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Urheberrechtsverletzung – Schadenshöhe bei mehrtägigem Zugänglichmachen eines Computerspiels

LG Hamburg – Az.: 308 O 227/13 – Urteil vom 12.02.2014

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Teilschadensersatz über € 1.000,00 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.01.2013 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin € 911,80 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2013 zu zahlen.

3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin € 946,90 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.08.2013 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

6. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

und beschließt: Der Streitwert wird auf € 5.672,40 festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten wegen der öffentlichen Zugänglichmachung eines Computerspiels in einem Filesharing-Netzwerk Schadensersatz, Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten und Ersatz der Ermittlungskosten.

Urheberrechtsverletzung - Schadenshöhe bei mehrtägigem Zugänglichmachen eines Computerspiels
Symbolfoto: Von Marcos Mesa Sam Wordley /Shutterstock.com

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Vertriebsrechte für das Computerspiel „D “ für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Diese wurden ihr von ihrem Mutterkonzern, der Firma K M GmbH Ö , im Rahmen eines Intercompany-Vertrages übertragen. Lizenzgeberin der Firma K M GmbH Ö ist die Herstellerfirma C S C Ltd. Das Spiel wurde am 24.05.2011 erstveröffentlicht. Der Verkaufspreis betrug zu diesem Zeitpunkt € 49,99. Aktuell wird das Spiel zum Preis von € 12,99 im Einzelhandel angeboten.

Der Beklagte bot im Zeitraum vom 06.06.2011 bis zum 01.07.2011 jedenfalls Fragmente des Computerspiels „D “ an 25 aufeinanderfolgenden Tagen zu mindestens 109 Zeitpunkten über den Internetanschluss seiner Bekannten B S unter Verwendung einer Tauschbörsensoftware (sog. P2P-Client) anderen Nutzern eines Filesharing-Netzwerkes zum Download an. Dabei verwendete er die Tauschbörsensoftware (sog. P2P-Client) „u “, die vor der Installation manuell herunterzuladen und zu installieren ist. Dieser Client bewirkt, dass sämtliche Dateien, die der Nutzer einer Tauschbörse aus dieser herunterlädt, zugleich anderen Nutzern in der Tauschbörse von seinem Rechner aus zum Download angeboten werden. Die einzelnen Angebotszeitpunkte ermittelte die von der Klägerin beauftragte Firma L AG. Die Beauskunftung über die Anschlussinhaberin erfolgte durch den Telekommunikationsdienstleister T G GmbH & Co OHG. Hierfür erwirkte die Klägerin acht Sicherungs- und Gestattungsbeschlüsse des Landgerichts München I. Gegenstand dieser Verfahren waren neben den hier streitgegenständlichen IP-Adressen auch IP-Adressen anderer Anschlussinhaber. Hinsichtlich der Inhalte der Beschlüsse wird auf das Anlagenkonvolut K 13 Bezug genommen.

Insgesamt wurden von der Firma L AG im Zeitraum vom 25.05.2011 bis zum 13.11.2011 innerhalb der untersuchten Tauschbörse 8.563 IP-Adresserfassungen betreffend das Computerspiel „D “ protokolliert. Bereinigt um mehrfach ermittelte IP-Adressen ergaben sich daraus 3.533 verschiedene IP-Adressen. Auf den Erfassungszeitraum des Beklagten vom 06.06.2011 bis 01.07.2011 entfielen hiervon 3.366 protokollierte IP- Adresserfassungen mit insgesamt 1.407 verschiedenen IP-Adressen, die auf das Computerspiel „D “ Zugriff nahmen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 15 verwiesen.

Mit Schreiben vom 29.10.2012 verlangte die Klägerin von dem Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung und Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlung. Der Beklagte gab daraufhin zwar eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, bot indes lediglich die Zahlung von € 120,00 an. Weitere Ansprüche wies er mit der Begründung zurück, er habe lediglich „versucht, das Spiel herunterzuladen, selbiges jedoch nicht lange auf seinem Rechner vorgehalten“. Mit Schreiben vom 28.12.2012 verlangte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 10.01.2013 die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 1.000,00. Mit Schreiben vom 14.01.2013 bot der Beklagte die Zahlung von € 300,00 an und lehnte weitere Ansprüche ab. Zahlungen wurden bislang nicht geleistet.

Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Beklagten auf Zahlung von € 1.000,00 Schadensersatz und € 911,80 vorprozessualer Rechtsanwaltskosten zu verurteilen. Die Klage ist am 22.04.2013 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 16.08.2013 hat die Klägerin ihre Klage erweitert und zusätzlich die Zahlung der Gerichtskosten für die acht Sicherungs- und Gestattungsbeschlüsse des Landgerichts München I in Höhe von € 1.635,00 und die hierfür entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 2.125,60 geltend gemacht. Hinsichtlich der Gerichtskostenrechnungen wird auf Anlagenkonvolut K 13 verwiesen. Die Klagerweiterung ist dem Beklagten am 26.08.2013 zugestellt worden.

