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Herstellerpreisempfehlung (unverbindliche) – irreführende Werbung

OLG Köln

Az.: 6 U 82/07

Urteil vom 31.10.2007


Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.03.2007 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung 50.000 €, hinsichtlich der Auskunftsverurteilung 2.500 € sowie der Freistellungsverpflichtung 1.200 € und hinsichtlich der Kostenerstattung 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien sind unmittelbare Wettbewerber bei dem Vertrieb u.a. von Haushaltsgroßgeräten. Die Klägerin hat die nachfolgend wiedergegebene Werbung der Beklagten für einen Waschvollautomaten – soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse – als irreführend unter dem Gesichtspunkt beanstandet, dass auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers dieses Geräts Bezug genommen werde, obwohl eine solche tatsächlich nicht existiere:

pp.

Mit Urteil vom 15.03.2007, auf das gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO umfassend hinsichtlich der Fassung der Anträge sowie der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Geschäftsführers des Geräteherstellers antragsgemäß zu Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung sowie Freistellung von den der Klägerin entstandenen anwaltlichen Abmahnkosten verurteilt. Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, dass mit einer unverbindlichen Preisempfehlung dann nicht geworben werden dürfe, wenn der ermittelte Preis gegenüber dem Handel nicht in allgemein zugänglicher Form publiziert worden sei und die Empfehlung nicht einen breiten Kreis von Handelsunternehmen erreicht habe.

Gegen diese Beurteilung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres Rechtsstandpunktes. Die Klägerin verteidigt das Urteil.

II.

Die Berufung ist zulässig. In der Sache führt sie nicht zum Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die vorstehend eingeblendete Werbung als wettbewerbsrechtlich unzulässig i.S. der §§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG beurteilt. Die werbende Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung ist nämlich – auch – dann irreführend, wenn der von dem Warenhersteller empfohlene Preis nicht in einer Weise im Verkehr verlautbart wird, dass eine Mehrheit von Empfehlungsempfängern erreicht wird.

1. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH GRUR 2004, 246, 247 – Mondpreise?; BGH GRUR 2003, 446 – Preisempfehlung für Sondermodelle) ist eine Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung irreführend i.S. des § 5 UWG, wenn entweder nicht klargestellt wird, dass es sich bei der Herstellerempfehlung um eine unverbindliche Preisempfehlung handelt, wenn die Empfehlung nicht auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis ermittelt worden ist oder wenn der vom Hersteller empfohlene Preis im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht als Verbraucherpreis in Betracht kommt. Soweit im Rahmen der 7. GWB-Novelle die kartellrechtlichen Bestimmungen über die Preisempfehlungen in §§ 22, 23 GWB a.F. ersatzlos gestrichen worden sind, führt dies jedenfalls außerhalb der Fälle eines durch Formulierungsabweichungen bedingten Irreführungspotentials (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 603, 604 – Zulässige Verwendung einer Abkürzung für eine Preisempfehlung) zu keiner anderen Beurteilung.

Auf der Grundlage der erstinstanzlich durchgeführten Zeugenvernehmung, die die Kammer mit im Berufungsverfahren zu Recht nicht angegriffenen Feststellungen gewürdigt hat, hat auch der Senat vorauszusetzen, dass die in der angegriffenen Werbung mit 269 € angegebene „UVP“ grundsätzlich als in diesem Sinne wettbewerbsrechtlich unbedenkliche unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers anzusehen ist, weil sie nach Maßgabe der vorstehenden Voraussetzungen von dem Geschäftsführer des Geräteherstellers kalkuliert worden ist und zum Werbezeitpunkt auch noch galt.

Dem Landgericht ist indes darin zuzustimmen, dass die Wahrung der genannten Kriterien nicht schon ohne weiteres aus dem Irreführungsbereich herausführt. Vielmehr kommt es auch auf die Art und Weise an, in der der Hersteller seine unverbindliche Preisempfehlung im Verkehr verlautbart hat.

