Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17. Januar 2023 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48.394,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 % pro Jahr hieraus seit dem 1. März 2012 abzüglich am 9. März 2012 gezahlter 10.000,00 EUR, am 25. Oktober 2012 gezahlter 5.000,00 EUR und am 10. Januar 2014 gezahlter 5.000,00 EUR zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Dem Beklagten bleibt die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten im Urkundenprozess aus einem Schuldanerkenntnis in Anspruch.
Unter dem 01.03.2010 schlossen die Klägerin als Darlehensgeberin sowie der Beklagte, T. R. und F. U. als Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag, wonach die Klägerin den Darlehensnehmern ein Darlehen in Höhe von 100.000,00 EUR, welches bis zum 02.03.2010 zu valutieren war, gewährte. Die Rückzahlung des Darlehens sollte bis zum 28.02.2012 erfolgen. Auf den weiteren Inhalt des Darlehensvertrages (Bl. 5-6 der BA LG Bielefeld 5 O 64/12) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Mit Schreiben vom 29.02.2012 (Bl. 7 der BA LG Bielefeld 5 O 64/12) forderte die Klägerin den Beklagten sowie T. R. und F. U. zur Rückzahlung dieses Darlehens und zur Vorlage eines Schuldanerkenntnisses auf. Am 30.10.2010 leisteten der Beklagte, T. R. und F. U. 27.500,00 EUR sowie am 01.11.2011 weitere 10.000,00 EUR an die Klägerin auf diese Darlehensschuld. Nachdem keine weitere Zahlung geleistet wurde, machte die Klägerin den noch offenen Restdarlehensrückzahlungsanspruch im Rechtsstreit vor dem Landgericht Bielefeld – 5 O 64/12 – geltend. Mit rechtskräftigem Teil-Versäumnisurteil des Landgerichts Bielefeld vom 19.04.2012 wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 70.912,24 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Mit Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 04.07.2012 (Anlage B1, Bl. 89-94 d.LGA. = Anlage K6, Bl. 269-274 d.LGA.) wurden auch T. R. und F. U. antragsgemäß mit der Begründung verurteilt, dass sich unter Beachtung aufgelaufener Hauptforderungszinsen i.H.v. 8.412,24 EUR bis zum 14.03.2012 und abzüglich geleisteter Zahlungen in Höhe von 37.500,00 EUR die geltend gemachte Forderung von 70.912,24 EUR errechne. Diese titulierten Darlehensrückzahlungsansprüche sind inzwischen erfüllt.
Jedenfalls in einer der in den mündlichen Verhandlungen vom 23.04.2019 und 17.01.2023 vor dem Landgericht und vom 21.12.2023 vor dem Senat im Original vorgelegten Urkunde vom 01.03.2012 (Kopie, Anlage K 1, Bl. 7 d.LGA.) ist ausgeführt:
„Herr R. erkennt an, Frau W., einen Betrag von 48394,71 EUR zu schulden.
Die Summe setzt sich zusammen aus Gehalt N. W. 18 Monate a 1102,08 EUR =19837,44 EUR und Gehalt P. V. 21 Monate a 1359,87 EUR = 28557,27 und wird mit 6 % verzinst seit Schuldung.
Bünde, den 01.03.12
D. R. N. W.“
Auf einem der in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2023 vor dem Senat vorgelegten Urkunden findet sich der handschriftliche Zusatz:
„a Konto Zahlung E-Mail bestätigt am 9.3.12 10.000,- EUR a Konto Zahlung 25.10.12 5.000,- EUR a Konto I. V. Zahlung 10.1.14 5.000,-„.
In der anderen der in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2023 vor dem Senat vorgelegten Urkunden findet sich lediglich der handschriftliche Zusatz:
„a Konto Zahlung E-Mail bestätigt am 9.3.12 10.000,- EUR a Konto Zahlung 25.10.12 5.000,- EUR“.
Der Beklagte zahlte am 09.03.2012 einen Betrag in Höhe von 10.000,00 EUR sowie am 25.10.2012 und 10.01.2014 jeweils einen Betrag in Höhe von 5.000,00 EUR auf das Schuldanerkenntnis. Die Klägerin forderte den Beklagten zur Zahlung des ausstehenden Betrages auf. Der Beklagte berief sich auf die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung und erhob die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin hat zunächst behauptet, dem Beklagten sei „positiv bekannt, dass dem Schuldanerkenntnis keine Gehaltszahlungen der Klägerin oder des Herrn P. V. zugrunde“ lägen. Das Schuldanerkenntnis sichere ein Darlehen ab, dass sie, die Klägerin, dem Beklagten sowie T. R. und F. U. am 01.03.2010 gewährt habe. Diese hätten bei ihr das Darlehen erbeten, um ihren Verpflichtungen als Arbeitgeber ihr und dem Zeugen V. gegenüber nachzukommen. Dies ändere aber nichts daran, dass die zugrundeliegende Verpflichtung, deren Absicherung das abstrakte Schuldversprechen diene, keine arbeitsrechtliche Verpflichtung sei. Darüber hinaus seien die Parteien des Darlehensverhältnisses und des Arbeitsverhältnisses auch nicht identisch. Das Darlehen sei Privatpersonen gewährt worden, während die Arbeitgeberstellung seinerzeit die R. Fahrzeugtechnik GmbH innegehabt habe. Sodann hat sie unter Äußerung der Rechtsansicht, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig sei, behauptet, der geltend gemachte bürgerlich-rechtliche Anspruch aus dem Schuldanerkenntnis stehe mit einem Arbeitsverhältnis zwischen ihr als Arbeitnehmerin und der R. Fahrzeugtechnik GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte ausweislich Handelsregisterauszug (Bl. 361-362 d.LGA.) bis zum 21.09.2020 gewesen sei, als Arbeitgeberin sowie mit einem Arbeitsverhältnis zwischen dem Zeugen V. als Arbeitnehmer und der R. Fahrzeugtechnik GmbH als Arbeitgeberin in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Das Schuldanerkenntnis über den Gesamtbetrag von 48.394,71 EUR setze sich bereits nach dem Wortlaut des Schuldanerkenntnisses zusammen aus ihrem Gehalt für 18 Monate a 1.002,08 EUR = 19.837,44 EUR und dem Gehalt des Zeugen P. V. für 21 Monate a 1.359,87 EUR = 28.557,27 EUR. Hintergrund sei gewesen, dass der Beklagte, T. R. und F. U. als Privatpersonen ein gemeinsames Projekt – das sogenannte Kanada-Projekt, mit einem Volumen von ca. 13,8 Mio. EUR – hätten realisieren wollen, wofür sie aber einen Eigenmittelnachweis gegenüber der Bank benötigt hätten. Da sie aus eigenen Mitteln nicht in der Lage gewesen seien, den Eigenmittelnachweis zu erbringen, hätten sie sich an den Zeugen V. gewandt, der – da er außerstande gewesen sei, Geld in Höhe des benötigten Eigenmittelnachweises beizubringen – die Angelegenheit an sie, die Klägerin, weitergegeben habe. Sie sei davon ausgegangen, dass die 100.000,00 EUR lediglich „zum Vorzeigen“ für die Bank benötigt würden und habe mit dem Beklagten, T. R. und F. U. einen schriftlichen Darlehensvertrag, der das Datum 01.03.2010 trage, über 100.000,00 EUR geschlossen. Bereits im Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 04.07.2012 (Anlage B1, Bl. 89-94 d.LGA) werde aber zwischen dem Darlehensvertrag über 100.000,00 EUR für das Kanadageschäft einerseits und den Arbeitsverträgen zwischen ihr und dem Zeugen V. und der R. Fahrzeugtechnik GmbH andererseits scharf getrennt. Das Schuldanerkenntnis sichere ihre und des Zeugen V. nicht erledigten Lohnansprüche aus ihrer Zeit als Angestellte bei der R. Fahrzeugtechnik GmbH. Sie und der Zeuge V. hätten jeweils Beraterverträge mit der R. Fahrzeugtechnik GmbH geschlossen. Sie habe während der Laufzeit des Arbeitsvertrages ihre Arbeitskraft von ihrem Standort Z. aus angeboten und der R. Fahrzeugtechnik GmbH zur Verfügung gestellt; ihre Arbeitskraft sei indes nicht in Anspruch genommen bzw. abgerufen worden. Im Beratervertrag des Zeugen V. vom 01./02.03.2010 (Anlage K4, Bl. 262-263 d.LGA.) sei dieser als „Monteur befristet eingestellt“ worden. Der Schwerpunkt seiner vielseitigen Aufgabengebiete sei die Vertragsgestaltung und die Personalleitung gewesen. Zusätzlich sei er für das Erstellen von Angeboten, die Abwicklung, die Verwaltung und die Betreuung von Neukunden zuständig gewesen.
