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UPE-Aufschläge nach Unfallreparatur – Ersatzfähigkeit

Oberlandesgericht Hamm

Az: I-9 U 5/12

Urteil vom 30.10.2012


Auf die Berufung des Klägers wird das am 18. November 2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.499,07 € sowie 229,30 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.02.2011 – die Beklagte zu 3) darüber hinaus seit dem 09.02.2011 bis zum 23.02.2011 – zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 77 % und die Beklagten 23 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagten aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls einen Anspruch aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB iVm. §§ 6 Abs. 1 AuslPflVersG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.499,07 €.

1.

Unzweifelhaft hat sich der Unfall beim Betrieb der beteiligten Kraftfahrzeuge ereignet, § 7 Abs. 1 StVG. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Unfall für einen der beiden Kraftfahrzeugführer um ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG handelte. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Abzustellen ist insoweit auf das Verhalten des sog. „Idealfahrers“ (König in: Hentschel/König/Dauer, 41. Aufl., § 17 StVG Rn. 22). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher die Kollision verhindert hätte. Unabwendbarkeit des Unfalls macht zudem keine Partei geltend.

2.

Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang hängen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG bzw. nach § 254 Abs. 1 BGB von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die danach gebotene Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH, NJW 2012, 1953).

a)

Der Kläger hat den Unfall dadurch verursacht, dass er von der rechten Rechtsabbiegerspur über den links davon gelegenen weiteren Fahrstreifen für Rechtsabbieger auf die äußerst links gelegene Fahrspur, die für den Geradeausverkehr und für Linksabbieger bestimmt ist, gefahren ist und sich mit seinem Pkw in die Lücke gesetzt hat, die sich zwischen dem Lkw des Beklagten zu 1) und dem davor befindlichen Fahrzeug aufgetan hatte. Insoweit ist dem Kläger ein schuldhafter Verkehrsverstoß anzulasten. Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob er gegen § 7 Abs. 5 S. 1 StVO verstoßen hat, wonach ein Fahrstreifen nur gewechselt werden darf, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift scheitert allerdings nicht daran, dass der Lkw der Beklagten vor der Lichtzeichenanlage stand. Zwar gilt § 7 Abs. 5 StVO nicht im Verhältnis zwischen fließendem und ruhendem Verkehr (König, a. a. O., § 7 StVO Rn. 17). Entgegen der Ansicht des OLG Köln (VersR 2003, 1186) ist § 7 Abs. 5 StVO aber auch gegenüber einem nur verkehrsbedingt wartenden Fahrzeugführer zu beachten (König, a. a. O.). Der vor der Lichtzeichenanlage stehende Lkw des Beklagten zu 1) ist nicht dem ruhenden Verkehr zuzuordnen. Bloß verkehrsbedingtes vorübergehendes Stehenbleiben, etwa vor einer Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage, ist kein Halten, sondern Warten und wird dem unterbrochenen Verkehrsvorgang des fließenden Verkehrs zugerechnet (Heß in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. Auflage 2012, § 12 StVO Rn. 3 mit Verweis auf BGHSt 14, 149; Geigel/Zieres, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 27. Kap. Rn. 331).

Soweit § 7 Abs. 5 StVO bei sog. Verteilerfahrbahnen im Bereich von Autobahnkreuzen mit der Begründung nicht angewandt wird, dass diese Norm nur für den gleichgerichteten Verkehr gelte und keine Anwendung finde, wo Fahrstreifenwechsel „typisch“ und „gewollt“ sind (OLG Saarbrücken, OLGR 2008, 962; OLG Köln NZV 2007, 141; OLG Düsseldorf, NZV 1989, 404), ist zumindest zweifelhaft, ob dies auf den vorliegenden Fall, der einen Fahrstreifenwechsel im Bereich einer Autobahnabfahrt vor einer Kreuzung betrifft, übertragbar ist. Die Richtungspfeile auf der Fahrbahn schreiben erst die künftige Fahrtrichtung auf der folgenden Kreuzung vor (König, a. a. O., § 41 StVO Rn. 248n) und empfehlen, sich rechtzeitig einzuordnen und in den Fahrstreifen nebeneinander zu fahren (Erläuterung zu Zeichen 297 (lfd. Nr. 70 der Anl. 2 zu § 41 Abs. 1 StVO)). Der Verkehr bis zur Kreuzung ist durchaus noch gleichgerichtet.