Die Klägerin ist der Meinung, ein Betrag von € 1.000,00 sei als Teil-Lizenzschaden angemessen. Sie trägt vor, das Spiel „D “ sei mit vielen tausend Mannstunden und mit einer Entwicklungszeit von vielen Jahren von der Firma C entwickelt worden. Bei der Bemessung des Lizenzschadens sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte das Spiel nur wenige Tage nach dem Erstveröffentlichungsdatum über einen langen Zeitraum anderen Nutzern der Tauschbörse angeboten habe. Dass er das Spiel in der Tauschbörse nicht nur heruntergeladen sondern auch angeboten habe, sei für ihn erkennbar gewesen, da auf der Bedienoberfläche des P2P-Clients sowohl der Download- als auch der Uploadvorgang erkennbar seien, wie sich aus dem Screenshot der Bedienoberfläche (Anlage K 11) ergebe. Aus den Ermittlungsdatensätzen, insbesondere der Spalte „UserFileSize“ der Anlage K18, ergebe sich zudem, dass der Beklagte das Spiel zu 100% angeboten habe. § 97a Abs. 2 UrhG greife nicht, da keine unerhebliche Rechtsverletzung vorliege. Es könne offen bleiben, ob die Anwaltsrechnung gezahlt worden sei, der Klägerin stehe jedenfalls ein Freistellungsanspruch zu. Ermittlungskosten seien in voller Höhe zu zahlen, da diese in gleicher Höhe entstanden seien, wenn nur die IP-Adressen des Beklagten Gegenstand der Verfahren gewesen wären. Im Übrigen liege ein Fall der deliktischen Gesamtschuldnerschaft nach den §§ 830Abs. 1 S. 1, S. 2, 840 Abs. 1 BGB vor. Das Regress- und Insolvenzrisiko liege insoweit allein beim Beklagten.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Teilschadensersatz über EUR 1.000,00 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2011 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von EUR 911,80 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. Dezember 2012 zu zahlen;

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von EUR 3.760,60 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Kosten und Gebühren der Verfahren gem. § 101 Abs. 9 UrhG im Rahmen des Antrages zu III. nur Zug um Zug gegen Nennung der jeweils weiteren benannten Anschlussinhaber zusprechen würde, wie folgt:

4. den Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Nennung der Namen und Anschriften der weiteren im Rahmen der streitgegenständlichen Verfahren gem. § 101 Abs. 9 UrhG benannten Internetanschlussinhaber an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von EUR 3.760,60 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Kosten und Gebühren der Verfahren gem. § 101 Abs. 9 UrhG im Rahmen des Antrages zu III. nur quotal zusprechen würde, wie folgt:

5. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von EUR 946,90 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, er habe den Download nicht vollständig abgeschlossen. Das Spiel habe nicht installiert und nicht gestartet werden können. Hieraus folge, dass das Computerspiel, wenn überhaupt, anderen Nutzern der Tauschbörse nur in Fragmenten zum Upload bereit gestellt worden sei. Er sei im Übrigen davon ausgegangen, dass ein Upload über den P2P-Client nicht möglich sei und habe daher nicht schuldhaft gehandelt. Allenfalls habe er leicht fahrlässig gehandelt, denn der P2P-Client biete nicht die Möglichkeit zu bestimmen, ob ein Upload erfolgen dürfe oder nicht. Ein Lizenzschaden von € 1.000,00 sei zu hoch, insbesondere da das Spiel keinen starken Vertrieb erfahren habe und weit unter den üblichen Vertriebsmöglichkeiten rangiere. Zudem liege ein Fall des Fortsetzungszusammenhangs vor, da er die Internetverbindung zum Download des Spiels aufgrund der Dateigröße zwischen den ermittelten Zeitpunkten nicht unterbrochen habe und daher nur eine durchgehende Nutzungshandlung gegeben sei. Anwaltskosten seien entsprechend § 97 a Abs. 2 UrhG nur in Höhe von € 100,00 geschuldet. Die Ermittlungskosten seien nicht in voller Höhe, sondern allenfalls anteilig anzusetzen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen W , Ermittler der Firma L . Es hat zusätzlich eine schriftliche Beantwortung von Beweisfragen der von dem Beklagten benannten Zeugin S eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 106 und 107 d. A. sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 12.02.2014 Bezug genommen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 12.02.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist hinsichtlich Ziffer 1 und 2 (Zahlung von Teilschadensersatz in Höhe von € 1.000,00 und Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten in Höhe von € 911,80) weitestgehend – mit Ausnahme des Zinsanspruchs zu Ziffer 2, hinsichtlich der geltend gemachten Ermittlungskosten teilweise begründet, und im Übrigen unbegründet.

A.

Der Anspruch auf Zahlung eines Lizenzschadens folgt aus § 97 Abs. 2 UrhG. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch sind dem Grunde nach und auch in der geltend gemachten Höhe gegeben.

I.

Das streitgegenständliche Computerspiel genießt jedenfalls Laufbildschutz nach § 95 UrhG (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 95 Rn. 9).

II.

Die Aktivlegitimation der Klägerin ist unstreitig.

III.

