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Unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen

Ein fingierter Verkehrsunfall, 7.119,91 Euro Versicherungssumme und zwei Beklagte, die sich die Beute teilten: Das Landgericht Itzehoe musste einen komplexen Fall von Versicherungsbetrug aufklären und entschied über die Beteiligung eines Kontoinhabers, der sein Konto für die Auszahlung der Schadenssumme zur Verfügung gestellt hatte. Obwohl der Kontoinhaber die Tatbeteiligung abstritt, verurteilte ihn das Gericht zur Rückzahlung eines Großteils der Summe, da er seine Mitwirkungspflicht im Zivilprozess verletzt hatte.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Gericht verhandelte einen Fall von Versicherungsbetrug, bei dem fingierte Verkehrsunfälle gemeldet wurden, um unrechtmäßig Ansprüche gegenüber Haftpflichtversicherern zu geltend zu machen.
  • Die Angeklagten, Beklagter zu 1 und Beklagter zu 2, waren in diesen Betrugsfällen verwickelt. Der Beklagte zu 1 wurde wegen gewerbsmäßigen Betruges verurteilt.
  • Die Klägerin, die geschädigt wurde, machte Ansprüche gegen die Beklagten geltend, die im Rahmen von Teilanerkenntnis- und Teilversäumnisurteilen behandelt wurden.
  • Der Beklagte zu 1 wurde zur Zahlung an die Klägerin verurteilt, wobei die Forderung auf vorsätzlicher unerlaubter Handlung basiert.
  • Die Forderung gegen den Beklagten zu 2 war ein weiterer Bestandteil der gerichtlichen Entscheidungen und resultierte in einer eigenen Verurteilung zur Zahlung.
  • Schwierigkeiten entstanden durch die komplexe Verstrickung der Beklagten in den Versicherungsbetrug, der durch fingierte Unfälle begangen wurde.
  • Die Entscheidung des Gerichts gründet darauf, dass nachgewiesen wurde, dass die Unfallschäden tatsächlich nie eingetreten sind und die Forderungen somit unrechtmäßig waren.
  • Dieses Urteil klärt die Haftung und die Zahlungspflichten der Beklagten im Zusammenhang mit Versicherungsbetrugsdelikten.
  • Die Entscheidung zeigt, dass Gerichte umfassend gegen solche Betrugsfälle vorgehen und gleichzeitig Ansprüche der Geschädigten durchsetzen.
  • Das Urteil hat Auswirkungen auf das Vertrauen in die Versicherungssysteme und zeigt die Notwendigkeit strenger Überprüfungen bei der Schadensregulierung.

Entscheidendes Urteil: Bedeutung des unzulässigen Bestreitens im Zivilprozess

Im Zivilprozess kommt dem Parteivortrag eine entscheidende Rolle zu, da er die Grundlage für die gerichtliche Entscheidung bildet. Aussagekräftige Tatsachenbehauptungen seitens der Kläger und Beklagten sind erforderlich, um den Sachverhalt klar darzulegen. Dabei ist es wichtig, dass jede Partei die von ihr aufgestellten Behauptungen auch beweisen kann. In diesem Kontext spielt das Konzept des unzulässigen Bestreitens mit Nichtwissen eine zentrale Rolle. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Form des Bestreitens, bei der eine Partei erklärt, sie wisse nichts über die vorgebrachten Tatsachen.

Das Prozessrecht, insbesondere die Zivilprozessordnung, regelt die Verfahrensfragen rund um die Beweisführung und die entsprechenden Anforderungen an die Beweislast. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und kann im Gegensatz zu einem qualifizierten Bestreiten als problematisch angesehen werden. Es kann der Verhandlungsfreiheit und der Glaubhaftmachung der eigenen Argumente schaden und die Beweisaufnahme erheblich beeinflussen. Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit klargestellt, wie wichtig eine sorgfältige Beweisführung für die Widerlegung von Tatsachen ist, um die Ansprüche in einer Zivilklage zu stützen.

In diesem Zusammenhang lohnt es sich, einen konkreten Fall zu betrachten, der wertvolle Einblicke in die Anwendung und Bedeutung des unzulässigen Bestreitens mit Nichtwissen bietet.

