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Unwirksamkeit eines Aufhebungsvertrages

Landesarbeitsgericht Bremen – Az.: 2 Sa 178/97 – Urteil vom 18.02.1998

Auf die Berufungen der Kläger hin, werden die Urteile des Arbeitsgerichts Bremerhaven vom 02.04.1997 – 2 Ca 769/96 – und – 2 Ca 768/96 – abgeändert.

Es wird festgestellt, daß die Arbeitsverhältnisse zwischen den Klägern und der Beklagten durch den 3-seitigen Vertrag vom 03.05.1996 nicht beendet worden sind, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbestehen.

Die Kosten der Rechtsstreite in erster Instanz trägt die Beklagte, ebenso die Kosten der Berufungen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die beiden Kläger wollen den Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse zur Beklagten festgestellt haben. Umstritten ist zwischen den Parteien die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages.

Die beiden Kläger sind langjährig bei der Beklagten beschäftigt. Der Kläger zu 1) ist mit Wirkung vom 13.05.1996 den Schwerbehinderten gleichgestellt. Er war bei der Beklagten Ersatzmitglied des Betriebsrates.

Beide Kläger haben Anfang Mai 1996 jeweils ein als „3-seitiger Vertrag“ überschriebenes Vertragsformular unterzeichnet. Als Vertragspartner neben den Klägern sind die Beklagte und die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft m. … Bremen/Bremerhaven Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft mbH i.Gr. genannt. In dem Vertrag heißt es u.a.:

„Vorbemerkung:

Mir sind die Vereinbarungen über den Interessenausgleich auf Verbund-Ebene V. … vom 29.04.1996 bekannt.“

Auf der Grundlage dieser Vereinbarung wird nachfolgende Regelung getroffen:

§ 1

Wechsel in die Beschäftigungsgesellschaft

1. Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der L. ….

In Kenntnis der in der Vorbemerkung genannten Vereinbarung beende ich hiermit mein Arbeitsverhältnis mit der Firma L. … aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 31.05.1996.

2. Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der Beschäftigungsgesellschaft.

Gleichzeitig nehme ich mit Wirkung zum 1.6.1996 ein befristetes Arbeitsverhältnis mit der B. … auf.

3. Belehrung

Ich bin darüber aufgeklärt worden, daß eine Übernahme in die B. … nur in Frage kommt, wenn ich gleichzeitig das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma L. … beende. Über die gesamte arbeitsrechtliche Situation bin ich auch vom Betriebsrat bzw. durch die IG M. … oder einen Vertreter der B. … sowie durch die abgebende Firma belehrt worden. Mir ist insbesondere bekannt, daß die B. … ggf. auch sogenannte Kurzarbeit Null gemäß § 63 AFG anbieten wird – dies ohne jede Ankündigungsfrist. Damit bin ich ebenfalls einverstanden.

Ich bestätige hiermit ausdrücklich die Beendigung meines Arbeitsverhältnisses mit dem abgebenden V. … durch nachfolgende Unterschrift und nehme gleichzeitig das Übernahmeangebot durch die Beschäftigungsgesellschaft an.

§ 2

§ 3

Arbeitsverhältnis mit der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft.

Die B. … bietet mir eine garantierte Verweildauer von 11 Monaten an, gerechnet ab dem 01. Juli 1996, also bis zum 30.04.1997.

In dieser Zeit erhalte ich das von der Bundesanstalt für Arbeit über die zuständigen Arbeitsämter zur Verfügung gestellte Kurzarbeitergeld Null, sofern ich nicht eine einmalige Freistellung im Rahmen des ruhenden Arbeitsverhältnisses mit der B. … zur befristeten Arbeit bei der Firma L. … oder anderweitiges Einkommen … erhalte.

Ich nehme das Angebot der B. … auf Abschluß eines befristeten Arbeitsverhältnisses für die vorgenannte Dauer von 11 Monaten, also vom 01.06.1996 bis 30.04.1997 hiermit an.

§ 6

Treuhänder

Ich bin damit einverstanden, daß mit meiner Sozialplanabfindung entsprechend der Regelung über die Bildung einer B. … gemäß der obigen und noch zu treffenden Vereinbarung verfahren wird. Dementsprechend wird die Firma L. … meine Abfindung entsprechend den Voraussetzungen in § 5 (dieser Vereinbarung) nach Ausscheiden an mich auszahlen.

Ich bin gebeten worden, das beigefügte Duplikat dieses Vertrages an den Treuhänder, Herrn Rechtsanwalt J. St. …,          , zu übersenden.

Ich beauftrage/ermächtige hiermit Herrn Rechtsanwalt J. St. …, dieses Angebot der einvernehmlichen Vertragsaufhebung an die Firma L. … weiterzuleiten. Die Firma L. … kann dieses Angebot formlos durch eine schriftliche oder mündliche Erklärung gegenüber Herrn Rechtsanwalt J.St. … annehmen. Er gilt von mir insoweit als ermächtigt, die Annahmeerklärung entgegenzunehmen.

Mir ist bewußt, daß Herr Rechtsanwalt J. St. … die von mir abgegebene Erklärung gegenüber der Firma L. … bzw. B. … nur weitergeben wird, wenn auf dem Treuhandkonto bzw. durch anderweitige Sicherheiten, die er akzeptiert hat, die Gewähr dafür geboten ist, daß ich aufgrund der Bezahlung des Betrages gemäß der Vereinbarung über die Schaffung von Auffangstrukturen (B. …) meine garantierte Verweildauer in der B. … zurücklegen kann.

§ 7

Erledigungsklausel

Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus meinem Arbeitsverhältnis, bestehend bis 31.05.1996, mit der Firma L. … und anläßlich dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt. Mit der Zustimmung zu diesem Vertrag nimmt die Firma L. … den Verzicht an.

