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Fahrzeugentladung – Unterlassungsklage von Nachbar

AG Mannheim

Az: 3 C 472/10

Urteil vom 18.02.2011


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden, indem sie Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages leistet, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Am 11.02.2010 um 13.10 Uhr parkte der Fahrer des Fahrzeuges der Beklagten den LKW … und … im Wendehammer in der … Straße in Mannheim neben dem Betriebsgelände der Klägerin. In dem Wendehammer ist ein Halteverbotsschild angebracht.

Es wurden dort Lade- und Entladetätigkeiten durchgeführt. Der Ladevorgang dauerte ca. 30 Minuten.

Der Kläger ist der Ansicht, dass eine Unterlassungsklage notwendig sei, da zu befürchten sei, dass die Beklagte auch weiterhin Liefertätigkeiten an die Fa. … durchführen werde und weiterhin den Wendehammer oder die Straße vor dem Betriebsgelände der Klägerin blockieren werde. Der Anspruch der Klägerin gründe sich auf dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung. Ein Hinweis an den Mitarbeiter sei nicht erforderlich, da er das Halteverbotszeichen gesehen haben müsse mit der Folge, dass er sein Fahrzeug dort nicht habe abstellen dürfen.

Die Klägerin behauptet, dass während des Ladevorgangs der Betriebsablauf der Klägerin erheblich gestört gewesen sei, da weder Anliefer- noch Abtransportfahrzeuge auf ihr Gelände hätten einfahren können.

Die Klägerin beantragt

1. die Beklagte zu verurteilen, dafür Sorge zu tragen, dass Fahrer ihrer Auslieferungsfahrzeuge, die die Firma … in … beliefern, nicht mehr vor dem Betriebsgelände der Firma … GmbH .. oder in dem Wendehammer neben dem Betriebsgelände der genannten Firma verkehrsbehindernd parken, zwecks Durchführung von Lade- und Entladetätigkeit.

2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung, wobei die Einrede des Fortsetzungszusammenhanges ausgeschlossen ist, einen Pauschalbetrag von 2000,- € an die Klägerin zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, an außergerichtlichen Anwaltskosten der Klägerin 489,45 € zuzüglich 5% Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Sie ist der Auffassung, der richtige Ansprechpartner für die Probleme der Klägerin sei die Firma … und / oder die Stadt Mannheim, nicht jedoch die Beklagte. Der Fahrer der Beklagten sei die gesamte Zeit bei seinem Fahrzeug gewesen, eine Behinderung der Klägerin sei nicht ersichtlich geworden.

Das Gericht hat mündlich verhandelt im Termin vom 03.02.2011. Auf das Sitzungsprotokoll wird hingewiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, eine Zuständigkeit aus § 32 ZPO ist vorliegend gegeben.

Zur Begründung der Zuständigkeit ist erforderlich aber auch ausreichend, dass der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich das Vorliegen einer im Gerichtsbezirk begangenen unerlaubten Handlung ergeben kann. Es reicht daher aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (Zöller – Vollkommer 28. Auflage ZPO § 32 Rdn. 19 unter Hinweis auf BGH NJW 2005, 1435, 1436).

Die Klägerin hat entsprechend Umstände und Einschätzungen vorgetragen, aus denen sich das Vorliegen einer im Gerichtsbezirk begangenen unerlaubten Handlung ergeben könnte, eine solche jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann.

Da es vorliegend im Ergebnis für die Klägerin auch nur um die Bejahung oder Verneinung von deliktischen Ansprüchen gehen kann (andere Anspruchsgrundlagen scheiden von vornherein aus, sind weder vorgetragen noch erkennbar) erscheint es auch als sachgerecht, im vorliegenden Fall diese allein möglichen Ansprüche auch beim Gerichtsstand der unerlaubten Handlung hinsichtlich einer Begründetheit zu prüfen.

Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet.

Soweit die Klägerin die Unterlassung des Parkens vor dem Betriebsgelände (gemeint ist wohl: vor der Einfahrt zum Betriebsgelände) begehrt, ist dieser Antrag unbegründet. Es ist nicht erkennbar, dass die Fahrzeuge der Beklagten jemals vor dem Betriebsgelände geparkt haben noch dies in der Zukunft tun werden; im Streit steht vorliegend ein (unstreitiges) Parken im Wendehammer.

Auch bezüglich dieses Vorgangs hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung nach §§ 831 I, 823, 1004 BGB.

Durch das Parken im Halteverbot wurde bzw. wird kein Rechtsgut der Klägerin nach § 823 I BGB verletzt.

Das Eigentum der Klägerin wurde nicht verletzt.

Für eine Eigentumsverletzung genügt eine bloß kurzfristige oder geringfügige Störung des Eigentümers nicht. Die Störung muss vielmehr andauernd und spürbar sein, wozu in aller Regel erforderlich ist, dass der Eigentümer für längere Zeit von der Nutzung seiner Sache ausgesperrt wird (BGH, Urteil vom 18.11.2003, Az.: VI ZR 385/02)

Vorliegend war dies nicht der Fall. Der LKW der Beklagten stand unstreitig nicht unmittelbar vor der Einfahrt der Klägerin. Darüber hinaus dauerte der Ladevorgang bereits nach Klägervortrag lediglich ca. 30 Minuten.

Auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wurde nicht verletzt.