Der Fall vor Gericht


Versicherungsbetrug vor Gericht: Komplexer Fall mit mehreren Beteiligten

Versicherungsbetrug und Beweisführung im Zivilprozess
Im Zivilprozess ist das unzulässige Bestreiten mit Nichtwissen problematisch und wurde im Fall von fingierten Verkehrsunfällen vor Gericht entscheidend bewertet. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Landgericht Itzehoe hat in einem Zivilverfahren über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit fingierten Verkehrsunfällen entschieden. Die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, forderte Zahlungen von zwei Beklagten, die zuvor in einem Strafverfahren wegen gewerbsmäßigen Betrugs verurteilt worden waren.

Hintergründe des Betrugsfalls

Der Fall dreht sich um einen angeblichen Verkehrsunfall vom 1. März 2018, der tatsächlich nie stattgefunden hat. Der Beklagte zu 2. meldete den erfundenen Unfall bei der klagenden Versicherung und machte Ansprüche geltend. Ein Rechtsanwalt bezifferte die Forderungen mit einer gefälschten Vollmacht. Die Versicherung zahlte daraufhin insgesamt 7.119,91 Euro für Sachschäden, Kostenpauschale, Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten.

Rolle des Bankkontos und Verwicklung der Beklagten

Ein Großteil des Geldes, 5.550 Euro, wurde auf ein Bankkonto überwiesen, für das der Beklagte zu 1. bevollmächtigt war. Er verfügte über sämtliche Kontounterlagen und eine EC-Karte. Das Gericht stellte fest, dass entweder der Beklagte zu 1. das Geld in Absprache mit dem Beklagten zu 2. weitergeleitet hatte oder der Beklagte zu 2. unabhängig Zugriff auf die Kontodaten hatte.

Gerichtliche Entscheidung und Begründung

Das Landgericht Itzehoe verurteilte den Beklagten zu 1. zur Zahlung von 5.550 Euro an die klagende Versicherungsgesellschaft, gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Beklagte zu 1. seine Beteiligung an der Tat nicht wirksam bestritten habe. Im Zivilprozess gelte eine Mitwirkungs- und Erklärungspflicht, der der Beklagte nicht nachgekommen sei.

Die Richter stellten fest, dass der Beklagte zu 1. mindestens als Teilnehmer an der Betrugstat zu betrachten sei, da er sein Konto für die Ausführung zur Verfügung gestellt habe. Er hafte daher nach § 830 Abs. 1 S. 1 BGB gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2.

Teilweise Abweisung der Klage

Für einen Teilbetrag von 1.569,91 Euro, der Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten betraf, wurde die Klage gegen den Beklagten zu 1. abgewiesen. Das Gericht begründete dies damit, dass nicht festgestellt werden konnte, ob der Beklagte zu 1. von einer Absicht des Beklagten zu 2. wusste, auch diese Kosten zu verursachen.

Das Urteil zeigt die komplexen rechtlichen Fragen, die bei Versicherungsbetrug auftreten können, insbesondere wenn mehrere Personen beteiligt sind. Es verdeutlicht auch die Unterschiede zwischen straf- und zivilrechtlicher Beurteilung sowie die Bedeutung der Mitwirkungspflichten im Zivilprozess.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Mitwirkungspflicht im Zivilprozess bei Versicherungsbetrug. Es zeigt, dass die Zurverfügungstellung eines Kontos für betrügerische Zwecke eine Teilnahme am Betrug begründen kann, selbst wenn im Strafverfahren ein Freispruch erfolgte. Die Entscheidung verdeutlicht die unterschiedlichen Beweisstandards in Straf- und Zivilverfahren und die Notwendigkeit, im Zivilprozess aktiv Stellung zu beziehen, um einer Haftung zu entgehen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige Auswirkungen für alle, die mit Versicherungen zu tun haben oder Opfer eines Betrugs werden könnten. Es zeigt, dass auch Personen, die nur indirekt an einem Betrug beteiligt sind, zur Verantwortung gezogen werden können. Wenn Sie beispielsweise Ihr Bankkonto anderen zur Verfügung stellen, könnten Sie haftbar gemacht werden, selbst wenn Sie nicht direkt am Betrug beteiligt waren. Das Gericht erwartet, dass Sie in einem Zivilprozess aktiv erklären, was mit Ihrem Konto geschehen ist. Schweigen oder vage Aussagen können gegen Sie ausgelegt werden. Für Betrugsopfer bedeutet dies eine bessere Chance, Schadenersatz zu erhalten, da mehr Personen zur Verantwortung gezogen werden können.


Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie wirkt sich ein Freispruch im Strafverfahren auf ein anschließendes Zivilverfahren aus?

Ein Freispruch im Strafverfahren hat keine automatisch bindende Wirkung für ein anschließendes Zivilverfahren. Das Zivilgericht ist grundsätzlich nicht an die Feststellungen des Strafgerichts gebunden und kann zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts kommen.

Unterschiedliche Beweisstandards

Der Hauptgrund für diese Unabhängigkeit liegt in den unterschiedlichen Beweisstandards der beiden Verfahrensarten:

  • Im Strafverfahren gilt der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ (in dubio pro reo). Für eine Verurteilung muss die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei nachgewiesen werden.
  • Im Zivilverfahren reicht hingegen die überwiegende Wahrscheinlichkeit aus, dass der behauptete Sachverhalt zutrifft.

Stellen Sie sich vor, Sie werden wegen eines Verkehrsunfalls strafrechtlich freigesprochen, weil Ihre Schuld nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Im Zivilprozess könnte das Gericht dennoch zu dem Schluss kommen, dass Sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für den Unfall verantwortlich sind und Schadensersatz zahlen müssen.

Verwertung der Feststellungen aus dem Strafurteil

Obwohl keine Bindungswirkung besteht, können die Feststellungen aus dem Strafurteil im Zivilprozess berücksichtigt werden. Das Zivilgericht kann das Strafurteil als Beweismittel im Wege des Urkundenbeweises verwerten. Dabei muss es die Feststellungen jedoch kritisch überprüfen und darf sie nicht ungeprüft übernehmen.

Auswirkungen auf zivilrechtliche Ansprüche

Ein Freispruch im Strafverfahren schließt zivilrechtliche Ansprüche nicht automatisch aus. Wenn Sie beispielsweise wegen fahrlässiger Körperverletzung freigesprochen wurden, kann das Opfer dennoch Schmerzensgeld im Zivilverfahren fordern. Das Zivilgericht wird den Fall unabhängig neu bewerten.

Beweiserleichterungen im Zivilprozess

In bestimmten Fällen kann ein Freispruch im Strafverfahren sogar zu Beweiserleichterungen im Zivilprozess führen. Wurde der Angeklagte etwa wegen Notwehr freigesprochen, muss er im Zivilprozess die Notwehrsituation erneut darlegen und beweisen.

Bedeutung für die Praxis

Für Sie als Betroffener bedeutet dies: Ein Freispruch im Strafverfahren gibt Ihnen keine absolute Sicherheit vor zivilrechtlichen Ansprüchen. Es ist wichtig, dass Sie sich im Zivilprozess erneut umfassend verteidigen und Ihre Position darlegen. Die Feststellungen aus dem Strafurteil können Ihnen dabei helfen, sind aber keine Garantie für einen Erfolg im Zivilverfahren.


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Wie kann man sich gegen falsche Anschuldigungen bei Versicherungsbetrug wehren?

Bei falschen Anschuldigungen wegen Versicherungsbetrugs ist es entscheidend, ruhig und besonnen zu reagieren. Dokumentieren Sie zunächst alle Kommunikationen mit der Versicherung und sammeln Sie sorgfältig Beweise, die Ihre Unschuld belegen können. Dies können Rechnungen, Fotos, Zeugenaussagen oder andere relevante Unterlagen sein.

Rechtliche Schritte und Beweisführung

Wenn Sie mit einem Vorwurf des Versicherungsbetrugs konfrontiert werden, sollten Sie umgehend schriftlich Stellung nehmen. Erklären Sie sachlich und detailliert den tatsächlichen Sachverhalt. Widerlegen Sie die Anschuldigungen Punkt für Punkt mit den gesammelten Beweisen. Es ist wichtig, dass Sie in dieser Stellungnahme keine Aussagen treffen, die gegen Sie verwendet werden könnten.