Sowohl bei ihr als auch beim Zeugen V. seien echte Lohnansprüche entstanden, und zwar in Form des sogenannten „Verzugslohns“. Anders als im Falle des Kanada-Projektes habe es keine Geldzahlung von ihr oder des Zeugen V. gegeben; es hätten lediglich die Lohnansprüche ausgestanden. Sie habe – unstreitig – am 01.03.2012 eine Zahlung i.H.v. 10.000,00 EUR erhalten, die sie – ebenfalls unstreitig – ausweislich der E-Mail des Beklagten vom 09.03.2012 als Lohngeld habe verbuchen dürfen und auch verrechnet habe. Beachtlich sei überdies, dass sie, der Zeuge V. und der Beklagte lange Zeit und vertrauensvoll zusammengearbeitet hätten. Dass entsprechende Forderungen bestünden, zeige sich auch daran, dass im Regressprozess des Beklagten gegen Herrn T. R. auch der Betrag aus dem Schuldanerkenntnis als auszugleichende oder anteilig auszugleichende Position in die Schadensberechnung eingeflossen sei. Überdies habe auch das Landgericht Bielefeld im Urteil vom 04.07.2012 – 5 O 64/12 – die Arbeitsverträge nicht als unzulässige Nebenleistungen des Darlehens angesehen. Damit aber hätten zwei verschiedene Darlehen vorgelegen. Durch das Zurückstellen der Einforderung des Arbeitslohnes sei mithin ein weiteres Darlehen gewährt worden.
Verjährt sei ihr Anspruch nicht. Dazu hat die Klägerin – wie erstinstanzlich unstreitig geblieben ist – behauptet: Zwischen ihr und dem Beklagten habe in den Jahren 2012 bis 2017 ein ständiger telefonischer und auch persönlicher Kontakt bestanden, bei dem er seine Verpflichtung aus dem Schuldanerkenntnis stets bestätigt habe. Bei sämtlichen Telefonaten sei der Zeuge V. anwesend gewesen und habe diese Gespräche mitgehört. Am 25.03.2012 habe der Beklagte auf ihrem Anrufbeantworter die Nachricht hinterlassen, dass er die offenen Schulden ihr gegenüber ausgleichen wolle, nachdem sie ihm eine Aufstellung der offenen Beträge aus dem Schuldanerkenntnis der E-Mail übermittelt habe. Ungeachtet des Umstandes, dass der Beklagte Zahlungen am 09.03.2012, 25.10.2012 und 10.01.2014 geleistet habe, habe er noch in den Jahren 2015, 2016 und 2017 ihr gegenüber jeweils seine Leistungsbereitschaft beteuert und zuletzt am 03.04.2018 angefragt, ob noch Beträge aus dem Schuldanerkenntnis vom 01.03.2012 offen stünden, worauf sie ihm mit Schreiben vom 03.04.2018 (Anlage K2, Bl. 53 = Bl. 67 d.LGA.) ein aktuelles Forderungskonto der zugrundeliegenden Darlehnsverpflichtungen übersandt habe. Der Beklagte habe zudem zum Beweis der Tatsache, dass er künftig in der Lage sein werde, den Verpflichtungen aus dem Schuldanerkenntnis nachzukommen, vertrauliche Vertragsunterlagen übersandt, aus denen sich ergebe, dass er aus einer weiteren Geschäftsbeziehung über genügend Einnahmen verfügen werde, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. In ihrem Auftrag habe auch der Zeuge V. den Beklagten im November 2013 und Mai 2015 auf das hier streitgegenständliche Schuldanerkenntnis angesprochen und der Beklagte habe hierauf erwidert, dass er seinen Verpflichtungen aus dem Schuldanerkenntnis vom 01.03.2012 vollständig nachkommen und den Gesamtbetrag zurückführen werde. Zudem habe der insoweit bevollmächtigte Zeuge V. mit dem Beklagten die Berechtigung ihres Anspruchs und die Berechnung der zugrundeliegenden Gehaltsansprüche jeweils am 02.03.2012, 16.05.2012, 04.07.2012, 20.03.2015, 09.06.2015, 10.08.2015, 07.07.2016, 01.06.2017, 03.01.2018, 03.04.2018, 18.06.2018 und 21.06.2018 erörtert und der Beklagte habe sich grundsätzlich zu seiner Zahlungspflicht bekannt und lediglich Details der Forderungsberechnung und der Möglichkeiten der Rückzahlung mit dem Zeugen V. erörtert.
Ungeachtet dessen handele der Beklagte ihrer Auffassung nach treuwidrig, weil er durch das Schuldanerkenntnis zunächst auf die Verjährungseinrede verzichtet und damit den Eindruck erweckt habe, ihre Ansprüche würden befriedigt.
Die Klägerin hat im Urkundenprozess beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 48.394,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozent seit dem 01.03.2012 abzüglich am 09.03.2012 gezahlter 10.000,00 EUR, am 25.10.2012 gezahlter 5.000,00 EUR und am 10.01.2014 gezahlter 5.000,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts unter Verweis darauf, dass das Schuldanerkenntnis Gehaltsansprüche absichere, gerügt und die Auffassung vertreten, dass dem Zeugen V. und der Klägerin keine Ansprüche in Höhe von 19.837,44 EUR bzw. 28.557,27 EUR im Hinblick auf Gehaltszahlungen zustünden. Etwaige Ansprüche des Zeugen V. stünden jedenfalls der Klägerin nicht zu; die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert.
Der Beklagte hat behauptet, als es um die Darlehensgewährung in Höhe von 100.000,00 EUR gegangen sei, habe die Klägerin zur Voraussetzung der Darlehensgewährung gemacht, dass sie und der Zeuge V. eine entsprechende Anstellung bei der R. Fahrzeugtechnik GmbH erhielten; allen Beteiligten sei indes klar gewesen, dass für diese Anstellung nicht habe gearbeitet werden sollen, sondern der Vertrag vom 01.03.2010 (Anlage B2, Bl. 95 d.LGA.) – obgleich ausweislich der sozialversicherungsrechtlichen Unterlagen (Anlagen B3, Bl. 96-106, 107-112 d.LGA.) Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien – nur „zum Schein aufgesetzt“ worden sei. Die Klägerin habe als Zeugin vor dem Amtsgericht Bünde bekundet, nie bei der R. Fahrzeugtechnik GmbH gearbeitet zu haben und diese auch nicht zu kennen. Nach dieser Bekundung habe eine Betriebsprüfung bei dem Beklagten stattgefunden, in der sich herausstellt habe, dass sämtliche Anstellungen sowohl des Zeugen V. als auch der Klägerin Scheinarbeitsverhältnisse gewesen und als solche enttarnt worden seien mit der Konsequenz der Rückzahlungen und – ausweislich der Mitteilung des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Bielefeld vom 26.01.2015 (Anlage B6, Bl. 113 d.LGA.) – der Einleitung eines Strafverfahrens. In der Folge seien die Steuern aus dem Betriebsprüfungsverfahren hinsichtlich der nicht betrieblich veranlassten Zahlungen an die Mitarbeiter abgesetzt worden und ausweislich der Fotokopie des Kanzleiwesens V.7.23 (Anlage B7, Bl. 114-116 d.LGA.) hätten 22.129,00 EUR nachentrichtet werden müssen. Wenn die dem Schuldanerkenntnis zugrundeliegenden Ansprüche aber nicht bestünden, weil Arbeitsverhältnisse zum Schein aufgesetzt seien und dies gegen § 134 BGB verstoße, „infiziere“ dies auch das Schuldanerkenntnis mit der Folge der Nichtigkeit, zumal im Ergebnis an die Klägerin dann 100.000,00 EUR + 6 % Zinsen + 48.000,00 EUR flössen.
Sofern die Klägerin vortrage, das Schuldanerkenntnis sichere Darlehensrückzahlungsansprüche aus einem Darlehen vom 01.03.2010 ab, hat sich der Beklagte das Vorbringen der Klägerin hilfsweise zu Eigen gemacht und gemeint, dass das Darlehen in Höhe von 100.000,00 EUR vollständig getilgt worden sei. Er, der Beklagte, habe deswegen auch im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs T. R. ausweislich des anwaltlichen Schreibens vom 08.12.2017 (Anlage B8, Bl. 117-118 d.LGA.) in Regress genommen.
Hinsichtlich der erhobenen Verjährungseinrede meint der Beklagte, bei Abgabe des Schuldanerkenntnisses am 01.03.2012 sei zumindest mit Wirkung vom 31.12.2017 Verjährung eingetreten, da Ansprüche aus einem Schuldanerkenntnis nach drei Jahren verjährten.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 10.11.2022 (Bl. 404-410 d.LGA.) den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt, den Verweisungsantrag der Klägerin vom 09.03.2020 zurückgewiesen und nach Hinweiserteilung vom 17.10.2022 (Bl. 385-387 d.LGA.) mit am 17.01.2023 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar die im Urkundsverfahren erhobene Klage zulässig, indes unbegründet sei.
