Geschäftsführer nach Unfall erfolgreich auf Schadensersatz geklagt
Arbeitnehmer haben in der Regel einen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie aufgrund einer Verletzung oder Krankheit vorübergehend arbeitsunfähig sind. Bei selbstständig Tätigen oder mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH gestaltet sich die Situation etwas komplexer. Hier stellt sich die Frage, welche finanziellen Ansprüche bei einem Verdienstausfall bestehen und welche Verpflichtungen der Geschädigte hat, um den Schaden möglichst gering zu halten.
Die Schadensminderungspflicht spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie besagt, dass der Geschädigte alles Zumutbare unternehmen muss, um den eingetretenen Schaden so gering wie möglich zu halten. Wie weit diese Pflicht jedoch reicht und welche Anforderungen an einen mitarbeitenden Gesellschafter gestellt werden können, ist häufig eine Frage des Einzelfalls.
Im folgenden Beitrag wird ein konkretes Gerichtsurteil zu dieser Thematik zusammengefasst und analysiert.
Übersicht:
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ➜ Der Fall im Detail
- Rechtsstreit um Verdienstausfall und Schadensminderung eines mitarbeitenden GmbH-Gesellschafters
- Urteil des Landgerichts und Berufungsverfahren
- Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken
- Juristische Abwägungen und Methodik der Schadensberechnung
- Ergebnis und vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils
- ✔ Häufige Fragen – FAQ
- Was versteht man unter Verdienstausfall im Zusammenhang mit körperlichen Beeinträchtigungen?
- Wie wird der Verdienstausfall bei Selbstständigen oder Geschäftsführern berechnet?
- Welche Rolle spielt die Schadensminderungspflicht bei der Berechnung von Schadensersatz?
- In welchen Fällen wird eine Erwerbsminderungsrente auf den Schadensersatz angerechnet?
- Wie beeinflusst die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils die Auszahlung von Schadensersatz?
- Warum wird eine Revision in manchen Fällen nicht zugelassen und was bedeutet das für die Parteien?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Das vorliegende Urteil
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 22/23 >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Verdienstausfallschaden anerkannt: Das Oberlandesgericht Saarbrücken sprach dem Kläger zusätzliche 28.321,88 € Verdienstausfallschaden zu, über die bereits im ersten Urteil anerkannten Beträge hinaus.
- Vorgerichtliche Anwaltskosten: Dem Kläger wurden auch zusätzliche vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.708,84 € zugesprochen.
- Abweisung der Anschlussberufung der Beklagten: Die Anschlussberufung der Beklagten, die darauf abzielte, die Verpflichtung zur Schadensersatzleistung zu begrenzen, wurde zurückgewiesen.
- Schadensminderungspflicht relevant: Für den Zeitraum bis Februar 2021 wurde dem Kläger ein Einkommen aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer angerechnet, was auf der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) basiert.
- Keine Anrechnung des Geschäftsführergehalts ab März 2021: Ab März 2021 wurde das früher erzielte Geschäftsführereinkommen nicht mehr angerechnet, da dies nicht mehr als zumutbar angesehen wurde.
- Arbeitsfähigkeit separat geprüft: Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers, die seit 2017 durch die Deutsche Rentenversicherung anerkannt ist, bindet das Gericht nicht; es erfolgte eine separate Beurteilung.
- Keine Revision zugelassen: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und eine Revision wurde nicht zugelassen, was die Endgültigkeit der Entscheidung unterstreicht.
➜ Der Fall im Detail
Rechtsstreit um Verdienstausfall und Schadensminderung eines mitarbeitenden GmbH-Gesellschafters
Der Fall betrifft einen mitarbeitenden Geschäftsführer eines Handwerksbetriebes für Heizung und Sanitär, der nach einem schweren Verkehrsunfall im Jahr 2007 erhebliche körperliche Einschränkungen erlitt, einschließlich der Amputation des linken Unterschenkels.
Trotz dieser Beeinträchtigungen setzte der Kläger seine Tätigkeit im Unternehmen fort, bis er 2017 eine volle Erwerbsminderungsrente von der Deutschen Rentenversicherung Saarland bezog. Die rechtliche Auseinandersetzung entzündete sich an der Höhe des Verdienstausfallschadens und der Frage der Anrechnung von Einkommen sowie der Erwerbsminderungsrente auf den Schadensersatz.
Urteil des Landgerichts und Berufungsverfahren
Das Landgericht Saarbrücken hatte zunächst in Teilen zugunsten des Klägers entschieden und die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 150.830,04 € verpflichtet. Die Entscheidung basierte darauf, dass der Kläger zwar Einkommen aus seiner Tätigkeit als nicht mitarbeitender Geschäftsführer bezogen hatte, dieses jedoch aufgrund der veränderten Tätigkeitsmöglichkeiten und seiner gesundheitlichen Einschränkungen als anrechenbar betrachtet wurde. Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Berufung ein, da er eine höhere Entschädigungssumme für seine ausgefallenen Einkünfte sowie höhere vorgerichtliche Anwaltskosten forderte.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken
Das Oberlandesgericht Saarbrücken gab der Berufung des Klägers teilweise statt und erhöhte die zugesprochenen Beträge um weitere 28.321,88 € für Verdienstausfallschaden sowie um 1.708,84 € für vorgerichtliche Anwaltskosten. Die Entscheidung begründete das Gericht mit der konkreten Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit des Klägers, die sich direkt auf sein Vermögen auswirkte. Dabei betonte das Gericht, dass der Verlust der Arbeitskraft des Klägers einen Vermögensschaden darstellt, der ersetzt werden muss, sobald er sich konkret und sichtbar niederschlägt.
Juristische Abwägungen und Methodik der Schadensberechnung
Das Gericht legte die modifizierte Nettolohnmethode zur Berechnung des Schadens zugrunde, welche die Differenz zwischen dem hypothetischen Einkommen ohne das Schadensereignis und dem tatsächlichen, niedrigeren Einkommen des Geschädigten berücksichtigt. Die juristische Herausforderung bestand insbesondere darin, die Höhe des Nettoeinkommens, das der Kläger ohne den Unfall erzielt hätte, festzustellen und die Auswirkungen der Erwerbsminderung präzise zu quantifizieren.