Sollte die Versicherung trotz Ihrer Stellungnahme an den Vorwürfen festhalten, können Sie eine Beschwerde bei der Versicherungsaufsicht einreichen. Diese prüft den Fall unabhängig und kann bei ungerechtfertigten Anschuldigungen eingreifen.

Präventive Maßnahmen

Um sich von vornherein gegen falsche Anschuldigungen zu schützen, ist es ratsam, alle Kommunikationen mit der Versicherung schriftlich zu führen. Dokumentieren Sie Schäden sorgfältig mit Fotos und bewahren Sie alle relevanten Unterlagen auf. Bei größeren Schäden kann es sinnvoll sein, einen unabhängigen Gutachter hinzuzuziehen.

Rechtliche Konsequenzen für falsche Anschuldigungen

Wenn Sie zu Unrecht des Versicherungsbetrugs beschuldigt wurden, haben Sie möglicherweise Anspruch auf Schadensersatz. Dies gilt insbesondere, wenn die Anschuldigungen öffentlich gemacht wurden und Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist. In besonders schweren Fällen kann eine falsche Verdächtigung sogar strafrechtliche Konsequenzen für den Anschuldiger haben.

Bedenken Sie, dass die Beweislast für einen Versicherungsbetrug bei der Versicherung liegt. Sie müssen Ihre Unschuld nicht beweisen, sondern lediglich die Vorwürfe entkräften. Bleiben Sie in Ihrer Kommunikation stets sachlich und kooperativ, ohne dabei Ihre Rechte aufzugeben.


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Was ist gesamtschuldnerische Haftung und wann tritt sie ein?

Die gesamtschuldnerische Haftung ist ein rechtliches Konzept, bei dem mehrere Schuldner gemeinsam für eine Schuld haften. Gemäß § 421 BGB kann der Gläubiger in diesem Fall die gesamte Leistung oder einen Teil davon von jedem Schuldner verlangen, ist aber insgesamt nur zu einer einmaligen Leistung berechtigt.

Rechtliche Grundlagen

Die gesetzliche Grundlage für die gesamtschuldnerische Haftung findet sich in den §§ 421 ff. BGB. Sie kann durch Gesetz oder Vertrag begründet werden. Wichtige gesetzliche Regelungen sind:

  • § 840 BGB: Gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Schädiger im Deliktsrecht
  • § 128 HGB: Haftung der Gesellschafter einer OHG für Gesellschaftsschulden
  • § 5 ProdHaftG: Haftung mehrerer Hersteller für denselben Produktschaden

Eintritt der gesamtschuldnerischen Haftung

Die gesamtschuldnerische Haftung tritt in verschiedenen Situationen ein:

  1. Vertragliche Vereinbarung: Wenn Sie beispielsweise mit anderen Personen einen Mietvertrag unterschreiben, haften Sie gesamtschuldnerisch für die Miete.
  2. Gesetzliche Anordnung: Stellen Sie sich vor, Sie verursachen gemeinsam mit einer anderen Person einen Verkehrsunfall. In diesem Fall haften Sie beide gesamtschuldnerisch für den entstandenen Schaden.
  3. Gesellschaftsrecht: Wenn Sie Gesellschafter einer OHG sind, haften Sie gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.
  4. Erbengemeinschaft: Als Erbe haften Sie gesamtschuldnerisch mit den anderen Erben für die Nachlassverbindlichkeiten.

Konsequenzen für die Beteiligten

Die gesamtschuldnerische Haftung hat weitreichende Folgen:

  • Für Gläubiger: Sie können sich aussuchen, von welchem Schuldner sie die Leistung verlangen. Dies reduziert ihr Ausfallrisiko erheblich.
  • Für Schuldner: Jeder Gesamtschuldner kann zur Zahlung der gesamten Schuld herangezogen werden, auch wenn er intern nur für einen Teil verantwortlich ist. Wenn Sie als Gesamtschuldner die volle Summe bezahlen, haben Sie einen Ausgleichsanspruch gegen die anderen Schuldner (§ 426 BGB).