Selbst wenn man § 7 Abs. 5 StVO hier nicht für anwendbar hält, ist jedenfalls ein schuldhafter Verstoß des Klägers gegen § 1 Abs. 2 StVO gegeben, der nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls ebenso schwer wiegt wie ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO. Nach § 1 Abs. 2 StVO hat sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Unstreitig ist der Kläger in die Lücke vor den Lkw des Beklagten zu 1) gefahren, obwohl er nicht sicher darauf vertrauen konnte, dass dieser ihn sehen würde. Offenkundig bot die Lücke nicht ausreichend Platz, um den Fahrstreifenwechsel vollständig abzuschließen. Der Kläger hat eingeräumt, dass er sich quer bzw. „leicht“ in Fahrtrichtung in die Lücke gestellt hat. Wenn die Lücke ausreichend Platz geboten hätte, hätte er sich vollständig in den linken Fahrstreifen vor den Lkw einordnen können. Der Zeuge I hat ausgesagt, der Kläger habe etwa in einem 45º-Winkel gestanden; das Heck des Pkw habe sich teilweise noch auf der linken Rechtsabbiegespur befunden.

Wie weit genau der Porsche in die linke Rechtsabbiegespur ragte, kann dahinstehen. Soweit der Kläger geltend macht, tatsächlich habe sein Pkw mit dem linken Hinterrad die Fahrbahnmarkierung zur Linksabbiegerspur bereits überschritten gehabt, schließt das nicht aus, dass das Heck des Porsche in die benachbarte Spur hineinragte. Nach der Aussage des Zeugen I mussten die Fahrzeuge auf diesem Fahrstreifen jedenfalls deutlich um das Fahrzeug des Klägers herumfahren. An der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen bestehen keine Zweifel, obwohl er sich in einiger Entfernung von der Kollisionsstelle hinter dem Lkw befand. Der Sachverständige hat aufgrund der Fahrzeugschäden die vom Zeugen I genannte Winkelstellung bestätigt. Aus technischer Sicht kann der Porsche in der Kollisionsstellung mit der hinteren rechten Ecke durchaus auf der linken Rechtsabbiegespur gewesen sein, wie es der Zeuge I bekundet hat.

Ein Verschulden des Klägers ist positiv festzustellen, ohne dass es darauf ankommt, ob bereits der Anscheinsbeweis gegen ihn spricht. Der Fahrstreifenwechsel hätte unter den gegebenen Umständen nur nach vorheriger Verständigung mit dem Beklagten zu 1) durchgeführt werden dürfen (vgl. OLG Hamm, VersR 1992, 624). Wie der Kläger jedoch selbst angegeben hat, hat er zu keiner Zeit Blickkontakt mit dem Beklagten zu 1) hergestellt. Wenn ihm dies nicht möglich war, hätte er auf andere Weise auf seinen beabsichtigten Fahrvorgang aufmerksam machen oder notfalls auf diesen verzichten und zunächst nach rechts abbiegen müssen. Angesichts der unterschiedlichen Größenverhältnisse des Lkw und des Porsche musste er durchaus damit rechnen, in den sog. „toten Winkel“ des Lkw einzufahren.

Der Verkehrsverstoß des Klägers war auch unfallursächlich. Wenn er sich mit dem Beklagten zu 1) verständigt hätte oder auf den Fahrstreifenwechsel verzichtet hätte, wäre es nicht zum Unfall gekommen.

b)