Ergebnis und vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils
Das Urteil des Oberlandesgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, was dem Kläger erlaubt, die zugesprochenen Beträge zu fordern, solange keine endgültige Entscheidung durch eine höhere Instanz erfolgt. Die Revision wurde nicht zugelassen, was die Entscheidung in gewisser Weise finalisiert, es sei denn, es ergeben sich neue rechtliche Gesichtspunkte, die eine Überprüfung rechtfertigen könnten.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was versteht man unter Verdienstausfall im Zusammenhang mit körperlichen Beeinträchtigungen?
Verdienstausfall im Kontext körperlicher Beeinträchtigungen beschreibt den Einkommensverlust, den eine Person erleidet, weil sie aufgrund einer Verletzung oder Erkrankung temporär oder dauerhaft nicht in der Lage ist, ihrer gewohnten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dieser Einkommensverlust kann durch unterschiedliche Umstände bedingt sein, wie etwa durch einen Unfall, eine berufsbedingte Erkrankung oder eine sonstige gesundheitliche Beeinträchtigung, die die Arbeitsfähigkeit einschränkt oder aufhebt.
Im deutschen Recht ist der Anspruch auf Schadensersatz für Verdienstausfall in verschiedenen Gesetzen geregelt. Gemäß § 842 BGB erstreckt sich die Verpflichtung zum Schadensersatz bei einer Körperverletzung auf die Nachteile, die der Verletzte durch die Aufhebung oder Minderung seiner Erwerbsfähigkeit erleidet. Dies bedeutet, dass der Geschädigte einen Anspruch auf Ersatz des Einkommens hat, das er ohne die Beeinträchtigung hätte erzielen können. Die Berechnung des Verdienstausfalls kann komplex sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem bisherigen Einkommen, der Dauer der Arbeitsunfähigkeit und den Aussichten auf eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit.
Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen müssen in der Regel ärztliche Bescheinigungen vorgelegt werden, die die körperliche Beeinträchtigung bzw. Arbeitsunfähigkeit belegen, sowie Lohn- oder Gehaltsabrechnungen, um das bisherige Einkommen zu ermitteln. Bei Selbstständigen ist die Berechnung des Verdienstausfalls oft weniger klar geregelt und muss individuell betrachtet werden.
In Fällen, in denen eine Person aufgrund einer körperlichen Beeinträchtigung dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, ihren Beruf auszuüben, kann unter Umständen ein Anspruch auf eine Rentenleistung nach dem Opferentschädigungsgesetz bestehen. Dieser Anspruch setzt voraus, dass die Erwerbsfähigkeit der betroffenen Person aufgrund der erlittenen Gesundheitsschäden dauerhaft um mindestens 20% gemindert ist.
Im Zusammenhang mit der Schadensminderungspflicht eines mitarbeitenden GmbH-Gesellschafters bedeutet dies, dass der Gesellschafter verpflichtet ist, den durch sein schädigendes Verhalten entstandenen Schaden möglichst gering zu halten. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass er Maßnahmen ergreifen muss, um den Verdienstausfall der GmbH zu minimieren, etwa indem er für eine angemessene Vertretung während seiner Abwesenheit sorgt.
Wie wird der Verdienstausfall bei Selbstständigen oder Geschäftsführern berechnet?
Die Berechnung des Verdienstausfalls bei Selbstständigen ist wesentlich komplizierter und aufwendiger als bei Angestellten, da keine Lohnfortzahlung stattfindet und der Verdienstausfallschaden aus den Einbußen besteht, die der Selbstständige während seines unfallbedingten Arbeitsausfalls konkret erlitten hat. Der Nachweis des Schadens erfordert den Beleg konkret entgangener Geschäfte oder einer Gewinnminderung, was oft nur mit Hilfe von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern oder entsprechenden Sachverständigen möglich ist. Die Schadensbezifferung hängt von vielen Unbekannten ab, wie Umsatz, Kosten, Steuern und Gewinn, die alle Schwankungen unterworfen sind. Eine exakte Berechnung ist daher unmöglich, und es wird in der Regel eine Darstellung von Umsatz, Kosten und Gewinn in den Jahren vor dem Unfall und eine Gegenüberstellung der einzelnen Werte im Jahr des Unfalls und gegebenenfalls dem Folgejahr herangezogen.
Für Geschäftsführer einer GmbH, die ebenfalls als Selbstständige betrachtet werden können, ist die Situation ähnlich. Auch hier kann der Verdienstausfall nicht einfach durch eine Lohnfortzahlung abgedeckt werden. Stattdessen muss individuell ermittelt werden, welchen finanziellen Schaden der Geschäftsführer durch den Arbeitsausfall erleidet. Dies kann beispielsweise durch entgangene Boni, Tantiemen oder andere variable Vergütungsbestandteile geschehen, die einen wesentlichen Teil des Einkommens ausmachen können.
In beiden Fällen ist es wichtig, dass die Berechnung des Verdienstausfalls auf realistischen und nachweisbaren Grundlagen beruht, um bei einer möglichen rechtlichen Auseinandersetzung Bestand zu haben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie sie in § 252 BGB und § 287 ZPO festgelegt sind, bieten dabei eine Grundlage für die Schätzung des Erwerbsschadens, wenn eine exakte Berechnung nicht möglich ist.
Welche Rolle spielt die Schadensminderungspflicht bei der Berechnung von Schadensersatz?
Die Schadensminderungspflicht spielt eine zentrale Rolle bei der Berechnung von Schadensersatz, da sie die geschädigte Partei dazu verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um den entstandenen Schaden so gering wie möglich zu halten. Dies bedeutet, dass die Geschädigten nicht nur passiv bleiben dürfen, sondern aktiv dazu beitragen müssen, ihre finanziellen Verluste zu minimieren.
In der Rechtsprechung wird die Schadensminderungspflicht als eine wesentliche Obliegenheit der geschädigten Partei angesehen. Gemäß § 254 Abs. 2 BGB ist der Geschädigte gehalten, seinen Schaden in einem Rahmen zu begrenzen, der ihm billigerweise zugemutet werden kann. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass nach einem Verkehrsunfall die beschädigte Partei verpflichtet ist, das Fahrzeug in einer kostengünstigeren, aber qualitativ gleichwertigen Werkstatt reparieren zu lassen, statt in einer teureren Markenwerkstatt.