Beachten Sie: Die gesamtschuldnerische Haftung kann zu komplexen rechtlichen Situationen führen, insbesondere wenn es um den internen Ausgleich zwischen den Schuldnern geht. Die Haftungsverteilung im Innenverhältnis richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei Verursachungs- und Verschuldensanteile eine wichtige Rolle spielen.


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Welche Beweismittel sind in Zivilprozessen bei Versicherungsbetrug zulässig?

In Zivilprozessen bei Versicherungsbetrug sind grundsätzlich alle Beweismittel zulässig, die auch in anderen Zivilverfahren verwendet werden dürfen. Die Zivilprozessordnung (ZPO) sieht fünf Hauptarten von Beweismitteln vor, die auch in Fällen von Versicherungsbetrug zum Einsatz kommen können:

Urkundenbeweis

Der Urkundenbeweis ist in Versicherungsbetrugsfällen besonders relevant. Zulässige Urkunden können Versicherungsverträge, Schadensanzeigen, Rechnungen, Gutachten oder Polizeiberichte sein. Auch elektronische Dokumente wie E-Mails oder digitale Aufzeichnungen gelten als Urkunden. Die Beweiskraft öffentlicher Urkunden ist dabei höher als die privater Urkunden.

Zeugenbeweis

Zeugenaussagen spielen eine wichtige Rolle bei der Aufklärung von Versicherungsbetrug. Als Zeugen können beispielsweise Unfallbeteiligte, Nachbarn bei einem Einbruch oder Ärzte bei Personenschäden vernommen werden. Beachten Sie, dass Zeugen zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet sind.

Sachverständigenbeweis

Sachverständigengutachten sind in Versicherungsbetrugsfällen oft entscheidend. Experten können beispielsweise Unfallhergänge rekonstruieren, Schadenshöhen bewerten oder medizinische Befunde überprüfen. Das Gericht bestellt in der Regel einen neutralen Sachverständigen, die Parteien können aber auch eigene Gutachten vorlegen.

Augenscheinbeweis

Der Augenschein ermöglicht dem Gericht, sich selbst ein Bild von Beweisgegenständen zu machen. In Versicherungsbetrugsfällen kann dies die Besichtigung eines beschädigten Fahrzeugs, einer Unfallstelle oder angeblich gestohlener Gegenstände umfassen. Fotos und Videoaufnahmen fallen ebenfalls unter den Augenscheinbeweis.

Parteivernehmung

Als letztes Beweismittel kann das Gericht die Parteien selbst vernehmen. Dies geschieht oft, wenn andere Beweismittel nicht ausreichen. Bei Versicherungsbetrug kann die Aussage des Versicherungsnehmers oder des Versicherers wichtige Erkenntnisse liefern.

Wichtig zu wissen: Im Zivilprozess gilt der Beibringungsgrundsatz. Das bedeutet, die Parteien müssen selbst die Beweise für ihre Behauptungen vorlegen. Das Gericht ermittelt nicht von Amts wegen wie im Strafprozess.

Die Zulässigkeit von Beweismitteln kann in Einzelfällen eingeschränkt sein. Wenn Beweise rechtswidrig erlangt wurden, etwa durch heimliche Videoüberwachung oder unbefugtes Abhören von Telefongesprächen, kann ein Beweisverwertungsverbot greifen. Das Gericht muss dann im Einzelfall zwischen dem Interesse an der Wahrheitsfindung und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte abwägen.

In Versicherungsbetrugsfällen ist die Beweislast oft entscheidend. Grundsätzlich muss der Versicherungsnehmer das Vorliegen des Versicherungsfalls beweisen, während die Versicherung einen Betrug nachweisen muss, wenn sie die Leistung verweigern will.

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einen Verkehrsunfall verwickelt und Ihre Versicherung vermutet einen Betrugsversuch. In diesem Fall könnten Fotos vom Unfallort, Zeugenaussagen anderer Verkehrsteilnehmer, ein Gutachten zur Schadenshöhe und Ihre eigene Aussage als Beweismittel dienen. Die Versicherung könnte ihrerseits ein Gegengutachten oder Aufnahmen von Verkehrsüberwachungskameras vorlegen.