Der Beklagte ist passivlegitimiert. Nach eigenem Vortrag hat der Beklagte im Zeitraum vom 06.06.2011 bis zum 01.07.2011 über den Anschluss seiner Bekannten B S das Computerspiel „D “ aus einer Tauschbörse heruntergeladen. Aus der unbestrittenen Funktionsweise des von dem Beklagten verwendeten P2P-Clients „u “ folgt zugleich, dass er die von ihm heruntergeladenen Teile des Spiels anderen Nutzern der Tauschbörse zum Download angeboten hat. Die Richtigkeit der Ermittlungen und die richtige Zuordnung der IP-Adressen zum Anschluss der Frau S ergibt sich aus den ermittelten 109 Zeitpunkten, unter denen das Spiel in der Tauschbörse unter verschiedenen IP- Adressen angeboten wurde, die jeweils erst im Nachhinein von der T G GmbH & Co. OHG der zuvor unbekannten Anschlussinhaberin zugeordnet wurden. Dies begründet den Beweisschluss der Richtigkeit der Ermittlung der IP-Adressen und der Zuordnung zum Anschluss der Anschlussinhaberin (§ 286 ZPO). Eine solche Zuordnung verschiedener Verletzungszeitpunkte mit verschiedenen IP-Adressen zu dem zu diesen Zeitpunkten noch unbekannten Anschluss schließt Manipulationen aus und in gleicher Weise ist es fernliegend, dass allen ermittelten Einzelzeitpunkten Ermittlungsfehler zugrunde liegen. Das OLG Köln bejaht einen solchen Beweisschluss bereits bei zwei verschiedenen einem Anschluss zugeordneten IP-Adressen innerhalb einer Woche (OLG Köln, Urt. v. 16.05.2012, BeckRS 2012, 10844). Das Bestreiten der Richtigkeit der Ermittlungen durch den Beklagten ist in Anbetracht dessen unbeachtlich.

IV.

Der Beklagte hat jedenfalls ab dem 14.06.2011 bis zum 01.07.2011 das vollständige Computerspiel in einer lauffähigen Version anderen Nutzern der Tauschbörse zum Download angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht im Sinne des § 19a UrhG. Dass es sich bei der von dem Beklagten angebotenen Datei nicht lediglich um Fragmente, sondern um eine vollständige und lauffähige Datei des Computerspiels „D “ gehandelt hat, folgt aus der Aussage des Zeugen W in Verbindung mit dem von der Klägerin eingereichten Verifizierungsprotokoll der Firma L (Anlage K17) und der von der Firma L ermittelten „UserFileSize“ des Downloadangebotes des Beklagten (Anlage K18).

Der Zeuge W hat ausgesagt, er habe die Lauffähigkeit der Datei eigenhändig manuell überprüft und in dem als Anlage K17 vorliegenden Verifizierungsprotokoll festgehalten. Er habe zunächst in einer Tauschbörse anhand des Namens des gesuchten Werkes das Spiel „D “ gesucht und anschließend den Hashwert und den Namen der aus insgesamt drei Ordnern und mehreren rar-Dateien bestehenden Datei mit der Bezeichnung „bi .to_D -S “ in die von der Firma L verwendete Software eingegeben. Die Software habe sodann den Download der Datei aus der Tauschbörse vorgenommen und währenddessen die IP-Adressen sämtlicher Anbieter der Datei mit genauer Uhrzeit aufgezeichnet. Die Zuordnung der Datei zu den Anbietern in der Tauschbörse sei durch den übereinstimmenden Hashwert erfolgt. Nach Abschluss des Downloads habe die Software weitere IP-Adressen von Anbietern der Datei aufgezeichnet. Er habe anschließend manuell die heruntergeladene Datei zusammengefügt bzw. in einem Ordner entpackt, das ganze installiert, das fertige Spiel angespielt und die Lauffähigkeit der Datei in dem Verifizierungsprotokoll festgehalten. Das gleiche habe der in dem Verifizierungsprotokoll genannte zweite Prüfer M Z gemacht. Die doppelte Prüfung der Lauffähigkeit von heruntergeladenen Dateien sei üblich und werde zur Vermeidung von Fehlern stets durchgeführt. Nach Überprüfung der Lauffähigkeit habe er die von der Software ermittelten IP-Adressen, über die die Datei angeboten worden sei, generiert und an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin weitergeleitet. Die Größe der von dem Beklagten angebotenen Datei ergebe sich aus der ebenfalls von der Software der Firma L ermittelten „UserFileSize“, die der von dem Beklagten verwendete „Client“ an die Software während des Downloadangebotes übermittelt habe. Diese sei aus Anlage K18, dort letzte Spalte, ersichtlich. Die Angabe der „UserFileSize“ sei zuverlässig und für die Kommunikation innerhalb des Tauschbörsennetzwerkes wichtig. Ohne diese Angabe würde die Kommunikation nicht funktionieren. Soweit in der ersten Zeile der letzten Spalte der Anlage K 18 ein Downloadangebot von lediglich 6,3 % vermerkt sei, handele es sich voraussichtlich um einen nicht lauffähigen Teil des Spiels. Grundsätzlich seien 100% des Downloads notwendig, um das Spiel zu entpacken und anzuspielen, insbesondere, da es sich vorliegend um drei Ordner mit mehreren rar-Dateien handele, die erst zusammengefügt werden müssten. Für einen Laien sei es nicht möglich, aus kleineren Teilstücken ein lauffähiges Spiel oder Teile eines lauffähigen Spiels zusammenzusetzen. Dass die Aufzeichnung der „UserFileSize“ in der Anlage K18 zum Teil lückenhaft sei, folge aus der zum Teil nicht ausreichend langen Verbindung zu dem von dem Beklagten verwendeten Client. Dies bedeute nicht, dass zwischenzeitlich ein geringerer Umfang der Datei angeboten worden sei.