Auch den Beklagten zu 1) trifft ein unfallursächliches Verschulden. Zwar darf der Verkehr grundsätzlich auf die strikte Beibehaltung des Fahrstreifens vertrauen, soweit die Voraussetzungen des § 7 Abs. 5 StVO für einen Fahrstreifenwechsel nicht erfüllt sind (König, a. a. O., § 7 StVO Rn. 16). Wird somit im mehrreihigen Verkehr die Verantwortung auf denjenigen verlagert, der die Fahrspur wechseln will, so trifft aber auch den Nachfolgenden eine Pflicht zur Gefahrenabwehr. Er muss die vor und neben ihm befindlichen Fahrzeuge ständig beobachten. Bei drei oder mehr Fahrzeugreihen beschränkt sich die Beobachtungspflicht auf die unmittelbar angrenzenden Fahrzeugreihen (Heß, a. a. O., § 7 StVO Rn. 24). Jedenfalls bei der an der Unfallstelle vorhandenen Fahrstreifenanordnung musste der Beklagte zu 1) entgegen der Ansicht des Landgerichts mit einem plötzlichen Fahrstreifenwechsel von rechts her auf die äußerst linke Spur rechnen. Ein naheliegender Grund dafür besteht darin, dass ein Ortsunkundiger – wie der Kläger – zu spät erkennt, in welcher Richtung er weiterfahren kann oder muss (vgl. OLG Hamm, VRS 60, 141). Auch der Sachverständige hat darauf hingewiesen, es sei ungewöhnlich, dass es zwei Rechtsabbiegespuren und nur eine Spur für Geradeausfahrer und für Linksabbieger gebe. Der Zeuge I hat zudem bekundet, er habe auf den Fahrvorgang des Klägers deshalb so geachtet, weil ihm – dem Zeugen – kurz vorher beinahe das Gleiche passiert wäre.

Ob der Beklagte zu 1) den Porsche in direkter Sicht ohne Zuhilfenahme eines Spiegels hätte sehen können, kann dahinstehen. Es ist auch unerheblich, dass die vom Sachverständigen herangezogenen Versuche zu den Sichtmöglichkeiten (Fotos Nr. 13 – 16 der Anlage zum mündlichen Gutachten) sich auf andere Fahrzeugtypen beziehen. Der Sachverständige hat jedenfalls festgestellt, dass der Lkw über einen Zusatzspiegel verfügt, der den Bereich vor dem Lkw zeigt und in dem der Beklagte zu 1) den Pkw des Klägers hätte sehen können. Der Beklagte zu 1) war aufgrund des Umstands, dass mit einem Fahrstreifenwechsel an der Unfallstelle in besonderem Maße zu rechnen war, verpflichtet, vor dem Anfahren sich über den zusätzlich vorhandenen Spiegel zu vergewissern, ob sich vor dem Lkw ein Fahrzeug befand und die Gefahr einer Kollision drohte. Soweit er vor dem Landgericht geschildert hat, er habe in alle Spiegel gesehen, die Fahrbahn sei frei gewesen, kann dies nicht mit hinreichender Aufmerksamkeit geschehen sein. Andernfalls hätte er den Porsche wahrgenommen. Dass er ferner angegeben hat, zwischen ihm und seinem Vordermann habe ein Abstand von ca. 1 – 1,5 m bestanden, belegt ebenfalls, dass er auf den Bereich vor seinem Lkw nicht genügend geachtet hat. Träfe diese Angabe zu, hätte nicht genügend Platz bestanden, dass der Pkw des Klägers überhaupt auf den linken Fahrstreifen gesteuert werden konnte. Zur Kollision mit dem Porsche ist es auch nicht schon dann gekommen, als der Kläger in den linken Fahrstreifen einfuhr. Wie der Zeuge I bekundet hat, stand der Porsche eine Zeit lang vor dem Lkw.

Bei dieser Sachlage ist ein schuldhafter Verstoß des Beklagten zu 1) gegen § 1 Abs. 2 StVO positiv erwiesen, ohne dass es darauf ankommt, ob auch der Anscheinsbeweis für sein Verschulden streitet. Dieser Verkehrsverstoß war unfallkausal. Hätte der Beklagte zu 1) aufmerksam in den Spiegel geschaut, der vorne am Lkw angebracht ist, hätte er den Porsche sehen können und seinen Anfahrvorgang zurückgestellt, damit der Kläger genügenden Abstand zum Lkw hätte herstellen können.

c)

Der Senat hält unter Berücksichtigung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge eine Haftungsverteilung von 70 : 30 zu Lasten des Klägers für sachgerecht. Dieser hat den Unfall wesentlich dadurch mitverursacht, dass er trotz des erkennbaren Risikos, von dem Beklagten zu 1) übersehen zu werden, den Fahrstreifenwechsel vorgenommen hat. Aber auch den Beklagten zu 1) trifft – wie ausgeführt – eine nicht unerhebliche Mitverantwortung. Ein Zurücktreten der Betriebsgefahr des Lkw ist vor diesem Hintergrund zur Überzeugung des Senats nicht angemessen.

3.