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Wie wirkt sich ein Freispruch im Strafverfahren auf ein anschließendes Zivilverfahren aus?

Ein Freispruch im Strafverfahren hat keine automatisch bindende Wirkung für ein anschließendes Zivilverfahren. Das Zivilgericht ist grundsätzlich nicht an die Feststellungen des Strafgerichts gebunden und kann zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts kommen.

Unterschiedliche Beweisstandards

Der Hauptgrund für diese Unabhängigkeit liegt in den unterschiedlichen Beweisstandards der beiden Verfahrensarten:

  • Im Strafverfahren gilt der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ (in dubio pro reo). Für eine Verurteilung muss die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei nachgewiesen werden.
  • Im Zivilverfahren reicht hingegen die überwiegende Wahrscheinlichkeit aus, dass der behauptete Sachverhalt zutrifft.

Stellen Sie sich vor, Sie werden wegen eines Verkehrsunfalls strafrechtlich freigesprochen, weil Ihre Schuld nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Im Zivilprozess könnte das Gericht dennoch zu dem Schluss kommen, dass Sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für den Unfall verantwortlich sind und Schadensersatz zahlen müssen.

Verwertung der Feststellungen aus dem Strafurteil

Obwohl keine Bindungswirkung besteht, können die Feststellungen aus dem Strafurteil im Zivilprozess berücksichtigt werden. Das Zivilgericht kann das Strafurteil als Beweismittel im Wege des Urkundenbeweises verwerten. Dabei muss es die Feststellungen jedoch kritisch überprüfen und darf sie nicht ungeprüft übernehmen.

Auswirkungen auf zivilrechtliche Ansprüche

Ein Freispruch im Strafverfahren schließt zivilrechtliche Ansprüche nicht automatisch aus. Wenn Sie beispielsweise wegen fahrlässiger Körperverletzung freigesprochen wurden, kann das Opfer dennoch Schmerzensgeld im Zivilverfahren fordern. Das Zivilgericht wird den Fall unabhängig neu bewerten.

Beweiserleichterungen im Zivilprozess

In bestimmten Fällen kann ein Freispruch im Strafverfahren sogar zu Beweiserleichterungen im Zivilprozess führen. Wurde der Angeklagte etwa wegen Notwehr freigesprochen, muss er im Zivilprozess die Notwehrsituation erneut darlegen und beweisen.

Bedeutung für die Praxis

Für Sie als Betroffener bedeutet dies: Ein Freispruch im Strafverfahren gibt Ihnen keine absolute Sicherheit vor zivilrechtlichen Ansprüchen. Es ist wichtig, dass Sie sich im Zivilprozess erneut umfassend verteidigen und Ihre Position darlegen. Die Feststellungen aus dem Strafurteil können Ihnen dabei helfen, sind aber keine Garantie für einen Erfolg im Zivilverfahren.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Versicherungsbetrug

Versicherungsbetrug liegt vor, wenn jemand bewusst falsche Informationen gibt, um sich einen unrechtmäßigen Vorteil von einer Versicherung zu verschaffen. Ein Beispiel ist das Vorspielen eines Verkehrsunfalls, der nie stattgefunden hat, um eine Schadenssumme zu erhalten. In solchen Fällen wird das Zivilrecht relevant, wenn es darum geht, die erlangten Gelder zurückzufordern oder Schadensersatz zu leisten.

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Mitwirkungspflicht im Zivilprozess

Die Mitwirkungspflicht im Zivilprozess bedeutet, dass die Parteien aktiv zur Klärung des Sachverhalts beitragen müssen. Jede Partei ist verpflichtet, die von ihr behaupteten Tatsachen zu beweisen oder zumindest glaubhaft zu machen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht, wie das unzulässige Bestreiten mit Nichtwissen, kann negative rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie im Fall des Beklagten, der zur Rückzahlung verurteilt wurde.

