Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Restaurant-Mietvertrag: Wenn der Mieter die Regeln bricht
- Ein neues Eigentum, alte Probleme: Wie der Konflikt begann
- Die Liste der Vorwürfe: Mehr als nur eine Kleinigkeit
- Das Urteil des Gerichts: Der Mieter muss ausziehen
- Die Begründung: Warum die Fortsetzung des Vertrags unzumutbar war
- Eine Gesamtschau des Verhaltens: Kein Einzelfall, sondern ein Muster
- Die Abwägung der Interessen: Schutz des Eigentums wiegt schwerer
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann kann ein Gewerbemietvertrag fristlos gekündigt werden?
- Welche Bedeutung haben Abmahnungen bei der fristlosen Kündigung eines Gewerbemietvertrags?
- Welche Sicherheits- und Wartungspflichten treffen Gewerbemieter typischerweise?
- Warum ist eine ausreichende Betriebshaftpflichtversicherung für Gewerbemieter unverzichtbar?
- Wie bewerten Gerichte das Gesamtverhalten des Mieters bei der Entscheidung über eine fristlose Kündigung?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil 12 U 74/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
- Datum: 25.09.2024
- Aktenzeichen: 12 U 74/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht (Gewerberaummiete)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Klägerin ist die Vermieterin der Gewerbeimmobilie. Sie kündigte das Mietverhältnis fristlos aufgrund vermeintlicher Pflichtverletzungen der Beklagten und begehrte die Räumung der Immobilie.
- Beklagte: Die Beklagte, die M GmbH, ist die Mieterin der Gewerberäumlichkeiten, die sie für einen gastronomischen Betrieb nutzt. Sie bestritt die Wirksamkeit der Kündigung und argumentierte, ihr seien größere Außengastronomieflächen zugesagt worden und die Mängel der Abluftanlage lägen nicht in ihrer Verantwortung.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin als Vermieterin sprach im März 2023 eine Fristlose Kündigung des seit 2019 bestehenden Gewerbemietvertrags mit der Beklagten (Mieterin eines gastronomischen Betriebs) aus. Sie berief sich dabei auf diverse Pflichtverletzungen der Beklagten. Das Landgericht hatte die Räumung bereits angeordnet, wogegen die Beklagte Berufung einlegte.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die fristlose Kündigung des Gewerbemietvertrags durch die Vermieterin wirksam war. Dies hing davon ab, ob die Mieterin trotz Abmahnungen gegen wesentliche Vertragspflichten verstoßen hatte, wie unzulässige Ausweitung der Außengastronomie, Mängel an der Fettabluftanlage oder fehlender Nachweis einer Haftpflichtversicherung.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beklagten zurück. Es bestätigte somit die Verurteilung zur Räumung der Gewerberäumlichkeiten und lehnte die Gewährung einer Räumungsfrist ab. Die Beklagte muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
- Begründung: Das Gericht sah die fristlose Kündigung durch die Vermieterin als wirksam an, da die Fortsetzung des Mietverhältnisses für sie unzumutbar war. Dies wurde mit einer Vielzahl von Pflichtverletzungen der Mieterin begründet, darunter die unzulässige und beharrliche Ausweitung der Außengastronomie, der Betrieb einer unterdimensionierten und nicht gewarteten Fettabluftanlage mit Brandgefahr sowie der fehlende Nachweis einer Haftpflichtversicherung. Die Mieterin habe zudem schleppend auf Abmahnungen reagiert und eigene finanzielle Interessen über die vertraglichen Pflichten gestellt.
- Folgen: Die Beklagte muss die Gewerberäumlichkeiten umgehend räumen, da keine Räumungsfrist gewährt wurde, weil diese Regelung nur für Wohnraummieten gilt. Sie trägt zudem die Kosten des Berufungsverfahrens, und das Urteil ist sofort vollstreckbar.
Der Fall vor Gericht
Streit um Restaurant-Mietvertrag: Wenn der Mieter die Regeln bricht
Jeder, der schon einmal eine Wohnung oder ein Ladenlokal gemietet hat, kennt es: Der Mietvertrag legt die Spielregeln fest. Doch was passiert, wenn ein Mieter diese Regeln nicht nur einmal, sondern immer wieder und ganz bewusst bricht? Genau diese Frage musste ein Gericht klären in einem Fall, bei dem es um ein Restaurant, eine zu große Außenterrasse und eine gefährliche Küchenanlage ging. Es ist ein klassischer Konflikt zwischen dem Wunsch eines Unternehmers, den Gewinn zu maximieren, und dem Recht eines Eigentümers, sein Eigentum zu schützen.
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein musste entscheiden, ob eine Vermieterin einem Restaurantbetreiber fristlos kündigen durfte, obwohl der Mietvertrag eigentlich noch viele Jahre laufen sollte.
Ein neues Eigentum, alte Probleme: Wie der Konflikt begann

Anfang 2019 schloss ein Unternehmen, die M GmbH, einen Mietvertrag für ein Restaurant. Der Vertrag war auf eine lange Laufzeit von zehn Jahren angelegt. Alles schien gut zu laufen, bis im Oktober 2022 das Gebäude den Eigentümer wechselte. Eine neue Vermieterin übernahm die Immobilie und damit auch den bestehenden Mietvertrag mit der M GmbH.
