Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Az: 15 Sa 380/11
Urteil vom 19.01.2012
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 01.02.0211 – 4 Ca 2007/10 – teilweise abgeändert:
Die Klage wird vollumfänglich abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
I.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch über Ansprüche des Klägers auf Urlaubsabgeltung nach langjähriger Arbeitsunfähigkeit.
Der am 05.07.1958 geborene Kläger war seit dem 01.03.2003 bei der Beklagten als Schlosser beschäftigt, zuletzt zu einem Stundenlohn von 13,09 € brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Der zunächst befristete Vertrag wurde fortgeführt. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 16 und 17 der Akte Bezug genommen.
In § 1 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages war bestimmt worden, dass für das Arbeitsverhältnis „Die für das christliche Gewerkschafts-Handwerk jeweils gültigen tariflichen Bestimmungen (Lohn-, Gehalts-, Rahmen- bzw. Manteltarifvertrag etc.)“ gelten.
Im Urlaubsabkommen für das Metallbauer-, Feinwerkmechaniker-, Metall- und Glockengießerhandwerk im Lande Nordrhein-Westfalen vom 01.10.2006 – geschlossen zwischen dem Fachverband Metall Nordrhein-Westfalen und der christlichen Gewerkschaft Metall – ist in § 3 Ziffer 5 geregelt:
Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde.
In § 5 Ziffer 1 war bestimmt worden:
„Für den Urlaub ist dem Arbeitnehmer das Regelentgelt zu zahlen. Bei Teilzeitbeschäftigten bemisst sich die Urlaubsvergütung nach der vereinbarten Arbeitszeit.“
Der Kläger nahm im Jahre 2007 sechs Urlaubstage in Anspruch. Seit dem 11.09.2007 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Nach dem Ende der Entgeltfortzahlung bezog der Kläger zunächst Krankengeld bis einschließlich 20.08.2008. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Kläger gemäß einer beklagtenseits vorgelegten Meldebescheinigung im Rahmen der Sozialversicherung abgemeldet. In dieser Bescheinigung war eine Beschäftigungszeit bis zum 20.08.2008 angegeben worden.
Im Anschluss daran bezog der Kläger im Rahmen der Nahtlosigkeit gemäß § 125 Abs. 3 SGB III Arbeitslosengeld I für 15 Monate und danach Arbeitslosengeld II.
Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis fristgerecht mit Schreiben vom 08.06.2010, das der Beklagten nach deren Behauptung nicht zugegangen ist. Eine erneute fristgemäße Kündigung sprach er mit Schreiben vom 13.08.2010 aus, die der Beklagten am 23.08.2010 zuging.
Mit seiner am 18.08.2010 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger einen Betrag in Höhe von 13.090,00 € brutto als Urlaubsabgeltung für die Jahre 2006 bis 2010 sowie die Zahlung des Weihnachtsgeldes für 2008 und 2009 in Höhe von insgesamt 964,78 € brutto geltend gemacht. Ausgehend von einem Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen pro Urlaubsjahr seien 125 Urlaubstage abzugelten, nämlich 11 Tage aus 2008, 24 Tage aus 2007, jeweils 30 Tage aus 2008, 2009 und 2010. Der Abgeltungsanspruch betrage 104,72 € pro Urlaubstag.
Der Kläger hat beantragt,
1.
Die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 13.090,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2010 zu zahlen,
2.