Die Nichtbeachtung der Schadensminderungspflicht kann dazu führen, dass der Schadensersatzanspruch gekürzt wird. Das bedeutet, dass wenn der Geschädigte Maßnahmen unterlässt, die seinen Schaden reduzieren könnten, der Schädiger nur den Teil des Schadens ersetzen muss, der bei angemessener Schadensminderung entstanden wäre. Dies unterstreicht die Bedeutung der Schadensminderungspflicht im Schadensersatzrecht, da sie nicht nur die Interessen des Geschädigten, sondern auch die des Schädigers berücksichtigt, indem sie eine übermäßige Belastung des Schädigers verhindert.
In welchen Fällen wird eine Erwerbsminderungsrente auf den Schadensersatz angerechnet?
Eine Erwerbsminderungsrente wird auf den Schadensersatz angerechnet, um eine Doppelentschädigung zu vermeiden. Dies geschieht in Fällen, in denen Personen aufgrund von Arbeitsunfällen, Wegeunfällen oder Berufskrankheiten eine Rente der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten. Die Anrechnung erfolgt, um sicherzustellen, dass die geschädigte Person nicht mehr Entschädigung erhält, als ihr tatsächlicher finanzieller Schaden beträgt.
Die Anrechnung der Erwerbsminderungsrente auf den Schadensersatz ist besonders relevant, wenn die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammentrifft. In solchen Fällen wird die Rente aus der Unfallversicherung auf die Erwerbsminderungsrente angerechnet, wobei bestimmte Freibeträge berücksichtigt werden, die je nach individuellem Fall variieren können.
Zudem wird bei der Anrechnung unterschieden zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderungsrente. Bei der vollen Erwerbsminderungsrente werden Einkünfte wie Gewinne aus Selbstständigkeit, Krankengeld und Übergangsgeld sowie Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung angerechnet. Bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente gelten ähnliche Regelungen, jedoch mit spezifischen Unterschieden hinsichtlich der anrechenbaren Einkünfte und der Höhe der Anrechnung.
Diese Regelungen dienen dazu, eine Überkompensation zu verhindern und die finanzielle Unterstützung gerecht und angemessen zu gestalten, indem sie sicherstellen, dass die Gesamtleistungen die tatsächlichen finanziellen Einbußen der betroffenen Person nicht übersteigen.
Wie beeinflusst die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils die Auszahlung von Schadensersatz?
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ermöglicht es dem Kläger, Schadensersatzforderungen geltend zu machen, bevor das Urteil endgültig ist. Diese Frage hilft, das Prozessrisiko und die finanziellen Optionen für Geschädigte nach einem Gerichtsurteil zu verstehen.
Warum wird eine Revision in manchen Fällen nicht zugelassen und was bedeutet das für die Parteien?
Das Verständnis, warum eine Revision nicht zugelassen wird, ist wesentlich, um die Endgültigkeit eines Urteils und die weiteren rechtlichen Schritte, die den Parteien zur Verfügung stehen, zu bewerten. Diese Frage klärt über die Bedeutung und die Auswirkungen der Gerichtsentscheidungen auf.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 842 BGB: Regelt die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz wegen der Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit durch eine Körperverletzung. Der Kläger macht geltend, dass durch den Unfall seine Erwerbsfähigkeit gemindert wurde, was direkte finanzielle Nachteile nach sich zog.
- § 254 BGB: Betrifft die Schadensminderungspflicht, die besagt, dass ein Geschädigter verpflichtet ist, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Im Fall wurde das Einkommen, das der Kläger als nicht mitarbeitender Geschäftsführer erzielte, auf den Schadensersatz angerechnet, weil erwartet wird, dass er seine verbleibende Arbeitskraft nutzt.
- § 843 BGB: Spezifiziert die Berechnung von Schadensersatz bei Personenschäden, insbesondere wenn durch einen Unfall die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt wird. Dies ist relevant für die Ermittlung des Verdienstausfallschadens des Klägers, der als mitarbeitender Geschäftsführer tätig war.
- § 11 Satz 1 StVG: Ergänzt die Haftungsregeln speziell im Straßenverkehrsrecht, was bei der Beurteilung von Unfallschäden anwendbar ist. Auch wenn es im spezifischen Text nicht erwähnt wird, bildet es oft die rechtliche Grundlage bei Verkehrsunfällen.
- § 116 SGB X: Behandelt den Übergang von Ansprüchen des Geschädigten auf Sozialversicherungsträger, wenn diese Leistungen erbracht haben. Dies ist besonders wichtig, um zu verstehen, wie Ansprüche zwischen Sozialversicherungsträgern und geschädigten Parteien geregelt sind, insbesondere in Bezug auf die Erwerbsminderungsrente.
- Arbeitsrechtliche Bestimmungen zum Geschäftsführeranstellungsvertrag: In der konkreten Situation des Klägers müssen arbeitsrechtliche Bestimmungen berücksichtigt werden, die den Vertrag und die Anstellungsbedingungen eines GmbH-Geschäftsführers regeln, da der Kläger als solcher tätig war.
Diese Gesetze und Bestimmungen sind wesentlich für das Verständnis der rechtlichen Grundlagen, die die Ansprüche des Klägers und die Entscheidungen der Gerichte im besprochenen Fall bestimmen.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 3 U 22/23 – Urteil vom 08.03.2024
I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils verurteilt, über den bereits durch Ziffer 1 des angefochtenen Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 20.10.2022 – 10 O 35/19 – titulierten Betrag hinaus weitere 28.321,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 2.785,71 € seit dem 1.9.2020, weiteren 1.660,85 € seit dem 10.1.2021, weiteren 1.333,08 € seit dem 2.4.2021, weiteren 6.665,40 € seit dem 22.7.2021, weiteren 3.999,24 € seit dem 2.10.2021, weiteren 7.998,48 € seit dem 4.6.2022 und weiteren 3.879,12 € seit dem 2.7.2022 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten von 1.708,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird Ziffer 2 des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 20.10.2022 – 10 O 35/19 – abgeändert und die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags abgewiesen.
III. Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 24 % und die Beklagte zu 76 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
IV. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 4.5.2007 in … geltend. Die 100%ige Eintrittspflicht der Beklagten ist durch Anerkenntnisurteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17.12.2007 – 16 O 231/07 – (Bl. 648 ff. GA) festgestellt.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als mitarbeitender Geschäftsführer in einem Handwerksbetrieb für Heizung und Sanitär tätig, dessen Mitgesellschafter er ist. Bei dem Unfall erlitt er eine Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogens und des linken Kleinfingers sowie Frakturen beider Unterschenkel, die eine Amputation des linken Unterschenkels und die Versorgung mit einer Prothese nach sich zogen. Nach dem Unfall arbeitete der Kläger in streitigem Umfang weiter in dem Betrieb mit. Seit Mitte des Jahres 2017 erhält er Rente wegen voller Erwerbsminderung seitens der DRV Saarland in Höhe von zunächst 1.252,56 € (brutto), die sich ausweislich der Rentenbescheide (Bl. 651 ff. GA) in der Folge stetig erhöht hat.
Mit seiner – wiederholt erweiterten – Klage hat der Kläger die Beklagte erstinstanzlich zuletzt auf Ersatz von Verdienstausfallschaden nebst der hierauf gezahlten Steuer sowie Haushaltsführungsschaden in Höhe von insgesamt 215.611,55 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten von 2.220,54 € in Anspruch genommen. Ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtlichen aus der Unfallverletzung resultierenden materiellen Schaden wie Verdienstausfall nebst Steuern und Haushaltsführungsschaden zu ersetzen, soweit nicht ein Anspruchsübergang auf einen Sozialversicherungsträger erfolgt ist. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht, auf dessen tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, auf den Feststellungsantrag erkannt und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 150.830,04 € nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es – soweit noch von Interesse – ausgeführt, das frühere Anerkenntnisurteil stehe der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen, da dieser darauf gerichtet sei, Klarheit über Inhalt und Umfang über die Verpflichtung der Beklagten hinsichtlich der genau beschriebenen einzelnen Schadenspositionen zu schaffen. Bei dem Kläger liege seit Mitte des Jahres 2017 eine MdE von 70 % vor, aufgrund derer er nicht mehr aktiv körperlich in einem Heizungs- und Sanitärbetrieb mitarbeiten könne. Bei der Berechnung des Verdienstausfallschadens müsse er sich aber das Einkommen anrechnen lassen, das er als nicht mitarbeitender Geschäftsführer zuvor auf Grundlage des Geschäftsführeranstellungsvertrags vom 1.1.2010 (Bl. 384 ff. GA) i.V.m. dem Nachtrag vom 29.11.2011 (Bl. 388 GA) erzielt habe. Anzurechnen sei ferner die Erwerbsminderungsrente in Höhe von 1.252,56 €. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten seien aus einem Geschäftswert von 660.000,- € zu ermitteln, wobei der Kläger lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr verlangen könne. Damit ergebe sich keine über den bereits regulierten Betrag hinausgehende Forderung mehr.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er den Verdienstausfallschaden und die vorgerichtlichen Anwaltskosten weiterverfolgt. Der Kläger macht geltend, er sei seit seiner Vollverrentung unter Berücksichtigung seiner unfallunabhängigen Beeinträchtigungen zu 100 % arbeitsunfähig. Das vom Landgericht veranschlagte Einkommen habe er zudem ausschließlich als Entgelt für seine geleisteten Handwerksarbeiten und auch nicht teilweise für die Stellung als Geschäftsführer erhalten. Eine Stelle als Geschäftsführer in einem anderen Handwerksbetrieb könne er angesichts des Marktes sowie seines gravierenden Handicaps nicht erhalten. Die Anwaltsgebühren habe das Landgericht aus einem zu niedrigen Streitwert berechnet, wobei zudem eine 2,0 Geschäftsgebühr anzusetzen sei.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über den vom Landgericht zugesprochenen Betrag hinaus weitere 64.780,51 € nebst Zinsen von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2020 sowie vorgerichtliche Gebühren in Höhe von 2.939,30 € nebst Zinsen von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ferner beantragt die Beklagte im Wege der Anschlussberufung,
das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 20.10.2022 – 10 O 35/19 – insoweit aufzuheben, als festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen aus der Unfallverletzung vom 4.5.2007 resultierenden materiellen Schaden wie Verdienstausfall nebst Steuern und Haushaltsführungsschaden zu ersetzen, soweit nicht ein Forderungsübergang auf einen Sozialversicherungsträger erfolgt ist, und die Klage dahingehend abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den Feststellungsantrag für unzulässig. Im Übrigen verteidigt sie die angefochtene Entscheidung.
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 10.11.2023 und 8.3.2024 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Dem Kläger stehen über den erstinstanzlich titulierten Betrag hinaus weitere 28.321,88 € Verdienstausfallschaden sowie 1.708,84 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu.
1. Wie das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, erstreckt sich bei einer Körperverletzung die Verpflichtung zum Schadensersatz gemäß § 842 BGB, § 11 Satz 1 StVG auf die (Vermögens-)Nachteile, die der Verletzte durch die Aufhebung oder Minderung seiner Erwerbsfähigkeit erleidet. Die Ersatzpflicht greift ein, wenn durch die Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Verletzten in dessen Vermögen ein konkreter Schaden entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – VI ZR 183/15, Rn. 10, juris). Der Ausfall der Arbeitskraft als solcher ist kein Vermögensschaden. Dem in seiner Arbeitsfähigkeit Geschädigten entsteht ein ggfs. zu ersetzender Vermögensschaden vielmehr erst dann, wenn sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit konkret und sichtbar ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2017 – VI ZR 530/16, Rn. 13, juris).
