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Verbrauchsgüterkauf – Privatkauf oder Unternehmerkauf

Kammergericht Berlin

Az: 8 U 107/10

Beschluss vom 31.03.2011


In dem Rechtsstreit hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch XXX am 31. Januar 2011 b e s c h l o s s e n :

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

I.

Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

Zutreffend hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sich die Beklagte als Unternehmerin gemäß § 475 BGB nicht auf den in dem Kaufvertrag vom 3. April 2008 enthaltenen Gewährleistungsausschluss berufen kann, da der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger schlüssig dargelegt hat, dass die Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs im Sinne von § 474 BGB vorlagen.

Die Frage, ob ein Verbrauchsgüterkauf vorliegt und ob es sich auf Seiten des Käufers um einen Verbraucher handelt, ist gemäß § 13 BGB objektiv zu beurteilen und setzt insbesondere voraus, dass der Kauf zu privaten Zwecken abgeschlossen wurde (Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Auflage, § 474, Rdnr. 4; § 13, Rdnr. 3). Dabei ist letztlich entscheidend, wie der Käufer gegenüber seinem Vertragspartner auftritt und wie dieses Auftreten vor dem Hintergrund der tatsächlichen Gegebenheiten vom Verkäufer unter Anlegung eines objektivierten Maßstabes verstanden werden kann (OLG Celle, OLGR Celle 2008, 475). Allein der Umstand, dass in dem Kaufvertrag bei dem Beruf des Käufers „eingetragener Vollkaufmann“ angegeben ist und dass der Kläger bei der Erstbesichtigung eine Visitenkarte übergeben hat, die ihn als Mitarbeiter der „………………..“ ausweist, lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob der Kläger bei dem Kauf als Verbraucher im Sinne von § 13 BGB oder als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB gehandelt hat. Das Gesetz stellt bei der Abgrenzung, ob jemand als Verbraucher oder Unternehmer handelt, nicht darauf ab, ob geschäftliche Erfahrung vorliegt (BGH, NJW 2008, 435). Durch die Formulierung „in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit“ in § 14 BGB hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch ein Gewerbetreibender nicht bei jedem Geschäft als Unternehmer handelt, sondern dass es einer engeren Verknüpfung zum Unternehmenszweck bedarf (KG, KGR Berlin 2007, 214). Der zwischen den Parteien gewechselte email-Verkehr lässt eindeutig erkennen, dass der Kläger das Fahrzeug als Privatperson erwerben und ausschließlich zu privaten Zwecken nutzen wollte. Der Kläger hat den von der Beklagten zunächst übersandten Vertragsentwurf, in dem als Käufer die „……“ aufgeführt worden war, handschriftlich dahingehend abgeändert, dass er selbst als Käufer aufgeführt ist. Nach dem Vortrag der Beklagten wollte der Kläger vermeiden, dass das Fahrzeug in die Bücher der „…………“ aufgenommen werden muss. Das heißt, der Beklagten war vollkommen klar, dass der Kläger das Fahrzeug privat nutzen wollte und nicht als Firmenfahrzeug, denn wenn er es als Firmenfahrzeug hätte nutzen wollen, wäre es nur von Vorteil gewesen, wenn das Fahrzeug in den Firmenbüchern aufgenommen worden wäre. Da die Beklagte aber – wie sie selbst einräumt – nicht an einen Verbraucher verkaufen wollte, weil sie dann nicht die Möglichkeit eines Gewährleistungsausschlusses gehabt hätte, hat sie sich – wie der E-Mail vom 1. April 2008 zu entnehmen ist – „schlau gemacht“ und dem Kläger den Vorschlag unterbreitet, ihm „den Wagen“ als Vollkaufmann zu verkaufen, denn „er muss damit nicht in die Firma genommen werden“. Die Beklagte meinte, auf diese Weise einen wirksamen Gewährleistungsausschluss vereinbaren zu können, obgleich der Käufer das Fahrzeug ausschließlich zu privaten Zwecken nutzen wollte. Eine andere Deutung lässt dieser email-Verkehr nicht zu. Die Beklagte verkennt dabei, dass eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung, die die Wirkung eines Verbrauchsgüterverkaufs zum Nachteil des Verbrauchers beseitigt, gemäß § 475 BGB unwirksam ist.

Soweit die Beklagte bestreitet, dass der Kläger den Kaufvertrag zu privaten Zwecken abgeschlossen hat, ist ihr Vortrag unsubstantiiert. Weder hat die Beklagte schlüssig vorgetragen, dass der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages zum Ausdruck gebracht habe, dass er das Fahrzeug zu geschäftlichen Zwecken nutzen wolle, noch hat sie schlüssig vorgetragen, dass der Kläger das Fahrzeug entgegen seinen Bekundungen tatsächlich geschäftlich nutze. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vorträgt, das streitgegenständliche Fahrzeug sei für eine gewerbliche Nutzung durch den Kläger geeignet, da dieser auch einen Limousinenservice anbiete, ist sie mit diesem Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 Ziffer 3 ZPO ausgeschlossen. Davon abgesehen, hat der Kläger auch durch Vorlage der Zulassungspapiere nachgewiesen, dass das Fahrzeug nicht auf die Firma, sondern auf ihn als Privatperson zugelassen ist, und hat im übrigen auch unbestritten vorgetragen, dass er das Fahrzeug nur als Privatfahrzeug versichert habe.