Diese Erledigung gilt ausdrücklich nicht für evtl. auf mich entfallende Sozialplanansprüche sowie für meine Lohn- bzw. Gehaltsansprüche bis zum 31.05.1996, meine Ansprüche aus unverfallbaren Versorgungsanwartschaften, meine eventuellen Ansprüche auf Erfindervergütungen und betriebliches Vorschlagswesen sowie die Ansprüche auf ein Arbeitszeugnis und die Arbeitspapiere und soweit in dieser Vereinbarung etwas anders geregelt ist.

Weiter verpflichte ich mich hiermit, keine Kündigungsschutzklage zu erheben bzw. eine etwaige vor dem Arbeitsgericht anhängige Kündigungsschutzklage gegen die Firma L. … zurückzunehmen.

Bremerhaven, den 03.05.1996

……………………………………………… …………………………………………

(L. …) (B. …)

………….Unterschrift…………………..

(Unterschrift/Mitarbeiter)

Die Formulare des 3-seitigen Vertrags wurden den Mitarbeitern der Beklagten in einer Betriebsversammlung in den ersten Maitagen 1996 vorgelegt. Anläßlich der Unterzeichnung des Vertragsformulars durch die Kläger wurde diesen kein Exemplar ausgehändigt.

Die Beklagte, die eine 100%-ige Tochter des V. … war, stand damals vor der Situation, daß sie nach dem Zusammenbruch der Konzernmutter und der Zwischen-Holdings keine eigenen finanziellen Mittel mehr zur Verfügung hatte. Sie konnte wegen des Zusammenbruchs des Konzerns auch nicht mehr auf Konzernbürgschaften zur Sicherheitsleistung für Schiffbauaufträge zurückgreifen. Da sie selbst Sicherheiten nicht bieten konnte, konnte sie keine neuen Aufträge mehr requirieren. Ende April hatte die Beklagte freie Mittel in Höhe von 3,27 Millionen zur Verfügung. Im Vergleich hierzu betrugen die jährlichen Personalaufwendungen knapp 58 Millionen DM . Die freien Mittel reichten nicht mehr aus, um Löhne und Gehälter auch nur für einen Monat zahlen zu können. Die Beklagte hatte am 22.02.1996 beim Amtsgericht Bremerhaven Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Konkurses gestellt. Das Amtsgericht bestellte den Dipl.-Kaufmann W. van B. … zum vorläufigen Vergleichsverwalter. Die Löhne und Gehälter ab März 1996 konnten über eine Vereinbarung mit einem Bankhaus in Düsseldorf vorfinanziert werden. Als Sicherheit für das Bankhaus wurden von den Mitarbeitern der Beklagten die Ansprüche auf Konkursausfallgeld abgetreten. Hätte die Beklagte die Personalkosten bis zum Abschluß des Vergleichsverfahrens selber zu tragen gehabt, wäre ein Anschlußkonkurs mit entsprechender endgültiger Betriebsschließung nicht vermeidbar gewesen. Die Beklagte hatte aber den Auftrag, das Passagierschiff „Costa I“ fertigzustellen. Ablieferungstermin war Mitte Juli 1996. Wäre er nicht eingehalten worden, wären in erheblichem Umfang Vertragsstrafen auf die Beklagte zugekommen, die ebenfalls einen Anschlußkonkurs wahrscheinlich gemacht hätten. Der vorläufige Vergleichsverwalter bemühte sich, eine Regelung herbeizuführen, die es der Beklagten ermöglichte, ihren Betrieb aufrecht zu erhalten und die für die Belegschaft eine soziale Abfederung beinhaltete. Er führte gemeinsam mit dem Rechtsvertreter der IG Metall, Rechtsanwalt St. … , u.a. Gespräche mit dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit und dem Arbeitssenator in Bremen. Diese Gespräche hatten das Ergebnis, daß die Bundesanstalt für Arbeit bereit war beim Übergang der Beschäftigten des V. … in die Beschäftigungsgesellschaft m. … das vorliegende Voraussetzungen struktureller Kurzarbeit zu akzeptieren und der Arbeitssenator die „Remanenzkosten“, insbesondere die Sozialversicherungsabgaben übernommen hat. Zum damaligen Zeitpunkt sah der Vergleichsverwalter der Beklagten keine Möglichkeit, um die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter der Werft bis zum Abschluß des Vergleichsverfahrens aufrechtzuerhalten, da die finanziellen Mittel hierfür nicht ausreichten. Als Alternative zur „mypegasus-Konstruktion“ wurde damals die Kündigung und Freistellung sämtlicher Mitarbeiter der Beklagten noch im Mai 1996 angesehen.

Als Konsequenz aus Lage der Beklagten wurde zwischen ihr und dem Betriebsrat unter Beitritt der IG. M. … Bezirksleitung Küste eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die Betriebsfortführungen ermöglichen soll. Diese sieht in § 3 folgendes vor:

1. Die Parteien dieser Vereinbarung sind sich bewußt, daß Betriebsfortführungen im Konkurs nur kostendeckend erfolgen können. Insbesondere sind den Parteien dieser Vereinbarung § 17 der KO und die daraus resultierenden Folgen bekannt. Dies hätte die Massenentlassung aller Beschäftigten zur Folge.

Die entsprechenden Anzeigen gegenüber dem Arbeitsamt nach § 8 AFG und § 17 KSchG sind erfolgt. Ebenfalls haben die betroffenen Betriebsräte die Anhörungen nach dem BetrVG erhalten.