2. Bei Arbeitnehmern besteht der Erwerbsschaden grundsätzlich in der Differenz zwischen dem tatsächlichen Einkommen und dem Einkommen, das sie ohne das Schadensereignis erzielt hätten (vgl. Doukoff in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 843 BGB (Stand: 04.05.2023), Rn. 39; Pardey in: Geigel, Haftpflichtprozess, Kap. 4 Personenschaden Rn. 115, beck-online). Auch ein – wie der Kläger – als Geschäftsführer tätiger oder sonst mitarbeitender Gesellschafter einer GmbH kann seiner Schadensberechnung den Verlust des (Geschäftsführer-)Gehalts zugrunde legen, sofern es sich dabei um echtes Arbeitsentgelt für zu leistende Tätigkeit und nicht – wofür keine Anhaltspunkte bestehen – um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 – VI ZR 264/91, Rn. 11 ff., juris; Doukoff in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 843 BGB (Stand: 04.05.2023), Rn. 92; Karl-Hermann Zoll in: Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 17. Aufl. 2021, § 13 Erwerbsschaden, Rn. 170; Staudinger/Vieweg/Lorz (2023) BGB § 842, Rn. 92 u. 108f.; Berz/Burmann StraßenverkehrsR-HdB, 6. D. Erwerbsschaden Rn. 133 ff., beck-online).
3. Das Landgericht hat seiner Berechnung des Verdienstausfallschadens erkennbar die „modifizierte Nettolohnmethode“ (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 8. Juni 2021 – VI ZR 924/20, Rn. 18, juris) zugrunde gelegt. Die Feststellungen des Landgerichts zur Höhe des Nettoeinkommens, das der Kläger ohne den Unfall erzielt hätte, greifen die Parteien nicht an. Die im Schriftsatz vom 15.12.2023 angesprochene Lohnerhöhung zum Juli 2022 hat der Kläger bei seiner Bezifferung nicht berücksichtigt und erklärt, dass diese für den zur Entscheidung stehenden Zeitraum (Juli bis September 2022) unberücksichtigt bleiben kann (Bl. 697 GA).
4. Für die Zeit bis einschließlich Februar 2021 hat das Landgericht dem Kläger bei der Schadensberechnung im Ergebnis mit Recht ein erzielbares Einkommen auf Grundlage des Geschäftsführeranstellungsvertrags vom 1.1.2010 (Bl. 384 ff. GA) i.V.m. dem Nachtrag vom 29.11.2011 (Bl. 388 GA) wegen Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) angerechnet. Lediglich für die Zeit ab März 2021 wendet sich die Berufung mit Erfolg gegen die Anrechnung dieses Geschäftsführergehalts.
a) Im Falle einer die Arbeitskraft beeinträchtigenden Gesundheitsverletzung obliegt es als Ausfluss der Schadensminderungspflicht dem Verletzten im Verhältnis zum Schädiger, seine verbliebene Arbeitskraft in den Grenzen des Zumutbaren so nutzbringend wie möglich zu verwerten (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 – VI ZR 152/21, Rn. 11, juris; Urteil vom 21. September 2021 – VI ZR 91/19, Rn. 11, juris).
b) Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, eine Anrechnung des früher erzielten Geschäftsführereinkommens müsse unterbleiben, da der Kläger seit dem Jahr 2017 zu 100 % arbeitsunfähig sei.
aa) Die Frage der Arbeitsunfähigkeit ist im vorliegenden Verfahren aufzuklären. Es besteht keine Bindung an die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers bzgl. der Feststellung der vollen Erwerbsminderung. Ungeachtet dessen, dass Gegenstand des Verfahrens bereits keine nach § 116 SGB X übergegangene Ansprüche sind, entfaltet die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers hinsichtlich tatsächlicher und rechtlicher Vorfragen für den Anspruch wie Kausalität oder auch Art und Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen generell keine Bindungswirkung (vgl. Peters-Lange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 118 SGB X (Stand: 01.12.2017), Rn. 14; Tobias Schlaeger, Anna-Maria Bruno in: Hauck/Noftz SGB X, 2. Ergänzungslieferung 2023, § 118 SGB 10, Rn. 33).
bb) Das Landgericht hat – gestützt auf die schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen … – festgestellt, dass aufgrund einer Verschlechterung der unfallbedingten Verletzungen bei dem Kläger ab dem Jahr 2017 eine MdE von (lediglich) 70 % vorliegt und der Kläger durch die unfallbedingten Verletzungen im Rahmen einer reinen Schreibtisch- und Büroarbeit nicht eingeschränkt ist. Hiergegen wendet sich die Berufung nicht. Soweit sie einwendet, das Landgericht habe zu Unrecht die unfallunabhängigen Beeinträchtigungen nicht berücksichtigt, steht für den Senat nach der ergänzenden Anhörung des Sachverständigen … fest, dass der Kläger auch unter Berücksichtigung der unfallunabhängigen Beschwerden nur teilerwerbsunfähig und in einer Geschäftsführertätigkeit nicht beeinträchtigt ist. Das Grand-Mal-Anfallsleiden des Klägers ist medikamentös eingestellt und der Kläger ist seit geraumer Zeit anfallsfrei. Mit Blick auf die Schulterendprothese hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend erläutert, dass diese für eine sitzende Tätigkeit generell keine weiteren Einschränkungen zur Folge hat und verbleibende Einschränkungen im Hinblick darauf, dass der Kläger bspw. keine Akten aus Schränken über Schulterhöhe entnehmen oder Gewichte von mehr als 4 – 5 Kilo nicht heben kann, arbeitsorganisatorisch kompensiert werden können. Der Senat hat danach keine Zweifel, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers auch unter Berücksichtigung aller Beschwerden und Beeinträchtigungen nur teilweise gemindert und der Kläger gesundheitlich in der Lage war, auch ab dem Jahr 2017 weiterhin Geschäftsführertätigkeiten auszuüben. Soweit die Berufung geltend macht, die vollständige Arbeitsunfähigkeit werde durch die vom Rentenversicherer eingeholten Gutachten belegt, hat die DRV ausweislich ihres Schreibens vom 13.10.2017 gerade keine Gutachten eingeholt (Bl. 162 GA).