Der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung „Preisempfehlung bei Alleinvertrieb“ (GRUR 2002, 95) festgestellt, dass die Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung irreführend ist, wenn nur an einen einzigen Händler im Inland geliefert wird, weil es dann „keine Mehrheit von Empfehlungsempfängern [gebe] und keinen Markt, für den die Empfehlung irgendeine Orientierungshilfe darstellen könne“, sondern einzig dem einen Händler eine attraktive Preiswerbung ermöglicht werde. Diese Auffassung hat in der weiteren Entscheidung „Mondpreise?“ (BGH a.a.O. S. 447) insoweit eine Betätigung gefunden, als der Bundesgerichtshofs ausgeführt hat, dass von einer unverbindlichen Preisempfehlung nur ausgegangen werden kann, wenn sie in der Erwartung ausgesprochen wird, der empfohlene Preis entspreche dem von der Mehrheit der Empfehlungsempfänger , vgl. auch § 38 a GWB a.F., voraussichtlich geforderten Preis.

Aus diesen Feststellungen folgert der Senat in Übereinstimmung mit der von der Kammer vertretenen Rechtsauffassung, dass eine Herstellerpreisempfehlung bestimmungsgemäß eine Vielzahl von Adressaten tatsächlich erreichen muss. Erfahren nämlich allenfalls einzelne, und zwar allein aus eigener Initiative eine Preisempfehlung für ein bestimmtes Produkt nachfragende Händler von der beim Hersteller betriebsintern geführten unverbindlichen Preisempfehlung, kann diese ihrer Eignung nicht mehr genügen, Entscheidungsgrundlage für eine breite Händlerschicht und nachfolgend den Verbraucher zu sein.

So liegt der Fall aber hier. Zwar steht grundsätzlich eine Mehrheit von auf dem Inlandsmarkt tätigen Händlern als Vertreiber des beworbenen Waschvollautomaten zur Verfügung. Entscheidend ist aber, dass diese von der rein internen Preiskalkulation des Herstellers keine Kenntnis erlangen werden. Die nach den Bekundungen des als Zeuge vernommenen Geschäftsführers des fraglichen Geräteherstellers von ihm selbst kalkulierten unverbindlichen Preisempfehlungen werden nämlich nicht in einer Weise öffentlich gemacht, dass sie die Mehrheit der Vertriebshändler erreichen würden. Unstreitig erfolgen Mitteilungen vielmehr ausschließlich auf die ausdrückliche Nachfrage eines Händlers oder auch auf die im Streitfall nicht relevante Nachfrage von Verbrauchertestern hin, ohne dass der Hersteller seine Empfehlung von sich aus öffentlich nach außen an den Handel herantragen würde, sei es über Internetdarstellungen, Produktblätter oder Ähnliches. Nach Aktenlage ist der von dem Hersteller „empfohlene“ Preis deshalb auch nur einem einzigen Abnehmer, eben der Beklagten, zugänglich gemacht worden, weil es nach eigenen Angaben zu ihren ständigen Geschäftsgepflogenheiten zählt, entsprechende Anfragen an Warenhersteller zu richten.

Die Beklagte ist daher zu Recht antragsgemäß verurteilt worden, wobei der Senat sich die weiteren Feststellungen des Landgerichts zur Relevanz der Irreführung und zu ihrem die Verurteilung zu Auskunftsverpflichtung und Schadensersatzfeststellung tragenden Verschulden zu eigen macht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine solche rechtfertigt sich insbesondere nicht im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 27.01.1999 – 6 U 153/98 (NJWE-WettbR 2000, 64, 65), nachdem die dort vertretene Auffassung, dass die Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung auch dann zulässig sei, wenn sich die Preisempfehlung des Herstellers nur an einen einzigen Abnehmer gerichtet habe, durch die zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen „Preisempfehlung bei Alleinvertrieb“ und „Mondpreise?“ überholt ist.

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