Der Gewerbebetrieb genießt nur Schutz gegen sogenannte betriebsbezogene Eingriffe, die sich gegen den Betrieb als solchen und nicht nur gegen von ihm ohne weiteres ablösbare Rechte und Rechtsgüter wenden (BGH NJW 2003, 1040). Kein Eingriff ist die mittelbare Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs durch ein außerhalb eintretendes, mit seiner Wesenseigentümlichkeit nicht in Beziehung stehendes Schadensereignis, sofern die Maßnahme sich nicht gegen die Grundlagen der betrieblichen Tätigkeit richtet, wie es zum Beispiel beim dauerhaften Versperren des Zugangs von der Zulassungsstelle zu einem Schilderprägeunternehmen der Fall ist.

Das Gericht kann eine Beeinträchtigung in Form eines betriebsbezogenen Eingriffs nach Vortrag der Klägerin nicht erkennen.

Der Vortrag der Klägerin ist in diesem Punkt unsubstantiiert und stellt die bloße Behauptung in den Raum, dass der Betriebsablauf gestört gewesen sei, da für einen Zeitraum von 30 Minuten weder Anliefer- noch Abtransportfahrzeuge in das Gelände der Klägerin fahren konnten. Dass hierdurch die Grundlagen der betrieblichen Tätigkeit gestört wurden bzw. werden, ist für das Gericht nicht ohne weiteres nachvollziehbar.

Durch das Parken im Halteverbot wurde bzw. wird auch kein Schutzgesetz zu Gunsten der Klägerin nach § 823 II BGB verletzt.

Unter einem Schutzgesetz werden all diejenigen Normen verstanden, die nicht nur dem Schutz der Allgemeinheit, sondern auch den Schutz des einzelnen oder einzelner Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen (Palandt-Sprau § 823 Rn. 57).

Das Schutzgesetz zu Gunsten der Klägerin § 12 II, III Nr. 3 StVO ist nicht verletzt. Der Wendehammer befindet sich nicht vor der Grundstücksein- bzw. ausfahrt der Klägerin, sondern lediglich neben dem Grundstück der Klägerin.

Zwar ist auf schmalen Fahrbahnen nach § 12 III Nr. 3 StVO auch die Fläche gegenüber einer Ein- bzw. Ausfahrt geschützt, jedoch handelt es sich bei der … Straße nicht um eine schmale Fahrbahn; im zu entscheidenden Fall befindet sich der Wendehammer aber auch nicht in einer solchen schmalen Straße gegenüber einer Grundstücksein- oder ausfahrt.

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Ergänzend ist auch nicht erkennbar, dass es sich bei der … Straße um eine schmale Straße handelt.

Schmal ist eine Fahrbahn, wenn unter Berücksichtigung des geparkten Fahrzeugs der verbleibende Bewegungsraum nicht mehr ausreicht, das Ein- oder Ausfahren eines „normalen“ PKWs ohne schwierige Fahrmanöver und ohne naheliegende Gefahr des Streifens fremder Fahrzeuge oder sonstigen Eigentums zu ermöglichen (OVG Koblenz, NJW 1999, 3573; Molketin NZV 2000, 147).

Auch wenn man vertritt, dass bei Betrieben anstelle eines PKWs erforderlich ist, dass ein LKW ohne schwierige Fahrmanöver und ohne naheliegende Gefahr des Streifens fremder Fahrzeuge oder sonstigen Eigentums ein- oder ausfahren kann, ist vorliegend nicht erkennbar, weshalb es sich um eine schmale Fahrbahn handeln soll.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass nach dem eigenem Vortrag der Klägerin nicht das Halten bzw. Parken des LKW selbst unmittelbar dazu führt, dass das Grundstück der Klägerin von Fahrzeugen nicht mehr angefahren werden kann, sondern lediglich der aus dem Halten mittelbar resultierende Rückstau. Dies ist jedoch vom Schutzumfang des § 12 III Nr. 3 StVO nicht mehr erfasst.

Vorliegend ist zwar – ausgehend von dem Klägervortrag – von einem unerlaubten Parken des Fahrers der Beklagten (im Wendehammer), somit von einem Verstoß gegen § 41 I StVO in Verbindung mit Lfd. Nr. 62 oder 63 auszugehen (je nachdem, ob es sich bei dem Halteverbot um Zeichen 286 oder Zeichen 283 handelt), jedoch ist § 41 I StVO in Verbindung mit Lfd. Nr. 62 bzw. 63 vorliegend kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 II BGB. Das Halteverbotszeichen 286 bzw. 283 dient vorliegend nicht dem Schutz der Klägerin.

Die Zeichen 283 und 286 sind, sofern sie gegenüber einer Grundstücksein- bzw. ausfahrt aufgestellt sind, in der Regel zum Schutz der vom Grundstück aus- bzw. einfahrenden Verkehrsteilnehmer bestimmt (StVO Lütkes § 41 Rn. 48). Vorliegend ist das Halteverbotszeichen jedoch nicht gegenüber vom Grundstück der Klägerin aufgestellt, sondern im Wendehammer, der nicht unmittelbar vor dem Betriebsgelände der Klägerin liegt. Die Vorschriften der StVO sind nicht generell drittschützend (vgl. Staudinger-Hager § 823 Rn. G 55). Nach ihrem Wortlaut sollen Zeichen 286 und Zeichen 283 grundsätzlich nur dem Schutz des fließenden Verkehrs, nicht jedoch einzelner dienen. Auch aus der Systematik folgt kein genereller Drittschutz der Zeichen 283 und 286.

Die Klage war damit abzuweisen, die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 91, 108 ZPO.

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