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Die Angaben des Zeugen W sind in sich schlüssig und insgesamt glaubhaft. Der Zeuge hat die Funktionsweise der Software und den Vorgang der Überprüfung der Lauffähigkeit der ermittelten Datei nachvollziehbar und detailliert dargestellt. Seine Angaben decken sich nicht nur mit den vorgelegten Verifizierungs- und Ermittlungsprotokollen (Anlagen K17 und K18), sondern auch mit dem vorprozessualen Vorbringen des Beklagten. Der Beklagte hat nach eigenem Vorbringen „versucht, das Spiel zu installieren, jedoch nicht lange auf seinem Rechner vorgehalten“. Ein Installationsversuch macht indes nur Sinn, wenn sämtliche in der Tauschbörse angebotenen rar-Dateien des Spiels vollständig heruntergeladen und zu einer Gesamtdatei zusammengesetzt wurden. Dies setzt einen Download von 100% des Spiels voraus, woraus sich zwingend ein Angebot des Spiels innerhalb der Tauschbörse in gleichem Umfang ergibt. Aus der aus Anlage K18 ersichtlichen „UserFileSize“ folgt insoweit, dass ein vollständiges Angebot des Spiels „D “ erst ab dem 14.06.2011 bis zum 01.07.2011 erfolgte. Anhaltspunkte, an der Richtigkeit der Angabe der „UserFileSize“ in der Tabelle der Anlage K18 zu zweifeln, bestehen in Anbetracht der Aussage des Zeugen W nicht.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der schriftlichen Beantwortung von Beweisfragen durch die Zeugin S (vgl. Bl. 106 d.A). Der Inhalt der Aussage der Zeugin S ist insgesamt widersprüchlich und nicht ergiebig. Die Zeugin S hat angegeben, erst im Nachhinein durch ein Schreiben des Beklagten erfahren zu haben, dass dieser über ihren Anschluss das Computerspiel „D. 3“ heruntergeladen habe. Sie könne aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr sagen, in welchem Zeitraum der Beklagte ihren Anschluss genutzt habe. Ihre weitere Angabe, sie erinnere, dass der Computer zwischendurch ausgeschaltet gewesen sei, ist in Anbetracht dessen nicht plausibel und angesichts des gegenteiligen Vortrags des Beklagten auch nicht glaubhaft. Ihre weitere Angabe, der Beklagte habe das Spiel „D “ nicht vollständig heruntergeladen, da sie „die Datei nach Erhalt des Briefes und Rücksprache mit ihrem Anwalt gelöscht“ habe, ist unschlüssig. Denn ihre Aussage, sie habe „die Datei“ (Singular) im Nachhinein gelöscht, spricht gerade für den Download der Gesamtdatei durch den Beklagten und nicht durch den abgebrochenen Download bloßer Fragmente des Spiels. Aus dem Verifizierungsprotokoll (Anlage K17) und der Aussage des Zeugen W ergibt sich insoweit, dass es sich bei der Gesamtdatei um eine aus drei Ordnern bestehende Datei gehandelt hat, die erst nach dem Herunterladen sämtlicher Ordner zu einer Gesamtdatei zusammengefügt werden konnte. Das Löschen „der Datei“ wäre der Zeugin daher erst nach dem vollständigen Download aller Pakete und deren Zusammenfügung durch den Beklagten möglich gewesen. Dass dieses Zusammenfügen von dem Beklagten auch durchgeführt wurde, wird durch die weitere Aussage der Zeugin bestätigt, wonach der Beklagte ihr gegenüber gesagt habe, es habe sich um eine Testversion gehandelt und es könne ihm niemand beweisen. Erst nach der Installation der Gesamtdatei konnte der Beklagte jedoch feststellen, ob es sich um eine bloße Testversion handelte. Aus der Aussage der Zeugin S ergeben sich damit insgesamt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin aus eigener Wahrnehmung Feststellungen dazu hat treffen können, ob der Beklagte über ihren Anschluss anderen Nutzern der Tauschbörse lediglich einen (nicht lauffähigen) Teil der Datei des Spiels „D “ angeboten hat. Wenn überhaupt, so bestätigt ihre Aussage eher die Aussage des Zeugen W . Für den Beweis des Gegenteils ist ihre Aussage nicht ergiebig.

V.

Das für einen Schadensersatzanspruch erforderliche Verschulden liegt jedenfalls in Form von Fahrlässigkeit vor. Der Beklagte hat die Tauschbörse bewusst eingesetzt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin ist die von dem Beklagten verwendete Tauschbörsensoftware „u “ manuell herunterzuladen und zu installieren. Nach eigenem Vortrag hat der Beklagte den von ihm verwendeten P2P-Client zudem durchgehend laufen lassen, um die erhebliche Datenmenge des Computerspiels herunterzuladen. Dass er dabei mindestens billigend in Kauf nahm, zugleich anderen Nutzern der Tauschbörse diese Dateien zum Download anzubieten, folgt aus den auch für den Beklagten erkennbaren Hinweisen am unteren Rand der Bedienoberfläche, durch die sowohl der Download-Stand („D“) als auch der Upload-Stand („U“) angezeigt wird (vgl. Screenshot Anlage K11). Selbst wenn dem Beklagten nicht positiv bekannt gewesen sein sollte, dass er als Nutzer einer Tauschbörse die heruntergeladenen Dateien zugleich anbietet – was angesichts der Bekanntheit von Tauschbörsen und deren Funktionsweise in höchstem Maße unwahrscheinlich ist –, hätte ihm zumindest die Pflicht oblegen, sich vor der Installation des P2P-Clients über dessen Funktionsweise zu vergewissern. Indem er dies unterlassen hat, hat er das Computerspiel jedenfalls fahrlässig öffentlich zugänglich gemacht.

VI.

