LG Ulm 4. Zivilkammer, Az.: 4 O 399/17, Urteil vom 30.07.2018
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 14.736,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien schlossen am 4.1.2016 einen Darlehensvertrag über 15.529,70 € (nominal: 14.736,73 €). Hiermit wurde der Klägerin zweckgebunden der Privatkauf eines VW Polo BlueMotion TSI vom Autohaus H. in G. finanziert. Zu den Einzelheiten des Darlehnsvertrages wird auf Anlage K1a (Bl. 48ff.) Bezug genommen.
Die Klägerin unterschrieb eine Widerrufsinformation zu diesem Darlehnsvertrag, zu deren Inhalt auf Bl. 52 Bezug genommen wird.
Die Beklagte zahlte die Darlehenssumme vereinbarungsgemäß direkt an das verkaufende Autohaus aus. Die Klägerin bezahlte an das Autohaus eine Anzahlung auf den Kaufpreis in Höhe von 6.500,00 €.
Die Darlehenssumme sollte mittels 36 gleichbleibender Monatsraten in Höhe von jeweils 99 € und einer Schlussrate in Höhe von 11.965,70 € zurückzuzahlen sein. Die Schlussrate wäre fällig am 1.1.2019. Die Raten werden weiter bedient. Sie erfolgen per Bankeinzug durch die Beklagte.
Die Klägerin widerrief mit E-Mail vom 28.05.2017 – Anlage K3 – die auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung und forderte die Beklagte mit Schreiben vom 11.8.2017 auf, den Rateneinzug zu stoppen. Einen Widerruf lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 06.07.2017 – Anlage K4 – ab. Am 23.6.2018 hatte das Fahrzeug der Klägerin einen Kilometerstand von 33.010.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr Widerruf sei wirksam.
Die Widerrufsbelehrung sei schon nicht deutlich hervorgehoben und deutlich gestaltet.
Es fehlten Pflichtangaben im Darlehnsvertrag, weshalb die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. So fehle die Angabe der Art des Darlehns, der Auszahlungsbedingungen, des Verzugszinssatzes und dessen Anpassung, die Aufsichtsbehörde, die möglichen Kündigungsmöglichkeiten und deren Form – hier hätte es insbesondere der Nennung von § 314 BGB bedurft, der Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung, den Zugangsvoraussetzungen zu einem außergerichtlichen Beschwerdeverfahren, dem Barzahlungspreis des erworbenen KfZ und dem Darlehnsvermittler.
Zudem seien die Angaben zur Rückzahlung des Darlehnsbetrags bei Widerruf und zur Wertersatzpflicht falsch und irreführend. Außerdem trage zur Verwirrung bei, dass über einen Versicherungsvertrag belehrt werde, der nicht abgeschlossen worden sei.
Sie beantragt: Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehnsvertrag Nr. … über nominal 14.736,73 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 28.5.2017 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
Unter der Bedingung, dass dieser Antrag begründet ist, beantragt sie weiter:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 9.272,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen nach Herausgabe des Fahrzeugs VW Polo mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … nebst Fahrzeugschlüssel und Fahrzeugpapieren.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziff 2 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.242,84 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe das Darlehen nicht mehr widerrufen können, die Widerrufsfrist sei bereits abgelaufen gewesen, die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung sei korrekt.
Bei einem wirksamen Widerruf sei in jedem Fall Wertersatz zu leisten.
Für den Fall, dass das Gericht von einem wirksamen Widerruf der Klägerin ausgehen würde, beantragt die Beklagte im Wege der Hilfswiderklage:
festzustellen, dass die Klagepartei im Falle eines wirksamen Widerrufs verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des PKW VW Polo mit der Fahrgestellnummer: … zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
Die Klägerin beantragt, die Hilfswiderklage abzuweisen.
Sie ist der Meinung, die Belehrung zur Wertersatzpflicht sei schon nicht richtig. Nicht jede Ingebrauchnahme führe zur Wertersatzpflicht.
Zum weiteren Vortrag wird auf die Schriftsätze bei der Akte Bezug genommen.