2. Um die in Ziffer 1 angesprochenen Folgen zu vermeiden, wird als einzige Alternative allen Arbeitnehmern der eingangs genannten Unternehmen die Möglichkeit des Eintritts und der befristeten Beschäftigung in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft angeboten. Der Eintritt soll zum 01. Mai 1996 (Ablauf des KAUG-Zeitraums mit dem 30.04.1996) erfolgen. Die Bedingungen dieses befristeten Arbeitsverhältnisses richten sich ausschließlich nach dem als Anlage 1 angefügten Musterarbeitsvertrages (nachstehend Musterarbeitsvertrag genannt). Er wird dieser Vereinbarung im Wege einer zusammengesetzten Urkunde beigefügt.

Hierzu bietet die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (m. … Bremen/Bremerhaven Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft mbH i.Gr., nachstehend B. … genannt) den betroffenen Mitarbeitern den Abschluß des Mustervertrages unter der nachfolgenden Bedingung an.

Die garantierte Verweildauer in der B. … beginnt mit dem 01. Mai 1996 und endet am 30. April 1997.

Den Parteien dieser Vereinbarung ist bewußt, daß die Unterschrift der B. … unter diesen Vertrag erst erfolgen kann, wenn der Treuhänder, Herr Rechtsanwalt St. …, voraussichtlich er in der Lage sein wird, die sogenannten Remanenzkosten der B. … zur Verfügung zu stellen. Ein Anspruch der B. … auf diese Remanenzkosten ist mit dieser Vereinbarung weder bezweckt noch beabsichtigt und er besteht nicht. Es handelt sich nicht um einen Vertrag zugunsten Dritter.

Auch stehen der B. … insbesondere keine Ansprüche gegen die abgebenden Unternehmen sowie den Treuhänder zu.“

Bei der ebenfalls zum V. … gehörenden S.W. … waren bereits von der überwiegenden Anzahl der Mitarbeiter zum 30.04.1994 Aufhebungsverträge geschlossen worden. Diese Mitarbeiter hatten mit Wirkung vom 01.05.1996 ein Arbeitsverhältnis zur Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft m. … geschlossen.

Auf der Betriebsversammlung vom 02.05.1996 sprachen neben dem vormaligen Vergleichsverwalter Herr von B. …, der Betriebsratsvorsitzende, Herr R. …, sowie der Rechtsvertreter der IG-M. …, Herr St. …. Seitens des Vergleichsverwalters wurde ausgeführt, die Beklagte sei finanziell nicht in der Lage, die Personalkosten für die Belegschaft weiterhin zu tragen. Wenn kein Wechsel zu m. … erfolge, müsse mit einem Anschlußkonkurs gerechnet werden. Die Beendigung der Arbeitsverhältnisse zur Beklagten und die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses bei m. … biete für alle Beteiligten den Vorteil, daß Zeit gewonnen werde. Zwar sei noch nicht absehbar, ob das Vergleichsverfahren erfolgreich beendet werden könne, die vorgeschlagene Lösung biete aber zumindest die Chance für eine spätere Rückkehr zur Werft. Die in der Betriebsversammlung anwesenden Mitarbeiter wurden auch von den Herren R. … und St. … aufgefordert, einen dreiseitigen Vertrag zu unterschreiben. Ob die Kläger Gelegenheit hatten, die bei der Betriebsversammlung ausliegenden Vertragsformulare zur Kenntnis zu nehmen bzw. zur Prüfung mit nach Hause zu nehmen, war zwischen den Parteien bereits in erster Instanz streitig.

Mitarbeiter, die nach Vertragsformularen fragten, wurden aufgefordert, sich im Betriebsratszimmer eine Kopie anfertigen zu lassen.

Die Geschäftsführerin der B. … unterzeichnete die dreiseitigen Verträge am 13.09.1996, nachdem zuvor am 22.08.1996 die Gesellschaft ins Register eingetragen wurde. Am 14./15.09.1996 unterzeichnete der Geschäftsführer der Beklagten die dreiseitigen Verträge. Anschließend wurden die Verträge an die Mitarbeiter verschickt. Streitig ist, ob dem Kläger zu 1) der Vertrag zugegangen ist bzw., ob dem Kläger zu 2), dem auf Anforderung seines Prozeßbevollmächtigten eine Kopie des dreiseitigen Vertrages, allerdings ohne Unterschrift der Beklagten und der B. …, im September zugegangen ist, ein Vertragsexemplar mit allen vorgesehen Unterschriften erhalten hat. Die Beklagte hat hierzu in zweiter Instanz vorgetragen, die unterzeichneten Verträge müßten den Mitarbeitern im September zugegangen sein.

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Mit Schreiben vom 24.07.1996 teilte die Beklagte den Klägern mit, daß in langwierigen Verhandlungen habe erreicht werden können, daß sich eine Vielzahl der Gläubiger der Werft bereit erklärt hätten, auf 65 % ihrer Forderung gegen die Werft zu verzichten, wodurch eine substantielle Entschuldung der Werft möglich geworden sei. Der Vergleich sei zwischenzeitlich durch das Gericht in Bremerhaven bestätigt worden. Durch den Verzicht der Gläubiger habe ein Konzept zur Fortführung erstellt werden können, welches allerdings zwingend vorschreibe, daß ein Personalabbau von 200 Mitarbeitern vorgenommen werden müsse. Langfristig sei das Ziel der Beklagten, mindestens 400 Dauerarbeitsplätze sowie 50 Ausbildungsplätze langfristig zu sichern. Den Klägern müsse nun heute leider mitgeteilt werden, daß ihnen zur Zeit kein fester Arbeitsplatz in der Werft angeboten werden könne, so daß sie weiterhin der m. … angehören würden. Die Beklagte bedauerte dies außerordentlich, hoffte aber, daß es möglich sei, nach Umschulung bzw. Weiterqualifikation wieder einen festen Arbeitsplatz zu finden.