Der danach dem Grunde nach gegen den Beklagten gegebene Schadensersatzanspruch der Klägerin besteht jedenfalls in Höhe von € 1.000,00. Die Schadensschätzung erfolgt – da auf bestehende Tarifwerke nicht zurückgegriffen werden kann – nach freiem Ermessen des Gerichts unter Berücksichtigung aller Umstände (§ 287 ZPO). Maßgeblich sind dabei die Intensität und Dauer der Rechtsverletzung (BGH GRUR 1990, 1008, 1010 – Lizenzanalogie). Hierfür sind insbesondere die Beliebtheit des genutzten Filesharing-Systems, die Beliebtheit des Spiels, der Zeitraum des Downloadangebots, die Zahl der Zugriffe auf das Spiel im Angebotszeitraum und die Aktualität des Spiels im Angebotszeitraum relevant (vgl. OLG Köln, MMR 2012, 387, 391 = BeckRS 2012, 09546; LG Köln, ZUM 2012, 350). Unter Berücksichtigung vorgenannter Kriterien erachtet die Kammer vorliegend eine Lizenz in Höhe von € 1.000,00 für das öffentliche Zugänglichmachen des Computerspiels für angemessen, denn es handelt sich vorliegend um eine Rechtsverletzung von besonders hoher Eingriffsintensität:

Die Rechtsverletzung fand innerhalb des ersten Monats nach der Erstveröffentlichung des Computerspiels am 24.05.2011 und damit innerhalb seiner aktuellen Auswertungsphase statt. Dass es sich dabei um eine nicht unbedeutende Auswertungsphase handelte, folgt aus den aus Anlage K12 ersichtlichen Bewertungen des Spiels durch Computerzeitschriften, die auf eine hohe Beliebtheit des Spiels schließen lassen. Danach erhielt das Spiel von den Computerzeitschriften „G S “ und „P G “ im Jahr 2011 Wertungen von 90 und 88 Prozent und von der Zeitschrift „G “ 8,5 von 10 Punkten. Anhaltspunkte dafür, dass die Bewertungen, die aus dem Wikipedia-Auszug der Anlage K12 ersichtlich sind, falsch sind, bestehen nicht. Soweit der Beklagte behauptet, das Spiel habe keinen starken Vertrieb erfahren und rangiere weit unter den üblichen Vertriebsmöglichkeiten, fehlt hierzu substantiierter Vortrag des Beklagten.

Die hohe Intensität der Rechtsverletzung ergibt sich weiter daraus, dass das Spiel während eines Zeitraums von 15 Tagen – ab dem 14.06.2011 bis zum 01.07.2011 – zu 100% in einer lauffähigen Version und nach eigenem Vortrag des Beklagten auch ohne zwischenzeitliche Trennung der Internetverbindung anderen Nutzern der Tauschbörse zum Download angeboten wurde. Dass in diesem Zeitraum zugleich ein hoher Zugriff auf das Spiel innerhalb der Tauschbörse stattfand, folgt aus den von der Klägerin vorgelegten Ermittlungsprotokolle der Firma L (Anlage K15), wonach allein im Zeitraum vom 06.06.2011 bis zum 01.07.2011 von 1.407 verschiedenen IP-Adressen aus – teilweise mehrmals – auf das Spiel zugegriffen wurde. Dies begründet einen erheblichen Lizenzschaden für die Klägerin, die das Spiel in diesem Zeitraum zu einem Preis von € 49,99 anbot.

Eine geringere Intensität des Eingriffs folgt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht aus dem Argument des Fortsetzungszusammenhangs. Denn für die Bemessung des Schadens kommt es nicht darauf an, ob eine Dauerhandlung oder mehrere Taten vorliegen. Maßgeblich für die Intensität der Rechtsverletzung ist allein die Dauer des Angebotes durch den Beklagten. Je länger das Angebot vorgehalten wird, desto größer wird die Eingriffsintensität in Bezug auf die Rechtsposition der Antragstellerin.

Bei der Bemessung des angemessenen Lizenzschadens ist weiter zu berücksichtigen, dass bereits für das kurzzeitige öffentliche Zugänglichmachen nur eines Musiktitels eine Lizenz in Höhe von € 200,00 für angemessen angesehen wird (vgl. Hans. OLG, Urt. vom 07.11.2013, Az. 5 U 222/10 = BeckRS 2013, 20105; OLG Köln MMR 2012, 387, 391) und für das nur sechstätige Anbieten eines Computerspiels innerhalb der aktuellen Verwertungsphase des Spiels ein Schadensersatzanspruch von € 510,00 (vgl. LG Köln, ZUM 2012, 350, 351). Diese Schadensbeträge können zwar nicht ohne weiteres durch Multiplikation auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden, denn bei der Einzelfallbeurteilung nach § 287 ZPO ist auch zu berücksichtigen, dass Eingriffsintensität und Verschulden des Rechtsverletzers in einem angemessenen Verhältnis zur Schadensersatzsumme stehen (vgl. Hans. OLG, Urt. vom 07.11.2013, Az. 5 U 222/10 = BeckRS 2013, 20105, Ziffer II.3.b.cc). Ein Betrag in Höhe von € 1.000,00 steht allerdings in Anbetracht des Umstandes, dass das vollständige Computerspiel innerhalb seiner relevanten Verwertungsphase 15 Tage lang durchgehend in einer Tauschbörse dem Zugriff von über 1.000 Nutzern ausgesetzt war, sowohl in einem angemessenen Verhältnis zu dem für einen Musiktitel ermittelten Schadensbetrag als auch zum Verschulden des Beklagten.