Die Klägerin habe zwar grundsätzlich einen Anspruch gegen den Beklagten aus dem unter dem 01.03.2012 unterzeichneten Schuldanerkenntnis gemäß § 781 BGB, den sie im Urkundsverfahren unter Vorlage des Originals geltend gemacht habe. Es liege ein konstitutives Schuldanerkenntnis vor, mit dem eine neue, selbständige Verpflichtung unabhängig von einem etwaig bestehenden Schuldgrund habe geschaffen werden sollen. Das zugrundeliegende Schuldverhältnis sei ein Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten, seinem Bruder T. R. sowie F. U. vom 01.03.2010. In der Schuldurkunde werde auf etwaige Gehaltsansprüche der Klägerin und ihres Lebensgefährten V. Bezug genommen und die benannte Summe setze sich aus diesen zusammen. Allerdings seien Gehaltsansprüche der Klägerin und ihres Lebensgefährten V., die allenfalls gegenüber der R. Fahrzeugtechnik GmbH und nicht gegenüber dem Beklagten persönlich bestanden hätten, nach jedenfalls zeitweise übereinstimmendem Vortrag der Parteien letztlich nicht der Schuldgrund für das von dem Beklagten abgegebene Anerkenntnis. Die Klägerin habe mit Schriftsatz vom 18.04.2019 (Bl. 57 d.LGA.) zu dem Darlehen vom 01.03.2010 vorgetragen, welches habe abgesichert werden sollen, und bestritten, dass Schuldgrund Gehaltszahlungen seien und gemeint, die durch das abstrakte Schuldversprechen abzusichernde Verpflichtung sei kein arbeitsrechtlicher Anspruch. In dem Darlehensvertrag vom 01.03.2010 (Bl. 5-6 der BA LG Bielefeld 5 O 64/12) sei vereinbart worden, dass für den Fall, dass das Rückzahlungsdatum überschritten würde, sich die Darlehensnehmer verpflichteten, ein notarielles Schuldanerkenntnis beizubringen und der Darlehensgeberin auszuhändigen. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 29.02.2012 (Bl. 7 der BA LG Bielefeld 5 O 64/12) zur Rückzahlung des Darlehens und ferner zur Vorlage eines Schuldanerkenntnisses aufgefordert habe, sei unter dem 01.03.2012 das Schuldanerkenntnis abgegeben worden; obgleich kein notarielles Schuldanerkenntnis abgegeben worden sei, bestehe daher ein Zusammenhang zwischen dem Darlehnsvertrag und dem Schuldanerkenntnis. Wegen der Personenverschiedenheit zwischen den Parteien des Darlehensvertrages und des Schuldanerkenntnisses und den weiteren Verflechtungen der Parteien sei die Begründung eines von dem Kausalgeschäft unabhängigen Schuldverhältnisses beabsichtigt gewesen.
Soweit die Klägerin sodann abweichend hiervon behauptet habe, das Schuldanerkenntnis sei zur Absicherung eigener zurückgestellter Lohnansprüche und zurückgestellter Lohnansprüche des Zeugen V. abgegeben worden, sei ihr Vortrag insoweit widersprüchlich und demgemäß nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zur berücksichtigen, da die Klägerin trotz entsprechenden Hinweises vom 17.10.2022 keinen erklärenden Vortrag gehalten habe. Dass eine weitere, mithin zweite Darlehensvereinbarung geschlossen worden sei, sei nicht feststellbar. Die Klägerin habe im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung nicht dargetan, wer insoweit was konkret miteinander vereinbart habe. Zwar sei nach den Behauptungen der Klägerin die Vereinbarung quasi zeitgleich – also auch am 01.03.2010 – zustande gekommen. Die Lohnansprüche, die sie, die Klägerin, sowie der Zeuge V. gegen die R. Fahrzeugtechnik GmbH gehabt hätten, hätten zunächst in der R. Fahrzeugtechnik GmbH bleiben sollen. Warum – nachdem zu Arbeitsverhältnissen der Klägerin und des Zeugen V. jeweils mit der R. Fahrzeugtechnik GmbH unter Vorlage von Verträgen vorgetragen worden sei – insofern eine Darlehnsvereinbarung in Bezug auf Arbeitslöhne mit dem Beklagten persönlich habe geschlossen werden sollen, sei nicht nachvollziehbar, zumal sich nicht erhelle, warum hinsichtlich des vertraglich seitens der R. Fahrzeugtechnik GmbH dem Zeugen V. geschuldeten Arbeitslohnes der Beklagte ein Anerkenntnis persönlich gegenüber der Klägerin habe abgeben sollen. Ungeachtet dessen stehe hierzu im Widerspruch, dass nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten die Klägerin dem Gesellschafter der R. Fahrzeugtechnik GmbH, Herrn R., ein Darlehen gegeben habe, damit die Arbeitslöhne hätten gezahlt werden können, obgleich die Arbeitslöhne nach Behauptung der Klägerin von der R. Fahrzeugtechnik GmbH gar nicht hätten gezahlt, sondern zunächst in der R. Fahrzeugtechnik GmbH hätten verbleiben und gestundet werden sollen. Damit aber sei schon eine Valutierung des Darlehens durch die Klägerin nicht vorgetragen. Vortrag zu einer etwaigen Abtretung etwaiger Ansprüche des Zeugen V. an die Klägerin sei nicht vorhanden. Der Beklagte könne dem Anspruch der Klägerin aus dem Schuldanerkenntnis die ausdrücklich erhobene Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung erfolgreich entgegenhalten. Die Abstraktheit des konstitutiven Schuldanerkenntnisses bewirke, dass dem Gläubiger gegen den Schuldner zwei konkurrierende Ansprüche, die auf dem abstrakten Leistungsversprechen einerseits und dem kausalen Schuldverhältnis andererseits beruhten, zustünden, er aber nur einmal Erfüllung verlangen könne. Zwar bestehe die abstrakte Forderung nach Tilgung der kausalen Schuld fort. Da indes die kausale Grundforderung den Rechtsgrund des konstitutiven Schuldanerkenntnisses bilde, unterliege die abstrakte Forderung nach Begleichung der Kausalschuld einem bereicherungsrechtlichen Rückgewähranspruch, so dass ein rechtsgrundlos abgegebenes Schuldanerkenntnis als wirkungslos zurückgefordert werden könne. Das dem Anerkenntnis zugrundeliegende Darlehen sei durch Erfüllung erloschen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie meint, die Frage, ob das Landgericht oder das Arbeitsgericht zuständig gewesen sei, stelle sich im Berufungsverfahren nicht mehr, und rügt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags, das Landgericht habe unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Beibringungsgrundsatzes verkannt, dass das mit dem Schuldanerkenntnis abgesicherte Darlehen nicht zurückgezahlt worden sei. Denn das Schuldanerkenntnis habe nicht den Darlehnsrückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag vom 01.03.2010, sondern ein völlig selbständiges Darlehen abgesichert, auf das der Beklagte – unstreitig – Zahlungen in Höhe von insgesamt 20.000,00 EUR erbracht habe. Sie habe zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass es sich bei dem abzusichernden Darlehen um das Darlehen gehandelt habe, das Gegenstand des Rechtsstreits vor dem Landgericht Bielefeld – 5 O 64/12 – gewesen sei, sondern dies vielmehr ausdrücklich bestritten. Sie habe ausdrücklich klargestellt, dass der Beklagte sowie T. R. und F. U. das Darlehen erbeten hätten, um ihren Verpflichtungen als Arbeitgeber ihr und dem Zeugen V. gegenüber nachzukommen. Mit Schriftsatz vom 09.03.2020 habe sie klargestellt, dass das Schuldanerkenntnis über den Gesamtbetrag von 48.394,71 EUR nicht das Darlehen absichere, das Gegenstand des Rechtsstreits vor dem Landgericht Bielefeld – 5 O 64/12 -, sondern nicht erledigte eigene und Lohnansprüche aus Beraterverträgen des Zeugen V. aus ihrer Zeit als Angestellte bei der R. Fahrzeugtechnik GmbH. Die Annahme des Landgerichts, dass es sich um den gleichen Darlehensvertrag handele wie im Vorprozess vor dem Landgericht Bielefeld, entbehre mithin einer tragfähigen Grundlage. Der Umstand, dass sie, die Klägerin, im Schriftsatz vom 18.04.2019 zu dem Darlehen, welches habe abgesichert werden sollen, vorgetragen und in Abrede gestellt habe, dass Schuldgrund Gehaltszahlungen seien, genüge nicht, um anzunehmen, dass sie behauptet hätte, dass es sich um das gleiche Darlehen handele, das Gegenstand des Rechtsstreits 5 O 64/12 gewesen sei. Sie habe keinen Bezug zur Schuldgrundlage des Vorprozesses herstellen, sondern – seinerzeit noch in Verkennung der arbeitsgerichtlichen Annexzuständigkeit – die Abgrenzung der zivilgerichtlichen Zuständigkeit von der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit begründen wollen. Eine Veränderung des zugrundeliegenden Lebenssachverhaltes sei damit nicht verbunden gewesen. Ungeachtet dessen habe ihr Gehalt 1.102,08 EUR und dasjenige des Zeugen V. 1.359,87 EUR betragen. Per 28.02.2012 ergebe dies in Summe maximal 59.086,80 EUR, nicht aber 100.000,00 EUR, die Höhe des Darlehens des Vorprozesses. Zudem sei der in § 3 des schriftlichen Darlehensvertrages vom 01.03.2010 ausgewiesene Darlehnsbetrag nicht mit dem hier geltend gemachten Darlehensbetrag – 48.394,71 EUR – identisch und bei dem vorliegenden Schuldanerkenntnis handele es sich zudem nicht um ein notarielles vollstreckbares Schuldanerkenntnis. Die Valutierung des mündlich gewährten Darlehens sei dadurch erfolgt, dass das steuerlich und buchhalterisch „umgekehrte Arbeitgeberdarlehen“, bei der der „Überzins“ zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehöre, nicht geltend gemacht worden sei – trotz der ihrerseits und des Zeugen V. erbrachten Arbeitsleistungen. Dass der Beklagte diese Leistungen im laufenden Rechtsstreit jedenfalls teilweise bestreite, sei unerheblich, weil er insoweit einem Einwendungsausschluss unterliege. Verkannt habe das Landgericht zudem, dass das Darlehen von 48.394,71 EUR nicht zurückgezahlt worden sei. Zwar habe sie eingeräumt, dass die von ihr seinerzeit errechnete und in dem Verfahren 5 O 64/12 geltend gemachte restliche Darlehensforderung nach Titulierung durch den Bruder des Beklagten, T. R., ausgeglichen worden sei. Hieraus folge indes nicht, dass unstreitig sei, dass auch das vorliegende Darlehen zurückgezahlt worden sei. Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe schon nicht unter Beweis gestellt, dass die Schuldgrundlage des vorliegenden Schuldanerkenntnisses der schriftliche Darlehensvertrag aus dem Vorprozess sei.