Die Beklagte hat ab 01.08.1996 427 Mitarbeiter aus dem Kreis der früheren 600 Beschäftigten wieder eingestellt.

Die Kläger erhoben unter dem 04.10.1996 Klage, die der Beklagten am 17.10.1996 zugestellt wurden.

Der Kläger zu 2) ließ durch Schreiben vom 04.10.1996 seines Prozeßbevollmächtigten den geschlossen Aufhebungsvertrag vom 03.05.1996 „widerrufen“.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Vertrag beruhe auf einer Überrumpelung und verstoße gegen die guten Sitten. Ihnen sei unmißverständlich deutlich gemacht worden, ihnen müsse, falls sie nicht unterschreiben, die sofortige Kündigung ausgesprochen werden. Für die Kläger sei es nicht möglich gewesen, sich vor bzw. nach Vertragsunterzeichnung über den Inhalt des unterschriebenen Vertrages zu informieren und ggf. rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Der Kläger zu 1) hat beantragt: Es wird festgestellt, daß der zwischen den Parteien am 03.05.1996 geschlossene Aufhebungsvertrag unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 01.06.1996 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Der Kläger zu 2) hat beantragt: Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch den Aufhebungsvertrag vom 03.05.1996 sein Ende gefunden hat, sondern vielmehr über den 01.06.1996 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, den Klägern sei eine angemessen Überlegungsfrist eingeräumt worden. Unter Druck seien sie nicht gesetzt worden. Daß die vollständig unterschriebenen Verträge ihnen nicht kurzfristig hätten ausgehändigt werden können, habe daran gelegen, daß die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft m. … erst Ende August 1996 ins Handelsregister eingetragen worden sei. Die Geschäftsführerin habe die 3-seitigen Verträge erst danach unterzeichnen können, da sie bei einer Unterschriftsleistung vor Eintragung der Gesellschaft die persönliche Haftung hätte übernehmen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht Bremerhaven hat am 02.04.1997 die Klagen abgewiesen.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die Verträge seien von den Klägern nicht wirksam angefochten und auch sonst nicht unwirksam. Dem Vortrag der Kläger lasse sich nicht entnehmen, daß in der Betriebsversammlung eine Zusage für alle Arbeitnehmer oder zumindestens für die Kläger auf Rückkehr zur Beklagten gemacht worden sei. Die Kläger hätten auch ausreichend Bedenkzeit gehabt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe der angegriffenen Entscheidung (Bl. 29 – 32 d. A. 2 Sa 178/97 bzw. Bl. 33 – 36 d. A. 1 Sa 179/97) verwiesen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Bremerhaven betreffend den Kläger zu 1) wurde ihm am 15.07.1997 zugestellt. Dessen Berufung ging am 24.07.1997, die Berufungsbegründung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, am 24.09.1997 beim Landesarbeitsgericht Bremen ein.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Bremerhaven, den Kläger zu 2) betreffend, wurde dem Kläger am 10.07.1997 zugestellt. Dessen Berufung ging am 24.07.1997, die Berufungsbegründung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, am 24.09.1997 beim Landesarbeitsgericht Bremen ein.

Die Kläger wenden sich gegen die erstinstanzliche Entscheidung unter Vertiefung ihres Sachvortrages mit Rechtsausführungen. Sie behaupten nunmehr, ihnen sei bei ihren Nachfragen ausdrücklich erklärt worden, sie würden sofort ihren Arbeitsplatz verlieren, falls sie nicht unterzeichneten. Die Beklagte stelle vollkommen willkürlich wieder einen Teil der Arbeitnehmer ein, wobei sie ältere Arbeitnehmer und schwerbehinderte Arbeitnehmer nicht berücksichtige.

Der Kläger zu 1) beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bremerhaven vom 02.04.1997 unter dem Az. 2 Ca 769/96 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, daß der zwischen den Parteien am 03.05.1996 geschlossene Aufhebungsvertrag unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 01.06.1996 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Der Kläger zu 2) beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bremerhaven vom 02.04.1997 unter dem Aktenzeichen 2 Ca 768/96 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch den Aufhebungsvertrag vom 03.05.1996 sein Ende gefunden hat, sondern vielmehr über den 01.06.1996 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Die Beklagte beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit Rechtsausführungen. Sie weist insbesondere darauf hin, daß der Vergleichsverwalter der Beklagten auf der Betriebsversammlung vom 02.05.1996 lediglich ausgeführt habe, daß die vorgeschlagene Lösung die Chance für eine spätere Rückkehr zur Werft biete. Weitergehende Zusagen seien nicht gemacht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufungen der Kläger waren im Hinblick auf den in erster Instanz festgesetzten Streitwert, der dem Beschwerdewert entspricht, statthaft. Sie sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufungen sind begründet.

1.) Die Kläger können ihre Unterschrift unter das Vertragsformular des 3-seitigen Vertrages nicht wirksam anfechten. Auch ohne daß die Kläger in der Klage den Begriff der Anfechtung verwendet haben, können die Klagen bzw. das Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Klägers zu 2) als Anfechtung verstanden werden. Die Voraussetzungen des § 123 BGB, der allein in Betracht kommt, sind jedoch nicht von den Klägern schlüssig vorgetragen worden. Zwar kann auch die Drohung mit einer Kündigung zur Anfechtung berechtigen, Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß die Drohung widerrechtlich ist (Urteil des BAG vom 16. Januar 1992 — 2 AZR 412/91 = EzA § 123 BGB Nr. 36). Eine Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB setzt objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird (vgl. BAGE 41, 229, 236 = AP Nr. 23 zu § 123 BGB, zu B I 1 der Gründe, m. w. N.).