Das Gericht entscheidet nach mündlicher Verhandlung ohne Beweisaufnahme.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Antrag 1 der Klägerin ist unbegründet. Die weiteren Anträge der Parteien sind in zulässigerweise unter einer innerprozessualen Bedingung gestellt, die nicht eingetreten ist. Sie sind nicht zu prüfen.
I.
Das sachlich zuständige LG Ulm ist jedenfalls gemäß § 39 S. 1 ZPO auch örtlich zuständig.
Der geltend gemachte negative Feststellungsantrag ist zulässig, da sich die Beklagte jedenfalls inzident mit der Klageschrift dem Anspruch auf Zins und Tilgung aus dem Darlehn berühmt. Das Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt daher vor.
II.
Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stand kein Widerrufsrecht mehr zu, da die Widerrufsfrist noch 2016 abgelaufen war. Sie begann mit Abschluss des Vertrages und nach Aushändigung der Pflichtangaben. Diese sind korrekt. Fehler in der Widerrufsbelehrung bestehen nicht.
A.
Der Klägerin stand ein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1 (Fassung vor dem 21.3.2016), 355 BGB zu. Für den Beginn der Widerrufsfrist gilt § 356b BGB a.F..
1.
An der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung bestehen keine Zweifel
a)
Die Widerrufsbelehrung ist deutlich genug dargestellt. Die Darstellung muss so erfolgen, dass der angemessen aufmerksame Verbraucher diese ohne detailliertes Lesen auffinden und zur Kenntnis nehmen kann, BGH, 23.2.2016, Az. XI ZR 549/14. Dies ist hier bei der Darstellung über den Unterschriften auf mehr als einer halben DIN A4 Seite in einem Rahmen (Bl. 52) der Fall.
b)
Die Unterrichtung über ein Widerrufsrecht, falls eine zusätzlich angebotene Versicherung (KSB / KSB plus) abgeschlossen worden ist, ist nicht geeignet den Verbraucher zu verwirren und würde zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung führen.
Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor einer Überrumpelungssituation zu schützen. Diese im Fernabsatzgeschäft deutlich hervortretende Zielsetzung gilt auch für das Widerrufsrecht für Darlehnsverträge im Präsenzgeschäft, da sich der Verbraucher einer längeren und wirtschaftlich bedeutsamen Verpflichtung unterwirft, die nicht einfach zu überblicken ist. Somit soll eine übereilten Bindung durch einen Darlehensvertrag durch eine Überdenkungsfrist verhindert werden. Widerrufsangaben müssen deshalb umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll durch sie nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Diese Kriterien müssen aus Sicht eines normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbrauchers erfüllt sein, BGH, Urteil vom 23.2.2016, Az. XI ZR 101/15; Urteil vom 22.11.2016, Az. XI ZR 434/15.
Angesichts dieses Leitbilds, musste die Klägerin wissen, dass sie keine Anmeldung zum „KSB/KSB Plus“ abgeschlossen hat. Die Widerrufsbelehrung weist auch ausdrücklich auf „Besonderheiten bei weiteren Verträgen hin“. Der verständige Verbraucher, erkennt, dass der folgende Teil daher nur bei Abschluss der Versicherung gilt. Selbst eine bezüglich der „KSB/KSB Plus“ Versicherung unterstellt fehlerhafte Belehrung kann den Verbraucher, der keinen „KSB/KSB Plus“ Vertrag geschlossen hat, nicht von seinem Widerrufsrecht abhalten. Es liegt daher kein Belehrungsmangel vor, LG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2017, Az. 11 O 37/17, juris Rn. 49.
(zu den Widerrufsfolgen sodann unter 3)
2.
Auch die erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a.F zum Anlauf der Widerrufsfrist wurden vollständig gemacht.
Der Umfang der Pflichtangaben ergibt sich aus Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F.
a)
Keiner weiteren Erörterung bedürfen die von der Klägerin gerügten Punkte, dass die Art des Darlehns, die Auszahlungsbedingungen, die Anpassung des Verzugszinssatzes, die Aufsichtsbehörde, der Barzahlungspreis, der Darlehnsvermittler und die Zugangsvoraussetzungen zu einem außergerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht angegeben worden seien.