VII.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286Abs. 1 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB, beginnend ab dem 10.01.2013. Die Klägerin hat den Beklagten erstmals mit Schreiben vom 28.12.2012 unter Fristsetzung bis zum 10.01.2013 zur Zahlung eines konkreten Schadensbetrages aufgefordert (Anlage K10).

B.

Die Klägerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von € 911,80, berechnet nach einer 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale nach RVG VV 7001, 7002 nach einem Streitwert von € 22.500,00.

I.

Die Kappungsgrenze des § 97a Abs. 2 UrhG kommt nicht zur Anwendung. Nach dieser Vorschrift beschränkt sich der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die Abmahnung nur dann auf € 100,-, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Es muss sich (1.) um die erstmalige Abmahnung in (2.) einem einfach gelagerten Fall mit (3.) einer nur unerheblichen Rechtsverletzung handeln, der (4.) außerhalb des geschäftlichen Verkehrs stattfand (vgl. dazu: Kefferpütz, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 97a, Rn. 34).

Zwar wurde der Beklagte vorliegend erstmalig von der Klägerin abgemahnt. Es lag aber bereits keine unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne des § 97a Abs. 2 UrhG vor. Nach der amtlichen Begründung zum Gesetzesentwurf zu dieser Vorschrift ist dafür ein nach den Umständen des Einzelfalls geringes Ausmaß der Verletzung in qualitativer wie quantitativer Hinsicht erforderlich (Deutscher Bundestag, Drucksache 16/5048 v. 20.4.2007, Seite 49). Nach der Begründung der Beschlussempfehlung zu den Änderungen gegenüber der ursprünglichen Fassung des Gesetzesentwurfes zu § 97a UrhG (Deutscher Bundestag, Drucksache 16/8783 v. 9.4.2008, Seite 50) sollen in den Anwendungsbereich des § 97a UrhG danach beispielsweise das unberechtigte öffentliche Zugänglichmachen eines bloßen Liedtextes auf einer privaten Homepage, die Verwendung eines Lichtbildes in einem privaten Angebot in der Internetversteigerung oder das öffentliche Zugänglichmachen eines Stadtplanausschnitts der eigenen Wohnungsumgebung auf einer privaten Homepage fallen. Demgegenüber wurde von dem Beklagten ein hoch bewertetes Computerspiel nur wenige Tage nach dessen Erstveröffentlichung vollständig 15 Tage lang durchgehend mindestens 1.000 Nutzern einer Tauschbörse zum Download angeboten. Eine unerhebliche Rechtsverletzung ist unter diesen Umständen nicht mehr gegeben.

II.

Der Anspruch folgt entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings auch nicht aus § 97a Abs. 1 UrhG. Denn der Aufwendungsersatzanspruch nach dieser Regelung setzt voraus, dass die Klägerin die Anwaltskosten auch bezahlt. Dies hat die Klägerin ausdrücklich offen gelassen.

III.

Der Anspruch folgt allerdings als Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG. Denn die Abmahnung wegen der Unterlassung war – wie oben ausgeführt – in vollem Umfang gerechtfertigt. Der in diesem Fall bestehende Befreiungsanspruch gegenüber dem Verletzer nach § 249 BGB verwandelt sich in einen Zahlungsanspruch, wenn dieser eindeutig zu erkennen gibt, dass er die Erfüllung ablehnt. Ein solches Verweigern stellt jedenfalls der mit einer Begründung versehene Klageabweisungsantrag dar (vgl. BGH NJW 2004, 1868 f m.w.N.).

Der Höhe nach ist der von der Klägerin angenommene Streitwert in Höhe von € 20.000,00 für das öffentliche Zugänglichmachen eines Computerspiels in einer Internettauschbörse sowie die Geltendmachung einer 1,3 Gebühr zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale angemessen und entspricht auch dem bisherigen Streitwertgefüge der Kammer. Die Neuregelung des § 97 a Abs. 3 UrhG, wonach bei erstmaligen Abmahnungen gegenüber natürlichen Personen Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von € 1.000,00 zu berechnen sind, sofern dies nicht nach den Umständen des Einzelfalles unbillig ist (vgl. BGBl. I 2013, S. 3714, 3717), ist erst zum 09.10.2013 in Kraft getreten und auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Soweit darüber hinaus von der Klägerin ein Gegenstandswert von € 500,00 für das mit der Abmahnung geltend gemachte Auskunftsverlangen und von € 2.000,00 für den ebenfalls geltend gemachten Schadensersatzfeststellungsanspruch angesetzt wurden, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Für das Feststellungsbegehren ist regelmäßig ein Abschlag von 20% gegenüber der entsprechenden Leistungsklage zu machen (Zöller-Herget, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 3 Rn. 16 – Feststellungklage) und für den Auskunftsanspruch ein Teilwert von ¼ bis 1/5 gegenüber dem Leistungsanspruch anzusetzen (Zöller-Herget, a.a.O., § 3 Rn. 16 – Auskunft). Angesichts der Dauer und Intensität der Rechtsverletzung ist vorliegend nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Leistungsanspruch von über € 2.000,00 zusteht. Auch der Auskunftsanspruch ist mit € 500,00 nicht zu hoch bewertet worden.

IV.