Nach der Rechtsprechung des BAG ist die Androhung einer Kündigung widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Es ist nicht erforderlich, daß die angekündigte Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, sich in einem Kündigungsschutzprozeß als rechtsbeständig erwiesen hätte. Bei Anwendung dieses Maßstabes durfte die Beklagte den Klägern eine ordentliche Kündigung ankündigen. Unbestritten war die wirtschaftliche Lage der Beklagten im Mai 1996 äußerst prekär. Ohne einschneidende Maßnahmen wäre der Konkurs unvermeidlich und die Werft der Beklagten nicht mehr zu retten gewesen. Das stellen auch die Kläger nicht in Abrede. Der Zeitdruck, dem die Kläger ausgesetzt worden sind kann, macht es der Beklagten nicht unmöglich sich auf die Vereinbarung zu berufen. Es ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen, daß er von der Beklagten gezielt erzeugt worden ist, um die Kläger zu überrumpeln. Er ist vielmehr der für die Beklagten dramatischen Zuspitzung ihrer Lage geschuldet.

2.) Die Annahme der Kläger, das Vertragswerk sei nichtig, weil gegen die guten Sitten verstoßend, teilt die Berufungskammer nicht. Weder aus den Umständen, die die Kläger zur Unterzeichnung des Vertragsformulars veranlaßt haben, noch aus den darin vorgesehenen Regelungen ergibt sich ein Sittenverstoß.

Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen. (BAG Urteil vom 10.10.19905 Az. AZR 404/89 = EZA BGB § 138 Nr. 24). Es ist dabei nicht nur die Situation der Kläger, sondern auch die der Beklagten zu beachten. Was die Umstände angeht, die zur Unterschrift der Kläger geführt haben, war zu beachten, daß die Beklagte unter dem Zwang stand, rasch und effizient zu handeln. Das Regelungswerk selbst diente nicht der einseitigen Durchsetzung der Interessen der Beklagten, sondern verfolgte neben dem Ziel der Rettung der Werft – was auch deren Arbeitnehmern dient -, auch das Ziel, die Opfer, die die Arbeitnehmer zur Eröffnung von Chancen für den Erhalt der Werft bringen, durch extensives Ausnutzen sozialrechtlicher Möglichkeiten zu minimieren. Daß im Mai 1996 das beabsichtigte Ziel auch durch weniger einschneidende Maßnahmen der Beklagten hätte erreicht werden können, haben die Kläger nicht vorgetragen.

3.) Der 3-seitige Vertrag ist allerdings nicht wirksam zustande gekommen:

Auch ein dreiseitiger Vertrag bedarf des Austausches von Willenserklärungen. Um wirksam zu werden ist die Erklärung der Annahme erforderlich. Die Annahme ist wiederum selbst eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Zur Wirksamkeit eines 3-seitigen Vertrag ist demnach erforderlich, daß alle Beteiligten die notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen abgeben und diese auch den jeweils anderen Vertragspartnern zugehen.

a) Die Parteien haben den Vertrag schriftlich abschließen wollen. Eine Schriftformklausel ist zwar nicht ausdrücklich vereinbart worden, die Beklagte jedoch hat den Klägern zur Unterschrift ein schriftliches Formular vorgelegt, das die Unterschrift alle am Vertrag Beteiligten vorsieht. Daß der 3-seitige Vertrag schriftlich abgeschlossen werden sollte, ergibt sich bereits daraus, daß er zumindest für die Arbeitnehmer einschneidende Regelungen enthält. Er sieht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor, enthält eine Ausgleichsquittung, die einen Klagverzicht beinhaltet, sieht Erklärungen zu eventuellen Sozialplanabfindungen vor, soll ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einem Dritten begründen, der selbst keine Arbeit anzubieten hat, und enthält dessen Zusage, die Kläger auf deren Wunsch an andere auszuleihen. Bei Verträgen von derartigem Gewicht kann der Wille aller Beteiligten zur Beurkundung der vertraglichen Absprachen auch ohne ausdrückliche Erklärung angenommen werden (vergl. Soergel/Wolf , BGB-Kommentar  12. Aufl. § 154 BGB Anm. 11). Dafür, daß Schriftform zumindest für einen Teil der Absprachen gewollt war, spricht auch, daß der 3-seitige Vertrag selbst Regelungen aufstellt, auf welche Weise sich einer der Vertragspartner, nämlich die Beklagte zum Vertrag erklären kann. Für deren Annahmeerklärung ist vorgesehen, sie könne auch mündlich erfolgen und müsse nicht gegenüber den Klägern erklärt werden, es genüge eine Erklärung gegenüber dem Treuhänder. Eine derartige Möglichkeit wird der B. … nicht eingeräumt. Die B. … hat offenbar auch angenommen, daß die Verträge schriftlich zu beurkunden sind. Sie hat sie jedenfalls erst durch ihre Geschäftsführerin unterzeichnen lassen, nachdem die Registereintragung erfolgt ist, um deren persönliche Haftung auszuschließen. Auch die Regelungen in 3 § Zi. 2 der Betriebsvereinbarung geht vom Erfordernis der Unterschrift der B. … aus.