Aus dem Darlehnsvertrag ergibt sich, dass das Darlehn in Geld geleistet wird und zur Finanzierung eines Fahrzeugs dient. Dies umschreibt die „Art“ des Darlehns korrekt.
Die Auszahlungsbedingungen sind ebenfalls klar festgehalten, so dass das Darlehn an das Autohaus ausgezahlt wird (über der Unterschrift zur Beantragung des Darlehns, Bl. 52). Auf die Frage, ob die genannten weiteren Auszahlungsbedingungen von der Beklagten einseitig vorgegeben werden dürfen, braucht nicht eingegangen zu werden, da jedenfalls die Pflichtangabe zu den Auszahlungsbedingungen geleistet worden ist, LG Heilbronn, Urteil 24.2.2018, Az. Ve 6 O 311/17, juris Rn. 46.
In den Darlehnsbedingungen findet sich auch der Hinweis auf die gesetzlichen Verzugszinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Dieser Hinweis ist so genau wie möglich und daher ausreichend. Die Festsetzung des Basiszinssatzes und dessen Veröffentlichung, musste die Beklagte nicht erklären. Der genaue Betrag der Verzugszinsen war ebenfalls nicht anzugeben. Damit würde sich der Verbraucher eher auf den genannten Betrag verlassen, als die Veränderbarkeit des Zinses zu registrieren, LG Heilbronn, Urteil 30.1.2018, Az. Bm 6 O 358/17, juris Rn. 54. Ebenso ist die Belehrung über die Verzinsungspflicht nach der Widerrufserklärung von Auszahlung bis Rückzahlung des Darlehns korrekt, § 357a Abs. 3 S. 1 BGB.
Diese allgemeine rechtliche Aufklärung losgelöst zum konkreten Vertragswerk ergibt sich nicht aus dem Gesetz.
Die Aufsichtsbehörde (hier die BaFin und die EZB) ist unter Punkt Nr. 13 genannt.
Der Barzahlungspreis ergibt sich aus der ersten Seite des Darlehnsvertrags (Kaufpreis).
Welches außergerichtliche Beschwerdeverfahren dem Darlehnsnehmer offen steht, ergibt sich aus Punkt 14 der Darlehnsbedingungen. Auch hier bedarf es der Darlegung der Verfahrensordnung nicht, da dies keine Pflichtangabe zum Vertrag ist, sondern allgemeine rechtliche Aufklärung. Dies gibt der Gesetzestext nicht her. In Art 247 § 7 EGBGB (a.F.) wird zwar die Angabe von „gegebenenfalls“ den Voraussetzungen des Zugangs zu dem Beschwerdeverfahren gefordert. Durch das Wort „gegebenenfalls“ wird aber klargestellt, dass damit sich aus dem Vertrag ergebenden Einschränkungen gemeint sind, nicht verfahrensrechtliche Einschränkungen des Beschwerdeverfahrens, die immer gegeben wären. Insbesondere über den Ablauf des Verfahrens muss daher nicht informiert werden.
Der Darlehnsvermittler ist durch den Geschäftsstempel mit Adresse ist auf dem Unterschriftenblatt des Darlehnsvertrages ersichtlich (Bl. 185) und zudem am Rand des Darlehnsblattes Anlage K1a (Bl. 48) genannt. Dass die Klägerin das Unterschriftenblatt nicht erhalten habe, hat sie nicht vorgetragen. Jedenfalls die Nennung am Rand des Darlehnsblattes reicht in Zusammenschau mit der vollständigen Adressangabe in den europäischen Standardinformationen ebenfalls aus. Dafür muss nicht entschieden werden, ob Angaben in den Standardinformationen zur Erteilung von Pflichtangaben grundsätzlich geeignet sind. Jedenfalls wenn die Klägerin Interesse an der Adresse des ihr bekannten Darlehnsvermittels hat, kann sie die Vermittlertätigkeit dem Vertrag entnehmen und die Adresse sodann in den Standardinformationen auffinden. Die notwendige Information befindet sich daher im Darlehnsvertrag. Die Adresse, von der die Klägerin hier Kenntnis hatte, kann in den übergebenen Standardinformationen unproblematisch ergänzt werden.
b)
Auch die Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung entsprechen der Vorgabe des Art 247 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB.