c) Erfolglos bleibt auch der Einwand der Berufung, das zuletzt erzielte Gehalt könne nicht angerechnet werden, da es ausschließlich für die handwerkliche Mitarbeit gezahlt worden sei. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht, dass der Kläger eine körperliche Mitarbeit im Betrieb schuldete. Die Präambel führt vielmehr aus, dass der Kläger im Handwerks- und Kundendienstbereich nur noch sehr eingeschränkt und ausschließlich mit Hilfe eines sachkundigen Begleiters einsetzbar ist. Unter „1. Aufgaben und Pflichten“ ist geregelt, dass der Kläger die Geschäftsführung der Gesellschaft übernimmt (Ziffer 1). Ferner sieht der Vertrag vor, dass der Kläger alle seine fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft widmet (Ziffer 3). Dass der Kläger zu einer körperlichen Mitarbeitet verpflichtet wäre, ist demgegenüber nicht geregelt. Der Kläger selbst hat zudem im Rahmen seiner erstinstanzlichen Anhörung (Bl. 192 ff. GA) erklärt, bis zur Rentenantragsstellung im Büro gearbeitet zu haben, wohingegen sein Bruder auf der Baustelle gewesen sei. Auch seine Schilderung, er habe vor dem Unfall den ganzen Kundendienst gemacht, dies aber wegen des Unfalls nicht mehr tun können, verdeutlicht, dass nach dem Unfall eine körperliche Arbeit nicht mehr erfolgte. Im Schriftsatz vom 14.6.2021, der die eigene Darstellung des Klägers wörtlich wiedergibt, ist schließlich ausführlich dargestellt, dass und aus welchen Gründen der Kläger bereits im Jahr 2010 zu Arbeiten auf den Baustellen sowie solchen, die körperlich beanspruchen, nicht mehr in der Lage war (Bl. 307 GA). Nach den Angaben des Klägers, denen gegenüber den abweichenden Ausführungen seines Prozessbevollmächtigten regelmäßig – so auch hier – der Vorzug zu geben ist (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1964 – VI ZR 179/63, VersR 1965, 287; Urteil vom 1. März 1957 – VIII ZR 286/56, BeckRS 1957, 31194675, beck-online), erscheint damit ausgeschlossen, dass das Gehalt als Entgelt für eine körperliche Mitarbeit gezahlt wurde.
d) Mit Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass dem Kläger eine Fortführung der Tätigkeit als nicht mitarbeitender Geschäftsführer zumutbar war. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit sind insbesondere Persönlichkeit, soziale Lage, bisheriger Lebenskreis, Begabung und Anlagen, Bildungsgang, Kenntnisse und Fähigkeiten, bisherige Erwerbsstellung, gesundheitliche Verhältnisse, Alter, seelische und körperliche Anpassungsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, Art und Schwere der Unfallfolgen sowie Familie und Wohnort von Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1973 – VI ZR 97/1, VersR 1974, 142). Gemessen daran war dem Kläger eine Weiterführung der bereits ausgeübten Geschäftsführertätigkeit zumutbar. Mit Recht hat das Landgericht insoweit bereits aus dem Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrags hergeleitet, dass der Kläger selbst diese Tätigkeit für zumutbar erachtet hatte. Dass er sie in der Zeit vor der Vollverrentung als unzumutbar angesehen hätte, behauptet der Kläger auch nicht. Die Tätigkeit entspricht auch offenkundig den Kenntnissen und Erfahrungen des Klägers, die dieser nach dem Vertrag gerade der Gesellschaft zu widmen hat. Das Landgericht hat ferner im Beschluss vom 25.11.2021 (Bl. 343 ff. GA) zutreffend angemerkt, dass auch bei einem nicht unfallgeschädigten Geschäftsführer eines Handwerksbetriebs der Anteil der körperlichen Mitarbeit mit zunehmendem Alter erfahrungsgemäß abnimmt und sich die Tätigkeit zunehmend in Richtung der reinen Geschäftsführungstätigkeit verschiebt. Dass dies bei dem Kläger auch ohne Unfallgeschehen anders verlaufen wäre, ist nicht erkennbar. Nach alledem war es dem Kläger zumutbar, weiterhin als Geschäftsführer tätig zu sein.
e) Im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht ferner angenommen, dass der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hat.
aa) Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht kann aber, anders als das Landgericht meint, nicht daraus hergeleitet werden, dass der Kläger nach seiner Abberufung keine Anstrengungen unternommen hat, eine neue Anstellung als Bürokraft zu finden. Die Annahme einer Obliegenheit des Geschädigten setzt eine Prognose voraus, aus der sich ergibt, dass ihm der Einsatz seiner Arbeitskraft in einer bestimmten Berufstätigkeit bei entsprechender Anstrengung am Arbeitsmarkt mit Erfolg gelingt oder gelungen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1984 – VI ZR 301/82, BGHZ 91, 357, Rn. 26). Er muss überhaupt die Möglichkeit haben, die Arbeitskraft gewinnbringend einzusetzen, und kann demnach von der Pflicht, sich um eine Arbeitsstelle zu bemühen, entbunden sein, wenn er wegen seiner unfallbedingten Beeinträchtigungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar ist und deshalb Bemühungen um eine Arbeitsstelle von vornherein aussichtslos wären (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1997 – VI ZR 198/96, Rn. 15, juris; Urteil vom 21. September 2021 – VI ZR 91/19, Rn. 13, juris). So liegt es hier, denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei entsprechenden Bemühungen eine neue Anstellung gefunden hätte. Feststellungen hierzu hat das Landgericht zwar nicht getroffen. Indes sind die unwidersprochen gebliebenen Angaben des Klägers, er habe angesichts seiner nur „minderwertigen“ Einsatzmöglichkeiten anderweitig keine Stelle gefunden und finden können (Bl. 354 GA) angesichts seines Alters – er war Mitte des Jahres 2017 bereits fast 58 Jahre alt –, des Bezugs einer Rente wegen voller Erwerbsminderung und einer unfallbedingten, nicht unerheblichen körperlichen Behinderung ohne weiteres nachvollziehbar.