Schon bald stellte die neue Vermieterin fest, dass der Restaurantbetreiber sich anscheinend nicht an alle Abmachungen hielt. Nach mehreren Abmahnungen – das sind formelle Warnungen, mit denen ein Vertragspartner aufgefordert wird, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen – zog sie im März 2023 die Reißleine. Sie sprach eine fristlose Kündigung aus. Eine fristlose Kündigung ist die sofortige Beendigung eines Vertragsverhältnisses, die nur bei sehr schwerwiegenden Vertragsverstößen möglich ist. Der Mieter weigerte sich jedoch, die Räume zu verlassen, und so landete der Fall vor Gericht. Ein erstes Gericht, das Landgericht Flensburg, gab der Vermieterin recht. Doch der Mieter war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und legte Berufung ein. Das bedeutet, er bat ein höheres Gericht – hier das Oberlandesgericht – den Fall noch einmal zu prüfen.
Die Liste der Vorwürfe: Mehr als nur eine Kleinigkeit
Die Vermieterin stützte ihre Kündigung nicht nur auf einen einzigen Grund. Sie zählte eine ganze Reihe von Verstößen auf, die sich über die Zeit angesammelt hatten. Was genau warf sie dem Restaurantbetreiber vor?
Zu viele Tische unter freiem Himmel: Die Außengastronomie
Jeder Gastronom weiß, wie wichtig Plätze im Freien sind. Im Mietvertrag und in der dazugehörigen Baugenehmigung war aber klar geregelt, wie groß die Außenterrasse des Restaurants sein durfte: genau zwei Tische mit acht Sitzplätzen. Tatsächlich aber, so zeigten es auch Fotos, hatte der Betreiber dort sechs Tische und zwölf lange Sitzbänke aufgestellt. Er nutzte also eine deutlich größere Fläche, als ihm zustand.
Obwohl die Vermieterin dies offiziell abmahnte, änderte der Betreiber nichts. Er war der Meinung, ihm sei mündlich eine größere Fläche versprochen worden. Doch solche mündlichen Absprachen sind bei Mietverträgen oft problematisch und müssen, wenn sie so wesentlich sind, schriftlich festgehalten werden.
Gefahr in der Küche: Die unterdimensionierte Fettabluftanlage
Noch schwerer wog ein technisches Problem. In einer Restaurantküche entstehen beim Braten und Frittieren Dämpfe, die Fett enthalten. Diese müssen über eine spezielle Fettabluftanlage abgesaugt werden. Das ist nicht nur eine Frage der Geruchsbelästigung für die Nachbarn, sondern vor allem eine des Brandschutzes. Lagert sich zu viel Fett in den Kanälen ab, kann es sich leicht entzünden.
Die Anlage im Restaurant der M GmbH war laut einem Gutachten von Anfang an zu klein für die Menge an Kochdunst, die durch die Küchengeräte erzeugt wurde. Sie war also unterdimensioniert. Hinzu kam, dass der Betreiber die Anlage nicht wie im Vertrag vorgeschrieben regelmäßig warten ließ. Der Mieter argumentierte, die frühere Vermieterin habe die Anlage so eingebaut. Das Gericht sah das anders: Laut Mietvertrag war der Mieter selbst für die Installation und Wartung der passenden Anlage verantwortlich.
Fehlende Sicherheiten: Versicherung und Parkplätze
Zwei weitere Punkte kamen hinzu. Zum Zeitpunkt der Kündigung konnte der Mieter nicht nachweisen, dass er eine ausreichende Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatte. Eine solche Versicherung ist für Gewerbetreibende extrem wichtig, denn sie springt ein, wenn durch den Betrieb Schäden an Personen oder am Gebäude entstehen – zum Beispiel durch einen Brand.
Außerdem hatte der Mieter, der auch einen Lieferservice betrieb, wiederholt die Parkplätze vor dem Gebäude mit seinen Lieferfahrzeugen blockiert. Dadurch fanden Kunden anderer Geschäfte im selben Gebäude keinen Parkplatz mehr. Auch dies war bereits abgemahnt worden.
Das Urteil des Gerichts: Der Mieter muss ausziehen
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein schaute sich all diese Punkte genau an und kam zu einem klaren Ergebnis: Die Berufung des Mieters wurde zurückgewiesen. Das bedeutet, das erste Urteil des Landgerichts war korrekt und die fristlose Kündigung der Vermieterin ist wirksam. Der Restaurantbetreiber muss die Räumlichkeiten verlassen und auch die Kosten für das Gerichtsverfahren tragen.
Eine sogenannte Räumungsfrist, also eine zusätzliche Zeitspanne, um den Auszug zu organisieren, wurde dem Mieter nicht gewährt. Das Gericht erklärte, dass eine solche Frist im Gesetz zwar vorgesehen ist, aber nur für Wohnungsmieter und nicht für gewerbliche Mieter wie ein Unternehmen.
Die Begründung: Warum die Fortsetzung des Vertrags unzumutbar war
Aber wie kam das Gericht zu dieser harten Entscheidung, einen Mietvertrag, der noch sechs Jahre laufen sollte, sofort zu beenden? Der zentrale Begriff in der Begründung des Gerichts ist die „Unzumutbarkeit„.