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die Belehrung zur Vorfälligkeitsentschädigung nur auf eine unbenannte Rechtsprechung des BGH verweist und „insbesondere“ einige Parameter anführt, es aber unklar bleibt, welchen Einflüssen die Vorfälligkeitsentschädigung noch unterliegt. Gleichzeitig ist aber ein genau zu bestimmender Höchstwert angegeben.
Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass die Angabe des gesamten Berechnungswegs einer Vorfälligkeitsentschädigung ohne finanzmathematische Kenntnisse nicht zu verstehen ist und für den Verbraucher der Abdruck des seitenlangen Berechnungsweges keine Vorteile hätte. Entsprechend verlangt Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB nicht die Festlegung auf eine Berechnungsmethode und deren Darstellung, sondern nur „Angaben zur Berechnungsmethode“. Ziel der Vorschrift ist es, wie auch bei anderen Pflichtangaben (s.o.), dass der Verbraucher die Folgen einer Darlehnsablösung abschätzen und einordnen kann. Hierzu BT-Drucks. 16/11643 S. 87:
„Die Verbraucherkreditrichtlinie selbst gibt keine Antwort auf die Frage, welche Kosten genau von dem Anspruch umfasst sind. (…)
Der Schadensersatz wird deshalb zum einen auf den „unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden“ beschränkt. Es muss ein enger Kausalzusammenhang zwischen der Rückzahlung und dem Schaden bestehen. Dies ist insbesondere für Verwaltungs- und Refinanzierungskosten anzunehmen. Zum anderen muss der Umfang des Ersatzes angemessen sein. Der Darlehensgeber kann keinen bis an die Grenze der Sittenwidrigkeit reichenden Entschädigungsbetrag verlangen; er muss vielmehr nachvollziehbar sein und sich an den tatsächlichen Kosten orientieren. Dies ist für die Vorfälligkeitsentschädigung nach deutschem Recht bisher schon der Fall. Mit dem Begriff „angemessen“ werden die Fälle umfasst, bei denen der Schaden im Rahmen des § 252 auf Grundlage des Durchschnittsgewinns ermittelt oder im Rahmen des § 287 ZPO geschätzt wird (vgl. Bamberger/Roth/ Rohe, BGB, Kommentar, 2. Auflage, § 490 Rn. 34; BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 – XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161 [169]).“
Wenn der Gesetzgeber daher selbst von einer möglichen Schätzungsnotwendigkeit ausgeht, kann dem Kreditgeber nicht die Darlegung einer Berechnungsmethode abverlangt werden. Die Beklagte musste sich daher auch nicht bei Vertragsschluss auf eine „Aktiv-Passiv“ oder „Aktiv-Aktiv“ Methode festlegen. Die Vorschriften zur Leistung von Pflichtangaben können den Darlehnsgeber nicht schon vor der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung verpflichten, sich auf eine Berechnungsmethode festzulegen. Denn die Wahl der Berechnungsmethode kann die Bank in dem Zeitpunkt, in dem eine Vorfälligkeitsentschädigung zu berechnen ist, nach ihrer Wahl bestimmen, vgl. BGH NJW 2001, 509. Eine materielle Regelung, dass diese Wahlmöglichkeit ausscheidet, treffen die Vorschriften zu den Pflichtangaben gerade nicht. Diese fordern eben nur Angaben zu Rechtslage ohne diese zu verändern.
Auch die Angabe Aktiv-Aktiv“ oder „Aktiv-Passiv“ hätte zudem für den Verbraucher keinerlei Vorteile. Bei Vertragsschluss ergeben sich für ihn hieraus keine Anhaltspunkte, um das wirtschaftliche Risiko einschätzen zu können. Im Fall der Vorfälligkeitsentschädigung wird er rechtliches Hintergrundwissen brauchen, um zu entscheiden, ob die konkret vorgelegte Berechnung der Bank korrekt ist. Dies gilt aber unabhängig davon, ob diese nun „aktiv- aktiv“ oder „aktiv-passiv“ ist. Einen Vorteil von der Angabe hat er daher nicht.