bb) Ein Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht liegt aber darin, dass er im Jahr 2017 an seiner Abberufung und der Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit mitgewirkt hat. Die Abberufung eines Geschäftsführers erfolgt durch Beschluss der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG), die bei Fehlen abweichender Satzungsbestimmungen auch das zur Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers allein befugte Organ einer GmbH ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2018 – II ZR 452/17, Rn. 10, juris). Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH unterliegt dabei nur bei der Beschlussfassung über seine Abberufung aus wichtigem Grund, nicht aber bei der Beschlussfassung über seine gewöhnliche Abberufung und die ordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags einem Stimmverbot (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2017 – II ZR 77/16, Rn. 10, juris). Da der Kläger trotz der Verschlechterung seiner unfallbedingten Verletzungen in der Geschäftsführertätigkeit nicht beeinträchtigt war und sonstige wichtige Gründe für eine Abberufung i.S.d. § 38 Abs. 2 GmbHG nicht ersichtlich sind, konnte ohne eine Mitwirkung des zu 50% an der Gesellschaft beteiligten Klägers dessen Abberufung und die Beendigung des Anstellungsvertrags nicht erfolgen, da die erforderliche Mehrheit (§ 47 GmbHG) nicht erreicht werden konnte. Der Kläger durfte als Ausfluss seiner Schadensminderungspflicht daher nicht – wie mit Beschluss vom 3.4.2017 (Bl. 528f. GA) geschehen – an seiner Abberufung mitwirken, zumal ein Bedürfnis für eine Fortsetzung seiner Tätigkeit bestand.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach den Erklärungen des Klägers im Rahmen seiner Anhörung durch den Senat jedenfalls bis Ende Februar 2021 eine weitergehende Geschäftsführertätigkeit des Klägers zumutbar und auch geboten war. Zwar sollte der Neffe des Klägers perspektivisch die Geschäftsführung der Gesellschaft übernehmen, dies aber nicht bevor er an die Geschäftsführung herangeführt worden war und Erfahrungen gesammelt hatte. Dies konnte sinnvollerweise nur dadurch gewährleistet werden, dass der Kläger als erfahrener Geschäftsführer die Anleitung des Neffen übernahm. Für eine übergangsweise Übertragung der Geschäftsführung auf den Bruder, der bis dahin praktisch nur im handwerklichen Bereich eingesetzt war, bestand keine Notwendigkeit; vielmehr bedurfte es des Klägers auch weiterhin, um die kaufmännische Schulung des Neffen zu übernehmen. Dem entspricht es, dass die Geschäftsführung etwas später – wegen der zwischenzeitlichen Erkrankung des Bruders – tatsächlich weiter durch den Kläger gemeinsam mit dem Neffen und einer Büroangestellten ausgeübt wurde.
cc) Dieses Bedürfnis zur Fortsetzung der Geschäftsführertätigkeit endete erst nach dem Tod des Bruders und der Übernahme der Geschäftsführung durch den Neffen im Februar 2021. Insofern war zu berücksichtigen, dass es bei – wie hier – kleinen Handwerksbetrieben unüblich sein dürfte, mehr als einen Geschäftsführer zu beschäftigen, und die Geschäftsführertätigkeit regelmäßig – wie auch vom Kläger vor dem Unfall – von einem mitarbeitenden Gesellschafter übernommen wird. Mit der Übernahme der Geschäftsführung durch den inzwischen an die Tätigkeit herangeführten Neffen war somit ein Verbleiben des Klägers als (Mit-)Geschäftsführer – anders als in der Vergangenheit – nicht mehr geboten, so dass umständehalber ab diesem Zeitpunkt in der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit und der Übernahme bloß unterstützender Tätigkeiten im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nicht mehr begründet war.
Auf die Frage, ob der Kläger seit 2017 tatsächlich mehr als die vereinbarte geringfügige Tätigkeit leistete, wie dies die Beklagte gestützt auf einen Detektivbericht aus dem Jahr 2019 (Bl. 96 ff. GA) geltend macht, kommt es insoweit nicht an. Bis Februar 2021 musste er sich wegen des gezeigten Verstoßes gegen seine Schadensminderungspflicht so behandeln lassen, als wäre er noch Geschäftsführer gewesen. Danach war er zu einer weitergehenden Tätigkeit nicht mehr verpflichtet, sodass hieraus gezogene Vorteile nicht anzurechnen wären (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1973 – VI ZR 97/71, Rn. 13, juris; Urteil vom 16. Februar 1971 – VI ZR 147/69, BGHZ 55, 329).
5. Das Landgericht hat – der Berechnung des Klägers folgend – die vom Kläger bezogene Rente wegen voller Erwerbsminderung bei der Berechnung des Schadensersatzanspruchs in Abzug gebracht. Dies ist nur im wirtschaftlichen Ergebnis zutreffend. Die Rentenleistung ist nämlich bei der Schadensberechnung in normativ wertender Korrektur der Schadensbilanz nicht zu berücksichtigen, denn sie stellt eine Maßnahme der sozialen Sicherung und Fürsorge gegenüber dem Geschädigten dar, die dem Schädiger nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB nicht zu Gute kommen soll (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2013 – III ZR 374/12, Rn. 20, juris; Urteil vom 25. Juni 2013 – VI ZR 128/12, BGHZ 197, 316, Rn. 24).
Der Schadensersatzanspruch geht insoweit vielmehr gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger über. Der Kläger ist daher in Höhe des übergegangenen Anspruchs nicht aktivlegitimiert. Unterschiede zu einer Anrechnung der Rente bei der Schadensberechnung (vgl. hierzu Buchholz in: Jahnke/Burmann, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Auflage, 5. Kapitel, Rn. 469a und 469j) ergeben sich dabei nicht. Da der Kläger seinen Schaden hier nach der modifizierten Nettolohnmethode berechnet, kann er den Schadensersatzanspruch insoweit geltend machen, als dieser den Auszahlungsbetrag der Erwerbsminderungsrente übersteigt.
6. Dem Kläger steht nach alledem statt des vom Landgericht errechneten Verdienstausfallschadens (152.975,73 €) ein solcher von 181.297,61 € und somit ein weiterer Betrag von 28.321,88 € zu. Der Senat legt dabei bis Februar 2021 das von dem Sachverständigen ermittelte erzielbare Nettoeinkommen als Geschäftsführer zugrunde. Ferner berücksichtigt der Senat für die Frage des Anspruchsübergangs auf den Rentenversicherungsträger die sich aus den vom Kläger eingereichten Rentenbelegen (Bl. 651 ff., 758 GA) ergebenden Auszahlungsbeträge. Danach kann der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum folgenden Verdienstausfallschaden verlangen:
….