Zudem habe das Landgericht verkannt, dass das Anerkenntnis nur dann wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden könne, wenn die Rechtsbeziehungen den anerkannten Leistungsanspruch nicht rechtfertigten. Dem Beklagten stünde der Einwand der ungerechtfertigten Bereicherung nur zu, wenn er dem Grunde oder der Höhe nach anspruchshindernde Einwendungen gegen das Darlehen geltend gemacht hätte, die vom Einwendungsausschluss nicht umfasst seien, was indes nicht der Fall sei, zumal die Einwendungen des Beklagten in der gewählten Verfahrensart des Urkundenprozesses unstatthaft seien. Gleiches gelte sinngemäß für den Erfüllungseinwand.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 17.01.2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Bielefeld (AZ.: 20 O 22/19) den Beklagten zu verurteilen, an sie 48.394,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 % hieraus seit dem 01.03.2012 abzüglich am 09.03.2012 gezahlter 10.000,00 EUR, am 25.10.2012 gezahlter 5.000,00 EUR und am 10.01.2014 gezahlter 5.000,00 EUR zu zahlen, hilfsweise, das am 17.01.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Bielefeld (AZ.: 20 O 22/19) und das zugrundeliegende Verfahren aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Bielefeld zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, rügt neuen Sachvortrag als verspätet und meint, dass zwar nach dem Wortlaut des Schuldanerkenntnisses arbeitsrechtliche Ansprüche abgesichert sein könnten, die Klägerin aber ausdrücklich vorgetragen habe, dass „dem Schuldanerkenntnis keine Gehaltszahlungen der Klägerin oder des Herrn P. V. zugrunde“ lägen, sondern das Schuldanerkenntnis ein Darlehen absichere, dass die Klägerin ihm, T. R. und F. U. am 01.03.2010 gegeben habe. Ungeachtet dessen seien die entsprechenden Arbeitsverhältnisse nur „zum Schein“ aufgesetzt worden, zumal nach dem Vortrag der Klägerin nie beabsichtigt gewesen sei, dass sie arbeite. Dass im Übrigen das Darlehen erfüllt sei, sei unstreitig.
Überdies sei ein etwaiger Anspruch verjährt; soweit die Klägerin „nunmehr“ meine, dass es ständig telefonischen und persönlichen Kontakte gegeben hätte und der Sache nach verhandelt worden sei, sei „dies erstens unzutreffend“ und werde bestritten. Des Weiteren behaupte sie damit Umstände, die selbst außerhalb einer Urkunde lägen. Soweit die Klägerin auf telefonische und persönliche Kontakte verweise, seien diese nicht urkundlich belegt. Soweit sich die Klägerin auf das Zeugnis des Zeugen V. hinsichtlich mitangehörter Telefonate berufe, werde der Verwertung etwaiger Aussagen des Zeugen V. widersprochen.
Der Senat hat die Beiakte 5 O 64/12 LG Bielefeld beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und sich im Senatstermin zwei Urkunden, die zur Akte genommen worden sind, durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorlegen lassen; insoweit wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2023 verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils. Sie ist nach den für den Urkundenprozess geltenden Prüfungsmaßstäben, vorbehaltlich der Ausführung der Rechte des Beklagten im Nachverfahren, auch begründet.
1.
Der Urkundenprozess ist statthaft.
a)
Die Klageschrift enthält die ausdrückliche Erklärung gemäß § 593 Abs. 1 ZPO, dass im Urkundenprozess geklagt werde. Eine Abstandnahme gemäß § 596 ZPO wurde seitens der Klägerin nicht erklärt.
b)
Die Klägerin hat in ausreichendem Ausmaß einen Urkundenbeweis angetreten.
Gemäß dem Wortlaut des § 592 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO ist es zwar erforderlich, dass sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Das sind diejenigen Tatsachen, die der Kläger vortragen muss, um die von ihm begehrte und seinem Klageantrag entsprechende Rechtsfolgeanordnung schlüssig zu machen (vgl. Kratz, in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, Stand: 01.09.2023, § 592 ZPO Rn. 23). Das erfordert indes keinen lückenlosen Urkundenbeweis; nicht beweisbedürftige, weil etwa unstreitige Tatsachen brauchen, von dem Fall der Säumnis gemäß § 597 Abs. 2 ZPO abgesehen, nicht urkundlich belegt zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2014 – VIII ZR 41/14 – zitiert nach juris; OLG München, Urteil vom 21. November 2019 – 23 U 4170/18 – zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 2015 – I-21 U 40/15 – zitiert nach juris). Begriffsnotwendig erfordert ein Urkundenprozess allerdings die Vorlage zumindest einer (Grund-)Urkunde (vgl. OLG München, Urteil vom 21. November 2019 – 23 U 4170/18 – zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 10. Juni 2014 – I-11 U 74/14 – zitiert nach juris).
Diesem Erfordernis hat die Klägerin vorliegend genügt, indem sie jedenfalls das Original des vom Beklagten unterzeichneten Schuldanerkenntnisses, welches inhaltlich auch im Hinblick auf die handschriftlichen Ergänzungen vollständig mit der zur Akte gereichten Kopie (Anlage K1; Bl: 7 d.LGA.) übereinstimmt, vorgelegt hat. Soweit der Beklagte im Senatstermin am 21.12.2023 hat behaupten lassen, dass auch die andere vorgelegte Urkunde, die indes den handschriftlichen Zusatz „a Konto I. V. Zahlung 10.1.14 5.000,-“ gerade nicht aufweist, ebenfalls eine Originalurkunde sei, hat er gleichwohl bestätigen lassen, dass es sich bei der vollständig mit dem Inhalt der zur Akte gereichten Kopie (Anlage K1; Bl: 7 d.LGA.) übereinstimmenden Urkunde um eine Originalurkunde handelt, und auch ausdrücklich klarstelle lassen, dass der Beklagte eine mit dem Inhalt der zur Akte gereichten Kopie (Anlage K1; Bl: 7 d.LGA.) übereinstimmende Urkunde auch tatsächlich unterschrieben hat.
Damit hat die Klägerin einen Urkundenbeweis im Sinne der §§ 592 ff. ZPO angetreten. Mithin kann auch dahinstehen, ob die weitere im Senatstermin am 21.12.2023 vorgelegte Urkunde ebenfalls eine Originalurkunde oder lediglich eine Kopie ist. Denn dass der Beklagte das Schuldanerkenntnis mit dem in der Anlage K1 (Bl. 7 d.LGA.) wiedergegebenen Inhalt unterzeichnet hat, ist – auch weiterhin – unstreitig.
Der ausschließlich geltend gemachte Zahlungsantrag ist überdies auf die Bezahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet und damit tauglicher Gegenstand eines Urkundenprozesses gemäß § 592 Satz 1 ZPO.
2.
Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Soweit die Parteien erstinstanzlich über die Eröffnung des Rechtswegs der ordentlichen Gerichtsbarkeit gestritten haben, hat das Landgericht mit Beschluss vom 10.11.2022 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. An diese ausdrücklich durch Beschluss getroffene Entscheidung des Landgerichts über die eigene Rechtswegzuständigkeit ist der Senat nach § 17a Abs. 5 GVG, der auch im Verhältnis zur Arbeitsgerichtsbarkeit gilt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1993 – III ZR 9/92 – zitiert nach juris), gebunden.
3.
Die Klage auf Zahlung von 28.394,71 EUR (48.394,71 EUR abzüglich gezahlter 20.000,00 EUR) ist im Urkundenprozess begründet.
Bei Anlegung des in diesem Verfahren geltenden Prüfungsmaßstabs hat die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung in dieser Höhe gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB.
a)
Die Voraussetzungen des § 592 ZPO sind bereits dann erfüllt, wenn der Inhalt der vorgelegten Urkunden für das Gericht ausreicht, um im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO den von dem Kläger behaupteten Sachverhalt feststellen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2006 – II ZR 62/04 – zitiert nach juris). Die Urkunde muss nicht den Anspruch bzw. die anspruchsbegründenden Tatsachen unmittelbar belegen; vielmehr reicht es aus, dass mit der Urkunde eine Indiztatsache bewiesen wird, die den Schluss auf die anspruchsbegründende Tatsache zulässt (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 15. Juni 2021 – 3 U 3687/20 – zitiert nach juris). Gleiches gilt, wenn erst durch Auslegung der Anspruch aus der Urkunde zu entnehmen ist (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 15. Juni 2021 – 3 U 3687/20 – zitiert nach juris).