Im Hinblick auf Sinn und Zweck der Richtlinie dem Verbraucher bei Vertragsschluss eine Abschätzung der Risiken zu ermöglichen, ist hingegen die Nennung der Kappungsgrenze von wichtiger Bedeutung. Diese Nennung wurde durchgeführt. Weiterhin erfährt der Verbraucher, dass sich die Vorfälligkeitsentschädigung an objektive Kriterien zu halten hat, die im Einzelfall zu prüfen sind. Eine rein vom Willen der Bank abhängige Berechnung findet daher nicht statt. Eine bessere Belehrung war nicht möglich. Somit ist die Belehrungspflicht als erfüllt anzusehen (so auch: LG Stuttgart, Urteil 17.8.2017, Az 12 O 256/16, LG Düsseldorf, Urteil 09.10.2017, Az 11 O 37/17, LG Köln, Urteil 10.10.2017, Az. 21 O 23/17, LG Heilbronn, Urteil 30.1.2018, Az. Bm 6 O 358/17 zu den ebenso zahlreichen abweichenden Ansichten vgl. beispielhaft LG Berlin, Urteil vom 5.12.2017, Az. 4 O 150/16, wo von der Pflicht zur Festlegung auf aktiv-aktiv oder aktiv-passiv Methode bei Vertragsschluss bestanden wird).
c)
Auch über die Kündigungsmöglichkeiten (aa) und das dabei einzuhaltende Verfahren (bb) wurde gemäß Art. 247, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB hinreichend aufgeklärt.
Hierbei handelt es sich wohl um die in der Rechtsprechung umstrittenste Frage, vgl. Rechtsprechungsnachweise bei Herresthal, ZIP 2018, 753, 755 FN. 32 und FN. 34.
aa)
Ein ordentliches gesetzliches oder vertragliches Kündigungsrecht des Klägers besteht nicht. Es besteht ein Anspruch auf jederzeitige teilweise oder vollständige Rückzahlung des Darlehens. Diese Möglichkeit wurde im Vertrag mit den jeweiligen Folgen dargestellt.
Die Beklagte hat nicht über ein Recht zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 314 BGB aufklären müssen. Dies ergibt sich aus einer Auslegung des Art. 247, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB
Wörtliche Auslegung: Dies wird in der Gesetzesbegründung Bt-Drucks. 16/11643, S. 128 anders gesehen, jedoch ohne Begründung. Die Auslegung kann sich aber auf den Wortlaut stützen, wonach es sich bei § 314 BGB eben um eine Kündigung handelt, über welche aufzuklären ist, in diesem Sinne wohl auch Palandt, 77. Aufl, Weidenkaff, Art. 247 § 6 EGBGB Rn. 3.
Dabei muss aber auch gesehen werden, dass der Wortlaut des Gesetzes „Verfahren bei Kündigung“ nicht zwingend die Angabe aller Kündigungsmöglichkeiten mit einschließt.
Systematische Auslegung
Betrachtet man die Systematik der Pflichtangaben, so ergibt sich, dass durchweg Angaben zum konkreten Vertragsverhältnis zu machen sind, aber eine allgemeine zivilrechtliche Aufklärung nicht geleistet werden kann oder auch soll, da sich die Angaben auf das Wesentliche beschränken müssen, auch um im Einzelfall noch klar verständlich zu sein, vgl. BGH, Urteil 22.11.2016, Az. XI ZR 434/15, juris Rn. 22. So muss jeweils die konkrete Zinshöhe, die konkrete Darlehnsart etc. angegeben werden. Das Gesetz fordert Angaben zum jeweiligen Einzelfall. Hierzu noch die Angabe einer abstrakt bestehenden Kündigungsmöglichkeit zu fordern, deren Voraussetzungen im Einzelfall gar nicht dargelegt werden können (welche wichtigen Gründe kommen für den Verbraucher alle in Frage?), wäre systemwidrig.