Zinsen stehen der Klägerin erst ab Rechtshängigkeit (§ 291 ZPO) und damit erst ab dem 22.04.2013 zu, nicht jedoch für den Zeitraum vor Entstehung des Schadensersatzanspruches. Ein Zinsanspruch für den Freihalteanspruch besteht nicht, denn dass bei der Klägerin ein konkreter Schaden durch die Nichtzahlung der Anwaltsgebühren eingetreten ist, ist nicht vorgetragen worden. Verzugszinsen auf einen Freistellungsanspruch können mangels Rechtsgrundlage auch nicht entsprechend der Regelung beim Zahlungsanspruch verlangt werden, da § 288 BGB auf einen Freistellungsanspruch nicht anwendbar ist (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 2011, 239, 243; Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 288 Rn. 6; Staudinger/Löwisch/Feldmann, BGB, Bearb. 2009, § 288 Rdnr. 6).

C.

Die Klägerin hat weiter einen Anspruch auf Ersatz der für die richterlichen Anordnungen nach § 101 Abs. 9 UrhG angefallenen Kosten gemäß § 97 Abs. 2 UrhG, allerdings nur in Höhe der konkret vom Beklagten verursachten Kosten in Höhe von € 946,90 und nicht in Höhe des Gesamtbetrages von € 3.760,60, auch nicht Zug um Zug gegen Nennung der weiteren beauskunfteten IP-Adressen-Inhaber.

I.

Die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Kosten als Schadensersatz folgt bereits aus der amtlichen Begründung zu § 101 Abs. 9 UrhG im Regierungsentwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 20.04.2007. Danach hat zwar zunächst der Verletzte die Kosten für die richterliche Anordnung zu tragen, er soll sie jedoch später „als Schaden gegenüber dem Verletzer geltend machen“ können (vgl. BT-Drucks. 16/5048, S. 49). Die Voraussetzungen für einen solchen Schadensersatzanspruch sind dem Grunde nach gegeben, denn der Beklagte hat – wie ausgeführt – die Rechtsverletzung schuldhaft begangen.

II.

Der Höhe nach sind die für die acht Gestattungsbeschlüsse gemäß Anlagenkonvolut K13 (Aktenzeichen 7 O 12383/11, 21 O 12622/11, 21 O 12816/11, 37 O 13047/11, 7 O 13353/11, 7 O 13543/11, 33 O 13912/11 und 33 O 14128/11) angefallenen Gebühren nicht zu beanstanden. Die Gerichtsgebühren von € 200,- für jeden der acht Beschlüsse des LG München I ergeben sich aus § 128e Abs. 1 KostO, die Zustellkosten in Höhe von je € 3,50 aus § 137 Abs. 1 Nr. 2 KostO. Aufgrund getrennter Zustellung von Sicherungs- und Gestattungsbeschlüssen sind in zwei Verfahren (33 O 13912/11 und 33 O 14128/11) zusätzliche Zustellkosten in Höhe von € 3,50 angefallen. Hieraus ergibt sich die geltend gemachte Gesamtsumme von € 1.635,00. Die hierfür angefallenen Rechtsanwaltsgebühren von € 265,70 je Verfahren ergeben sich aus einer 1,3 Verfahrensgebühr nach § 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV zuzüglich Auslagenpauschale nach RVG VV 7001, 7002 in Höhe von jeweils € 20,00 nach einem Gegenstandswert von je € 3.000,00, der gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 KostO vom Landgericht München I festgesetzt wurde.

III.

Gegenüber dem Beklagten besteht indes kein Anspruch auf Ersatz der gesamten Verfahrenskosten, denn der Beklagte hat diese Kosten nur zum Teil verursacht. Sowohl im Rahmen des § 97 Abs. 2 BGB als auch im Rahmen des Deliktsrechts haftet der Verletzer nur in Höhe des von ihm konkret verursachten Schadens (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 97 Rn. 60; Wild in: Schricker/Loewenheim, UrhR, 4. Aufl. 2010, § 97 Rn. 145, 150; Palandt-Sprau, Einf. v. § 823 Rn. 2a, 17 zur haftungsausfüllenden Kausalität). Die Sicherungs- und Gestattungsbeschlüsse betrafen indes eine Vielzahl von IP-Adressen, von denen nur ein Teil auf den Beklagten zurückzuführen ist. So entfielen im Verfahren 21 O 12622/11 lediglich 28 von 239 insgesamt beauskunfteten IP-Adressen auf den Beklagten, woraus sich ein von dem Beklagten konkret verursachter Schaden von 28/239 der in diesem Verfahren entstandenen Verfahrenskosten ergibt. Im Verfahren 21 O 12816/11 betrug der von dem Beklagten verursachte Schaden 19/110, im Verfahren 33 O 13912/11 2/108, im Verfahren 33 O 14128/11 10/125, im Verfahren 37 O 13047/11 12/170, im Verfahren 7 O 12383/11 6/186, im Verfahren 7 O 13353/11 14/83 und im Verfahren 7 O 13543/11 18/195. Hinsichtlich der im Einzelnen vorgenommenen Berechnung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 27.10.2013, dort die Seiten 5 bis 9 (Bl. 78-82 d.A.) verwiesen. Hieraus ergibt sich ein konkret verursachter Schaden von € 946,90.