So liegt es hier. Bei dem im Original sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Senat vorgelegten Schuldanerkenntnis handelt es sich um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, mit der Folge, dass der Beklagte als Schuldner mit sämtlichen Einwendungen rechtlicher und tatsächlicher Natur und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen ist, die ihm bei Abgabe seiner Erklärung bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete (vgl. BAG, Urteil vom 21. April 2016 – 8 AZR 474/14 – zitiert nach juris).
aa)
Welche Wirkungen von einem „Anerkenntnis“ des Schuldners ausgehen, hängt vom Willen der Beteiligten ab, der nur durch Auslegung des in der Schuldurkunde zum Ausdruck gebrachten Parteiwillens ermittelt werden kann (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. Juni 2021 – 13 UF 83/19 – zitiert nach juris). Der objektive Erklärungsgehalt bestimmt sich nach dem objektiven Empfängerhorizont. Entscheidend ist, wie der Empfänger die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen durfte (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. Juni 2021 – 13 UF 83/19 – zitiert nach juris). Dabei sind vor allem der erkennbar mit dem Anerkenntnis verfolgte Zweck, die beiderseitige Interessenlage im konkreten Fall und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses bedeutsam. Eine Vermutung dafür, dass die Beteiligten einen bestätigenden Schuldanerkenntnisvertrag abschließen wollten, gibt es nicht (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. Juni 2021 – 13 UF 83/19 – zitiert nach juris).
Insofern ist zwar beachtlich, dass der Beklagte mit seiner Erklärung gegenüber der Klägerin anerkannt hat, „einen Betrag von 48394,71EUR zu schulden“. Allerdings spricht gegen die Annahme eines abstrakten Schuldanerkenntnisses der Umstand, dass sogleich ausgeführt wird, dass sich diese Summe zusammensetzt „aus Gehalt N. W. 18 Monate a 1102,08 EUR =19837,44 EUR und Gehalt P. V. 21 Monate a 1359,87 EUR = 28557,27“. Die Erklärung bezieht sich also ausdrücklich auf bestehende Gehaltsansprüche, die Grundlage des Anerkenntnisses sein sollen, was damit für ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis streitet. Damit haben die Parteien nach dem Urkundsinhalt erkennbar keine neue Schuld begründen, sondern einen aus ihrer Sicht bestehenden Anspruch der Klägerin und des Zeugen V. aus § 488 BGB endgültig festlegen wollen. Denn hiermit wird eine bestehende Schuld lediglich bestätigt (vgl. BAG, Urteil vom 21. April 2016 – 8 AZR 474/14 – zitiert nach juris) und die Parteien wollten das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen und sich dahingehend einigen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 – VII ZR 165/05 – zitiert nach juris; OLG Hamm, Beschluss vom 13. Juli 2023 – 20 U 64/22 – zitiert nach juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. Juni 2021 – 13 UF 83/19 – zitiert nach juris).
bb)
Überdies steht aufgrund des übereinstimmenden Parteiwillens fest, dass ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewollt war.
Zwar hat die Klägerin – insofern scheinbar abweichend vom Urkundsinhalt – zunächst behauptet, dass dem „Schuldanerkenntnis keine Gehaltszahlungen der Klägerin oder des Herrn P. V.“, sondern ein dem Beklagten und T. R. und F. U. am 01.03.2010 gewährtes Darlehen zugrunde gelegen habe. Sodann hat sie behauptet, das Schuldanerkenntnis über den Gesamtbetrag von 48.394,71 EUR setze sich bereits nach dem Wortlaut des Schuldanerkenntnisses zusammen aus ihrem tatsächlichen Gehalt für 18 Monate a 1.002,08 f = 19.837,44 EUR und dem tatsächlichen Gehalt des Zeugen V. für 21 Monate a 1.359,87 EUR – 28.557,27 EUR. In der Berufungsinstanz behauptet sie, das Schuldanerkenntnis habe nicht den Darlehensrückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag vom 01.03.2010, sondern ein völlig selbständiges Darlehen abgesichert; die Gewährung des Darlehens sei dadurch erfolgt, dass das steuerlich und buchhalterisch „umgekehrte Arbeitgeberdarlehen“ nicht geltend gemacht worden sei. Damit steht aufgrund ihres Vortrags fest, dass dem Schuldanerkenntnis ein Anspruch aus Darlehen zugrunde lag. Dann aber lag auch aus Sicht der Klägerin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vor.
Der Beklagte hat zwar behauptet, dass die dem Schuldanerkenntnis zugrundeliegenden Ansprüche nicht bestünden, weil Arbeitsverhältnisse zum Schein aufgesetzt seien und dies gegen § 134 BGB verstoße. Ungeachtet des Umstandes, dass er meint, dass es keine dienstvertraglichen Ansprüche gebe, behauptet er doch ebenfalls, dass dem Schuldanerkenntnis lediglich zum Schein eingegangene Ansprüche zugrunde lägen. Hilfsweise hat er behauptet, das Schuldanerkenntnis sichere Darlehensrückzahlungsansprüche aus dem Darlehen vom 01.03.2010 ab. Damit aber hat er – auch hilfsweise – behauptet, dass dem Schuldanerkenntnis eine Darlehensforderung zugrunde liege.
Dann aber steht auch nach dem beiderseitigen Parteivortrag fest, dass das Schuldanerkenntnis nach ihrem Willen die Verpflichtung nicht selbstständig begründen sollte, also die Verpflichtung nicht von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen abgelöst sein sollte (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004 – XI ZR 361/03 – zitiert nach juris; BAG, Urteil vom 21. April 2016 – 8 AZR 474/14 – zitiert nach juris), sondern ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis erklärt worden ist.
b)
Nach dem im Urkundenprozess geltenden Prüfungsmaßstab hat die Klägerin einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB.
aa)
Der Vortrag der Klägerin ist nicht wegen wechselnden Vortrags oder aufgrund anderweit im Urkundenprozess beachtlicher Umstände unberücksichtigt zu lassen.
(1)
Zwar ist eine Behauptung nach § 138 Abs. 1 ZPO dann unbeachtlich, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Partei selbst nicht an ihre Richtigkeit glaubt, oder das Gericht sie für eine willkürliche, ohne greifbare Anhaltspunkte ausgesprochene Vermutung hält, die Behauptung also ins Blaue hinein aufgestellt worden ist (vgl. von Selle, in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, Stand: 01.09.2023, § 138 ZPO Rn. 36). Insbesondere widersprüchliches oder wechselndes Vorbringen kann einen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht indizieren und damit dessen Nichtberücksichtigung rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 1992 – VII ZR 180/91 – zitiert nach juris).
Allerdings ist eine Partei nicht daran gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu berichtigen, zumal sie damit gerade ihrer Wahrheitspflicht genügen kann. Derartige Vortragsänderungen können daher nur bei der Beweiswürdigung Bedeutung erlangen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. August 2023 – I-2 U 14/19 – zitiert nach juris; von Selle, in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, Stand: 01.09.2023, § 138 ZPO Rn. 36).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nicht von einer Unschlüssigkeit des Vortrags der Klägerin in erster Instanz wegen Widersprüchlichkeit auszugehen. Denn einer Partei ist gestattet, bisher bestehende Widersprüche ausräumen und ihren Vortrag in substantiierter Weise zu ergänzen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 1992 – VII ZR 180/91 – zitiert nach juris). Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn klar ist, dass die Partei offensichtlich ohne tragfähige Anhaltspunkte ihren Vortrag wechselt. Hier aber hat die Klägerin zuletzt erstinstanzlich Vortrag gehalten, der sich mit dem Inhalt des Schuldanerkenntnisses, wonach Gehaltszahlungen gesichert werden sollten, deckt. Soweit die Klägerin in zweiter Instanz behauptet hat, dass die Valutierung des mündlich gewährten Darlehens dadurch erfolgt sei, dass steuerlich und buchhalterisch ein „umgekehrtes Arbeitgeberdarlehen“ gewährt worden sei, liegt kein vom bisherigen Vortrag abweichender, sondern allenfalls ein Vortrag vor, mit dem sie ihren erstinstanzlichen Vortrag nur näher zu konkretisieren und zu erläutern versucht (vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2015 – VI ZB 28/14 – zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 28. August 2012 – X ZR 99/11 – zitiert nach juris). Sie hat schon erstinstanzlich behauptet, dass das Schuldanerkenntnis ein Darlehen absichere; der Beklagte und die Geschäftspartner R. und U. hätten das Darlehen zu dem Zwecke aufgenommen, dass sie hiermit ihr und dem Zeugen V. die Gehälter hätten zahlen können. Die R. Fahrzeugtechnik GmbH habe als ihr Arbeitgeber weder das ihr noch das dem Zeugen V. zustehende Gehalt gezahlt. Deswegen sei zwar nicht ihrem Arbeitgeber, der R. Fahrzeugtechnik GmbH, sondern dem Beklagten und den Herren R. und U. das Darlehen gewährt worden, um Gehaltszahlungen vornehmen zu können. Sie hat überdies ihr Schreiben vom 03.04.2018 (Anlage K2, Bl. 53, 67 d.LGA.) vorgelegt, wo ausgeführt ist, dass der Zeuge V. seine Lohnansprüche an sie abgetreten und sie die Abtretungserklärung am 05.03.2012 an den Beklagten zugesandt habe. Dann aber hat sie erstinstanzlich ein Darlehen aus eigenem Recht hinsichtlich ihrer Gehaltsansprüche und ein Darlehen aus abgetretenem Recht hinsichtlich der Gehaltsansprüche des Zeugen V. behauptet und ihren Vortrag mit dem Verweis auf das „umgekehrte Arbeitsgeberdarlehen“ in zweiter Instanz lediglich wiederholt.