Nach dem Gesetz (genauer: § 543 des Bürgerlichen Gesetzbuches) kann ein Mietvertrag fristlos gekündigt werden, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt. Ein solcher Grund ist gegeben, wenn es dem Kündigenden unter Abwägung aller Umstände und der Interessen beider Seiten nicht mehr zugemutet werden kann, am Vertrag festzuhalten. Man kann es sich wie in einer Partnerschaft vorstellen: Kleinere Streitereien muss man aushalten. Aber wenn ein Partner den anderen bestiehlt oder ständig belügt, ist das Vertrauen so zerstört, dass eine Fortsetzung der Beziehung unzumutbar wird.
Genau das sah das Gericht hier als gegeben an. Es führte eine umfassende Interessenabwägung durch – es hat also die Interessen der Vermieterin gegen die des Mieters abgewogen.
Eine Gesamtschau des Verhaltens: Kein Einzelfall, sondern ein Muster
Das Gericht betrachtete nicht jeden Verstoß einzeln, sondern bewertete das Gesamtverhalten des Mieters. Dabei fielen mehrere Dinge negativ ins Gewicht:
Die Vertragsbrüche waren hartnäckig. Der Mieter hatte nicht nur einen Fehler gemacht, sondern über einen langen Zeitraum hinweg und trotz Abmahnungen mehrere wichtige Vertragspflichten verletzt. Dies ließ für die Zukunft keine Besserung erwarten.
Die Verstöße waren erheblich. Insbesondere die nicht gewartete und zu kleine Abluftanlage stellte eine ernsthafte Brandgefahr dar. Sie gefährdete nicht nur das Eigentum der Vermieterin, sondern auch andere Mieter im Gebäude. Das fehlende Versicherungsnachweis verschärfte dieses Risiko noch. Die unerlaubt große Außenterrasse war zwar keine Gefahr, aber ein klarer und bewusster Verstoß gegen die Vertragsgrundlage.
Das Motiv des Mieters war für das Gericht durchschaubar. Er schien darauf aus zu sein, aus dem seiner Meinung nach günstig gemieteten Objekt den maximalen Gewinn herauszuholen. Dabei scheute er Kosten für eine ordnungsgemäße Abluftanlage oder eine ausreichende Versicherung und nahm sich einfach mehr Rechte, als ihm zustanden, wie bei der Außenterrasse. Seine Haltung, er sei das „Zugpferd“ der Immobilie und erwarte daher Entgegenkommen, zeigte laut Gericht, dass er die berechtigten Interessen der Vermieterin nicht ernst nahm.
Die Reaktion auf die Abmahnungen war unzureichend. Der Mieter reagierte nur zögerlich und nahm die meisten Änderungen erst vor, nachdem die Kündigung bereits auf dem Tisch lag. Damit hatte er die Gründe für die Kündigung selbst zu verantworten.
Die Abwägung der Interessen: Schutz des Eigentums wiegt schwerer
Das Gericht verkannte dabei nicht, dass die Kündigung für den Mieter ein harter Schlag ist. Er verliert einen gut laufenden Standort, der immerhin 30 % des Umsatzes seiner Firma ausmachte. Auch die Mitarbeiter sind davon betroffen.
Doch bei der Abwägung kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Interessen der Vermieterin hier Vorrang haben. Ihr Interesse, ihr Eigentum vor Gefahren wie einem Brand zu schützen und einen vertragstreuen Mieter zu haben, wog schwerer. Zumal die Existenz der M GmbH durch den Verlust dieses einen Standorts nicht bedroht war, da das Unternehmen noch weitere Restaurants betreibt. Die Gesamtschau aller Umstände machte es für die Vermieterin unzumutbar, das Mietverhältnis mit einem derart unzuverlässigen Partner noch sechs weitere Jahre fortzusetzen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Ein Mieter kann auch bei langjährigen Gewerbemietverträgen fristlos gekündigt werden, wenn er hartnäckig und wiederholt wichtige Vertragspflichten verletzt. Das Gericht zeigte, dass nicht nur einzelne Verstöße zählen, sondern das Gesamtverhalten des Mieters über einen längeren Zeitraum bewertet wird. Besonders schwer wiegen Verstöße, die Sicherheitsrisiken wie Brandgefahr schaffen oder das Eigentum des Vermieters gefährden. Wer als Gewerbemieter kostensparend auf notwendige Sicherheitsmaßnahmen verzichtet oder sich einfach mehr Rechte nimmt als vertraglich vereinbart, riskiert auch bei wirtschaftlich erfolgreichen Geschäften den sofortigen Verlust des Standorts.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann kann ein Gewerbemietvertrag fristlos gekündigt werden?
Ein Gewerbemietvertrag kann fristlos, also ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, beendet werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dieser wichtige Grund muss so gravierend sein, dass es dem kündigenden Vertragspartner – sei es der Mieter oder der Vermieter – unzumutbar ist, das Mietverhältnis auch nur für die verbleibende Laufzeit oder bis zum Ablauf einer regulären Kündigungsfrist fortzusetzen. Es handelt sich hierbei um eine Ausnahme von der üblichen Vertragsbindung.