Die Beklagte zu verurteilen, ihm Weihnachtsgeld für die Jahre 2008 und 2009 in Höhe von 964,78 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2010 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass zwischen den Parteien aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel der Manteltarifvertrag zwischen dem Fachverband Metall und der Christlichen Gewerkschaft für das Metallbauer-, Feinwerkmechaniker-, Metall- und Glockengießerhandwerk NRW Anwendung finde. Angesichts des klägerseits vorgetragenen Bezuges von Arbeitslosengeld I, danach von Arbeitslosengeld II im Rahmen der Nahtlosigkeit und der Beantragung einer Erwerbsunfähigkeitsrente habe der Kläger einen Urlaubsabgeltungsanspruch schon den Grunde nach nicht, weil er nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten gestanden habe. Der Kläger habe seine Arbeitsbereitschaft nicht mehr aufrechterhalten, wie sich aus der Arbeitslosmeldung und der Stellung des Rentenantrages wegen Erwerbsunfähigkeit ergebe. Wenn der Kläger aber in keinem Beschäftigungsverhältnis zu der Beklagten mehr gestanden habe und die gegenseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis somit suspendiert worden seien, stelle sich die Frage, weshalb er noch Anspruch auf Erholungsurlaub – gleich ob gesetzlicher Mindesturlaub ober darüber hinausgehender tarifvertraglicher Mehrurlaub – und Urlaubsabgeltung gegenüber der Beklagten – zumindest bei Erhalt von Leistungen nach Arbeitslosengeld I und II haben solle. Für die Jahre 2007 bis 2009 bestünde ein Urlaubsanspruch nach § 3 Ziffer 5 des Urlaubsabkommens nicht. Nach dieser Regelung erlösche der Urlaubsanspruch nach drei Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht worden sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 01.02.2011 in Höhe eines Zahlungsbetrages von 11.414,48 € brutto nebst Zinsen im Hinblick auf insgesamt 109 Urlaubstage für die Jahre 2007 bis 2010 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Dabei ist es von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2010 ausgegangen. Zur Begründung hat sich das Arbeitsgericht auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 24.03.2009 – 9 AZR 983/07 -; BAG vom 04.05.2010 – 9 AZR 183/09 -) berufen und hat diese – unter Verneinung einer besonderen Regelung für den übergesetzlichen Urlaub im Tarifvertrag – auch auf den tariflichen Mehrurlaub angewandt. Dabei ist es von einer andauernden (durchgängigen) Arbeitsunfähigkeit des Klägers ausgegangen und hat angenommen, dass weder diese noch der Bezug von Arbeitslosengeld zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses geführt habe. Eine entsprechende Vereinbarung sei zwischen den Parteien weder ausdrücklich noch konkludent getroffen worden.
Gegen das ihr am 24.02.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese auch form- und fristgerecht begründet.
Die Beklagte rügt, dass das Arbeitsgericht nicht geklärt habe, ob der Kläger tatsächlich durchgehend bis zum 31.10.2010 arbeitsunfähig gewesen war, obwohl dies ausdrücklich beklagtenseits bestritten worden sei. Der Kläger habe es pflichtwidrig unterlassen, der Beklagten bei Fortdauer seiner Arbeitsunfähigkeit über sechs Wochen hinaus entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen, weshalb sie bis heute im Unklaren darüber sei, ob und wie lange der Kläger überhaupt arbeitsunfähig gewesen sei. Ob der Kläger tatsächlich durchgängig dauerhaft arbeitsunfähig gewesen sei, sei jedoch von entscheidender Bedeutung, da er ansonsten eventuell ihm zustehenden Urlaub zu einem früheren Zeitpunkt hätte geltend machen können. Insoweit könnte eventuell dem Kläger zustehender Urlaub schon nach dem einschlägigen Urlaubsabkommen verfallen sein. Weiter habe das Arbeitsgericht verkannt, dass ein Urlaubsabgeltungsanspruch dem Grunde nach nicht bestehe, da das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls geruht habe. Der Anspruch auf Krankengeld des Klägers habe unstreitig mit dem 20.08.2008 geendet. Entsprechend sei der Kläger zu diesem Zeitpunkt auch ihm Rahmen der Sozialversicherung abgemeldet worden. Durch die Abmeldung stehe er in keinem Beschäftigungsverhältnis zu der Beklagten mehr. Auch habe der Kläger seine Arbeitsbereitschaft nicht mehr aufrechterhalten, wie sich aus der Arbeitslosmeldung sowie der Stellung des Rentenantrages wegen Erwerbsunfähigkeit ergebe. Umstritten sei, ob Urlaubsansprüche in einem ruhenden Arbeitsverhältnis überhaupt entstehen könnten, was nach Auffassung der Beklagten zu verneinen sei.