(2)
Soweit der Beklagte behauptet, dass die Klägerin zur Voraussetzung der Darlehensgewährung gemacht habe, dass sie und ihr Lebenspartner V. eine entsprechende Anstellung bei der R. Fahrzeugtechnik GmbH erhielten, aber allen Beteiligten klar gewesen sei, dass für diese Anstellung nicht habe gearbeitet werden sollen, sondern der Vertrag vom 01.03.2010 (Anlage B2, Bl. 95 d.LGA.) nur „zum Schein aufgesetzt“ worden sei, hat der Beklagte zwar bestritten, dass es überhaupt Vergütungsforderungen gegeben hat. Denn es soll sich um ein Scheingeschäft handeln, was auch der Klägerin und dem Zeugen V. klar gewesen sei, so dass die Dienstverhältnisse nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig seien.
Indes ist der Kläger mit dieser Einwendung im vorliegenden Urkundenprozess ausgeschlossen.
Wer sich zu seinen Gunsten nach § 117 Abs. 1 BGB auf die Nichtigkeit einer Willenserklärung beruft, muss die hierfür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale – insbesondere das Einverständnis – darlegen und ggf. beweisen (vgl. Rehberg, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.09.2023, § 117 BGB Rn. 69). Denn es handelt sich um eine vom Beklagten darzulegende und zu beweisende Einwendung (vgl. Nober, in: Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 3. Auflage 2024, Kapitel 32. Die Rechtsbehelfe, Rechtsmittel und Klagen in der Zwangsvollstreckung, Rn. 50). Diese Einwendung ist aber nach § 598 ZPO als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen, da der dem Beklagten obliegende Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten worden ist. Denn einen Beweis durch Urkunden oder durch Beantragung der Parteivernehmung hat er insofern nicht angetreten.
(a)
Aus dem Inhalt des beklagtenseits vorgelegten Schreibens des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Bielefeld vom 26.01.2015 (Anlage B6, Bl. 113 d.LGA.) mag sich zwar ergeben, dass am 26.01.2015 durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ein Strafverfahren eingeleitet worden ist. Indes ergibt sich aus diesem Schreiben lediglich, dass der Beklagte als Geschäftsführer der „D. R. GmbH Fahrzeugtechnik“ nicht betrieblich veranlasste Zahlungen als Betriebsausgaben der GmbH erklärt haben soll. Dass damit Gehaltsforderungen der Klägerin und des Zeugen V. nicht bestehen sollen, ist hieraus nicht erkennbar.
(b)
Aus der vom Beklagten vorgelegten Fotokopie des Kanzleiwesens V.7.23 (Anlage B7, Bl. 114 d.LGA.) ergibt sich lediglich, dass ein Betrag von 22.129,00 EUR wegen „Steuern aus BP-Verfahren“ unter „Umsatz Soll“ gebucht worden sei. Es finden sich hierin aber lediglich gekennzeichnete Umsatzbuchungen „Soll“ wie folgt (Bl. 116 d.LGA.):
1. Rate Gewerbesteuer 3.303,15 EUR
2. Rate Gewerbesteuer 3.240,56 EUR
3. Rate Gewerbesteuer 3.300,00 EUR
4. Rate Gewerbesteuer 3.543,17 EUR
1. Rate Gewerbesteuer 2.157,75 EUR
2. Rate Gewerbesteuer 2.000,00 EUR
3. Rate Gewerbesteuer 2.157,75 EUR
4. Rate Gewerbesteuer 2.157,75 EUR
Gesamt 21.860,13 EUR
Hieraus ergibt sich allenfalls eine Zahlung auf die Gewerbesteuer, zudem nur in Höhe von 21.860,13 EUR, nicht aber, dass an die Klägerin oder den Zeugen V. Gehälter gezahlt oder nicht gezahlt worden sind, zumal auch der Beklagte behauptet, dass die Arbeitsverhältnisse lediglich zum Schein abgeschlossen worden seien und daher auch nach seinem Vortrag keine Gehaltszahlungen erfolgt seien. Mithin lässt sich aus der Fotokopie des Kanzleiwesens V.7.23 (Anlage B7, Bl. 114 d.LGA.) nicht ableiten, dass irgendwelche Arbeitsverträge zum Schein eingegangen worden sein könnten.
(c)
Aus den eingereichten sozialversicherungsrechtlichen Unterlagen (Anlagen B3, Bl. 96-106, 107-112 d.LGA.) ergibt sich ebenfalls nicht der Abschluss von Scheinarbeitsverträgen.
(aa)
Bezüglich des Zeugen V. wird ausweislich des Ausdrucks der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2012 (Anlage B3, Bl. 96 d.LGA.) ausgewiesen, dass er für das Jahr 2012 ein Bruttoarbeitslohn von 2.050,00 EUR erhalten habe, dies ergibt ohne den Arbeitgeberanteil für die Rentenversicherung einen Betrag von 1.363,34 EUR.
Bruttoarbeitslohn 2.050,00 EUR
einbehaltene Lohnsteuer – 228,66 EUR
einbehaltener SolZ – 12,57 EUR
einbehaltene Kirchensteuer – 20,57 EUR
AG-Anteil Rentenversicherung
AN-Anteil Rentenversicherung – 200,90 EUR
AN-Anteil Krankenversicherung – 168,10 EUR
AN-Anteil Pflegeversicherung – 25,11 EUR
AN-Anteil Arbeitslosenversicherung – 30,75 EUR
Ergibt 1.363,34 EUR
Für das Jahr 2011 ergeben sich ausweislich des Ausdrucks der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2011 (Anlage B3, Bl. 106 d.LGA.) folgende Werte ohne den Arbeitgeberanteil für die Rentenversicherung:
Bruttoarbeitslohn 24.699,00 EUR
einbehaltene Lohnsteuer – 2.766,38 EUR
einbehaltener SolZ – 152,06 EUR
einbehaltene Kirchensteuer – 248,86 EUR
AG-Anteil Rentenversicherung
AN-Anteil Rentenversicherung – 2.447,76 EUR
AN-Anteil Krankenversicherung – 2.017,20 EUR
AN-Anteil Pflegeversicherung – 301,32 EUR
AN-Anteil Arbeitslosenversicherung – 369,00 EUR
Ergibt 16.396,42 EUR ./. 12 Monate 1.366,37 EUR
Für das Jahr 2011 ergibt sich aus dem Lohnkonto für den Zeugen V. (Anlage B3, Bl. 97-101 d.LGA.) ebenfalls, dass ein monatliches Gehalt von 2.050,00 EUR verbucht wurde. Gleiches gilt sinngemäß für das Lohnkonto für den Zeugen V. für das Jahr 2010 (Anlage B3, Bl. 102-105 d.LGA.).
Dass das Arbeitsverhältnis mit dem Zeugen V. nur zum Schein eingegangen worden sein soll, ergibt sich aus diesen Unterlagen indes nicht.
(bb)
Bezüglich der Klägerin weist das Lohnkonto für das Jahr 2010 (Anlage B3, Bl. 107-110 d.LGA.) einen monatlichen Bruttobetrag von 1.520,00 EUR und einen monatlichen Auszahlungsbetrag von 1.102,08 EUR für den Zeitraum von April 2010 bis Dezember 2010 aus. Für das Jahr 2011 ist ein Jahresentgelt von 13.680,00 EUR und ein Austrittsdatum zum 31.08.2011 ausgewiesen (Anlage B3, Bl. 111 d.LGA.). Dass das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nur zum Schein eingegangen worden sein soll, ergibt sich aus diesen Unterlagen ebenfalls nicht.
(d)
Der Beklagte hat des Weiteren zwar behauptet, die Klägerin habe als Zeugin vor dem Amtsgericht Bünde bekundet, nie bei der R. Fahrzeugtechnik GmbH gearbeitet zu haben und diese auch nicht zu kennen. Allerdings hat die Klägerin diesen Vortrag ausdrücklich bestritten und weiterhin behauptet, dass Lohnansprüche bestünden. Demgemäß hätte der Beklagte für seine Behauptung Beweis antreten müssen in Form des Urkundenbeweises oder Parteivernehmung. Dies hat er indes nicht getan.
bb)
Auch aufgrund anderweit im Urkundenprozess beachtlicher Umstände kann nicht von der Unrichtigkeit des Vortrags der Klägerin ausgegangen werden.