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Unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen

Das unzulässige Bestreiten mit Nichtwissen ist eine Verteidigungsstrategie, die im Zivilprozess nur eingeschränkt zulässig ist. Eine Partei darf Tatsachen, die sie nicht kennt, nur unter strengen Voraussetzungen mit Nichtwissen bestreiten. Ein Beispiel wäre, wenn ein Beklagter behauptet, keine Kenntnis über einen Sachverhalt zu haben, der ihm jedoch bekannt sein sollte. Missbrauch kann die Glaubwürdigkeit der Partei untergraben und ihre Rechtsposition schwächen.

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Gesamtschuldnerische Haftung

Gesamtschuldnerische Haftung bedeutet, dass mehrere Personen gemeinsam für dieselbe Schuld haften und der Gläubiger von jedem die ganze Leistung verlangen kann (§ 830 Abs. 1 S. 1 BGB). In diesem Fall wurden beide Beklagte als gemeinsam haftend für die Schadenssumme angesehen. Dies bedeutet, dass die Versicherung als Gläubigerin die gesamte Summe von einem der beiden Beklagten einfordern kann.

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Beweislast

Die Beweislast beschreibt, welche Partei im Zivilprozess die Pflicht hat, das Vorliegen bestimmter Tatsachen zu beweisen. Normalerweise muss die Partei, die einen Anspruch erhebt, auch dessen Grundlage beweisen. Im Kontext des Versicherungsbetrugs muss die Versicherungsfirma etwa nachweisen, dass der Unfall fingiert war, um ihre Rückforderungen durchzusetzen.

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Unterschied zwischen Straf- und Zivilrecht

Strafrecht und Zivilrecht behandeln unterschiedliche Aspekte eines Falls. Im Strafrecht wird geprüft, ob eine Straftat vorliegt und welche Strafen verhängt werden können, während das Zivilrecht sich mit den privatrechtlichen Ansprüchen, wie Schadensersatz, befasst. Ein Freispruch im Strafverfahren schließt nicht automatisch zivilrechtliche Ansprüche aus, da dort andere Beweismaßstäbe gelten.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 263 StGB (Betrug): Dieser Paragraph beschreibt den Betrug als Straftat, bei der jemand durch Täuschung einen Vermögensvorteil für sich oder einen Dritten erlangt. Eine wesentliche Voraussetzung für den Betrug ist das Vorliegen einer arglistigen Täuschung, die das Opfer dazu bringt, einen Nachteil zu erleiden. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass die Beklagten Verkehrsunfälle fingiert haben, um Täuschungen gegenüber Versicherungsgesellschaften vorzunehmen.
  • § 823 BGB (Schadensersatzpflicht): Nach diesem Paragraphen ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Recht eines anderen verletzt, zum Schadensersatz verpflichtet. Diese Rechtsgrundlage ist relevant, da die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend macht, die auf den unerlaubten Handlungen der Beklagten basieren, die durch Versicherungsbetrug entstanden sind.
  • § 398 BGB (Abtretung): Hier wird die Abtretung von Forderungen geregelt, die im Kontext des Zivilrechts bedeutet, dass eine Forderung von einem Gläubiger auf einen anderen übertragen werden kann. Im vorliegenden Fall könnte die Forderung der Klägerin gegen die Beklagten als Folge der Versicherungsbetrügereien auch durch Dritte, wie die Versicherung, geltend gemacht worden sein.
  • § 287 ZPO (Schmerzensgeld und immaterielle Schäden): Dieser Paragraph ermächtigt das Gericht, bei der Schmerzensgeldfestsetzung von der Beweislast des Geschädigten abzuweichen, um die Klage nicht scheitern zu lassen. In der Praxis könnte dies relevant sein, falls die Klägerin auch immaterielle Schäden geltend machen würde, die aus dem Betrug hervorgehen, was in diesem spezifischen Fall jedoch nicht explizit erwähnt ist.
  • § 141 ZPO (Streitwertfestsetzung): Dieser Paragraph regelt die Festsetzung des Streitwerts, der die Grundlage für die Gerichtskosten bildet. Im Fall wurde der Streitwert auf 12.405,19 € festgestellt, was bedeutsam ist, da die Klägerin bei der Schadensersatzforderung und der Prozesskostenregelung berücksichtigt werden muss.

Das vorliegende Urteil

LG Itzehoe – Az.: 7 O 350/21 – Urteil vom 05.12.2023


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