Von dem geltend gemachten Schaden des Klägers ist ein Betrag von 2.499,07 € ersatzfähig:

a)

Die Rechnung der Fa. Q, die sich auf insgesamt 1.592,75 € netto beläuft, ist um die Kosten für den Reifen hinten links zu kürzen, also um 370,60 € (337,80 € (Kosten des Reifens) + 2,80 € (Wuchtgewicht) + 30,00 € (anteiliger Arbeitslohn)), so dass ein Betrag von 1.222,15 € verbleibt. Sämtliche Reifen am Pkw des Klägers hatten nach dem vorgelegten Dekra-Gutachten bereits die Mindestprofiltiefe von 1,6 mm gem. § 36 Abs. 2 S. 4 StVZO erreicht (S. 3 des Gutachtens). Somit hätte auch der Reifen hinten links unfallunabhängig alsbald ersetzt werden müssen. Das rechtfertigt einen Abzug neu für alt iHv. 100 %.

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b)

Die im Gutachten der Dekra genannten Reparaturkosten (7.676,63 € netto) sind um einen Betrag von 1.562,57 € zu kürzen, so dass nur 6.114,06 € in Ansatz zu bringen sind. Diese Kürzung betrifft die Kosten, die bereits Gegenstand der Rechnung der Fa. Q über die dort durchgeführte Reparatur sind. Es ist kein Grund für eine zusätzliche fiktive Abrechnung dieser Positionen ersichtlich. Soweit im Gutachten der Dekra von einem zusätzlichen Reparaturaufwand für die Notreparatur (Erneuerung der Schlussleuchte, der Felge und des Reifens hinten links) von netto 1.500,00 € die Rede ist, ist nicht näher ausgeführt, weshalb es sich um zusätzlich anfallende Kosten handeln soll.

In Abzug zu bringen sind demnach die Ersatzteilkosten für die Heckleuchte (Nr. 3281: 186,59 €), das Scheibenrad hinten links (Nr. 9551: 955,68 €) und den Reifen hinten links (Nr. 9565: 337,80 €). Die Kosten für die Chromventile gem. Rechnung der Fa. Q (1,05 €) sind im Dekra-Gutachten nicht gesondert ausgewiesen und fallen offenkundig unter die sog. Kleinersatzteile.

Die Lohnkosten, die lediglich für die Arbeiten zur Erneuerung der o. g. Teile anfallen, sind dem Gutachten nicht zweifelsfrei zu entnehmen (die Kosten für das Ausbauen der Schlussleuchte sind ohne nähere Aufschlüsselung in der Position „Seitenteil L kpl Teile demont.“ enthalten). Der Senat schätzt gem. § 287 Abs. 1 ZPO, dass ein Betrag von 82,50 € auf den entsprechenden Arbeitslohn anfällt, der dem Arbeitslohn gem. Rechnung der Fa. Q entspricht. Das ergibt einen Abzug von insgesamt 1.562,57 €.

c)

Die geltend gemachten Aufschläge auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers für die Ersatzteile (UPE-Aufschläge) und die Verbringungskosten zur Lackiererei sind im vorliegenden Fall nicht ersatzfähig. Die Ersatzfähigkeit solcher Kosten bei einer fiktiven Schadensabrechnung auf Gutachtenbasis ist streitig. Nach einer Ansicht sind solche Aufschläge bei fiktiver Abrechnung nicht zu ersetzen, da sie nicht zwingend bei einer Reparaturdurchführung auch konkret anfallen (Jahnke in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. Auflage 2012, § 249 BGB Rn. 96 f. mit Rechtsprechungsnachweisen). Nach der wohl herrschenden Gegenmeinung können prozentuale Aufschläge auf Ersatzteilpreise auch bei der fiktiven Abrechnung verlangt werden, wenn und soweit sie regional üblich sind (OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523; König in: Hentschel/König/Dauer, 41. Aufl., § 12 StVG Rn. 24 m. w. N.). Dann machen sie den Reparaturaufwand aus, der für die Behebung des Fahrzeugschadens erforderlich ist (OLG Düsseldorf, a. a. O.; auch Senat, Urteil vom 20.03.2012 – 9 U 102/11 -). Verbringungskosten sind bei fiktiver Abrechnung ersatzfähig, soweit sie in einem Gutachten eines anerkannten Sachverständigen Berücksichtigung gefunden haben und wenn sie nach den örtlichen Gepflogenheiten auch bei einer Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt angefallen wären (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2012 – 1 U 108/11 -, streitig).