Der Senat verkennt zwar nicht, dass der Vortrag der Klägerin nach der Lebenswirklichkeit höchst ungewöhnlich ist, wonach sie dem Beklagten und zwei weiteren Darlehensnehmern ein Darlehen in Höhe von 100.000,00 EUR gewährt habe, wobei sie davon ausgegangen sei, dass das damit generierte Eigenkapital der finanzierenden Bank lediglich „vorgezeigt“, also tatsächlich das Darlehen nicht in Anspruch genommen würde. Ungeachtet des Umstandes, ob damit strafbare Handlungen zum Nachteil der finanzierenden Bank beabsichtigt gewesen sind, sollte die – tatsächlich nicht umzusetzende – Darlehensgewährung von einer Anstellung der Klägerin und des Zeugen V. abhängig gemacht worden sein. Ob vor diesem Hintergrund beabsichtigt war, dass die Darlehensnehmer und die Klägerin und der Zeuge V. tatsächlich die Arbeitsverträge nur zum Schein geschlossen haben, damit die GmbH die (tatsächlich nie ausgezahlten) Gehälter steuerlich als Betriebsausgaben absetzt und die Klägerin und der Zeuge V. davon profitieren, dass für sie tatsächlich Sozialabgaben abgeführt werden, ist indes aufgrund der Beweisbeschränkungen des Urkundenprozesses nicht feststellbar.
(1)
Denn unstreitig zahlte der Beklagte insgesamt 20.000,00 EUR an die Klägerin auf das deklaratorische Schuldanerkenntnis. Dass er derartige Zahlungen geleistet hätte, obgleich die Arbeitsverhältnisse nur zum Schein eingegangen worden sein sollen, liegt damit jedenfalls nicht nahe.
Soweit er am 01.03.2012 10.000,00 EUR an die Klägerin zahlte, steht nach dem unwidersprochen vorgetragenen Inhalt der E-Mail vom 09.03.2012 überdies fest, dass der Beklagte nach dieser Zahlung der Klägerin mitteilte: „Die Überweisung vom 01.03.2012 über 10.000,00 EUR können sie auch als Lohngeld verbuchen“ (Bl. 236 d.LGA.). Dies aber zeigt jedenfalls nicht, dass die Arbeitsverträge nur zum Schein eingegangen worden sind, anderenfalls die Verbuchung „als Lohngeld“ unverständlich wäre. Zwar hat der Beklagte behauptet, unstreitig seien 20.000,00 EUR bereits ohne Rechtsgrund getilgt worden, womit er darauf zu verweisen scheint, dass er zwar diese Leistungen auf den hier geltend gemachten Anspruch auch tatsächlich erbracht habe, allerdings nicht in der Annahme, hierzu verpflichtet gewesen zu sein. Indes ist nicht im Ansatz nachvollziehbar, weswegen nach dem Ansatz des Beklagten derartige Zahlungen geleistet worden sein sollen.
Denn wenn der Beklagte gemeint hätte, hierzu nicht verpflichtet zu sein, wäre eine gleichwohl erfolgte Zahlung auch unter Berücksichtigung der Zahlungen auf das Darlehen in Höhe von 100.000,00 EUR unverständlich. Denn auf das Darlehen in Höhe von 100.000,00 EUR leisteten der Beklagte, T. R. und F. U. bereits am 30.10.2010 27.500,00 EUR und am 01.11.2011 weitere 10.000,00 EUR. Nachdem keine weitere Zahlung geleistet wurde, machte die Klägerin den noch offenen Restdarlehensrückzahlungsanspruch im Rechtsstreit vor dem Landgericht Bielefeld – 5 O 64/12 – geltend. Mit rechtskräftigem Teil-Versäumnisurteil des Landgerichts Bielefeld vom 19.04.2012 (Bl. 25-26 der BA LG Bielefeld 5 O 64/12) wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 70.912,24 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Mit Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 04.07.2012 (Anlage B1, Bl. 89-94 d.LGA. = Anlage K6, Bl. 269-274 d.LGA.) wurden auch T. R. und F. U. zur Zahlung von 70.912,24 EUR verurteilt. Damit aber war jedenfalls im Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen der 5.000,00 EUR am 25.10.2012 und 10.01.2014 für den Beklagten klar, dass diese Zahlungen in keinem Zusammenhang mit der Darlehensgewährung über 100.000,00 EUR stehen konnten.
Welchen anderweitigen Grund diese Zahlungen hätten haben können, wird vom Beklagten nicht erhellt und ist auch anderweit nicht erkennbar. Der unstreitige Umstand der Zahlung von insgesamt 20.000,00 EUR auf die streitgegenständliche Forderung streitet mithin nachhaltig gegen die Annahme, dass die Arbeitsverhältnisse lediglich zum Schein eingegangen worden sein könnten.
(2)
Das Schuldanerkenntnis wurde zudem erst am 01.03.2012 (Kopie, Anlage K 1, Bl. 7 d.eA.) abgegeben; der maßgebliche Vertrag, mit dem sich neben dem Beklagten auch T. R. und F. U. verpflichteten, die Klägerin und den Zeugen V. bis zum Arbeitsvertragsende zum 31.08.2011 zu übernehmen, datiert aber vom 01.03.2010 (Anlage B2, Bl. 95 d.LGA.). Dann aber war dem Beklagten, der sich ausweislich des Vertrages vom 01.03.2010 (Anlage B2, Bl. 95 d.LGA.) schon vor Unterzeichnung dieses Vertrages zum Abschluss eines Arbeitsverhältnisses verpflichtet hatte, – den Abschluss von Scheinarbeitsverhältnissen als zutreffend unterstellt – bekannt, dass die Arbeitsverhältnisse nur zum Schein eingegangen worden seien. Weswegen er gleichwohl das Schuldanerkenntnis unterzeichnet hat, erhellt der Beklagte nicht und ist auch nicht anderweit erkennbar.
Insofern kann auch dahinstehen, ob der Beklagte, dem bei Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses diese Einwendung zum Bestehen etwaiger Vergütungsansprüche dem Grunde nach bekannt war, mit der Geltendmachung dieser Einwendung schon deswegen ausgeschlossen ist, weil er das deklaratorische Schuldanerkenntnis hiernach unterzeichnet hat und er damit mit sämtlichen Einwendungen rechtlicher und tatsächlicher Natur und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen sein könnte, die ihm bei Abgabe seiner Erklärung bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete (vgl. BAG, Urteil vom 21. April 2016 – 8 AZR 474/14 – zitiert nach juris).
(3)
Beachtlich ist zudem, dass die Klägerin den Arbeitsvertrag vom 01./02.03.2010 hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses des Zeugen V. (Bl. 176-177, 262-263 d.LGA.), welches vom 01.03.2010 bis zum 31.08.2021 befristet war, vorgelegt hat. Zudem hat sie das „Zeugnis“ vom 15.02.2012 (Anlage K5, Bl. 180, 266 d.LGA.) vorgelegt, wonach ihr Lebensgefährte V. vom 03.05.2010 bis zum 31.01.2012 (= 21 Monate) bei der R. Fahrzeugtechnik GmbH beschäftigt gewesen sei. Sie hat überdies einzelne Unterlagen vorgelegt, wonach er auch tatsächlich tätig geworden sei. Sie hat zwar nur Ablichtungen vorgelegt; da aber die Echtheit unstreitig ist, genügte die Vorlage einer Ablichtung (vgl. (vgl. OLG München, Urteil vom 21.11.2019 – 23 U 4170/18 zitiert nach juris).
Da der Beklagte für seine erhebliche Einwendung des Scheingeschäfts darlegungs- und beweisbelastet ist, aber lediglich Beweis angetreten hat durch beantragte Vernehmung der Zeugen R. und S., nicht aber durch Urkundenbeweis oder Parteivernehmung, ist seine Einwendung als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen und er ist insoweit auf das Nachverfahren zu verweisen. Ob die Arbeitsverhältnisse tatsächlich nur zum Schein und in betrügerischer Absicht eingegangen worden sind, wird daher im Nachverfahren ohne Bindung an die Beweisbeschränkungen des Urkundenprozesses zu klären sein.
c)
Auch die Höhe des geltend gemachten Anspruchs ist mit dem im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln dargetan.
Die Klägerin macht eigene Vergütungsforderungen in Höhe von 18 Monate x 1.102,08 EUR = 19.837,44 EUR geltend. Die Höhe der monatlichen Vergütung ist durch das Lohnkonto für die Klägerin für das Jahr 2010 (Anlage B3, Bl. 107-110 d.LGA.) ausgewiesen, da dort ein monatlicher Auszahlungsbetrag von 1.102,08 EUR für den Zeitraum von April 2010 bis Dezember 2010 ausgewiesen ist. Für das Jahr 2011 ist ein Jahresentgelt von 13.680,00 EUR und ein Austrittsdatum zum 31.08.2011 ausgewiesen (Anlage B3, Bl. 111 d.LGA.); dies ergibt 1.700,00 EUR (brutto) monatlich.
Hinsichtlich der Vergütungsansprüche des Zeugen V. macht die Klägerin 21 Monate x 1.359,87 EUR = 28.557,27 EUR geltend. Aus dem Arbeitsvertrag vom 01./02.03.2010 (Bl. 176 d.LGA.) ergibt sich zwar „nur“ eine Nettovergütung von anfänglich 1.350,00 EUR. Wie bereits ausgeführt, belegen die Ausdrucke der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2011 (Anlage B3, Bl. 106 d.LGA.) und für 2012 (Anlage B3, Bl. 96 d.LGA.) einen Nettobetrag von sogar 1.366,37 EUR für das Jahr 2011 und 1.363,34 EUR für das Jahr 2012.
d)
Der Anspruch der Klägerin ist in dem von der Klägerin bereits mit ihrer Antragstellung berücksichtigtem Umfang in Höhe von insgesamt 20.000,00 EUR erfüllt.