§ 344 HGB findet entgegen der Auffassung der Beklagten vorliegend schon deshalb keine Anwendung, weil letztlich keine Zweifel an der Verbrauchereigenschaft des Klägers bleiben. Davon abgesehen kann § 344 HGB im Zusammenhang mit dem Verbraucherschutz ohnehin keine Geltung beanspruchen (Erman/Saenger, BGB12. Auflage, § 13, Rdnr. 17; KG, KGR Berlin, 2007, 214).

Der Kläger war berechtigt, gemäß §§ 437 Ziffer 2, 440 BGB vom Kaufvertrag zurückzutreten, da das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft ist.

Es hatte bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit, § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass bei dem Fahrzeug die in dem DEKRA-Untersuchungsbericht vom 2. Mai 2008 aufgeführten Mängel vorliegen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die gerichtlich bestellte Sachverständige in ihrem Gutachten vom 7. Januar 2010 die von der DEKRA aufgelisteten Mängel vollumfänglich bestätigt habe. Der Senat folgt diesen Ausführungen, zumal die Beklagte die Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen mit der Berufungsbegründung nicht angreift.

Nach den gutachterlichen Feststellungen ist die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges – ungeachtet der weiteren festgestellten Mängel – schon deshalb beeinträchtigt, weil die Radlager an der Hinterachse deutlich mit Spiel behaftet sind.

Der Einwand der Beklagten, dass der festgestellte Zustand dem Alter des Fahrzeuges entspreche, das bei Verkauf bereits 14 Jahre alt gewesen sei und eine Laufleistung von ca. 109.500 km aufgewiesen habe, greift nicht, denn der Kläger durfte aufgrund des Umstandes, dass die Parteien in dem schriftlichen Vertrag vereinbart haben, dass die Beklagte den 154 Punkte Check bei ……………durchführt und dass TÜV und AU auf Kosten der Beklagten neu gemacht werden, davon ausgehen, dass sich das Fahrzeug bei Gefahrübergang in einem verkehrssicheren Zustand befindet. Laut Internetauftritt der Beklagten (……..) war die Eröffnung der Firma ……….im April 2003 ein weiteres Highlight ihrer Firmengeschichte. Die Firma ………, die ihren Sitz unter der identischen Adresse wie die Beklagte hat und deren damaliger Leiter für den Bereich Sales & Marketing die Vertragsverhandlungen mit dem Kläger geführt hat, bietet laut Internet (………….) eine umfassende Inspektion an. Danach werden alle Fahrzeuge gemäß einer Checkliste mit 154 (heute noch 79) Punkten geprüft. „Diese …….-Ingenieuren entwickelte Prüfung wird durch werksgeschulte Techniker durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Fahrzeuge höchste technische Standards erfüllen.“ Nicht zuletzt aufgrund dieser Anpreisung durfte der Kläger davon ausgehen, dass der „154- Punkte Check……..“, der ihm vertraglich von der Beklagten zugesichert wurde, von einem werksgeschulten Techniker durchgeführt wird, um sicherzustellen, dass das Fahrzeug höchste technische Standards erfüllt. Er durfte damit zumindest erwarten, dass sich das Fahrzeug bei Gefahrübergang in einem verkehrssicheren Zustand befindet.

Soweit die Beklagte vorträgt, dass die von der DEKRA am 2. Mai 2008 festgestellten Mängel bei Übergabe des Fahrzeugs am 12. April 2008 noch nicht vorhanden gewesen seien, hat dieser Einwand keinen Erfolg. Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird gemäß § 476 BGB vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war. Das heißt die Beklagte hat darzulegen und zu beweisen, dass die von der DEKRA und der gerichtlich bestellten Sachverständigen festgestellten Mängel, insbesondere das die Verkehrssicherheit beeinträchtigende Spiel der Radlager an der Hinterachse, erst nach Gefahrübergang entstanden sind. Über den von der Klägerseite behaupteten Zustand des Fahrzeugs am 10. und 11. April 2008 war nicht Beweis zu erheben, da die Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt hat, wie diese Mängel, die typischerweise nicht von einem Tag auf den anderen und auch nicht innerhalb von drei Wochen entstehen, in dem kurzen Zeitraum zwischen Übergabe und Untersuchung durch die DEKRA entstanden sein sollen.

II.

Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.

III.

Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.

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