Historische Auslegung
Eine historische Auslegung unter Rückgriff auf Bt-Drucks. 16/11643, S. 128 führt hier nicht weiter, da der deutsche Gesetzgeber die Verbraucherkreditrichtlinie (Rtl 2008/48/EG) ohne Weiterungen umsetzen wollte, wie sich aus Bt-Drucks. 16/11643 S. 129 selbst ergibt.
Auslegung vor dem europarechtlichen Hintergrund (richtlinienkonforme Auslegung)
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Ansicht von Herresthal ZIP 2018, 753 zuzustimmen ist, dass die Verbraucherkreditrichtlinie (Rtl. 2008/48/EG) verbietet die Aufklärung über § 314 BGB für den Anlauf der Widerrufsfrist zu fordern, da die Richtlinie vollharmonisierend ist und selbst das außerordentliche Kündigungsrecht nicht anspricht, sondern Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts zur Vertragsbeendigung ausdrücklich „unberührt“ (Erwägungsgrund 33 2008/48/EG, der aber auf einen „Vertragsbruch“ abstellt. Ebenso unberührt müssen aber allgemeine Rechtsgrundsätze wie zB § 313 BGB oder § 242 BGB bleiben) lässt.
Jedenfalls ergibt eine Analyse der mitgliedsstaatlichen Rechtssysteme, dass es ein fristloses Kündigungsrecht wie es § 314 BGB normiert in anderen Rechtsordnungen nicht gibt, Herrestahl, ZIP 2018, 753 (757) zitiert hierzu BeckOGK BGB, Martens, § 314 Rn. 9f.
Somit kann die europäische Regelung ein nur in Deutschland bestehendes besonderes Kündigungsrecht nicht im Blick gehabt haben. (Dabei ist unbeachtlich, ob die Vorschrift nun eine „allgemeine Kündigungsvorschrift“ ist, wie das LG Berlin dies in Abgrenzung zum Leistungsstörungsrecht sieht, LG Berlin, Urteil 05.12.2017, Az. 4 O 150/16, juris Rn. 32).
Teleologische Auslegung
Eine Auslegung an Sinn und Zweck hat sich an den Maßstäben, die hier schon unter 1 b) dargestellt sind zu messen.
Das LG München I, Urteil 09.02.2018, Az. 29 O 14138/17, juris Rn. 60 möchte aus dem Gebot der vollständigen Aufklärung durch die Pflichtangaben eine „ratio legis“ erkennen, die einen Hinweis auf § 314 BGB umfasst.
Der Unterzeichner kann diese Auffassung nicht teilen.
Kommt man auf den Gesetzeszweck zurück den Verbraucher vor übereilten Entscheidungen zu schützen und ihm die Bedeutung des Geschäfts sowie mögliche wirtschaftliche Folgen vor Augen zu führen, die bei verschiedenen Verläufen des Geschäfts entstehen können (Verzugszinsen, Vorfälligkeitsentschädigung etc.) und dies in Abgrenzung zu einer allgemeinen Aufklärung zu zivilrechtlichen Grundsätzen sieht, so sprechen die besseren Argumente dafür, dass eine Aufklärungspflicht zu § 314 BGB nicht besteht.
Denn einerseits könnte der Verbraucher nicht erkennen, wann nun ein wichtiger Grund zur Kündigung gegeben ist. Er könnte viel mehr zB der Fehlvorstellung unterliegen wirtschaftliche Not wäre ein solcher Grund. Die Information über das Bestehen des Kündigungsrechts nach § 314 BGB hilft ihm daher nicht weiter.
Andererseits wäre die Aufklärung über ein allgemeines Kündigungsrecht mit der Wirkung ex nunc auch eine verkürzte Darstellung der allgemeinen Rechte des Verbrauchers in einem Dauerschuldverhältnis. So könnte zum Beispiel eine ex tune Vertragsauflösung nach § 123 BGB aus c.i.c. oder wegen eines Anspruchs aus § 826 BGB für ihn günstiger sein. Es gibt keinen Grund die Aufklärung des Verbrauches auf § 314 BGB zu beschränken. Dass § 314 BGB eine Kündigung ist, da der Vertrag ex nunc aufgelöst wird, kann hierfür als Begründung nicht ausreichen (so aber LG München I, Urteil 09.02.2018, Az. 29 O 14138/17, LG Berlin, Urteil 05.12.2017, Az. 4 O 150/16). Diese juristische Unterscheidung ist für den Verbraucher bedeutungslos.