b) Nach § 154 Abs. 2 BGB gilt bei vereinbarter Schriftform, daß im Zweifel der Vertrag nicht als geschlossen gilt, bis die Beurkundung erfolgt ist. Ist sie vereinbart, sieht § 127 BGB vor, daß entsprechend § 126 BGB die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen muß. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, genügt es, wenn jede Partei eine für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

c) Zur wirksamen Annahme des 3-seitigen Vertrags durch die Beklagte und durch die B. … ist es nicht gekommen. Die Annahme – dokumentiert durch die Unterschrift – ist erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Kläger mit ihrer Klage deutlich gemacht haben, daß sie sich an den Vertrag nicht gebunden fühlen. Das Angebot der Kläger auf Abschluß eines dreiseitigen Vertrages vom 3.5.1996 wurde zwar unmittelbar an L. … weitergeleitet, es wurde aber erst am 13.9.1996 durch Unterzeichnung angenommen, wobei nicht ersichtlich ist, ob ihm das zur Kenntnis gebracht wurde. Daß zuvor eine  mündliche Annahmeerklärung durch die Beklagte Herrn Rechtsanwalt St. … zugegangen ist, kann dem Vortrag der Beklagten nicht entnommen werden. Im Hinblick auf die Annahmeerklärung durch B. … sieht der Vertrag im Unterschied zu den Regelungen über die Annahme durch L. … keine Vereinbarung über Abweichungen vom gesetzlich geregelten Normalfall, daß die Annahme des Angebots gegenüber den Klägern zu erklären ist, vor.

d) Die Beklagte ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, daß sie das Vertragsangebot des Klägers angenommen hat und zwar zu einem Zeitpunkt der § 147 Abs. 2 BGB entspricht. Danach kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.

Dieser Zeitpunkt war zum Zeitpunkt Zugangs der Erklärung der Annahme des 3-seitigen Vertrages durch B. … vorbei.

Im Vertrag ist zwar festgelegt, die Kläger könnten nicht erwarten, ihr Angebot werde durch Rechtsanwalt Stein unverzüglich weitergeleitet. Dies solle erst geschehen, wenn die Finanzierung der B. … abgesichert sei. Damit ist ausgefüllt worden, was § 147 Abs. 2 BGB meint. Nach dem Vortrag der Beklagten war aber die Finanzierung bereits vor Unterzeichnung der Verträge sichergestellt. Dieser Umstand sei auch den Mitarbeitern auf der Betriebsversammlung schon mitgeteilt worden. Damit konnten die Arbeitnehmer der Beklagten, die den 3-seitigen Vertrag unterzeichnet haben, nach den Umständen erwarten, daß ihr Angebot alsbald angenommen wird – zumindest unmittelbar nach Eintragung von B. … ins Handelsregister. An sich war schon am 13.9.1996 – also 3 Wochen nach der Eintragung – die Bindung der Arbeitnehmer an ihr Angebot zum Abschluß des 3-seitigen Vertrags beendet. Allerdings kann weiteres Schweigen trotz der zwischenzeitlich eingetretenen Umstände – Wiedereinstellung von 2/3 der alten Belegschaft – so interpretiert werden, daß sich die Schweigenden nach wie vor an ihr Angebot für  gebunden halten. Geht die Annahmeerklärung allerdings erst zu, nachdem ein Mitarbeiter erklärt hat, er halte den 3-seitigen Vertrag für unwirksam und damit zum Ausdruck bringt, daß er sich nicht an ihn gebunden fühlt, ist sie als verspätet anzusehen. Der Vertrag ist dann nicht zustande gekommen.

e) Die praktische Durchführung der Vereinbarungen – die Kläger waren zunächst nicht mehr weiter bei der Beklagten beschäftigt und sind für Tätigkeiten bei der Beklagten von B. … befristet freigestellt worden -, was üblicherweise als konkludenter Vertragsschluß angesehen wird, belegt im vorliegenden Fall keinen eindeutigen rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen der Kläger. Mit ihrem tatsächlichen Ausscheiden aus der Werft und der Annahme von Leistungen der m. … bringen die Kläger lediglich zum Ausdruck, da Weitergehendes nicht ausdrücklich erklärt wurde, daß sie, nachdem eine Beschäftigung bei der Beklagten nicht in Betracht kommt, weiterhin Geld zur Bestreitung ihres Unterhalts beziehen wollen. Sie tun damit nur das, was § 615 BGB bei Annahmeverzug vorschreibt, nämlich die Nutzung anderweitiger Geldquellen.

Der Umstand, daß m. … die Arbeitsverhältnisse von Anfang an so abgewickelt hat, wie dies der Vertrag vorsah, ist wegen der ausgefeilten Regelung der Annahme des Vertrags nicht als konkludente Annahmeerklärung zu betrachten. Auch der Umstand daß die Geschäftsführerin der B. … wegen befürchteter Eigenhaftung die Verträge erst unterzeichnet hat, nachdem die Eintragung des Gesellschaft ins Handelsregister erfolgt ist, spricht dagegen, daß sich die B. … schon vor Unterzeichnung hat binden wollen.

Daß das gesamte Regelungswerk des 3-seitigen Vertrags erst dann Wirksamkeit entfalten sollte, wenn alle Beteiligten sich rechtsverbindlich erklärt haben, entspricht auch den Interessen der Beteiligten. Da die Arbeitnehmer im 3-seitigen Vertrag einschneidende Verzichte ausgesprochen haben, sollten die Erklärungen der Arbeitnehmer erst wirksam werden, wenn die B. …- Konstruktion tragfähig und sowohl rechtlich wie auch finanziell abgesichert ist. Damit kommt der Beurkundung konstitutive Bedeutung zu. Wenn formlose Annahme durch die B. … vor Eintragung ins Handelsregister genügt hätte, hätte der Verzicht wirksam sein können, ohne daß die unterzeichnenden Arbeitnehmer  bei Scheitern der Finanzierung durch öffentliche Stellen mehr an finanzieller Absicherung erhalten hätten, als wenn sie nicht unterzeichnet hätten. Das Opfer, daß damit zur Erhaltung der Werft gebracht worden wäre, lastete so einseitig auf den Beschäftigten der Beklagten, daß eine derartige Konstruktion wohl an § 138 BGB gescheitert wäre. Das Einschieben des Rechtsanwalts Stein, der als Treuhänder die von den Arbeitnehmern unterzeichneten Vertragsformulare erst weitergeben sollte, die Finanzierung der B. … steht, dient demselben Zweck wie konstitutive Schriftform.

