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Urlaubsabgeltung bei Elternzeit

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Az: 10 Sa 500/07

Urteil vom 13.12.2007

Vorinstanz: ArbG Ludwigshafen, Az.: 4 Ca 658/07


In dem Rechtsstreit hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2007 für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 5. Juli 2007 – Az.: 4 Ca 658/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Urlaub aus dem Jahr 2002 abzugelten.

Die Klägerin war in der Zeit vom 01.09.1996 bis zum 09.04.2007 bei der Beklagten als Pflegehelferin in der Fünf-Tage-Woche beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung der Klägerin vom 09.02.2007 zum Ablauf der Elternzeit. Die Klägerin nahm nach der Geburt ihres ersten Kindes ab dem 26.12.2002 Elternzeit in Anspruch. Während der Elternzeit wurde sie erneut schwanger. Ab dem 05.06.2004 schloss sich unmittelbar an die erste Elternzeit eine zweite Elternzeit bis zum 09.04.2007 an. Nachdem es die Beklagte abgelehnt hatte, den Resturlaub von 22 Urlaubstagen aus dem Jahr 2002 abzugelten, erhob die Klägerin am 30.03.2007 die vorliegende Klage. Sie verlangt pro Urlaubstag € 102,42 brutto und legt ihrer Berechnung eine Monatsvergütung von € 2.100,00 zugrunde.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 2.304,48 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Urteil vom 05.07.2007 die Klage abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.04.1996 (9 AZR 165/95 – AP Nr. 6 zu § 17 BErzGG) und vom 21.10.1997 (9 AZR 267/96 – AP Nr. 75 zu § 7 BUrlG Abgeltung) – im Wesentlichen ausgeführt, der gemäß § 17 Abs. 2 BErzGG übertragene Resturlaub der Klägerin aus dem Jahr 2002 sei mit Ablauf des 31.12.2005 ersatzlos untergegangen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 3 bis 5 des Urteils vom 05.07.2007 (Bl. 39-41. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin, der das Urteil am 12.07.2007 zugestellt worden ist, hat am 27.07.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit am 07.08.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie ist der Ansicht, der Verfall des Resturlaubs aus 2002 sei bis zum Ende der zweiten Elternzeit gehemmt gewesen und deshalb im Jahr 2007 abzugelten. Das Arbeitsgericht habe den zugrundeliegenden Sachverhalt, insbesondere die §§ 17 Abs. 3 BEEG; 17 Abs. 3 BErzGG rechtsfehlerhaft angewandt. Es gebe insbesondere keine der erstinstanzlichen Rechtsauffassung entsprechende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Grundsätzlich sei der Verfall des Urlaubs aufgrund des BErzGG bzw. BEEG gehemmt. Ihr Urlaub habe nicht verfallen können, solange sie sich in Elternzeit befunden habe. Das Bundesarbeitsgericht habe lediglich für die Fälle ein Ende der Hemmung und den Beginn des Laufs der Verjährungsfristen bejaht, in denen der erste Erziehungsurlaub geendet habe und das Arbeitsverhältnis tatsächlich fortgesetzt worden sei. Für den Fall eines späteren erneuten Erziehungsurlaubs habe das BAG eine erneute zweite Hemmung der Verjährung verneint. Vorliegend habe sich hingegen die zweite Elternzeit mit der ersten überschnitten. Es sei kein Ende der Hemmung und keine Wiederaufnahme der Tätigkeit eingetreten. Die Beklagte hätte ihr keinen Urlaub gewähren können, insbesondere nicht, wie in den vom BAG entschiedenen Fällen, infolge einer Erkrankung der dort klagenden Parteien. Es sei daher auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die gesetzliche Hemmung entfallen sein soll. Der streitgegenständliche Urlaub sei daher nicht verfallen, was vom Arbeitsgericht unzutreffend bejaht worden sei.

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.07.2007, Az.: 4 Ca 658/07, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie € 2.304,48 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Berufung bereits für unzulässig, weil die Berufungsbegründung nicht den gesetzlichen Erfordernissen entspreche. Im Übrigen verteidigt sie das erstinstanzliche Urteil. Außerdem bestreitet sie die Höhe des geltend gemachten Anspruchs und trägt vor, das Bruttomonatsentgelt der Klägerin habe nicht € 2.100,00, sondern ab Oktober 2002 € 1.979,49 betragen. Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 17.09.2007 (Bl. 69 – 72 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und – wenn auch knapp – begründet worden. Sie ist somit zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung zutreffend erkannt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, den Resturlaub der Klägerin aus dem Urlaubsjahr 2002 abzugelten. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2007 ist kein Abgeltungsanspruch entstanden. Der vermeintlich abzugeltende Urlaubsanspruch aus 2002 ist bereits mit Ablauf des Jahres 2005 untergegangen.