Mietrückstand als häufigster Grund
Der häufigste und klarste Grund für eine fristlose Kündigung durch den Vermieter ist der Zahlungsverzug des Mieters. Stellen Sie sich vor, Ihr Mieter zahlt die Miete nicht. Eine fristlose Kündigung ist für den Vermieter möglich, wenn der Mieter:
- für zwei aufeinanderfolgende Monate die Miete oder einen erheblichen Teil davon nicht zahlt.
- in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Monate erstreckt, die Mietschuld so weit anwachsen lässt, dass der Betrag, der für zwei Monatsmieten fällig ist, erreicht wird.
- die Kaution (Mietsicherheit) nicht leistet, obwohl diese vertraglich vereinbart und fällig ist.
Weitere wichtige Gründe für eine fristlose Kündigung
Neben der Nichtzahlung der Miete gibt es auch andere Situationen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen können. Diese müssen ebenfalls von erheblichem Gewicht sein und das Vertrauensverhältnis nachhaltig stören. Hierzu zählen beispielsweise:
- Erhebliche Vertragsverletzungen: Wenn der Mieter oder Vermiender schwerwiegende und dauerhafte Pflichten aus dem Mietvertrag verletzt. Für den Mieter könnte das beispielsweise eine vertragswidrige Nutzung der Mieträume sein (z.B. Nutzung als Produktionsstätte statt als Büro, obwohl nicht erlaubt), eine unbefugte und dauerhafte Untervermietung oder die wiederholte grobe Störung des Hausfriedens oder des Geschäftsbetriebs anderer Mieter. Für den Vermieter könnte dies eine erhebliche und dauerhafte Nichtgewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs sein (z.B. wenn die Heizung im Winter dauerhaft ausfällt und der Vermieter nichts dagegen unternimmt).
- Gefährdung der Mietsache: Wenn die Immobilie durch das Verhalten des Mieters erheblich gefährdet wird (z.B. durch unsachgemäßen Umgang mit Gefahrstoffen, erhebliche Beschädigungen, die zur Wertminderung oder Baufälligkeit führen können).
- Unerlaubte bauliche Veränderungen: Wenn der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters gravierende bauliche Veränderungen vornimmt, die die Substanz des Gebäudes beeinträchtigen oder eine erhebliche Gefahr darstellen.
Die Bedeutung der Abmahnung
Bevor eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden kann, ist in den meisten Fällen eine Abmahnung erforderlich. Stellen Sie sich die Abmahnung wie eine offizielle Verwarnung vor: Der kündigende Teil fordert den anderen auf, das vertragswidrige Verhalten unverzüglich einzustellen und droht bei Fortsetzung oder Wiederholung die fristlose Kündigung an. Eine Abmahnung ist jedoch nicht notwendig, wenn der Verstoß so schwerwiegend ist, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses offensichtlich unzumutbar ist (z.B. bei schweren Straftaten im Mietobjekt) oder wenn sie keinen Erfolg verspricht. Bei Mietrückständen ist die Abmahnung oft nicht erforderlich, da die Nichtzahlung selbst bereits den wichtigen Grund darstellt.
Für Sie als Mieter oder Vermieter bedeutet das, dass eine fristlose Kündigung immer das letzte Mittel sein sollte und nur bei wirklich gravierenden Problemen in Betracht kommt. Die Umstände des Einzelfalls sind entscheidend.
Welche Bedeutung haben Abmahnungen bei der fristlosen Kündigung eines Gewerbemietvertrags?
Die Abmahnung ist ein zentrales Element bei der fristlosen Kündigung eines Gewerbemietvertrags und erfüllt eine wichtige Warnfunktion. Sie ist in vielen Fällen eine rechtliche Voraussetzung, bevor ein Vermieter den Mietvertrag außerordentlich, also fristlos, beenden kann.
Die Funktion der Abmahnung: Eine Warnung und Chance zur Korrektur
Stellen Sie sich die Abmahnung wie einen „Warnschuss“ vor. Der Vermieter teilt dem Mieter damit eindringlich und unmissverständlich mit, dass dieser gegen wichtige Pflichten aus dem Mietvertrag verstoßen hat. Gleichzeitig wird dem Mieter eine konkrete Frist gesetzt, innerhalb derer er das beanstandete Verhalten einstellen oder den vertragsgemäßen Zustand wiederherstellen muss.
Für Sie als Mieter bedeutet das: Sie erhalten eine klare Gelegenheit, Ihr Verhalten zu ändern und so eine Kündigung abzuwenden. Für den Vermieter ist die ordnungsgemäße Abmahnung der Nachweis, dass er dem Mieter diese Chance gegeben hat und der Mieter sie ungenutzt ließ. Erst dann kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar sein.
Typische Gründe für eine Abmahnung können sein:
- Nutzung der Mieträume für nicht vereinbarte Zwecke (z.B. der Einzelhändler betreibt plötzlich ein lautes Lager).
- Störung des Hausfriedens durch den Mieter oder seine Mitarbeiter (z.B. laute Musik, Belästigung anderer Mieter).
- Vernachlässigung der Mieträume, die zu Schäden führen könnte.
