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Verantwortlichkeit des Jagdausübungsberechtigten für eine Überpopulation von Wild

AG Bückeburg, Az.: 30 C 64/03, Urteil vom 01.04.2003

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei dem Kläger nachgelassen bleibt, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, sich an der Einfriedung des Grundstücks der Klägerin kostenmäßig zu beteiligen.

Verantwortlichkeit des Jagdausübungsberechtigten für eine Überpopulation von Wild
Symbolfoto: Von rbkomar /Shutterstock.com

Die Beklagten sind Pächter eines Jagdreviers, in der Nähe dieses Jagdreviers befindet sich das Grundstück des Klägers. Während in der Vergangenheit es zu Beeinträchtigungen durch Wild dort nicht gekommen ist, stellte der Kläger in jüngerer Vergangenheit fest, dass sowohl Zierpflanzen wie auch Nutzpflanzen seines Gemüsegartens durch Verbiss von Rehwild beeinträchtigt worden sind.

Der Kläger behauptet, sein Grundstück sei ordnungsgemäß eingefriedet mit einem Zaun, welcher 1,20 Meter Höhe aufweise. Dennoch seien die Rehe in der Lage, diesen Zaun zu überspringen und in seinem Garten zu Schaden zu gehen. Dieses vom Kläger als verändert wahrgenommene Verhalten der Rehe führt der Kläger auf unzureichende Bejagung des Rehwildes durch die Beklagten zurück und ist der Auffassung, ihm stünde aus § 1004 BGB ein Abwehranspruch zur Seite. Er vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass ihm das Opfer einer ordnungsgemäßen, das Rehwild zuverlässig abwehrenden Einfriedung nicht allein auferlegt werden könne, zumal die Beklagten in Ausübung ihrer hobbymäßig betriebenen Sports das Rehwild dort bewusst angesiedelt hätten.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 3 712 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten zunächst eine ordnungsgemäße Einfriedung des Grundstücks des Klägers. Im übrigen vertreten sie den Standpunkt, dass Wildtiere als herrenlose Sachen keinerlei Einflussbereich unterliegen, somit auch die Beklagten nicht Ansprechpartner eines evtl. Abwehranspruchs aus § 1004 BGB sein könnten. Ferner verweisen sie darauf, dass sie in den letzten Jahren den Jahresabschlussplan der unteren Jagdbehörde ordnungsgemäß erfüllt hätten. Für eine evtl. Überpopulation seien sie daher nicht verantwortlich, das bewusste Ansiedeln von Rehen verbietet sich bereits aus biologischen Gründen.

Bezüglich weiteren Prozessstoffes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Es kann dahinstehen, ob die Beklagten überhaupt den Wortlaut des § 1004 BGB, nach welcher sich gegen den Eigentümer oder den Besitzer eines Nachbargrundstücks richtet, Schuldner eines evtl. Anspruchs aus § 1004 BGB sein könnten. Denn die Beklagten sind nicht Eigentümer des fraglichen Jagdbezirks, sondern sie haben vielmehr lediglich das Jagdrecht zur Ausübung gepachtet. Ob sie damit bereits Besitzer der zum Jagdbezirk gehörenden Grundstücke geworden sind, erscheint dem Gericht zumindest fraglich. Ein Anspruch des Klägers scheitert zumindest daran, dass die Beklagten aus anderen Gründen nicht Störer im Sinne des § 1004 BGB sind. Denn das Rehwild als Wildtier unterliegt nicht dem menschlichen Einfluss, anders als beispielsweise das Damwild, welches an den Menschen gewöhnt auch eine gewisse Vertrautheit zeigt. Darüber hinaus wären – unterstellt, die Kläger hätten Einfluss auf das Verhalten des Rehwildes, insbesondere im Hinblick auf dessen Nahrungsaufnahme – der Vorwurf, sie unternähmen nichts Wirksames gegen eine angebliche Überpopulation, unzutreffend. Verlangt werden kann von den Klägern nur das gesetzlich zulässige und tatsächlich Machbare. Gesetzlich zugelassen ist der Abschuss von jeglicher Art von Wild nur im Rahmen der sogenannten befugten Jagdausübung, eine Tötung von Wirbeltieren, zu welchen auch das Rehwild zählt, außerhalb der befugten Jagdausübung stellt gleichzeitig einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar mit der Folge, dass sich der Jäger, welcher außerhalb der befugten Jagdausübung Wild erlegt, einer Straftat schuldig macht. Da Rehwild wie Rotwild und Muffelwild der Bewirtschaftung unterliegt, anders als beispielsweise Schwarzwild, ist das Erlegen dieser Wildarten durch den Jagdausübungsberechtigten davon abhängig, dass das Erlegen vom Bewirtschaftungsplan, d. h. vom sogenannten Abschussplan, gedeckt ist. Da die Beklagten vorliegend die Abschusspläne im wesentlichen erfüllt haben – lediglich im Kalenderjahr 2000/2001 wurde anstatt des genehmigten Abschusses von 12 Stück Rehwild ein Abschuss von 11 Stück bestätigt – ist dem Beklagten – die übrigen Voraussetzungen des § 1004 BGB unterstellt – kein Vorwurf hinsichtlich der Populationsdichte zu machen.

Die Klage war daher abzuweisen mit der Kostenfolge des § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

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