Nach § 17 Abs. 2 BErzGG, in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung, der wortgleich in § 17 Abs. 2 BEEG durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 05.12.2006 übernommen wurde, hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. Der wegen der Elternzeit im Jahr 2002 nicht in Anspruch genommene Urlaub der Klägerin ist deshalb auf das bei der Beendigung dieser Elternzeit laufende Jahr 2004 und das folgende Jahr 2005 übertragen worden.

Die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin Resturlaub aus dem Jahr 2002 zu gewähren, ist mit dem Ablauf des Jahres 2005 untergegangen.

§ 17 Abs. 2 BEEG (früher §17 Abs. 2 BErzGG) begünstigt Arbeitnehmer, die nach § 16 BEEG (früher § 16 BErzGG) Elternzeit in Anspruch nehmen. Diese werden durch § 17 Abs. 2 BEEG (§ 17 Abs. 2 BErzGG) davor geschützt, dass wegen der Inanspruchnahme der Elternzeit der Resturlaub verfällt. Das geschieht dadurch, dass der ansonsten geltende dreimonatige Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bis zum Ablauf des nächsten auf die Beendigung dieser Elternzeit folgenden Jahres ausgedehnt wird. Eine daran anschließende zweite Elternzeit verhindert nicht den Verfall; denn eine weitere Verlängerung für den Fall, dass vor Ablauf des Übertragungszeitraums eine zweite Elternzeit in Anspruch genommen wird, ist nicht vorgesehen. Ansonsten könnte durch eine kettenartige mehrmalige Inanspruchnahme von Elternzeit die Übertragung so ausgeweitet werden, dass der Bezug zum Urlaubsjahr verloren ginge. Aus der Zulässigkeit der mehrfachen Inanspruchnahme von Elternzeit kann nicht auf die mehrfache Übertragung von Urlaubsansprüchen geschlossen werden (vgl.: BAG Urteil vom 23.04.1996 – 9 AZR 165/95 – AP Nr. 6 zu § 17 BErzGG und vom 21.10.1997 – 9 AZR 267/96 – AP Nr. 75 zu § 7 BUrlG Abgeltung).

Ist mit Ablauf des 31.12.2005 der aus dem Urlaubsjahr 2002 übertragene Resturlaub verfallen, so bestand bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 09.04.2007 weder nach § 17 Abs. 3 BEEG noch nach § 7 Abs. 4 BUrlG eine Grundlage für die Abgeltung.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verhindert eine im Übertragungszeitraum in Anspruch genommene weitere Elternzeit nicht den Verfall des Erholungsurlaubes. Die Berufungskammer ist mit dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21.10.1997, a.a.O.) der Auffassung, dass eine weitere Verlängerung für den Fall, dass vor Ablauf des Übertragungszeitraums eine zweite Elternzeit in Anspruch genommen wird, im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Argumentation der Klägerin, ihr Sachverhalt sei nicht mit jenen zu vergleichen, über die das Bundesarbeitsgericht in den Jahren 1996 und 1997 geurteilt habe. Die Fälle sind im entscheidenden Punkt vergleichbar, nämlich, dass bei einer kettenartigen, mehrmaligen Inanspruchnahme von Elternzeit (damals: Erziehungsurlaub) für den Übertragungszeitraum allein auf die Elternzeit abzustellen ist, die die jeweilige Klägerin daran hinderte, im laufenden Jahr bzw. bis zum Ablauf des ansonsten geltenden dreimonatigen Übertragungszeitraums ihren Resturlaub zu nehmen. Dies war im Fall der Klägerin die Elternzeit, die sie im Jahre 2002 antrat, nicht aber jene aus dem Jahre 2004 nach der Geburt ihres zweiten Kindes.

Der Übertragungszeitraum nach § 17 Abs. 2 BEEG (früher: § 17 Abs. 2 BErzGG) verlängert sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei wiederholter Inanspruchnahme von Elternzeit nicht bis zum Ende der letzten Elternzeit. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, hätte es sich aufgedrängt, den Gesetzeswortlaut bei der Einführung des BEEG zum 01.01.2007 zu ändern. Dies ist nicht geschehen. Er hat den Wortlaut des § 17 Abs. 2 BErzGG unverändert übernommen.

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision wird zugelassen, weil die Kammer – ebenso wie die 18. Kammer des LAG Hamm mit Urteil vom 17.01.2007 (Az.: 18 Sa 997/06), [Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 9 AZR 219/07] – von der Entscheidung der 11. Kammer des LAG Hamm vom 20.02.2001 (Az.: 11 Sa 1061/00) abweicht.

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