsachengehalt auf die Beteiligung des Klägers an der Person der Vermieterin abzielt, und daher wahr ist. Auch der Umstand, dass der Beklagte zu 2) diese Äußerung nicht mehr wiederholt hat, nachdem er von der tatsächlichen Vermieterin Kenntnis erlangt hatte, spricht dafür, dass es ihm nicht darauf ankam, eine bestimmte juristische Person als Vermieterin zu benennen, sondern die wirtschaftlichen Eigeninteressen des Klägers zu hinterfragen.

Hinzu kommt, dass der Kläger die Person der Vermieterin nicht offengelegt hat, sondern sogar einer konkreten Beantwortung der an ihn gestellten Frage im Rahmen der Gemeindevertreterversammlung ausgewichen ist. Er selbst ist (Mit-)Eigentümer des Grundstücks, § 718 Abs. 1 BGB, und vertritt die Vermieterin, so dass die unzutreffende Bezeichnung, die allerdings ausschließlich auf seine Person abzielte, als Verzicht auf die detaillierte Darstellung der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse zur Verdeutlichung eines denkbaren Interessenkonflikts im politischen Meinungsaustausch unschädlich ist.

3. Die Behauptung, „der Kläger habe sich einer Vorteilsnahme strafbar gemacht oder es bestünde ein entsprechender Verdacht, er sei korrupt und die Vorgänge bei Abschluss des Mietvertrags seien ein Fall für T… Deutschland e.V.“, wird in dem bei der Pressekonferenz überreichten Zettel nicht aufgestellt. Es wird aber die bereits zuvor erwähnte Frage aufgeworfen:

„‘-’ wie ist die Konstellation von Herrn L… – Gemeindevertreter, Verbandsvorsitzender des Zweckverbandes und Geschäftsführer der L… GmbH (Vermieter) mit dem Mitwirkungsverbot vereinbar? Liegt eventuell sogar eine Vorteilsnahme vor?“,

die auch die Frage nach einer möglichen Vorteilsannahme enthält. Der Verdacht, der Kläger sei korrupt, wird daneben nicht ausdrücklich erhoben. Der Handzettel enthält lediglich die weitere Passage:

 „Wäre die Untersuchung nicht ein Fall für T… Deutschland e.V.

Wenn der Zweckverband nichts zu verbergen hat sicher.“

Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage nach einer Vorteilsannahme gelten die bereits dargestellten Grundsätze zur Einordnung von Fragen. Auch hier wurde lediglich die Frage aufgeworfen, die im Hinblick auf den im Verhältnis zu einem Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot schwerer wiegenden Vorwurf der Vorteilsannahme noch durch den Zusatz „eventuell“ relativiert wird und daher gerade im Rahmen des politischen Diskurses von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt ist. Die weitere Äußerung „Wäre die Untersuchung nicht ein Fall für T… Deutschland e.V.“ endet zwar nicht mit einem Fragezeichen, wird aufgrund der Inversion in der Satzstellung aber aus Sicht des durchschnittlichen Lesers ebenfalls als Frage verstanden. Insbesondere fehlt es an einem nachgestellten Konsekutivsatz und der folgende Satz „Wenn der Zweckverband nichts zu verbergen hat sicher.“ gibt offensichtlich eine Antwort auf die zuvor gestellte Frage. Die Frage nach einer Beteiligung des T… Deutschland e.V. ist aus den bereits dargestellten Gründen ebenfalls von der Meinungsfreiheit umfasst. Die wirtschaftliche Verflechtung des Klägers in die Mietverhältnisse des Zweckverbands, die aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an der Eigentümerin und Vermieterin des Grundstücks gegeben ist, rechtfertigt die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen und deren Überprüfung durch eine unabhängige Institution.

4. Die Äußerung, „der Mietvertrag mit dem Zweckverband F… sei zu seinem Vorteil zu überhöhten Konditionen abgeschlossen, die Miete seitdem weiter erhöht worden und/oder die Miete habe sich seit 2004 verdoppelt bzw. von 17.500,00 € auf 52.500,00 € erhöht“, haben die Beklagten so nicht getätigt.

Die Beklagte zu 1) hat sich auf der Gemeindevertretersitzung lediglich dahingehend geäußert, dass sich der Mietzins verdoppelt habe. Dies stellt eine Tatsachenbehauptung dar, die angesichts der vom Kläger nicht in Abrede gestellten Beträge insoweit wahr ist, als sich der absolute Betrag verdreifacht hat. Die Behauptung, dass der Mietzins seit dem Abschluss des Mietvertrags erhöht worden sei, findet sich hingegen nicht.

Letzteres gilt auch für den Inhalt des Handzettels aus der Pressekonferenz am 19. und 20. Mai 2014 und damit für eine entsprechende Äußerung des Beklagten zu 2). Dass durch das Weglassen der konkreten, die Höhe des Mietzinses beeinflussenden Umstände der Eindruck erweckt wurde, der Mietvertrag sei zu überhöhten Konditionen abgeschlossen worden, ist eine Schlussfolgerung, die als Werturteil im Rahmen des politischen Meinungskampfs keine Beeinträchtigung des klägerischen Persönlichkeitsrechts zur Folge hat. Plakative Verkürzungen sind namentlich bei der Zuweisung von Schuld oder politischer Verantwortung für Missstände im Rahmen des Wahlkampfs grundsätzlich erlaubt (vgl. BGH, NJW 1984, 1102, 1103). Es war dem Kläger auch hier zumutbar, dieser aus seiner Sicht verkürzten Darstellung mit den Mitteln des politischen Meinungsaustauschs entgegenzutreten.

5. Schließlich handelt es sich bei der Äußerung, „die Sitzungsgelder seien unter dem Verbandsvorsitz des Klägers von 100,00 € auf 350,00 € erhöht worden“ um eine Tatsachenbehauptung, die, soweit es das Sitzungsgeld des Verbandsvorstehers betrifft, wahr ist, da der Kläger zur Zeit der Beschlussfassung – unabhängig von seiner Teilnahme an der Sitzung – den Vorsitz der Verbandsversammlung innehatte. Die Behauptung differenziert zwar nicht zwischen den Sitzungsgeldern für den Vorsitzenden und andere Gemeindevertreter, auch hier kommt aber der im Rahmen politischer Äußerungen zu beachtende Grundsatz zum Tragen, dass vereinfachende Verkürzungen in der Kritik am Standpunkt des politischen Gegners mit Blick auf die möglichst wirkungsvolle Darstellung des eigenen Standpunkts grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BGH, NJW 1984, 1102, 1103).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

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