Die auf entsprechende gerichtliche Auflage hin klägerseits vorgetragenen Arbeitsunfähigkeitszeiten bestreitet die Beklagte für den Zeitraum ab 20.08.2008 mit Nichtwissen.
Die Beklagte beantragt,
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 01.02.2011 – AZ. 4 Ca 2007/10 – abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil. Zu seinen Arbeitsunfähigkeitszeiten behauptet er, dass er beginnend ab dem 11.09.2007 in Behandlung bei seinem Hausarzt Dr. T. T. gewesen sei. Die Behandlung sei in der Folgezeit von anderen Ärzten und psychologischen Psychotherapeuten fortgeführt worden. Diagnostiziert worden seien Depressionen in unterschiedlichen Auswirkungen. Wegen deutlicher Verschlechterung der psychischen Situation habe er sich in fachpsychiatrische Behandlung begeben in H.. Diese Behandlung habe bis zum 18.11.2008 angedauert, wobei er auch in dieser Zeit arbeitsunfähig krank gewesen sei. Nach Rückkehr aus dieser Klinik sei er stationär in Behandlung gewesen vom 20.11.2008 bis 23.01.2009 in der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Landschaftsverbandes Rheinland in W.. In dieser Zeit sei er aufgrund der Depressionen arbeitsunfähig krank gewesen. Nach Beendigung dieses stationären Aufenthaltes habe er sich unmittelbar im Anschluss hieran bis einschließlich 02.10.2009 in ärztlicher Behandlung bei Dr. U. H. befunden. Auch in dieser Zeit sei er wegen Depressionen durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen. Parallel dazu sei er in der Zeit vom 24.04.2009 bis über den 31.03.2010 hinaus bis heute in Behandlung bei Dr. T. T. wegen der Depression. Beginnend ab dem 02.12.2009 bis über den 31.03.2010 hinaus sei er in Behandlung bei dem psychologischen Psychotherapeuten Q. X. gewesen, der gleichfalls aufgrund der Depression des Klägers bestätigen werde, dass er auch in diesem Zeitraum durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen sei. Daneben habe er sich sowohl dem ärztlichen Dienst der Rentenversicherung am 01.07.2008, 24.03.2009, 23.04.2009 sowie dem ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit am 26.09.2008 und 11.09.2009 vorstellen müssen. Auch dort sei jeweils festgestellt worden, dass er arbeitsunfähig krank gewesen sei. Sein Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente sei durch Bescheid der deutschen Rentenversicherung abgelehnt worden. Der erhobene Widerspruch sei zurückgewiesen worden. Zum Ausgang des danach beim Sozialgericht anhängig gemachten Verfahrens konnte der Klägervertreter im Termin der letzten mündlichen Verhandlung vom 19.01.2012 keine Angaben machen. Der Krankenkasse des Klägers lägen folgende Zeiten der Erkrankung und damit einhergehender Arbeitsunfähigkeit vor:
28.09.2009 – 23.10.2009 Tinnitus aurium sowie „sonstige depressive Episoden“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht der vorliegend geltend gemachte Anspruch auf Urlaubsabgeltung in dem zuletzt noch verfolgten Umfang nicht zu, weshalb die Klage abzuweisen war.
1. a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20.01.2009 (- C 350/06 – und – C 120/06 – AP Nr. 1 zu Richtlinie 2003/88/EG Schultz-Hoff) verfällt der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BurlG, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, so dass er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte. Der gesetzliche Mindesturlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – unabhängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem als fortbestehend angedachten Arbeitsverhältnis – nach § 7 Abs. 4 BurlG abzugelten (BAG vom 04.05.2010 – 9 AZR 183/09 -; BAG vom 23.03.2010 – 9 AZR 128/09 -; BAG vom 24.03.2009 – 9 AZR 983/07 -).