Der Kläger hat trotz Bestreitens der Beklagten nicht nachgewiesen, dass die UPE-Aufschläge und die Verbringungskosten regional üblich sind. Aus dem Dekra-Gutachten ergibt sich nur, dass diese Aufschläge und die Verbringungskosten in der zu Grunde gelegten Fachwerkstatt (Fa. Q) anfallen. Da sich dies nur auf einen einzigen Reparaturbetrieb bezieht, kann daraus nicht ohne Weiteres auf eine regionale Üblichkeit geschlossen werden.

d)

Als Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer der Notreparatur (3 Tage) ist ein Betrag von 357,00 € (3 x 119,00 €) anzusetzen. Der Pkw des Klägers war zum Unfallzeitpunkt (22.07.2010) bereits älter als fünf Jahre (Erstzulassung: 12.07.2005). Bei Pkw, die älter als fünf Jahre sind, ist gem. § 287 ZPO der Entschädigungssatz um eine Gruppe herabzustufen (Palandt/Grüneberg, 71. Aufl., § 249 BGB Rn. 64). Statt der an sich einschlägigen Gruppe L (175,00 €) gem. der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch ist deshalb hier der Tagessatz der Gruppe K (119,00 €) heranzuziehen, auch wenn die vorgenannte Altersgrenze nur um 10 Tage überschritten war.

Es ergibt sich nach alledem folgende Abrechnung, wobei jeweils Nettokosten wegen Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers in Ansatz zu bringen sind:

– Erstattungsfähige Reparaturkosten gem. Gutachten: 6.114,06 €

– Erstattungsfähige Kosten der Notreparatur: 1.222,15 €

– Nutzungsausfall: 357,00 €

– Gutachterkosten: 312,03 €

– Wertminderung: 300,00 €

– Kostenpauschale nach st. Rspr. des Senats: 25,00 €

8.330,24 €.

Nach einer Haftungsquote der Beklagten von 30 % kann der Kläger davon 2.499,07 € beanspruchen.

II.

Schließlich hat der Kläger gegen die Beklagten einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Diese belaufen sich bei einem Gegenstandswert in Höhe der berechtigten Forderung von 2.499,07 € auf 229,30 € (1,3-fache Gebühr Nr. 2300 VV RVG: 209,30 €; Pauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 €).

Der geltend gemachte Gebührensatz von 1,8 ist nach Ansicht des Senats übersetzt.

Insoweit bedurfte es nicht zwingend der Einholung eines Gutachtens des Vorstands der Rechtsanwaltskammer nach § 14 Abs. 2 RVG, weil es sich hier nicht um einen Rechtsstreit zwischen Rechtsanwalt und Mandant, sondern um einen Rechtsstreit mit einem erstattungspflichtigen Dritten handelt (vgl. Mayer/Kroiß/Winkler, 5. Aufl. 2012, § 14 RVG Rn. 59). Gemäß § 2 Abs. 2 RVG iVm. Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG kann eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin „überdurchschnittlich“ war. Demgegenüber ist die Schwellengebühr von 1,3 die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle (BGH, NJW 2012, 2813). Hier ist von einem durchschnittlichen Fall auszugehen. Dass es sich um einen Verkehrsunfall mit Auslandsbezug handelt und die Anspruchsgegner ermittelt werden mussten, rechtfertigt keinen höheren Gebührenansatz. Der inländische Ansprechpartner der niederländischen U-Versicherung kann bereits aufgrund einer einfachen Internet-Recherche festgestellt werden. Auf der Internetseite des Deutschen Büros Grüne Karte e. V. sind zudem auch Informationen zur Passivlegitimation für den Fall der Klageerhebung zu finden. Im Übrigen hat der Kläger nicht näher dargelegt, in welchem konkreten Umfang Erörterungen bzw. Rücksprachen stattgefunden haben, so dass auch unter diesem Aspekt von einer umfangreichen oder schwierigen anwaltlichen Tätigkeit nicht auszugehen ist. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vorgelegten außergerichtlichen Schriftverkehr.

III.

Der Zinsanspruch ist gem. §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB seit dem 09.02.2011 (bezüglich des Beklagten zu 3)) bzw. seit dem 24.02.2011 (bezüglich der Beklagten zu 1) und 2)) begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.

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