f) Die Beklagte hat nicht darlegen können, daß den Kläger vor der Zustellung der Klage, bzw. des Zugangs des Schreibens des Prozeßbevollmächtigten der Kläger an die Beklagte vom 4.10.1996 die Annahme des 3-seitigen Vertrags durch die B. … zugegangen ist. Ihr Vortrag, die unterzeichneten Verträge müßten Ende September zugestellt worden sein, ist streitig. Der Kläger zu 1) hat behauptet, keinen Vertrag erhalten zu haben. Der Kläger zu 2) bestreitet den Zugang eines Vertragsformulars im September zwar nicht, das von ihm als erhaltenes vorgelegte enthält aber lediglich seine eigene Unterschrift. Im Termin haben die Kläger erklärt, erst nach Erhebung der Klage ein Exemplar mit allen vorgesehenen Unterschriften erhalten zu haben. Dem entspricht der Vortrag der Beklagten in der Klagerwiderung, „zwischenzeitlich“ seien den Klägern die Verträge zugegangen. Dies kann die Berufungskammer nur so verstehen, daß die Beklagte die Klagerhebung zum Anlaß genommen hat, nunmehr auch die vollständigen Verträge zu versenden. Das Beweisangebot zur Absendung der vollständigen Verträge Ende September ist kein geeignetes, um die rechtzeitige Annahme des 3-seitigen Vertrages zu belegen.

Die Berufungskammer ist der Auffassung, daß es einer ausdrücklichen Annahmeerklärung der B. … bedarf. Der Wortlaut der einzelnen Teile des 3-seitigen Vertrages scheint zwar darauf hinzudeuten, daß zum Zeitpunkt der Unterschrift der Kläger bereits ein wirksames, allerdings nicht schriftlich formuliertes Angebot der B. … vorlag, das der Kläger mit seiner Unterschrift angenommen hat. Dies könnte auch aus § 3 Zi. 2 der Betriebsvereinbarung abgeleitet werden. Auch die Formulierung in § 1 letzter Absatz des 3-seitigen Vertrages „nehme gleichzeitig das Angebot durch die Beschäftigungsgesellschaft an“ scheint dies zu bestätigen. Andererseits wird in § 3 des 3-seitigen Vertrages aber ausdrücklich das Angebot der B. … formuliert. Dies wird wiederum im letzten Absatz von § 3 von dem Arbeitnehmer angenommen.

g) Aus der Formulierungstechnik des Vertrages kann allerdings nicht abgeleitet werden, daß im Verhältnis der Kläger zu der B. … der 3-seitige Vertrag kein Vertrag sein soll, sondern lediglich eine einseitige Annahmeerklärung der Kläger. Ob ein Vertrag das Ergebnis der Einigung zwischen den Vertragspartnern formuliert oder ob im Vertrag Angebot und Annahme gegenüber gestellt werden, macht für die Frage, ob bei konstitutiver Schriftform beide unterzeichnen müssen, keinen Unterschied. Auch die Überschrift – 3-seitiger Vertrag – und die vorgesehene Unterschrift in der B. … sprechen gegen die Interpretation der Erklärung der Kläger als Annahme eines bereits rechtsverbindlich gemachten Angebots durch die B. …. Auch hier steht einer derartigen Interpretation die bis zur Registereintragung hinausgezögerte Unterzeichnung der Geschäftsführerin der B. … entgegen.

4.) Das Arbeitsverhältnis der Kläger ist aus einem weiteren Grund nicht beendet werden.

a)  Das BAG hat sich in jüngster Zeit zweimal mit der Problematik befaßt, wie der Fall kündigungsrechtlich zu bewerten sei, daß der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung von der Prognose des Wegfalls des Arbeitsplatzes ausgehen konnte, sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Ausspruch der Kündigung anders als prognostiziert entwickeln. In seinem Urteil vom 27. Februar 1997 – 2 AZR 160/96 hat das BAG im Leitsatz dazu ausgeführt, der Arbeitnehmer habe einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitgeber mit Rücksicht auf die Wirksamkeit der Kündigung noch keine Dispositionen getroffen habe und ihm die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sei, falls sich die Prognose bei Ablauf der Kündigungsfrist könne er den Arbeitnehmer nicht mehr weiterbeschäftigen noch während des Laufs der Kündigungsfrist als falsch erweise.

Grundsätzlich geht das BAG davon aus, daß die Wirksamkeit einer Kündigung nur nach den objektiven Verhältnissen zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs beurteilt werden kann. Später eintretende Veränderungen bezüglich der Kündigungsgründe können die Wirksamkeit einer Kündigung nicht hindern (vgl. z.B. BAG Urteil vom 19. Mai 1988 Az. 2 AZR 596/87 = BAGE 59, 12, 26 = AP Nr. 75 zu § 613 a BGB, zu V 2 b der Gründe, m.w.N.; BAG Urteil vom 10. Oktober 1996 Az. 2 AZR 477/95). Diese Ansicht teilt das Schrifttum nahezu ausnahmslos (vgl. z.B. KR-Etzel, 4. Aufl., § 1 KSchG Rz. 235; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 6. Aufl., Rz. 617; Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 1 Rz. 156; Löwisch, KSchG, 7. Aufl., § 1 Rz. 70, jeweils m.w.N.)