Auf diese Rechtsprechung kann sich der Kläger hier jedoch nicht mit Erfolg berufen. In den Fällen, in denen der Arbeitnehmer nicht an der Urlaubsnahme gehindert ist, ist sein Anspruch auf Erholungsurlaub – wenn abweichende arbeits- oder tarifvertragliche Regelungen nicht bestehen – befristet. Sofern kein Übertragungsgrund nach § 7 Abs. 3 BurlG in einem solchen Fall gegeben ist, verfällt der am Ende des Urlaubsjahres nicht genommene Urlaub (BAG vom 09.08.2011 – 9 AZR 425/10 – Rdn. 18 m. w. N.). In Abweichung dazu ist vorliegend in § 3 Ziff. 5 des hier einschlägigen Urlaubsabkommens bestimmt, dass der Urlaubsanspruch drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres erlischt, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht worden ist. Konsequenz dieser Befristungsregelung ist, dass der Urlaubsanspruch trotz langwieriger krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres erlischt, wenn der Arbeitnehmer im Kalenderjahr oder im Übertragungszeitraum so rechtzeitig gesund und arbeitsfähig wird, dass er in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen kann (BAG vom 09.08.2011 – 9 AZR 425/10 – Rdn. 20).
Der Kläger, der als Ausnahme zu der ansonsten normalerweise eingreifenden Befristungsregelung zu seinen Gunsten Rechtsfolgen aus der jüngsten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ziehen will, nach der trotz einer Befristungsregelung gleichwohl solche Urlaubsansprüche, die wegen durchgehender Arbeitsunfähigkeit bis zum Ausscheiden nicht genommen werden konnten, erhalten bleiben, trägt nach Ansicht der Kammer die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm behauptete, beklagtenseits bestrittene dauerhafte und durchgängige Arbeitsunfähigkeit bis zu seinem Ausscheiden am 31.10.2010. Der Arbeitnehmer, wie hier der Kläger, der eine über das Ende eines gesetzlich oder tarifvertraglich vorgegebenen Befristungszeitraums hinausgehende Arbeitsunfähigkeit behauptet, hat mithin diejenigen Tatsachen und Umstände darzulegen, die den Rückschluss auf das Vorliegen einer dauerhaften und durchgehenden Arbeitsunfähigkeit zulassen. Solches könnte sich z. B. aus der Art der Erkrankung und/oder dem Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente ergeben (vgl. dazu etwa LAG Düsseldorf Urteil vom 25.02.2011 – 9 Sa 258/10 – Rdn. 55), aus ärztlicherseits attestierten oder sonst dokumentierten Krankheitszeiten oder einer bislang bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ergebnislos gebliebenen durchgängigen Behandlung bzw. bislang ausgebliebenen Therapieerfolgen etc.
b) Ein hinreichender Vortrag klägerseits zum Vorliegen einer durchgängigen Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.03.2010 ist jedenfalls für den Zeitraum ab 24.10.2009 nicht gegeben. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 21.11.2011 lagen der Krankenkasse Erkrankungen nur bis zum 23.10.2009 vor. Für den darüber hinausgehenden Zeitraum hat der Kläger lediglich behauptet, bei seinem Hausarzt Dr. T. und dem Psychologischen Psychotherapeuten X. in Behandlung gewesen zu sein. Abgesehen davon, dass zur Häufigkeit der Behandlungstermine und ihrer Kontinuität im Zeitraum von Oktober 2009 bis März 2010 nichts Konkretes dargetan ist, ist auch eine (fortbestehende) Behandlungsbedürftigkeit nicht mit einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen, kann es insoweit doch auch schlicht darum gehen, einen zum Beispiel aufgrund eines stationären Aufenthaltes erreichten Therapieerfolg dauerhaft zu sichern und zu verfestigen.
Wie der Kläger zu der Behauptung kommt, auch über den 23.10.2009 hinaus arbeitsunfähig gewesen zu sein, und so insbesondere, ob dieses (diagnostisch) von dem ihn weiterbehandelnden Arzt, bzw. Ärzten bzw. Psychotherapeuten tatsächlich auch festgestellt und entäußert und so etwa auch dokumentiert worden war oder ob es sich insoweit nur um die subjektive Empfindung des Klägers handelte, und ob und inwiefern die Richtigkeit derselben sich im Nachhinein noch von den ihn seinerzeit behandelnden Ärzten bestätigen ließe, gibt der Kläger nicht an, obwohl er mit gerichtlichem Schreiben vom 14.10.2011 darauf hingewiesen worden war, dass jedenfalls ab dem 03.10.2010 das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit nicht ausreichend dargetan und auch nicht ersichtlich sei, was die für diesen Zeitraum benannten Zeugen aus eigenem Wissen – aufgrund welcher Tatsachen genau – sollten bekunden können.
Hinzu kommt, dass zugunsten des Klägers auch eine ihm bewilligte Erwerbsminderungsrente nicht hat einbezogen werden können, da die Gewährung einer solchen durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung abgelehnt worden war und auch der dagegen erhobene Widerspruch zurückgewiesen worden ist.
c) Wird ein zunächst arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer im Kalenderjahr einschließlich des Übertragungszeitraums so rechtzeitig gesund, dass er in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen kann, erlöscht der aus früheren Zeiträumen stammende Urlaubsanspruch genauso wie der Anspruch, der zu Beginn des Urlaubsjahres neu entstanden ist (BAG vom 09.08.2011 – 9 AZR 425/10 -). Nach der hier einschlägigen Bestimmung des § 3 Ziff. 5 des Urlaubsabkommens erlischt der Urlaubsanspruch drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, was im vorliegenden Fall bedeutet, dass die Urlaubsansprüche des Klägers aus dem Jahre 2009 sowie die aus den vorhergehenden Jahren 2007 und 2008 am 31.03.2010 erloschen sind, da für den Zeitraum ab 23.10.2009 mangels ausreichender Darlegung einer weiterbestehenden durchgängigen Arbeitsunfähigkeit von einer Wiedergenesung auszugehen ist, mithin insgesamt 111 Arbeitstage zur Verfügung standen, in denen der Kläger seine aus den Jahren 2007 bis 2009 stammenden insgesamt 84 Urlaubstage hätte realisieren können.
Unerheblich ist insoweit, ob man vorliegend von einer konkludenten Ruhensvereinbarung auszugehen hat (vgl. dazu im Folgenden unter 2.), denn anders, als es bei einer gesetzlichen oder tariflichen Ruhensanordnung der Fall sein kann, ist vorliegend nicht ersichtlich, aus welchen (rechtlichen) Gründen der Kläger im Falle seiner Wiedergenesung von der Beklagten nicht die Aufhebung der bislang noch zwischen ihnen bestehenden konkludenten Ruhensvereinbarung sollte verlangen können zwecks Realisierung seiner ihm zustehenden Urlaubsansprüche rechtzeitig vor Ablauf des tariflichen Befristungszeitraumes. Ein solches Verlangen ist klägerseits jedoch nicht erfolgt. Unerheblich ist, ob die Beklagte einem solchen Begehren nachgekommen wäre oder ob sie sich diesem widersetzt hätte, da in diesem Fall der Tatbestand des § 3 Ziff. 5 des Urlaubsabkommens als erfüllt angesehen werden kann, wonach ein rechtzeitig vor Ablauf des Befristungszeitraums geltend gemachter Urlaubsanspruch nicht erlischt, wenn er erfolglos geltend gemacht wurde.
2. Einem Urlaubsanspruch für das Jahr 2010 kann der Erlöschenstatbestand des § 3 Ziff. 5 nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, da für den Urlaubsanspruch dieses Jahres ein Erlöschen erst zum 31.03.2011 eingetreten wäre. Ein Abgeltungsanspruch für das Jahr 2010 ist nach Auffassung der Kammer jedoch deshalb zu verneinen, weil ein Urlaubsanspruch für dieses Jahr wegen Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht entstanden ist, jedenfalls aber keine Zahlungspflicht der Beklagten auslösen kann.
a) Nach Auffassung der Kammer ist vorliegend davon auszugehen, dass zwischen den Parteien konkludent das Ruhen des Arbeitsverhältnisses ab dem 20.08.2008 vereinbart worden war.
aa) Ein Arbeitsverhältnis ruht – soweit das Ruhen nicht bereits durch tarifliche oder gesetzliche Bestimmung angeordnet wird – wenn die wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag, die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der vereinbarten Vergütung, suspendiert sind und somit der jeweilige Gläubiger von seinem Schuldner die Erbringung der Gegenleistung nicht mehr verlangen und durchsetzen kann (BAG vom 09.08.1995 – 10 AZR 539/94 – m. w. N.). Diese Tatbestandsmerkmale sind vorliegend erfüllt.