Soweit die Klägerin zur Begründung ihres darüber hinausgehenden Schadensersatzanspruches anführt, die Verfahrenskosten wären in gleicher Höhe auch angefallen, wenn sie nur die IP-Adressen, die auf den Beklagten zurückführen, zum Gegenstand der Sicherungs- und Gestattungsverfahren gemacht hätte, so ist dies im Rahmen der konkreten Schadensberechnung nicht zu berücksichtigen. Tatsächlich wurden die weiteren der Klägerin entstandenen Kosten auch durch andere Nutzer verursacht. Dem Beklagten zurechenbar ist insoweit allein der auf ihn entfallende Schadensanteil.

Der weitere Einwand der Klägerin, es handele sich um einen Fall deliktischer Gesamtschuldnerschaft im Sinne der §§ 830, 840 BGB, greift vorliegend ebenfalls nicht durch. Eine deliktische Gesamtschuld nach § 830 BGB setzt eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung voraus, für die es eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens Mehrerer zur Herbeiführung eines Erfolges bedarf (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 73. Aufl. 2014, § 830 Rn. 3). Bloße Nebentäterschaft, d.h. wenn mehrere Täter durch selbständige Einzelhandlungen ohne bewusstes Zusammenwirken einen Schaden mitverursacht haben, genügt demgegenüber nicht. In diesem Fall haften die Schädiger zwar dem Verletzten ebenfalls als Gesamtschuldner, aber jeweils nur auf den ihnen jeweils verursachten abgrenzbaren Schadensteil (BGH NJW 1959, 1772, 1774f.; Palandt-Sprau, a.a.O. § 830 Rn. 1). Der Nebentäter hat auch dann, wenn zwischen den Einzelhandlungen ein naher örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, nicht für den Tatbeitrag eines anderen Nebentäters einzustehen; er haftet vielmehr nur für die Folgen seines eigenen rechtswidrigen Verhaltens nach den allgemeinen Zurechnungsregeln (BGH NJW 1988, 1719, 1720).

Der Beklagte hat die Rechtsverletzungen der öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels vorliegend nicht in Mittäterschaft, sondern in Nebentäterschaft mit den anderen Teilnehmern des Filesharing-Netzwerkes begangen. Die Prüfung, ob sich jemand als Mittäter oder Gehilfe an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Körperverletzung oder Sachbeschädigung beteiligt hat (§ 830 Abs. 1, Abs. 2 BGB), richtet sich nach den für das Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (BGH NJW 1984, 1226, 1228; BGHZ 63, 124, 126 = NJW 1975, 49 jew. m. w. Nachw.). Danach verlangt die Teilnahme neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen (als Mittäter) auszuführen oder sie (als Gehilfe) als fremde Tat zu fördern, objektiv darüber hinaus eine Beteiligung an der Ausführung der Tat, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist (BGH a.a.O.). Im Hinblick auf die Teilnehmer einer Tauschbörse fehlt es insoweit bereits an dem gemeinsamen Willen, urheberrechtlich geschützte Werke gemeinschaftlich öffentlich zugänglich zu machen. Jeder der Teilnehmer handelt allein zu dem Zweck, sich selbst Werke auf den eigenen Rechner herunterzuladen. Damit verwirklicht jeder Nutzer zwar zugleich den Tatbestand der öffentlichen Zugänglichmachung der heruntergeladenen urheberrechtlich geschützten Werke (§ 19a UrhG), was er auch billigend in Kauf nimmt. Dies geschieht jedoch unabhängig von den anderen Nutzern der Tauschbörse durch eigenständige Handlungen jedes einzelnen Nutzers, ohne gemeinsamen Tatplan und ohne den Willen, die Tat gemeinschaftlich auszuführen. Dem einzelnen Nutzer ist es vielmehr im Regelfall egal, woher seine Daten kommen und wer sie außer ihm noch innerhalb der Tauschbörse anderen Nutzern zum Download zur Verfügung stellt. Er hat, wenn überhaupt, regelmäßig nur eine vage Vorstellung davon, ob und in welchem Umfang es zu Rechtsverletzungen durch weitere Nutzer kommen wird. Dies genügt für sich genommen nicht, um anzunehmen, er wolle sich auch an den Rechtsverletzungen durch andere Nutzer beteiligen (vgl. BGH NJW 1984, 1226, 1229). Anhaltspunkte für einen darüber hinausgehenden gemeinschaftlichen Tatentschluss hat die Klägerin nicht vorgetragen. Es kann insoweit auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass jedem Teilnehmer einer Tauschbörse deren technische Funktionsweise in allen Einzelheiten bekannt sind; insbesondere nicht, dass aus Gründen optimaler Nutzung der zur Verfügung stehenden Bandbreiten üblicherweise nur auf einzelne Teile – sogenannte „chunks“ – der zum Abruf bereit gehaltenen Datei von den anderen Tauschbörsenteilnehmern zugegriffen wird.

Als Nebentäter haftet der Beklagte nur dann gemäß § 840 BGB auf den gesamten Schaden, wenn abgrenzbare Schadensteile nicht bestehen (BGH NZV 2002, 113 = NJW 2002, 504; Palandt-Sprau, § 830 Rn. 1; § 840 Rn. 2). Ein Abgrenzbarkeit der Schadensverursachung ist vorliegend indes möglich, denn die Verfahrenskosten können – wie von der Klägerin vorgenommen -, im Verhältnis der jeweils beauskunfteten IP-Adressen gequotelt werden. Entsprechend haftet der Beklagte auch über §§ 830, 840 BGB allein für die auf ihn entfallenden Verfahrenskosten in Höhe von € 946,90.

V.

Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB und beginnt mit Zustellung der Klagerweiterung an den Beklagten.

D.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

 

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