Das BAG hält jedoch das Vertrauen des Arbeitnehmers für schutzwürdig, daß es nur dann zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt, wenn bei Ablauf der Kündigungsfrist, also dem vorgesehenen Beendigungszeitpunkt die geltend gemachten betriebsbedingten Kündigungsgründe fortbestehen. Das BAG leitet dies aus dem Art. 12 GG ab, das den Arbeitnehmer davor schützt, seinen Arbeitsplatz und damit seinen sozialen Besitzstand nicht grundlos zu verlieren. Dieses Recht sei in  unerträglicher Weise beeinträchtigt, wenn der Arbeitgeber allein im Hinblick darauf, daß die Rechtsprechung bei der Prüfung des Kündigungsgrundes auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs abstellt, nunmehr ohne rechtfertigenden Grund frei über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses entscheiden könnte. Der Arbeitgeber verhalte sich rechtsmißbräuchlich (§ 242 BGB), wenn er bei Wegfall des betriebsbedingten Kündigungsgrundes noch während der Kündigungsfrist den veränderten Umständen nicht Rechnung trage und dem Arbeitnehmer nicht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Kündigungszeitpunkt hinaus anbiete bzw. sich mit einem regelmäßig in der Wiedereinstellungsklage liegenden entsprechenden Vertragsangebot des Arbeitnehmers einverstanden erkläre. In derartigen Fällen könne die Anwendung des § 242 BGB ausnahmsweise anspruchsbegründende Wirkung haben. Dem Arbeitgeber könne Rechtsmißbrauch vorgeworfen werden, der trotz des Wegfalls eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes noch während der Kündigungsfrist eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit seinem Arbeitnehmer ablehne, obwohl inzwischen für derartige Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein dringendes betriebliches Erfordernis mehr bestehe und ihm deshalb die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sei..

In seiner Entscheidung vom 4.12.1997 Az. 2 AZR 140/97 hat das BAG auch bei einer vergleichsweisen Beendigung eines Kündigungsrechtsstreites innerhalb der Kündigungsfrist die Notwendigkeit einer Vertragsanpassung festgestellt, die zum Weiterbeschäftigungsanspruch führe, wenn die betriebliche Situation sich nach dem Ausspruch der Kündigung so geändert habe, daß der Gekündigte weiterbeschäftigt werden könne. Die Pflicht zur Vertragsanpassung gilt allgemein auch bei Aufhebungsverträgen (vergl. BAG Urteil vom 28. August 1996 Az. 10 AZR 886/95 = EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 87). Wenn das Arbeitsverhältnis noch bestehe, habe der Arbeitgeber seine Verpflichtungen aus diesem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen, seine Rechte so auszuüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden könne. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung oder zur Wiedereinstellung scheide dann aus, wenn die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Arbeitnehmer wegen vorrangiger Rechte, etwa besonderem Kündigungsschutz weiter zu beschäftigen, rechtlich nicht zu beanstanden sei (vgl. BAG vom 27. 2. 1997).

Nach den Grundsätzen des BAG ergibt sich für den vorliegenden Rechtsstreit folgendes:

Die Arbeitsverhältnisse der Kläger mit der Beklagten, bestanden nach der Konstruktion des 3-seitigen Vertrages auf jeden Fall, auch wenn man die Auffassung der Berufungskammer zur Notwendigkeit des Zugangs der Annahmeerklärung der BGQ nicht teilt, bis zur Annahmeerklärung der Beklagten Mitte September fort. Zu diesem Zeitpunkt war der tatsächliche Grund, der die Beendigung der Arbeitsverhältnisse notwendig machte, bereits weggefallen. Der Vergleich, der die Fortführung der Werft ermöglichte, war von den Gläubigern im Juni 1996 angenommen worden. Die Werft konnte mit einer Belegschaft von mehr als 2/3 der bisherigen Belegschaft wieder fort geführt werden. Deren Wiederaufnahme in den Betrieb erfolgte bereits im August 1996. Damit ist die Geschäftsgrundlage für den Aufhebungs- und Verzichtsvertrages entfallen. In dieser grundlegend geänderten Situation hätte die Beklagte das von den Mitarbeitern angebotene Opfer der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und des Verzichts auf die Möglichkeit, die Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen, nicht mehr annehmen dürfen. Nach dem Abschluß des Vergleichsverfahrens sah sich die Beklagte wie viele Arbeitgeber der Notwendigkeit ausgesetzt, einschneidende personelle Maßnahmen durchzuführen. Die Wiedereinstellung aller Arbeitnehmer kam nach ihrer Konzeption nicht in Betracht. Die üblichen Konsequenzen sind in Fällen von Abbau der Belegschaft betriebsbedingte Kündigungen, die durch einen Sozialplan flankiert werden. Hierbei wären dann die Grundsätze der sozialen Auswahl zu beachten.

Nach welchen Grundsätzen die Beklagte ihre Belegschaft wieder aufgefüllt hat, ist nicht ersichtlich. Den Klägern wurde im Schreiben der Beklagten vom 24.7.1996 keine Begründung dafür gegeben, warum ihnen ein fester Arbeitsplatz nicht angeboten werden konnte. Daß bestimmte unternehmerische Dispositionen gerade der Einstellung der Kläger entgegenstanden, ist gleichfalls nicht erkennbar. Die Berufungskammer kann demnach nur feststellen, daß es keinen Grund gibt, warum die Beklagte, wenn sie sich an den Grundsätzen der sozialen Auswahl orientiert, den langjährig beschäftigten Klägern keine Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses angeboten hat.

c)  Dem Vortrag der Beklagten konnte die Berufungskammer ebenfalls nicht entnehmen, daß eine Weiterbeschäftigung der Kläger nur unter geänderten Vertragsbedingungen möglich war. Sie mußte daher nach den Klaganträgen erkennen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Kammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

 

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