Wann eine Abmahnung in der Regel erforderlich ist
Grundsätzlich ist eine Abmahnung notwendig, wenn der Kündigungsgrund in einer Verletzung einer vertraglichen Pflicht liegt, die der Mieter noch beheben kann. Das deutsche Mietrecht sieht vor, dass bei solchen Pflichtverletzungen eine fristlose Kündigung nur nach einer erfolglosen Abmahnung zulässig ist. Dies schützt den Mieter und gibt ihm eine letzte Chance.
Für den Vermieter ist es entscheidend, dass die Abmahnung bestimmte Kriterien erfüllt: Sie muss den Verstoß präzise beschreiben, den Mieter klar zur Einstellung des Verhaltens oder zur Behebung des Zustands auffordern und eine angemessene Frist setzen. Zudem muss sie deutlich machen, dass bei Fortsetzung des Verstoßes eine Kündigung droht.
Ausnahmen von der Abmahnungspflicht
Es gibt jedoch Situationen, in denen eine Abmahnung nicht zwingend erforderlich ist, bevor der Vermieter fristlos kündigen kann:
- Nichtzahlung der Miete: Wenn der Mieter mit der Zahlung der Miete oder eines erheblichen Teils davon in Verzug gerät, ist in der Regel keine vorherige Abmahnung nötig. Der Gesetzgeber sieht hier eine so schwerwiegende Pflichtverletzung, dass eine sofortige Kündigung gerechtfertigt sein kann.
- Besonders schwere Pflichtverletzungen: Bei so schwerwiegenden Vertragsverstößen, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses sofort und ohne jede weitere Verzögerung unzumutbar ist, kann eine Abmahnung entbehrlich sein. Das kann der Fall sein, wenn der Mieter vorsätzlich erhebliche Schäden verursacht, die Räumlichkeiten für illegale Zwecke nutzt oder das Vertrauensverhältnis nachhaltig und irreparabel zerstört wurde. Hier ist der Verstoß so schwerwiegend, dass eine Korrektur nicht mehr erwartet werden kann oder eine weitere Zusammenarbeit unmöglich macht.
Welche Sicherheits- und Wartungspflichten treffen Gewerbemieter typischerweise?
Als Gewerbemieter tragen Sie neben der reinen Mietzahlung eine Reihe weiterer Verantwortlichkeiten, die sich auf die Sicherheit und den Zustand der gemieteten Räumlichkeiten beziehen. Diese Pflichten ergeben sich sowohl aus dem Mietvertrag als auch aus gesetzlichen Vorschriften.
Pflichten aus dem Mietvertrag
Der Mietvertrag ist die wichtigste Grundlage für Ihre Pflichten. Dort ist oft detailliert geregelt, welche Instandhaltungs- und Wartungsaufgaben Sie übernehmen müssen. Typischerweise können das sein:
- Instandhaltung: Kleinere Reparaturen an den Mieträumen, die durch den normalen Geschäftsbetrieb entstehen (z.B. Wartung von Türen, Fenstern, Böden, sofern nicht strukturell).
- Wartung technischer Anlagen: Wenn Sie spezifische technische Anlagen für Ihren Betrieb installieren oder nutzen (z.B. spezielle Lüftungsanlagen, Kühlräume, Produktionsmaschinen), wird Ihnen oft die Pflicht zur regelmäßigen Wartung und Instandhaltung dieser Anlagen übertragen.
- Reinigungspflichten: Über die übliche Unterhaltsreinigung hinaus können vertraglich auch spezielle Reinigungen oder die Reinigung von Außenflächen vereinbart werden.
Gesetzliche Sicherheits- und Verkehrssicherungspflichten
Unabhängig von mietvertraglichen Vereinbarungen bestehen gesetzliche Pflichten, die die Sicherheit der gemieteten Räume gewährleisten sollen. Ein zentraler Punkt ist die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet, Sie müssen dafür sorgen, dass von den von Ihnen genutzten Flächen und Anlagen keine Gefahr für Dritte ausgeht, also für Kunden, Mitarbeiter oder Besucher.
Dazu gehört auch die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften. Wenn Sie gewerblich Räume nutzen, müssen Sie sicherstellen, dass alle relevanten Vorschriften eingehalten werden, die sich aus dem Baurecht, dem Brandschutz, dem Arbeitsschutz und gegebenenfalls dem Umweltschutz ergeben. Dies umfasst unter anderem:
- Brandschutz: Gewährleistung der Funktion von Brandmeldeanlagen, Feuerlöschern und Notausgängen.
- Arbeitssicherheit: Sicherstellung eines sicheren Arbeitsumfeldes für Ihre Mitarbeiter.
- Technische Anlagen: Regelmäßige Prüfungen und Wartungen von elektrischen Anlagen (z.B. gemäß DGUV Vorschrift 3), Heizungsanlagen oder anderen technischen Einrichtungen, die für Ihren Betrieb notwendig sind und die Sie nutzen oder betreiben.
Instandhaltung und Prüfung technischer Anlagen
Insbesondere technische Anlagen, die Sie als Mieter für Ihren Betrieb nutzen, erfordern regelmäßige Pflege und Kontrolle. Dies kann alle Geräte und Einrichtungen betreffen, die Sie selbst in die Mieträume eingebracht haben oder die Sie intensiv nutzen. Dazu gehören beispielsweise:
- Regelmäßige Wartung: Laufende Pflege, um den Betriebszustand der Anlagen zu erhalten und größere Schäden zu vermeiden.