Obgleich die eingereichten sozialversicherungsrechtlichen Unterlagen (Anlagen B3, Bl. 96-106, 107-112 d.LGA.) – wie bereits ausgeführt – entsprechende Zahlungen an die Klägerin und den Zeugen V. ausweisen, ist unstreitig, dass es keine darüberhinausgehenden Zahlungen auf die geltend gemachten Vergütungsforderungen gab. Die Klägerin behauptet, dass – mit Ausnahme der bereits berücksichtigten Zahlungen in Höhe von insgesamt 20.000,00 EUR – keine (weiteren) Gehaltszahlungen erfolgt seien. Der Beklagte behauptet ohnehin, dass die Arbeitsverträge – obgleich ausweislich der sozialversicherungsrechtlichen Unterlagen (Anlagen B3, Bl. 96-106, 107-112 d.LGA.) Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien – nur zum Schein eingegangen worden und rechtsgrundlos 20.000,00 EUR gezahlt worden seien. Dann aber sind auch nach Vortrag des Beklagten über die von der Klägerin bereits berücksichtigten 20.000,00 EUR hinaus keine weiteren Zahlungen an die Klägerin oder den Zeugen V. erfolgt.
e)
Die Klägerin ist auch aktivlegitimiert. Der Beklagte hat zwar ursprünglich gerügt, etwaige Ansprüche des Zeugen V. stünden jedenfalls der Klägerin nicht zu und die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Die Klägerin hat indes mit dem vorgelegten Schreiben vom 03.04.2018 (Anlage K2, Bl. 53, 67 d.LGA.) ausgeführt, dass der Zeuge V. die Lohnansprüche an sie abgetreten und sie die Abtretungserklärung am 05.03.2012 an den Beklagten zugesandt habe. Diesem Vortrag ist der Beklagte – trotz Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2023 – nicht entgegengetreten.
f)
Der Anspruch der Klägerin ist auch fällig. Jedenfalls im Urkundenprozess ist der Umstand maßgeblich, dass die Parteien unstreitig das Schuldanerkenntnis vom 01.03.2021 unterzeichnet und darin übereinstimmend erklärt haben, dass der Beklagte die Forderung der Klägerin unmittelbar auszugleichen und Zinsen zu zahlen hatte. Damit sind beide Parteien davon ausgegangen, dass die Forderung der Klägerin jedenfalls im Jahre 2012 fällig war.
g)
Verjährt ist der Anspruch der Klägerin nicht.
aa)
Das deklaratorische Schuldanerkenntnis erzeugt keinen neuen, selbstständigen Anspruch, Anspruchsgrundlage bleibt die ursprüngliche Forderung (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1988 – IVb ZR 82/86 – zitiert nach juris). Die für das anerkannte Schuldverhältnis geltende Verjährung bleibt maßgebend (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 1992 – VI ZR 253/91 – zitiert nach juris). Der Anspruch verjährt nach drei Jahren gem. § 195 BGB. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger, hier die Klägerin, von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. Der Anspruch ist in diesem Sinne entstanden, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2018 – IX ZR 129/17 – zitiert nach juris). Voraussetzung hierfür ist grundsätzlich die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2018 – IX ZR 129/17 – zitiert nach juris).
Hier ist – insoweit zu Gunsten des Beklagten – von dem Vortrag der Klägerin auszugehen, wonach der Beklagte sich ab dem 31.05.2012 mit dem Rückzahlungsanspruch im Verzug befunden habe, so dass der Anspruch am 01.06.2012 fällig geworden ist. Damit hat die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2012 zu laufen begonnen und der Anspruch wäre dann mit Ablauf des 31.12.2015 verjährt.
bb)
Die Verjährungsfrist hat aber durch die Zahlung der 5.000,00 EUR am 10.01.2014 nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu zu laufen begonnen. Denn diese Zahlung ist als Anerkenntnis zu werten.
Ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 BGB kann anzunehmen sein, wenn der Schuldner gegenüber dem Gläubiger klar und eindeutig zu erkennen gibt, dass der Anspruch besteht und deshalb der Gläubiger darauf vertraut, dass sich der Schuldner nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht auf den Eintritt der Verjährung beruft (vgl. BGH, Urteil vom 09. Mai 2007 – VIII ZR 347/06 – NJW 2007, 2843; BGH, Urteil vom 01. März 2005 – VI ZR 101/04 – zitiert nach juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19. Juli 2019 – 7 U 164/18 – zitiert nach juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 21. September 2018 – 1 U 678/18 – zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 03. Dezember 2015 – I-3 U 15/15 – zitiert nach juris). Ein Anerkenntnis dem Grunde nach reicht für den Neubeginn der Verjährung aus (vgl. BGH, Urteil vom 09. Mai 2007 – VIII ZR 347/06 – NJW 2007, 2843; OLG Köln, Urteil vom 03. Dezember 2015 – I-3 U 15/15 – zitiert nach juris). In der Zahlung ist ein derartiges Anerkenntnis zu sehen (vgl. Meller-Hannich, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 15.09.2023, § 212 BGB Rn. 12). Da die Verjährung mit Zahlung der 5.000,00 EUR am 10.01.2014 nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu begann (vgl. Meller-Hannich, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 15.09.2023, § 212 BGB Rn. 1), wäre Verjährung mit Ablauf des 10.01.2017 eingetreten.
cc)
Die Verjährung begann allerdings in der Folgezeit abermals erneut, spätestens durch Abgabe der am 20.03.2015 gegenüber dem Zeugen V. erfolgten Erklärung.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe den Zeugen V. beauftragt und bevollmächtigt, den Beklagten auf das Schuldanerkenntnis anzusprechen. Er habe den Beklagten deswegen am 20.03.2015 vor Ort gefragt, wann die Klägerin mit dem vollständigen Ausgleich des streitgegenständlichen Schuldanerkenntnisses rechnen könne. Der Beklagte habe sinngemäß erwidert:
„Wie ich bereits erläutert habe, werde ich das Schuldanerkenntnis vom 01.03.2012 vollständig erfüllen. Ich werde den Gesamtbetrag von 48.394, 71 EUR sowie auch die bedungenen Zinsen zahlen.“ (Bl. 240 d.LGA.).
Der Beklagte hat diesen Vortrag erstinstanzlich nicht bestritten. Soweit der Beklagte erstmals in zweiter Instanz in der Berufungserwiderung vom 10.05.2023 pauschal bestritten hat, dass es ständig telefonischen und persönlichen Kontakte gegeben habe, ist sein Bestreiten – worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2023 hingewiesen hat – unerheblich, da hier ein substantiiertes Bestreiten erforderlich war. Dann aber ist ein Anerkenntnis anzunehmen, da im Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung der Anspruch noch nicht verjährt war (Ende Verjährung mit Ablauf des 10.01.2017). Dann begann die Verjährung mit Ablauf des 20.03.2015 neu und der Anspruch wäre mit Ablauf des 20.03.2018 verjährt gewesen.
dd)
Ein erneuter Neubeginn der Verjährung erfolgte durch Abgabe der am 25.06.2018 erfolgten Erklärung. Nach Behauptung der Klägerin habe der Beklagte am 25.06.2018 auf ihren Anrufbeantworter gesprochen und versprochen, die im Schuldanerkenntnis verbriefte Schuld nunmehr auszugleichen. Diesem Vortrag ist der Beklagte erstinstanzlich nicht entgegengetreten. Erstmals in der Berufungsinstanz widerspricht er zwar einer etwaigen Einvernahme des Zeugen V. und meint, die Klägerin behaupte nicht, dass die angeblichen mitangehörten Telefonate durch den Zeugen V. im Einverständnis mitgehört worden seien. Allerdings hat er weiterhin nicht konkret und damit erheblich bestritten, dass dieses Telefonat stattgefunden hat, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2023 hingewiesen hat.
Dann begann die Verjährung mit Ablauf des 25.06.2018 neu und der Anspruch wäre mit Ablauf des 25.06.2021 verjährt gewesen. Dann aber hat die rechtzeitige Klageerhebung die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Die Zustellung der Klageschrift erfolgte ausweislich der Zustellungsurkunde (Bl. 20-21 d.LGA.) am 27.02.2019, so dass es nicht darauf ankommt, ob es im Nachgang noch weitere Gespräche am 18.06.2018 und 21.06.2018 gegeben hat.
4.
Der Klägerin steht auch der geltend gemachte Zinsanspruch aufgrund der durch das Schuldanerkenntnis nachgewiesenen Vereinbarung zu.
5.
Gemäß § 599 Abs. 1 BGB war ein Vorbehaltsurteil zu erlassen.
Nach § 599 Abs. 1 ZPO war dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten. Der erforderliche Widerspruch ergibt sich daraus, dass sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Wehr gesetzt hat, wofür schon sein Klageabweisungsantrag ausreichte; einer Begründung bedarf der Widerspruch nicht (vgl. OLG Köln, Urteil vom 24. November 2021 – I-22 U 79/21 – zitiert nach juris). Der Vorbehalt ist aufzunehmen, ohne dass es eines Antrags bedarf, es handelt sich vielmehr um eine amtswegig zu beachtende Einschränkung (vgl. OLG Köln, Urteil vom 24. November 2021 – I-22 U 79/21 – zitiert nach juris).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 4, 711, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Das Urteil hat keine über den Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts.