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urlaubszweckwidrige Erwerbstätigkeit – Folgen?


Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Az: 7 Sa 66/14

Urteil vom 23.05.2013


Anmerkung des Bearbeiters

Ein Arbeitnehmer möchte ein Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen und zur Konkurrenz wechseln. Für die letzten Wochen seiner Erwerbstätigkeit im Ursprungsunternehmen wird ihm Urlaub gewährt. In der Urlaubszeit arbeitet der Arbeitnehmer bereits für das Konkurrenzunternehmen.

Hat der Arbeitnehmer trotzdem einen Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts oder entfällt der Anspruch durch die urlaubszweckwidrige Erwerbstätigkeit?


Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Mainz -Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – Az. 5 Ca 166/13 – vom 10. Oktober 2013 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über (Urlaubs-) Vergütung für Dezember 2012 in Höhe von 3.083,76 € brutto und Nutzungsentschädigung wegen vorzeitiger Rückgabe des Firmenfahrzeugs in Höhe von 250,00 € brutto sowie eine von der Beklagten erklärte Aufrechnung.

Der 1954 geborene Kläger war auf der Grundlage eines schriftlichen Anstellungsvertrags seit dem 15. Oktober 2001 bei der Beklagten als Vertriebsmitarbeiter bei einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 3.076,72 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung des Klägers zum 31. Dezember 2012. Seit dem 1. Januar 2013 ist der Kläger für einen ortsansässigen Konkurrenten der Beklagten, die Fa. Z. Y. tätig. In der bei der Beklagten geführten Urlaubsliste (Bl. 104 d. A.) ist für den Kläger im Zeitraum 14. November 2012 bis 31. Dezember 2012 Urlaub vermerkt.

Dem Kläger stand ein von der Beklagten zur Verfügung gestellter Firmenwagen zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung. Dieses Firmenfahrzeug gab der Kläger vorzeitig zurück. Für den Monat Dezember 2012 leistete die Beklagte keine Zahlung an den Kläger.

Der Kläger hat – soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung – vorgetragen,
nach einer Erkrankung bis zum 7. November 2012 sei er zunächst zwei Tage (8. und 9. November 2012) von der Beklagten freigestellt gewesen. Ab dem 10. November 2012 habe er wieder gearbeitet. Er habe sodann ab dem 14. November 2012 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Urlaub gehabt im Hinblick darauf, dass er bis zum Vertragsende noch ca. 6½ Wochen Urlaub habe abfeiern sollen.

Er habe keine Anweisung gehabt, seinen Nachfolger zu weiteren Terminen zu Firmen zu begleiten als dies geschehen sei und sei bei diesen Terminen auch nicht einfach im Auto sitzen geblieben. Eine Geburtstags- und Weihnachtsgeschenkeliste, deren Herausgabe die Beklagte von ihm verlangen könne, gebe es nicht. Er habe keinesfalls im November und Dezember 2012 bei Kundenbesuchen für seinen neuen Arbeitgeber geworben. Bis zum 1. Januar 2013 habe er in keiner Weise Arbeitstätigkeit für seinen neuen Arbeitgeber entfaltet und in keiner Weise Kunden akquiriert. Von seinem neuen Arbeitgeber habe er auch keine Vergütung für Leistungen vor dem 31. Dezember 2012 erhalten.

Er habe lediglich auf seinem eigenen Laptop, seinem einzigen Computer, auf Wunsch der Beklagten sämtliche Daten im sichtbaren Bereich bezüglich der Beklagten und deren Kunden gelöscht, nicht jedoch Daten auf einem Computer der Beklagten.

Für die Rückgabe des Fahrzeugs sei ihm eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 250,00 € zugesagt worden. Dies habe die Beklagte in ihrer E-Mail an ihn vom 2. Januar 2013 (Bl.12 f. d. A.) bestätigt. Die Zahlung sei allein für die vorzeitige Rückgabe des Firmenwagens zugesagt worden, weil ihm bereits vor Aufnahme seines Arbeitsverhältnisses bei seinem neuen Arbeitgeber ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt worden sei und er daher das Fahrzeug der Beklagten nicht mehr benötigt habe. Er habe in Anbetracht der vorzeitigen Rückgabe des zur Verfügung gestellten Wagens weniger Nutzungen aus dem Fahrzeug ziehen können, das Fahrzeug habe folglich einer geringeren Abnutzung unterlegen und die Beklagte habe dementsprechend von einer früheren Rückgabe profitiert. Unerheblich sei, wie er sich bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses fortbewegt habe. Dies sei auch nie thematisiert worden.

Der Kläger hat erstinstanzlich – soweit Gegenstand des mit der Berufung angegriffenen Teilurteils – beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.254,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Januar 2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen,
dem Kläger stehe kein Entgelt für Dezember 2012 zu. Dieser habe im Oktober 2012 die Einarbeitung seines Nachfolgers X. teilweise verweigert. Der Kläger habe den Zeugen in die Besonderheiten der einzelnen Großkunden/wichtigen Abnehmer einführen, diesem die Kundendaten übergeben und ihn in diese einarbeiten sowie bei einem persönlichen Gespräch mit Kunden Herrn X. als seinen Nachfolger vorstellen sollen. Nachdem der Kläger jedoch in mehreren Telefonaten und mündlichen Besprechungen deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass er für die gebotene Einarbeitung des Nachfolgers nicht zur Verfügung stehe, habe er mit E-Mail vom 12. Oktober 2012 die Einarbeitung an drei Tagen bekannt gegeben. Notwendig wären mehrere Wochen gewesen. Bei einem gewissen Teil der Kunden sei er sodann nur im Fahrzeug sitzen geblieben und nicht mit in die Geschäftsräume zur Vorstellung des Nachfolgers hereingegangen, so zum Beispiel bei der Fa. W. V., U., der Fa. T. GmbH, S. und der Fa. R. GmbH, S.. Der Kläger habe es nicht für notwendig gehalten, mit den Kunden vorher Termine abzusprechen, so dass ein Zusammentreffen mit den Kunden nicht gewährleistet gewesen sei. Auch habe er die Tourenplanung derart gestaltet, dass möglichst viele Kunden nicht angetroffen werden konnten. Ohne Angabe weiterer Gründe habe er angekündigt, dass er am 19. Oktober 2012 nicht arbeiten werde. Im November sei der Kläger bis zum 7. November 2012 arbeitsunfähig krank gewesen und habe anschließend auch keine Arbeitsleistung mehr angeboten. Ab dem 14. November 2012 sei der Kläger nicht in Urlaub gewesen. Der Ausdruck über die Urlaubsliste habe reinen Informationscharakter hinsichtlich des vom Arbeitnehmer beantragten Urlaubs. Sie ergebe jedoch nicht, dass der Urlaub tatsächlich gewährt worden sei. Dies sei erst mit unterzeichnetem Urlaubsschein der Fall.

Des Weiteren habe der Kläger die Herausgabe der Geburtstags- und Weihnachtsgeschenkeliste vehement verweigert.

Außerdem sei der Kläger noch während des Bestehens des Vertragsverhältnisses für seinen neuen Arbeitgeber, die Fa. Z. & Y. tätig gewesen. Er habe bereits während der Monate November und Dezember 2012 eine Vielzahl von Kunden mit dem Firmenfahrzeug der Fa. Z. Y. besucht und für den neuen Arbeitgeber geworben, so habe er am 6. November 2012 bei dem Kunden Q. P. auf der Baustelle in N. Stadt angerufen und ihm Leistungen und Produkte des neuen Arbeitgebers angeboten. Am 6. November 2012 habe er den Kunden M. in M. aufgesucht, diesem Werbegeschenke des neuen Arbeitgebers überbracht und Leistungen des neuen Arbeitgebers angeboten. Am 23. November 2012 habe man erfahren, dass er kurz zuvor dem Kunden L. das Produkt des Konkurrenzunternehmens angeboten habe. Am 18. Dezember 2012 habe er den Kunden K. in J. mit dem Firmenfahrzeug seines künftigen Arbeitgebers aufgesucht und diesem Produkte seines künftigen Arbeitgebers angeboten. Es sei davon auszugehen, dass dem Kläger bereits eine Vergütung von dem neuen Arbeitgeber geleistet worden sei. Andernfalls habe er es schuldhaft unterlassen, entsprechende Entgelte zu verlangen. Somit könne er von ihr keine Leistung für Entgelt verlangen, zumal er letztmalig am 22. Oktober 2012 gearbeitet habe und nach dem 7. November 2012 nach Genesung keine Leistung mehr angeboten habe, sodass er unter Anrechnung von Urlaub und Überstunden wegen der Leistungsverweigerung freigestellt werde.

Auch habe der Kläger gröbliche Verstöße gegen die Geheimhaltungspflichten begangen. Im Übrigen habe er Karteikarten von Kunden vernichtet und behauptet, für den wichtigen Bereich „I.-H.“ keine Kundenkartei angelegt zu haben. Die Kundendaten seien nicht in der EDV vorhanden gewesen. Für den Nachtrag der fehlenden, kompletten I.-H.-Kunden habe sie 2 Tage aufwenden müssen. Dies habe Kosten für eine Bürokraft in Höhe von 576,00 € verursacht (36,00 €/Std. und 8 Std./Tag). Für die Rekonstruktion der zerstörten bzw. entsorgten Karteikarten in 13 Fällen habe jeweils ein Aufwand von mindestens 30 Minuten aufgewandt werden müssen mit Kosten in Höhe von weiteren 234,00 €. Wegen nicht ordnungsgemäßer Führung der Weihnachtsgeschenkeliste, die in ihrem Unternehmen zu führen sei, habe ein Gesamtaufwand durch die Geschäftsleitung von 4 Stunden à 70,00 €/Std. aufgewandt werden müssen. Auf dem von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Tablet habe der Kläger die unternehmensbezogenen Dateien vollständig gelöscht. Eine Bürokraft habe in sieben Stunden à 36,00 € die Kundendateien und die Daten auf dem Tablet wieder, soweit möglich, rekonstruieren müssen.

Hinzukämen die wirtschaftlichen Schäden, die durch die bereits während der Zeit des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten entwickelte Konkurrenztätigkeit entstanden seien. Aufgrund dieses gesamten Verhaltens sei kein Anspruch auf Entgelt gegeben.

Die Nutzungsentschädigung für das Fahrzeug in Höhe von 250,00 € habe nur für den Fall gewährt werden können, dass eine Nutzung mit dem eigenen privaten Fahrzeug anfalle bzw. das neue Firmenfahrzeug des Klägers nur für einzelne gelegentliche Fahrten habe genutzt werden können. Da der Kläger jedoch bereits das Fahrzeug des neuen Arbeitgebers, der Fa. Z. & Y. zur ständigen Nutzung zur Verfügung gestellt bekommen habe, sei die Bedingung für die Gewährung der 250,00 € nicht eingetreten.

Mit am 10. Oktober 2013 beim Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – eingegangenem Schriftsatz vom 7. Oktober 2013 hat die Beklagte Widerklage auf Herausgabe von Unterlagen und Unterlassung erhoben. Diese Widerklage ist nicht Gegenstand des im vorliegenden Berufungsverfahren streitgegenständlichen Teil-Urteils vom 10. Oktober 2013. Sie wurde durch Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO am 3. April 2014 erledigt.

Das Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – hat die Beklagte durch Teil-Urteil vom 10. Oktober 2013 verurteilt, an den Kläger 4.354,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2013 zu zahlen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht – zusammengefasst – ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf die Vergütung für Dezember 2012 in Höhe von 3.083,76 € brutto. Dem Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum Urlaub bewilligt worden. Die Urlaubsliste be-stätige einen Urlaub des Klägers ab dem 14. November 2012 bis zum 31. Dezember 2012. Zudem habe die Beklagte zu dieser Thematik insgesamt widersprüchlich vorgetragen.

Darüber hinaus könne der Kläger die Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 250,00 € brutto verlangen, den die Beklagte als so genannte Nutzungsentschädigung für die frühere Rückgabe des Firmen-Kfz dem Kläger schulde. Für die spätere Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung trage die Beklagte die Beweislast. Die E-Mail der Beklagten vom 2. Januar 2013 sei nur so zu verstehen, dass die Nutzungsentschädigung für die frühere Rückgabe des Firmen-Kfz habe erfolgen sollen, weil der Kläger seinen Privatwagen für die Privatfahrten nutzen würde. Die Formulierung „da dies plötzlich nicht mehr möglich war“, lasse darauf schließen, dass die Beklagte später Kenntnis darüber erlangt habe, dass der Kläger bereits bei der Firma J+B ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt bekommen sollte, so dass die Beklagte dann die Zahlung der Nutzungsentschädigung unter die Voraussetzung gestellt habe, dass „damit“ (gemeint sei wohl das Fahrzeug der Firma J+B) ausschließlich wenige Privatfahrten getätigt würden. Ob und wann der Kläger mit einer derartigen Bedingung einverstanden gewesen sein solle, habe die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht vorgetragen.

Soweit die Beklagte einwende, der Kläger habe bereits ab November 2012 Arbeitstätigkeit für seien neuen Arbeitgeber unternommen und vermutlich hieraus eine Vergütung bezogen, sei dieser Vortrag in Bezug auf die Dezembervergütung nicht relevant, da Urlaubsentgelt unabhängig davon zu zahlen sei, ob der Arbeitnehmer während des Urlaubs gearbeitet habe.

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Eine Aufrechnung sei zum einen nie ausdrücklich erklärt worden, zum anderen könne der Arbeitgeber nur gegen den Nettolohnanspruch des Arbeitnehmers aufrechnen.

Des Weiteren könne der Kläger die mit 920,33 € brutto berechnete Weihnachtsgratifikation gemäß dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag verlangen.

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – (Bl. 158 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das genannte Teil-Urteil ist der Beklagten am 8. Januar 2014 zugestellt worden. Die Beklagte hat hiergegen mit einem am 5. Februar 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 5. Februar 2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 7. März 2014 bis zum 21. März 2014 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 21. März 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

Zur Begründung der Berufung macht die Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 210 ff. d. A.) zusammengefasst geltend,

Entgelt für Dezember 2012 sei dem Kläger nicht zu zahlen. Der Kläger habe nicht nur seine Vertragspflichten verletzt, sondern der Beklagten gezielt Schaden zugefügt. Er habe Geschäftsunterlagen einbehalten und diese erst am 9. Januar 2014 herausgegeben. Auch die Weihnachtsgeschenkeliste habe sich in einer am 9. Januar 2014 übergebenen Kiste (Aufstellung des Inhalts Bl. 216 ff. d. A.) be-funden. Des Weiteren habe der Kläger die Betriebsmittel Handy, Tablet etc. während seiner Tätigkeit manipuliert. Dadurch sei ein Mehraufwand in Höhe von insgesamt 1.342,00 € entstanden. Diese Ansprüche würden ausdrücklich zur Aufrechnung gestellt gegen die Nettoeinkünfte in Höhe von 1.888,21 €. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Arbeitsleistungen nicht mehr ordnungsgemäß erbracht habe. Der Besuch einer Vielzahl von Kunden der Beklagten und das Verteilen von Werbematerial für den neuen Arbeitgeber seit Anfang November stelle einen eklatanten Verstoß gegen § 8 BUrlG dar.

Dem Kläger sei keine Nutzungsentschädigung in Höhe von 250,00 € brutto zu gewähren. Da diesem das Fahrzeug des neuen Arbeitgebers uneingeschränkt bereits ab dem Zeitpunkt der Rückgabe des Fahrzeugs zur Verfügung gestellt worden sei, sei die Bedingung für die Gewährung der Nutzungsentschädigung nicht eingetreten. Der Kläger habe im Hinblick auf die ländliche Wohnsituation und notwendige Fahrten privater Natur darauf hingewiesen, dass er auf ein privates Fahrzeug bei Rückgabe des Fahrzeuges der Beklagten zurückgreifen müsse und somit Mehraufwand habe, der mit der Nutzungsentschädigung abgegolten werden sollte. Die Bedingung sei entsprechend den E-Mails und in sich anschließenden persönlichen Gesprächen vereinbart worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – aufzuheben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, 3.333,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2013 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Berufungser-widerungsschriftsatzes vom 11. April 2014, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 229 ff. d. A.) als rechtlich zutreffend. Er trägt ergänzend vor, bei den zwischenzeitlich zurückgegebenen Unterlagen handele es sich nicht um irgendwelche wichtigen Dokumente, sondern um Werbematerial, Aufkleber, eine Restpostenliste aus 2004, Kataloge, Preislisten der Beklagten, über die diese selbst verfüge, unsortierte Rundschreiben, unsortierte Angebote zwischen Juni 2006 und September 2012 und unsortierte Kundenkarteikarten, wobei auch die Daten dieser Kunden selbstverständlich der Beklagten bekannt gewesen seien. Er habe bereits mit Schreiben vom 15. Januar 2013 die Übergabe dieser Unterlagen angeboten.

Die Zahlung in Höhe von 250,00 € sei an keine weiteren Voraussetzungen als die vorzeitige Rückgabe des Fahrzeugs geknüpft gewesen.

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 23. Mai 2014 (Bl. 239 ff. d. A.) nebst Anlage Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

In der Sache hatte die Berufung der Beklagten jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Beklagte zur Zahlung von (Urlaubs-)Vergütung für den Monat Dezember 2012 in Höhe von 3.083,76 € brutto verurteilt. Dieser Anspruch ist nicht in Höhe von 1.342,00 € durch eine von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen. Des Weiteren hat das Arbeitsgericht die Beklagte zu Recht zur Zahlung von Nutzungsentschädigung für die vorzeitige Rückgabe des Firmenfahrzeugs in Höhe von 250,00 € verurteilt. Die Verurteilung zur Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in Höhe von 920,33 € brutto hat die Beklagte nicht mit der Berufung angegriffen.

Die Berufungskammer folgt zunächst den Gründen des angefochtenen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf die Zahlung von Urlaubsvergütung für Dezember 2012 in Höhe von 3.083,76 € brutto, §§ 11 Abs. 1, 1 BUrlG. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, hat die Beklagte dem Kläger ab dem 14. November 2012 bis zum 31. Dezember 2012 Urlaub bewilligt. Dies bestätigt die Urlaubsliste. Nicht entscheidend ist insoweit, ob der Kläger seiner Vertragspflicht, urlaubszweckwidrige Erwerbstätigkeiten im Urlaub zu unterlassen, zuwidergehandelt hat. Eine verbotene Erwerbstätigkeit eines Arbeitnehmers während des Urlaubs führt nicht dazu, dass der gewährte Urlaub entfällt. Die suspendierte Pflicht des Arbeitnehmers lebt nicht wieder auf. Ein solches Ergebnis wird weder vom Gesetz angeordnet, noch ist erkennbar, unter welchen Voraussetzungen ein so genannter Wiederbegründungstatbestand gegeben sein soll (ErfK/Gallner, 14. Aufl. 2014, § 8 BUrlG Rn. 4 m. w. N.). Der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgeltes ist von einer urlaubszweckwidrigen Erwerbstätigkeit unabhängig. Nach § 8 BUrlG besteht kein Anspruch des Arbeitgebers, das Urlaubsentgelt im Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruchs aus diesem Anlass zu kürzen. Der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgeltes entfällt in einem solchen Fall auch nicht von selbst (BAG, Urteil vom 25. Februar 1988 – 8 AZR 596/85 – NZA 1988, 607, 608). Für eine solche Auffassung enthalten weder der Wortlaut der Regelung noch ihr Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes einen Anhaltspunkt. Auch der mit der Vorschrift verfolgte gesetzgeberische Zweck kann nur darin gesehen werden, den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, die durch die Befreiung von der Arbeitspflicht erlangte Freizeit nicht zu anderweitiger Erwerbstätigkeit zu nutzen. Ein solches Ziel, kann nicht mit einer Rückzahlungsverpflichtung oder dem Wegfall des Anspruchs auf das Urlaubsentgelt erreicht werden. In Betracht kommen vielmehr Ansprüche des Arbeitgebers auf Schadensersatz, auf Unterlassung der Erwerbstätigkeit sowie die Möglichkeit, gegebenenfalls wegen der Erwerbstätigkeit das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden. Die Pflichten des Arbeitgebers nach §§ 1, 3 BUrlG zur Urlaubsgewährung und dementsprechend zur Fortzahlung der Vergütung während des Urlaubs stehen nicht unter der Einschränkung, dass der Arbeitnehmer während des Urlaubs nicht erwerbstätig ist. Auch wenn der Arbeitnehmer entgegen seiner Pflicht nach § 8 BUrlG während seines Urlaubs erwerbstätig wird, entfällt dadurch weder sein Urlaubsanspruch noch die Grundlage für seinen Entgeltanspruch (BAG, Urteil vom 25. Februar 1988 – 8 AZR 596/85 – NZA 1988, 607, 608).

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht durch die von der Beklagten mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21. März 2014 (Bl. 212 d. A.) erklärte Aufrechnung erloschen, §§ 389, 387 BGB. Die Beklagte hat keine Forderungen, die ihr gegenüber dem Kläger zustehen, substantiiert vorgetragen. Sie hat insbesondere nicht substantiiert vorgetragen, dass ihr Gegenforderungen in Höhe von 576,00 € für den Nachtrag der I.-H.-Kunden, in Höhe von 234,00 € für die Rekonstruktion von zerstörten und entsorgten Karteikarten in 13 Fällen, in Höhe von 280,00 € wegen der nicht ordnungsgemäßen Führung der Weihnachtsgeschenkeliste sowie in Höhe von 252,00 € für das Rekonstruieren von Dateien auf dem Tablet aus §§ 280, 282, 241 Abs. 2 BGB, § 823 Abs. 1, 2 in Verbindung mit einem Schutzgesetz oder aus § 826 BGB zustehen.

Die Beklagte hat insbesondere nicht dargelegt, dass der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten, zu denen gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch die Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers gehört, schuldhaft verletzt hat, ihr, der Arbeitgeberin, hierdurch ein Schaden entstanden ist und zwischen der Vertragsverletzung und dem Schadenseintritt ein Kausalzusammenhang besteht. So hat sie nicht dargelegt, woraus sich konkret die Pflicht des Klägers zur Führung welcher Karteikarten ergeben hat und dass er diese Pflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt hat. Hinsichtlich des behaupteten Schadens hat sie nicht dargelegt, welche konkreten Kundendaten zusammengestellt bzw. welche Karteikarten rekonstruiert werden mussten. Aus dem Vortrag der Beklagten lässt sich weiter nicht entnehmen, wer wann diese Tätigkeiten vorgenommen hat. Hinsichtlich der angeblich entsorgten Kundenkarteikarten trägt die Beklagte widersprüchlich vor. Während sie mit Schriftsatz vom 28. Juni 2013 vorgetragen hat, „eine Bürokraft in dem Unternehmen der Beklagten“ habe an zwei Tagen die entsprechenden Daten zusammen tragen und Karteikarten für den Nachfolger zusammen stellen müssen, hat sie im Schriftsatz vom 21. März 2014 hingegen vorgetragen, der Zeuge X. habe „die angeblich entsorgten Kundenkarteikarten (…) nachvollziehen und wiederherstellen“ müssen.

Auch hinsichtlich der Weihnachtsgeschenkeliste hat die Beklagte nicht vorgetragen, was unter der „nicht ordnungsgemäßen Führung der Weihnachtsgeschenkeliste“ zu verstehen ist und woraus sich eine Verpflichtung des Klägers ergeben haben soll, diese (ordnungsgemäß) zu führen. Nicht dargelegt wurde vom Kläger weiter, wieso wegen der nicht ordnungsgemäßen Führung gerade durch die Geschäftsleitung vier Stunden bei einem Stundensatz von 70,00 € aufgewandt mussten.

Hinsichtlich des Rekonstruierens von Dateien auf dem Tablet hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt, inwiefern der Kläger durch welche Handlungen „in seiner Tätigkeit Betriebsmittel Handy, Tablet, etc.“ manipuliert haben soll und welche konkreten, bei der Beklagten nicht vorhandenen, aber geschäftsrelevanten Daten aus diesem Grund wann von wem rekonstruiert werden mussten.

Die Berechnung des konkreten Nettobetrages der Urlaubsvergütung für Dezember 2014 kann mangels Vortrags einer Berechnung nicht nachvollzogen werden. Überdies hat die Beklagte bei der von ihr erklärten Aufrechnung die Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO nicht beachtet, § 394 S. 1 BGB.

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte weiter Anspruch auf die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für vorzeitige Rückgabe des Firmenfahrzeugs in Höhe von 250,00 €. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt, wann genau mit welchem genauen Inhalt die Parteien vereinbart haben, dass die Nutzungsentschädigung nur dann gezahlt werden soll, wenn der Kläger das Firmenfahrzeug des neuen Arbeitgebers nur für ausschließlich wenige Privatfahrten nutze. Die Vereinbarung einer solchen Einschränkung ergibt sich insbesondere nicht aus der E-Mail der Beklagten an den Kläger vom 2. Januar 2013. In dieser heißt es auszugsweise: „Die Nutzungsentschädigung von 250,- für die frühere Rückgabe des Fa. Kfz war insofern zugesagt, dass Sie einen entsprechenden Privatwagen für Ihre Privatfahrten benutzen. Da dies plötzlich nicht mehr möglich war, haben wir dem Pkw von J+B nur zugestimmt unter der Voraussetzung, dass damit ausschließlich wenige Privatfahrten getätigt werden. Sie glauben doch nicht im Ernst daran, dass wir Ihnen 250,- zahlen für die für Sie kostenfreie Nutzung des J+B-Kfz, damit Sie damit während Ihrer Freistellung (Lohnfortzahlung durch uns) bei unseren Kunden für J+B vorstellig werden.“ Die E-Mail vom 2. Januar 2013 wurde erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und deutlich nach der Rückgabe des Firmenfahrzeugs an die Beklagte verfasst. Sie enthält lediglich die Darstellung der getroffenen Vereinbarungen aus Sicht der Beklagten. Der Kläger hat bestritten, dass solche nachträglichen Vereinbarungen getroffen wurden. Dass der Kläger mit der nachträglichen Bedingung der Nutzung des Pkw des neuen Arbeitgebers nur für „ausschließlich wenige Privatfahrten“ einverstanden war, lässt sich der E-Mail nicht entnehmen. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, die Bedingung sei „entsprechend den E-Mails und in sich anschließenden persönlichen Gesprächen vereinbart“ worden, ist dieser Vortrag nicht substantiiert. Durch die Vernehmung der von der Beklagtenseite benannten Zeugin G. F. zu Zeitpunkt, Ort, beteiligten Personen und dem konkreten Inhalt etwaiger Absprachen würde der Sachverhalt in unzulässiger Weise durch das Gericht ausgeforscht.

3. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.


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