Der Kläger hat nach der Aussteuerung durch die Krankenkasse auf seinen Antrag hin nach §§ 119 Abs. 1 Ziff. 1, 125 SGB III im Rahmen der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung Arbeitslosengeld bezogen. Obwohl der Kläger weiterhin im Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand, erfüllte er die Voraussetzung hierfür, wenn er arbeitslos im Sinne von § 119 Abs. 1 SGB III war. Dies setzte voraus, dass der Kläger nicht in einem „Beschäftigungsverhältnis“ stand (§ 119 Abs. 2 SGB III). Mit dem Begriff „Beschäftigungsverhältnis“ ist dabei nicht das Arbeitsverhältnis als Ganzes gemeint. Nicht in einem Beschäftigungsverhältnis kann der Arbeitnehmer grundsätzlich auch in einem rechtlich fortbestehenden Arbeitsverhältnis z. B. dann stehen, wenn der Arbeitgeber seine Verfügungsgewalt über den Arbeitnehmer und dessen Arbeitskraft nicht mehr beansprucht – etwa dann, wenn der Arbeitnehmer die Verfügungsgewalt des Arbeitgebers über seine Arbeitskraft nicht mehr anerkennt (BAG vom 09.08.1995 – 10 AZR 539/94 – Rdn. 22 m. w. N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend zu bejahen. Der Kläger und die Beklagte haben mit ihren Handlungen und Erklärungen diejenigen Voraussetzungen geschaffen, die dafür erforderlich waren, dass der Kläger Arbeitslosengeld erhalten konnte. Mit seinem Antrag auf Arbeitslosengeld hat der Kläger zu erkennen gegeben, dass er seine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, die Erbringung der Arbeitsleistung, wegen seiner krankheitsbedingten und nicht nur vorübergehenden Leistungsunfähigkeit zumindest vorläufig als beendet ansieht. Die Beklagte hat ausweislich einer insoweit vorgelegten Kopie einer Meldebescheinigung zur Sozialversicherung vom 25.11.2008 den Kläger im Rahmen der Sozialversicherung abgemeldet und insoweit eine Beschäftigungszeit bis zum 20.08.2008 angegeben. Sie hat damit ihrerseits auf die Erbringung der Arbeitsleistung durch den Kläger verzichtet. Bei einer solchen Sachverhaltskonstellation ist aufgrund des Umstandes, dass der Arbeitnehmer bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit trotz des rechtlichen Weiterbestehens des Arbeitsverhältnisses Arbeitslosengeld beantragt und bezieht, eine Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über das Ruhen des Arbeitsverhältnisses zu vermuten (BAG vom 09.08.1995 – 10 AZR 539/94 -; BAG vom 11.10.1995 – 10 AZR 985/94 -; BAG vom 25.02.1998 – 10 AZR 298/97 -).