- Sachkundige Prüfungen: Für viele technische Anlagen sind gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen durch qualifizierte Fachleute oder Sachverständige erforderlich (z.B. für Aufzüge, Brandschutzsysteme oder elektrische Geräte). Die Verantwortung für die Veranlassung und Dokumentation dieser Prüfungen liegt in der Regel beim Gewerbemieter, wenn er die Anlage nutzt oder betreibt.
Für Sie als Gewerbemieter ist es entscheidend, die genauen Formulierungen in Ihrem Mietvertrag zu verstehen und sich über die für Ihr Gewerbe geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu informieren, um die Ihnen obliegenden Sicherheits- und Wartungspflichten korrekt zu erfüllen.
Warum ist eine ausreichende Betriebshaftpflichtversicherung für Gewerbemieter unverzichtbar?
Eine ausreichende Betriebshaftpflichtversicherung ist für Gewerbetreibende, die Räume mieten, grundlegend wichtig, weil sie vor erheblichen finanziellen Belastungen schützt. Sie dient als Absicherung für Schäden, die Ihr Unternehmen anderen Personen oder deren Eigentum zufügt. Ohne eine solche Versicherung müssten Sie die Kosten für verursachte Schäden aus eigener Tasche tragen, was in der Praxis schnell existenzbedrohend werden kann.
Schutz vor vielfältigen Risiken
Die Betriebshaftpflichtversicherung deckt typischerweise eine Reihe von Risiken ab, die im täglichen Geschäftsbetrieb entstehen können:
- Personenschäden: Stellen Sie sich vor, ein Kunde stolpert in Ihren Geschäftsräumen über ein loses Kabel und verletzt sich schwer. Die Versicherung übernimmt die Kosten für medizinische Behandlungen, Schmerzensgeld oder einen möglichen Verdienstausfall des Geschädigten.
- Sachschäden: Wenn durch Ihre Tätigkeit ein Brand im gemieteten Gebäude entsteht, der nicht nur Ihre Räume, sondern auch das Eigentum des Vermieters oder benachbarter Mieter beschädigt. Die Versicherung reguliert die Reparatur- oder Wiederbeschaffungskosten für die betroffenen Gegenstände und Gebäudeteile.
- Vermögensschäden: Hierbei handelt es sich um reine finanzielle Nachteile, die Dritte durch Ihre Geschäftstätigkeit erleiden, ohne dass gleichzeitig ein Personen- oder Sachschaden vorliegt.
Darüber hinaus prüft die Versicherung auch, ob die an Sie gestellten Forderungen überhaupt berechtigt sind. Unberechtigte Ansprüche wird sie für Sie abwehren – notfalls auch vor Gericht.
Vertragliche Pflicht und Absicherung für den Vermieter
In vielen Gewerbemietverträgen ist der Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung vertraglich vorgeschrieben. Für den Vermieter ist dies eine wichtige Absicherung. Er möchte sicherstellen, dass mögliche Schäden an seinem Eigentum, die durch Ihren Betrieb entstehen, finanziell abgedeckt sind. Die vertragliche Pflicht dient also dem Schutz des Vermieters, aber auch indirekt Ihnen, da sie Sie vor der vollen Haftung bewahrt.
Konsequenzen bei fehlendem oder unzureichendem Versicherungsschutz
Das Fehlen einer ausreichenden Betriebshaftpflichtversicherung oder der Nachweis darüber kann weitreichende Folgen haben:
- Persönliche Haftung: Ohne Versicherung haften Sie als Gewerbetreibender für alle verursachten Schäden mit Ihrem gesamten Betriebs- und Privatvermögen. Eine hohe Schadensersatzforderung kann dann schnell zur Insolvenz führen.
- Verletzung des Mietvertrages: Ist die Versicherung im Mietvertrag vorgeschrieben, stellt das Nichtvorhandensein oder der fehlende Nachweis eine Vertragsverletzung dar. Dies kann zu einer Abmahnung durch den Vermieter führen. Im schlimmsten Fall kann eine solche Vertragsverletzung sogar eine fristlose Kündigung des Gewerbemietvertrages zur Folge haben, da der Vermieter ein berechtigtes Interesse an diesem Schutz hat.
- Keine rechtliche Unterstützung: Bei unberechtigten Forderungen müssen Sie sich ohne Versicherungsschutz selbst um die Abwehr kümmern und die damit verbundenen Kosten (z.B. für rechtliche Beratung oder Gerichtskosten) vollständig selbst tragen.
Wie bewerten Gerichte das Gesamtverhalten des Mieters bei der Entscheidung über eine fristlose Kündigung?
Wenn Gerichte über eine fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses entscheiden, betrachten sie in der Regel nicht nur einen einzelnen Vorfall isoliert. Stattdessen nehmen sie eine sogenannte „Gesamtschau des Verhaltens„ des Mieters vor. Das bedeutet, sie berücksichtigen alle relevanten Umstände und Ereignisse, die sich während der Mietzeit angesammelt haben.