Anstatt also eine partielle Aufklärung über § 314 BGB nur wegen dessen Wortlaut zu verlangen, die dem Verbraucher nichts nützt, aber sogar andere Rechte vorenthält, ist es logischer § 314 BGB als allgemeines Gestaltungsrecht zu sehen, zu dem keine Aufklärung erfolgen muss, so auch LG Stuttgart, Urteil 17.8.2017, Az 12 O 256/16, LG Düsseldorf, Urteil 09.10.2017, Az 11 O 37/17, LG Köln, Urteil 10.10.2017, Az. 21 O 23/17.
Zwar entsteht damit im vorliegenden Fall ein Ungleichgewicht, nach dem die Beklagte mit einem eigenen Kündigungsrecht nach § 314 BGB in verschiedenen, genannten Fällen „droht“, aber ein solches Recht für den Verbraucher nicht aufführt, so auch LG Ellwangen, Urteil 25.1.2018, Az. 4 O 232/17. Dieses Ungleichgewicht ist aber vom Gesetz nicht sanktioniert.
Art. 247, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB fordert nicht die Nennung des § 314 BGB.
bb)
Hieran angelehnt besteht auch keine Pflicht zur Darlegung der Formvoraussetzung des § 492 Abs. 5 BGB. Wie dargelegt kann keine umfassende Aufklärung zu zivilrechtlichen Grundvoraussetzungen erfolgen. Der Darlehnsgeber kann zB nicht über die Grundsätze des Zugangs von Kündigungserklärungen oder die Abgabe mit Vertretungsmacht aufklären. Die konkrete Prüfung einer Kündigung kann nur im Einzelfall erfolgen. Die Darlegung sämtlicher Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Kündigung kann daher nicht gefordert sein. Die Nennung aller Voraussetzungen würde zu einer unübersichtlichen und unlesbaren Ansammlung an Pflichtangaben führen, die dem Gesetzeszweck entgegenstünden, BGH, Urteil 22.11.2016, Az. XI ZR 434/15, juris Rn. 22.
Der Verbraucher soll daher die Möglichkeit der Kündigung und deren Folgen erkennen können. Hierfür bedarf es eines Hinweises auf § 492 Abs. 5 BGB nicht, so auch LG Erfurt, Urteil 17.4.2018, Az 9 O 1486/17, vorgelegt von der Beklagten als B 17.
3.)
Abschließend war auch die Belehrung der Beklagten über die Widerrufsfolgen und die Wertersatzpflicht korrekt.
Die Anforderungen an die Unterrichtung über das Widerrufsrecht ergeben sich aus Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2b) EGBGB. Abweichend von dem Wortlaut des § 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB besteht kein Bezug auf Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB. Vielmehr handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung. Die Anwendung der Widerrufsinformation gem. § 312g BGB für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge macht bei der Rückabwicklung eines mit einem Darlehensvertrag verbundenen Kaufvertrages erkennbar keinen Sinn, Nordholtz/Bleckwenn NJW 2017, 2497, 2500.
Anzuwenden sind daher die Belehrungsanforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2b) EGBGB.
Die Anforderungen sind erfüllt.
Die Beklagte hat sich im Wesentlichen an dem Muster nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB orientiert und alle erforderlichen Angaben verständlich aufgeführt. Diese sind ausreichend, um dem verständigen und aufmerksamen Verbraucher (s.o.), die erforderliche Kenntnis zu verschaffen.