bb) In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung sehr umstritten ist die Frage, welche Auswirkungen das Ruhen des Arbeitsverhältnisses auf das Entstehen und den Fortbestand des Urlaubs im Ruhenszeitraum hat. So wird vertreten, dass für die Dauer des Ruhens keine Urlaubsansprüche entstehen können (LAG Köln, Urteil vom 29.04.2010 – 6 Sa 103/10 -; LAG Köln, Urteil vom 10.03.2011 – 3 Sa 1057/10 -; LAG Düsseldorf, Urteil vom 01.10.2010 – 9 Sa 1541/09 -; LAG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2011 – 9 Sa 258/10 -; LAG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2011 – 5 Sa 416/11 -). Nach anderer Ansicht entsteht auch im ruhenden Arbeitsverhältnis der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch (LAG Baden-Württemberg vom 02.12.2010 – 22 Sa 59/10 -; LAG Baden-Württemberg vom 29.04.2010 – 11 Sa 64/09 -; LAG Schleswig-Holstein vom 16.12.2010 – 4 Sa 209/10 -). Die erkennende Kammer folgt der Ansicht, nach der in einem ruhenden Arbeitsverhältnis keine Urlaubsansprüche entstehen. Zu Recht hat insoweit bereits das LAG Köln in seinem Urteil vom 10.03.2011 (3 Sa 1057/10, Rdn. 23) auf die Entscheidung des BAG vom 20.04.2010 (3 AZR 370/08) hingewiesen, in dem (für den Bereich der Altersversorgung) ausgeführt wurde: Ist der Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitsentgelts befreit, weil das Arbeitsverhältnis ruht, ist er auch nicht gehalten, direkt oder indirekt zusätzliche Leistungen zu erbringen. Der Unterschied zwischen einem ruhenden und einem nicht ruhenden Arbeitsverhältnis ist so gewichtig, dass er eine unterschiedliche Behandlung nicht nur beim eigentlichen Arbeitsentgelt, sondern auch bei der Gewährung zusätzlicher Leistungen zum Arbeitsentgelt rechtfertigt.
cc) Selbst wenn man davon ausgeht, dass auch in einem ruhenden Arbeitsverhältnis Urlaubsansprüche grundsätzlich entstehen können, ist die erkennende Kammer mit dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 01.10.2010, 9 Sa 1541/09 – Rdn. 88 ff.) der Auffassung, dass solche Urlaubsansprüche dann jedenfalls keine „Werthaltigkeit“ besitzen können, d. h. dass sie keinen durchsetzbaren Zahlungsanspruch begründen. Das ruhende Arbeitsverhältnis ist nämlich zumindest einem Teilzeitverhältnis „0“ gleichzusetzen, so dass die Urlaubsvergütung entsprechend pro-rata-temporis auf 0 zu kürzen ist, weil in einem ruhenden Arbeitsverhältnis die gewöhnliche Vergütung eben 0 € beträgt (LAG Düsseldorf vom 01.10.2010 a. a. O., Rdn. 100). Auf einen Vergleich mit der Teilzeitarbeit und eine gleichheitswidrige Benachteiligung von Teilzeitarbeitern gegenüber Arbeitnehmern, die trotz eines Ruhenstatbestandes wie ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer zu vergüten wären, hebt im Übrigen auch das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 20.04.2010 ab (3 AZR 73/08, Rdn. 31). Dieser Gesichtspunkt ist auch hier einschlägig: Nach § 5 Ziff. 1 des hier anwendbaren Urlaubsabkommens bemisst sich die Urlaubsvergütung bei Teilzeitbeschäftigten nach der vereinbarten Arbeitszeit. Würde so z. B. ein vormals in Vollzeit beschäftigter Arbeitnehmer, der nur teilweise in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist, im Umfang seiner noch bestehenden Leistungsfähigkeit mit dem Arbeitgeber eine Teilzeitvereinbarung treffen, so könnte dieser eine Urlaubsvergütung nur im Umfang dieser Teilzeitvereinbarung verlangen, wo hingegen ein Arbeitnehmer, wie der Kläger, mit gänzlich suspendierter Arbeitspflicht (aufgrund entsprechender Ruhensvereinbarung) die volle Urlaubsvergütung verlangen könnte, sofern er zuvor vollzeitbeschäftigt gewesen war. Für den Kläger muss von daher gelten, dass die nach § 5 des Urlaubsabkommens zur Bemessung der Urlaubsvergütung für ihn für das Jahr 2010 zugrunde zu legende „vereinbarte Arbeitszeit“ „0“ war, so dass bei Annahme eines abzugeltenden Urlaubsanspruches von 25 Urlaubstagen der Abgeltungsanspruch für dieses Jahr „0“ € beträgt.
Der Berufung der Beklagten konnte nach alledem der Erfolg nicht versagt bleiben.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.
IV.
Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen, da die Voraussetzungen dieser Bestimmung vorliegend gegeben sind.