Für die Monate März 2021 bis Juni 2022 ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei seiner Berechnung unter Abzug eines höheren Rentenbetrags (1.252,56 €) einen geringeren Schadensersatzbetrag geltend gemacht hat, als dieser sich rechnerisch ergibt. Innerhalb dieser einzelnen Zeitabschnitte darf der Senat wegen § 308 Abs. 1 ZPO nicht über die für diese Zeitabschnitte geltend gemachten Monatsbeträge hinausgehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1989 – VI ZR 278/88, Rn. 9, juris)
7. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger mit der Berufung Zinsen erst ab dem 1.9.2020 verlangt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Ansprüche für verschiedene Zeiträume zum Zeitpunkt der jeweiligen Klageerweiterungen noch nicht fällig waren (§ 843 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 760 BGB) und Prozesszinsen in diesem Fall erst ab Fälligkeit geschuldet sind (§ 291 Satz 1 Halbsatz 2 BGB).
8. Dem Kläger steht ferner ein Anspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von 1.708,84 € nebst Zinsen seit dem 1.9.2020 zu.
a) Unter Berücksichtigung der vorgerichtlich regulierten Zahlungen (463.376,50 €), der weiteren bis zur Klageerhebung aufgelaufenen Rückstände der Jahre 2018 und 2019 sowie des ab Januar 2020 monatlich geschuldeten Verdienstausfall- und Haushaltsführungsschadens ist – wie das Landgericht zutreffend angenommen hat – als Wert der berechtigten Forderung (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2017 – VI ZR 24/17, Rn. 8, juris) lediglich ein Wert von 660.000,- € in Ansatz zu bringen.
b) Anders als das Landgericht gemeint hat, ist hier aber eine 2,0 Geschäftsgebühr angemessen. Dabei kann dahinstehen, ob – wie der Kläger vorgetragen (Bl. 203 GA) und die Beklagte bestritten (Bl. 211 GA) hat – mindestens 20 Besprechungen mit dem Kläger und dessen Steuerberater stattgefunden haben und mindestens 60 Schreiben erforderlich waren. Denn die vorgerichtliche Tätigkeit der Klägerbevollmächtigten umfasste jedenfalls die Ermittlung und Durchsetzung des Verdienstausfallschadens einschließlich des Steuerschadens für einen Zeitraum von über 10 Jahren und war damit sowohl umfangreich als auch mit Blick auf die erforderlichen Berechnungen schwierig. Hinzu tritt die ebenfalls hohe Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger. Anhaltspunkte dafür, dass die von den Klägerbevollmächtigten getroffene Bestimmung einer 2,0 Geschäftsgebühr unbillig wäre (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG), zeigt die darlegungs- und beweisbelastete (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14, Rn. 24, juris) Beklagte nicht auf. Vielmehr hat sie ausweislich der Gebührennote vom 16.10.2019 auch bei dem von ihr regulierten Betrag eine 2,0 Geschäftsgebühr zugrunde gelegt.
c) Damit steht dem Kläger noch ein Betrag 1.708,84 € zu. Der Zinsanspruch ergibt sich – unter Berücksichtigung des § 528 ZPO – aus § 291 BGB.
III.
Die gemäß § 524 Abs. 1 ZPO zulässige Anschlussberufung ist begründet. Mit Recht macht die Berufung geltend, dass ein Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag mit Blick auf das Anerkenntnisurteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17.12.2007 – 16 O 231/07 – nicht besteht.
1. Zwar ist – wie das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt hat – anerkannt, dass ein Geschädigter neben einer auf die allgemeine Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Feststellungsklage ein rechtliches Interesse für einen auf Ersatz einer bestimmten Schadensposition gerichteten speziellen Feststellungsantrag haben kann. Dies ist der Fall, wenn der zusätzlich gestellte konkrete Feststellungsantrag Klarheit über Inhalt und Umfang der Verpflichtung der Beklagten im Hinblick auf einen ganz genau beschriebenen einzelnen Schadensposten schaffen soll, da diese Klärung durch den „allgemeinen“ Feststellungsausspruch nicht erreicht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1999 – VI ZR 195/98, Rn. 18, juris; OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. April 2016 – 4 U 76/15, Rn. 41, juris). So liegt es hier aber nicht. Der Feststellungsantrag erschöpft sich in der Feststellung, dass die Beklagte die einzeln genannten Schadenspositionen dem Grunde nach zu ersetzen hat. Die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten ist allerdings auch in Bezug auf die konkret genannten Schadenspositionen bereits durch das Anerkenntnisurteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17.12.2007 – 16 O 231/07 – tituliert. Durch die beantragte Feststellung, dass die Beklagte dem Kläger Verdienstausfall nebst Steuern sowie Haushaltsführungsschaden zu ersetzen habe, wird in Bezug auf diese Positionen nichts konkretisiert und gerade keine Klarheit über den Inhalt und den Umfang der Verpflichtung bezogen auf diese Schadenspositionen geschaffen. Damit führt die vom Kläger begehrte Feststellung auch unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit nicht zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der Streitpunkte (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. April 2016 – 4 U 76/15, Rn. 45, juris).
2. Das Feststellungsinteresse kann auch nicht mit einer drohenden Verjährung von Ansprüchen auf Verdienstausfall und Ersatz des Haushaltsführungsschadens begründet werden. Zwar tritt die regelmäßige Verjährungsfrist an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren, soweit rechtskräftig festgestellte Ansprüche künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben (§ 197 Abs. 2 BGB). In einem solchen Fall kann ausnahmsweise eine neuerliche Feststellungsklage mit demselben Streitgegenstand zulässig sein. Sie ist aber nur dann zulässig, wenn für sie zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung ein unabweisbares Bedürfnis besteht und sie unerlässlich ist, um den Eintritt der Verjährung zu hindern (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2003 – IV ZR 121/02, Rn. 8, juris; OLG Dresden, Beschluss vom 26. September 2005 – 20 WF 675/05, Rn. 4, juris). Dies ist hier nicht der Fall. Dem Kläger ist die Möglichkeit eröffnet, die Verjährung durch Geltendmachung von Zahlungsansprüchen zu verhindern, wie er es für die Jahre 2018 bis 2022 im vorliegenden Verfahren auch getan hat. Eine neuerliche Feststellungsklage ist in diesem Fall unzulässig (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. April 2016 – 4 U 76/15, Rn. 44, juris).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und keine Veranlassung gibt, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeizuführen (§ 543 Abs. 2 ZPO).