Die Belehrung zur Wertersatzpflicht in der Widerrufsinformation wird (gerade noch) nicht dadurch fehlerhaft, dass es in dem Vertrag unter Nr. 6 a) der Darlehensbedingungen heißt: „Der Darlehensnehmer hat im Fall des Widerrufs des Darlehensvertrages eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Fahrzeugs entstandene Wertminderung (z.B. Wertverlust aufgrund der Zulassung eines PKW) zu ersetzen.“
Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung kann dadurch entwertet werden, dass an anderer Stelle ein inhaltlich unzutreffender Hinweis erteilt wird, wenn er dazu geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten, BGH, Urteil 16.12.2015, Az. IV ZR 71/14, juris Rn. 11; Urteil 10.10.2017, Az. 443/16, juris Rn. 25. Eine
Auszugehen ist dabei davon, dass nur der Gebrauch der zu Prüfzwecken erfolgt zu keiner Wertersatzpflicht führt. Ursprünglich sollte der Verbraucher die Ware bei einem Fernabsatzvertrag bei sich wie in einem Präsenzgeschäft prüfen können, Bt-Drucks 17/5097, S. 15; BGH, Urteil 12.10.2016, Az. VIII ZR 55/15, juris Rn. 21; Urteil 3.11.2010, Az. VIII ZR 337/09 Rn. 23.
Bei einem Autokauf fällt hierunter die Probefahrt ohne Anmeldung des Fahrzeugs. Richtig ist daher die Auffassung der Beklagten, dass die Zulassung des Fahrzeugs eine Benutzung darstellt, die er in einem Geschäft nicht hat. Dies verpflichtet zu Wertersatz, vgl. BGH, Urteil 12.10.2016, Az. VIII ZR 55/15, juris Rn. 25.
Fraglich könnte aber sein, dass die Beklagte jede „bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme“ zur Wertersatzpflicht führen lassen will. Der Laie könnte hierunter auch nur das Starten des Motors verstehen. Die Beklagte räumt diese Zweifel aber aus, wenn er sodann im 2. Satz von Punkt 6 a) der Darlehnsbedingungen ausführt, dass die Wertersatzpflicht vermieden werden kann, wenn die Zulassung erst nach Prüfung des Fahrzeugs erfolgt. Hiermit wird klar, dass erst die Handlungen nach Zulassung zur Wertersatzpflicht führen und nicht schon das Ausprobieren technischer Funktionen.
Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte hätte darüber belehren müssen, dass sich „der Wertersatz nach dem Umfang der tatsächlichen Nutzung zur Gesamtnutzungsdauer richtet“ (Bl. 275, Schriftsatz 5.4.2018, S. 5) zeigt sich wiederum die Abweichung der Aufklärungspflicht in der Widerrufsbelehrung zur Berechnung eines Wertersatzes im konkreten Fall. Die Widerrufsbelehrung und die Belehrung zur Wertersatzpflicht können dem Verbraucher nur einen Hinweis geben, dass Wertersatzpflichten bestehen können. So sieht dies Gestaltungshinweis 5c des Musters in Anlage 7 zu Art 247 § 6 EGBGB auch vor. Wie oben bereits zur Vorfälligkeitsentschädigung und auch zur Darlegung der Kündigungsrechte festgestellt, kann die Berechnung der Wertersatzpflicht im Einzelfall noch nicht in der Belehrung dargestellt werden. Die Darstellung einer „Wertzehrtheorie“ (die ebenfalls in der Sache auch nicht richtig wäre, vgl. BGH, Urteil 12.10.2016, Az. VIII ZR 55/15, juris Rn. 25) würde die Belehrung für den Verbraucher wieder unlesbar und unübersichtlich machen und den falschen Eindruck vermitteln, im Fall der Wertersatzpflicht sei eine Einzelfallprüfung nicht mehr notwendig. Wieder zeigt sich – und bestätigt damit die bisherigen Feststellungen – dass das die Belehrungen im Rahmen des Widerrufsrechts nur die Absetzbarkeit der wirtschaftlichen Risiken, nicht aber die volle juristische Aufklärung über mögliche, zukünftige Ereignisse und deren Folgen leisten kann und soll.
B.
Nachdem der geltend gemachte Hauptanspruch nicht besteht, ist über sämtliche Hilfsanträge nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 709 ZPO. Der Streitwert wird nach dem Wert des Darlehnsvertrags bemessen, dessen Nichtbestehen die Klägerin feststellen lassen wollte.