Die Gesamtschau des Verhaltens
Im Rahmen dieser Gesamtschau prüfen Gerichte, ob die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar geworden ist. Dies kann auf verschiedene Weisen entstehen:
- Ein einzelner, besonders schwerwiegender Verstoß kann bereits ausreichen, um das Vertrauensverhältnis sofort und grundlegend zu zerstören (z.B. massive Sachbeschädigung oder tätliche Angriffe).
- Oft sind es jedoch mehrere, möglicherweise für sich genommen weniger gravierende Pflichtverletzungen, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg ereignet haben. Diese einzelnen Vorkommnisse können sich in ihrer Summe und Hartnäckigkeit zu einem Zustand entwickeln, der das Mietverhältnis untragbar macht. Stellen Sie sich vor, ein Mieter zahlt immer wieder unpünktlich die Miete, stört regelmäßig durch Lärm den Hausfrieden oder vernachlässigt die Mietsache wiederholt, obwohl der Vermieter ihn darauf hingewiesen hat. Keine dieser Handlungen mag für sich genommen eine fristlose Kündigung rechtfertigen, aber die dauerhafte Missachtung der Pflichten kann das Gesamtbild so sehr trüben, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter nicht mehr zumutbar ist.
Besonders bei wiederholten Pflichtverletzungen ist eine Abmahnung durch den Vermieter oft entscheidend. Sie zeigt dem Mieter klar auf, welches Verhalten beanstandet wird, und gibt ihm die Möglichkeit, dieses zu ändern. Bleibt das Fehlverhalten danach bestehen, verstärkt dies für das Gericht den Eindruck, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses tatsächlich unzumutbar geworden ist.
Die Interessenabwägung
Ein zentraler Bestandteil der gerichtlichen Prüfung ist zudem die Interessenabwägung. Hierbei wägen die Gerichte die Interessen beider Parteien sorgfältig gegeneinander ab:
- Die Interessen des Vermieters: Welches Interesse hat der Vermieter daran, das Mietverhältnis zu beenden? Ist ihm die Fortsetzung objektiv nicht mehr zuzumuten, weil er ständig gestört wird, finanzielle Nachteile erleidet oder das Zusammenleben als unmöglich empfindet?
- Die Interessen des Mieters: Welches Interesse hat der Mieter daran, in der Wohnung zu bleiben? Der Verlust der Wohnung kann für den Mieter eine existenzielle Bedrohung darstellen. Gerichte berücksichtigen dabei Aspekte wie die Dauer des Mietverhältnisses, das Alter des Mieters, seinen Gesundheitszustand oder Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche.
Auch wenn der Verlust der Wohnung für den Mieter sehr schwerwiegend ist, kann das Gericht die fristlose Kündigung als wirksam erachten, wenn die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unter Berücksichtigung aller Umstände als objektiv unzumutbar erscheint. Es geht also darum, ob dem Vermieter von der anderen Partei nicht mehr zugemutet werden kann, das Mietverhältnis bis zum regulären Ende fortzusetzen. Die Gerichte betrachten somit das Gesamtbild des Mietverhältnisses, um eine gerechte Entscheidung zu treffen, die alle relevanten Facetten des Verhaltens und der gegenseitigen Pflichten berücksichtigt.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Fristlose Kündigung
Eine fristlose Kündigung beendet ein Mietverhältnis sofort und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur zulässig, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt, der es dem kündigenden Vertragspartner unzumutbar macht, das Mietverhältnis weiterzuführen (§ 543 BGB). Im gewerblichen Mietrecht können solche Gründe z. B. wiederholte Vertragsverletzungen oder erhebliche Gefährdungen der Mietsache sein. Anders als bei ordentlichen Kündigungen entfällt hier die Einhaltung von Fristen, weil die Situation ein sofortiges Handeln erfordert.
Beispiel: Wenn ein Mieter wiederholt unerlaubt große Mengen Müll in den Räumen lagert, was Brandgefahr verursacht, kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen.
Abmahnung
Eine Abmahnung ist eine formelle Warnung eines Vertragspartners, die ein bestimmtes vertragswidriges Verhalten rügt und zur sofortigen Behebung auffordert. Sie gibt dem Abgemahnten die Möglichkeit, sein Fehlverhalten zu korrigieren, bevor ernstere rechtliche Schritte wie eine fristlose Kündigung folgen. Im Mietrecht ist eine Abmahnung vor einer fristlosen Kündigung in der Regel erforderlich, solange der Verstoß noch behebbarkeit ist und keine sofortige Gefährdung vorliegt.
Beispiel: Ein Vermieter mahnt schriftlich an, dass der Mieter nicht die genehmigte Anzahl von Tischen auf der Terrasse aufstellt, und setzt eine Frist zur Entfernung der überschüssigen Möbel.
Unzumutbarkeit
Unzumutbarkeit ist der rechtliche Maßstab, ab wann ein Vertragspartner nicht mehr verpflichtet ist, ein Vertragsverhältnis fortzusetzen. Im Mietrecht (§ 543 BGB) kann unzumutbar bedeuten, dass ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Mietverhältnisses trotz eventuell ausstehender Fristen nicht zumutbar macht. Die Prüfung erfordert eine Abwägung der Interessen beider Parteien und berücksichtigt dabei die Schwere der Vertragsverletzungen sowie die Auswirkungen auf Vermieter und Mieter.
Beispiel: Wenn ein Mieter über Jahre vertraglich vorgeschriebene Wartungen nicht durchführt und dadurch eine Brandgefahr entsteht, ist die Fortsetzung des Mietvertrags für den Vermieter unzumutbar.
Gesamtschau des Verhaltens
Die Gesamtschau des Verhaltens bezeichnet die Betrachtung aller relevanten Pflichtverletzungen und Umstände eines Mieters über die gesamte Vertragsdauer hinweg. Gerichte beurteilen nicht nur einzelne Vorfälle isoliert, sondern bewerten das Gesamtbild, um festzustellen, ob die Fortsetzung des Mietverhältnisses noch zumutbar ist. Wiederholte kleinere Verstöße können zusammen eine erhebliche Vertragsverletzung darstellen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt.
Beispiel: Ein Mieter verstößt mehrfach durch unerlaubte Nutzung der Fläche, fehlende Wartungen und Behinderung von Parkplätzen; diese kumulierten Verstöße führen zu einer fristlosen Kündigung, weil das Gesamtverhalten untragbar ist.
Betriebshaftpflichtversicherung
Die Betriebshaftpflichtversicherung schützt Gewerbetreibende vor finanziellen Folgen von Schäden, die sie Dritten durch ihren Geschäftsbetrieb zufügen. Sie übernimmt Kosten für Personenschäden, Sachschäden und Vermögensschäden, die im Zusammenhang mit dem Betrieb entstehen können. In Gewerbemietverträgen ist der Abschluss oft verpflichtet, um den Vermieter vor möglichen Schadensersatzansprüchen zu schützen und das Risiko für alle Beteiligten zu verringern.
Beispiel: Verursacht die Küchentechnik einen Brand im Mietobjekt, deckt die Betriebshaftpflichtversicherung die Schadenskosten gegenüber dem Vermieter und anderen Betroffenen ab. Fehlt die Versicherung, haftet der Mieter in vollem Umfang selbst.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 543 BGB (Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund): Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Mietverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stützte die fristlose Kündigung auf § 543 BGB, da die zahlreichen und erheblichen Vertragsverstöße des Mieters eine Fortsetzung des Mietvertrags für die Vermieterin unzumutbar machten.
- § 535 BGB (Pflichten des Mieters): Dieser Paragraph beschreibt die grundlegenden Pflichten aus dem Mietvertrag, insbesondere die Pflicht des Mieters zur vertragsgemäßen Nutzung der Mietsache sowie zur Rücksichtnahme auf das Eigentum des Vermieters. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Mieter verletzte seine Pflichten durch das Überschreiten der genehmigten Außengastronomie-Fläche, die Vernachlässigung der Wartung der Fettabluftanlage und die Behinderung von Parkplätzen, was das Recht der Vermieterin auf vertragsgemäße Nutzung und Schutz des Eigentums beeinträchtigte.
- Brandschutzrechtliche Vorschriften (insbesondere Landesbauordnungen und VDI-Richtlinien): Diese regeln technische Mindeststandards für Anlagen wie Fettabscheider und Abluftanlagen in Gastronomiebetrieben, um Gefahren wie Brandrisiken zu minimieren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die unterdimensionierte und nicht gewartete Fettabluftanlage stellte eine erhebliche Gefahr dar und begründete einen schwerwiegenden Vertragsverstoß, der den Brandschutz und die Sicherheit anderer Mieter gefährdete.
- Grundsatz der Vertragsauslegung und Schriftformerfordernis (§ 550 BGB / grundsätzliche Vertragslehre): Mündliche Absprachen, insbesondere solche, die von vertraglich festgelegten Bedingungen abweichen, bedürfen wegen Beweis- und Rechtssicherheit grundsätzlich der schriftlichen Fixierung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Behauptung des Mieters, es habe eine mündliche Vereinbarung über die größere Außenterrassenfläche gegeben, konnte wegen fehlender Schriftform nicht berücksichtigt werden, weshalb der Vertrag strikt eingehalten wurde.
- Haftpflichtversicherungspflicht im Gewerbemietrecht (keine gesetzliche Pflicht, jedoch vertragliche Anforderungen): Gewerbliche Mietverträge beinhalten oft Klauseln, wonach der Mieter ausreichenden Versicherungsschutz nachweisen muss, um Risiken für den Vermieter zu minimieren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Versäumnis des Mieters, eine ausreichende Haftpflichtversicherung vorzulegen, erhöhte das Risiko für den Vermieter und rechtfertigte die Abmahnungen und die Kündigung.
- Unterschiedliche Rechtslage bei Mietverhältnissen zu Wohn- und Gewerbezwecken (§ 573c BGB, § 575 BGB): Im Gegensatz zum Wohnraummietrecht gelten für Gewerbemieter strengere Regeln und kein gesetzlicher Anspruch auf Räumungsfrist nach Kündigung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht gewährte dem gewerblichen Mieter keine Räumungsfrist, da diese nur im Wohnraummietrecht vorgeschrieben ist, und ordnete die sofortige Räumung an.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 12 U 74/23 – Urteil vom 25.09.2024
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz