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Vereinstreffen – Rauchverbot in einer bayerischen Gaststätte


Rauchverbot

Zusammenfassung:

Darf bei einem Vereinstreffen in einer bayerischen Gaststätte geraucht werden, wenn es sich bei dem Vereinstreffen um eine Zusammenkunft in einer geschlossenen Gesellschaft zum Zwecke des Rauchens handelt? Mit dieser Frage hatte sich der Bayerische Verfassungsgerichtshof zu entscheiden. Unter anderem mit der Begründung, dass es sich bei dem Vereinstreffen tatsächlich um keine Zusammenkunft einer geschlossenen Gesellschaft im Sinne des Gesundheitsschutzgesetzes handle, verwehrte es der Gruppe das Raucherlebnis in der Gaststätte.


Bayerischer Verfassungsgerichtshof

Az: Vf. 76-VI-14

Entscheidung vom 19.02.2015


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.


Gründe

I.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 4. Februar 2014 Az. AN 4 K 14.00159, mit dem eine negative Feststellungsklage zur Geltung des Rauchverbots im Sinn des Art. 3 des Gesetzes zum Schutz der Gesundheit (Gesundheitsschutzgesetz – GSG) vom 23. Juli 2010 (GVBl S. 314, BayRS 2126-3-UG) abgewiesen wurde, und den auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung hin ergangenen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juni 2014 Az. 20 ZB 14.623.

1. Der Beschwerdeführer ist ein nicht eingetragener Verein mit Sitz in München, der gemäß § 2 Satz 1 seiner Satzung den ausschließlichen Zweck verfolgt, für die Vereinsmitglieder im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften geschlossene Gesellschaften mit Raucherlaubnis zu organisieren. Zutritt zu den jeweiligen Veranstaltungen haben gemäß § 2 Sätze 2 bis 4 der Satzung nur Mitglieder des Beschwerdeführers, die dazu per E-Mail, mündlich oder schriftlich eingeladen und dazu angehalten werden, sich aus organisatorischen Gründen zu der jeweiligen geschlossenen Gesellschaft anzumelden. Mitglied des Clubs kann gemäß § 4 Abs. 1 Satz 6 der Satzung jede natürliche Person werden, die volljährig ist.

2. Auf sein Auskunftsersuchen hatte die Stadt Nürnberg dem Beschwerdeführer am 27. März 2013 mitgeteilt, das beliebig oft wiederholbare reine Stattfinden einer vereinsinternen Zusammenkunft biete keine ausreichende Grundlage für eine echte geschlossene Gesellschaft im Sinn des Gesundheitsschutzgesetzes; das Rauchverbot in Gaststätten finde Anwendung.

3. Der Beschwerdeführer begehrte daraufhin beim Verwaltungsgericht Ansbach die Feststellung, dass bei einer vereinsinternen Zusammenkunft seiner Mitglieder in einer Gaststätte in Nürnberg zum Zweck des gemeinschaftlichen Rauchens, zu der nur volljährige Mitglieder des Vereins Zutritt hätten, kein Rauchverbot im Sinn des Art. 3 GSG gelte. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 4. Februar 2014 ab. Reine vereinsinterne Zusammenkünfte der Mitglieder des Beschwerdeführers stellten, selbst mit Zugangskontrolle, keine echte geschlossene Gesellschaft dar. Aufgrund der offenen Mitgliederstruktur von Vereinen ließen Treffen ihrer Mitglieder den Öffentlichkeitsbezug für Gaststätten nicht entfallen; zudem stellten diese Zusammenkünfte zum Zweck des gemeinschaftlichen Rauchens keinen genügenden Anlass für eine echte geschlossene Gesellschaft dar. Feierlichkeiten im Familien- und Freundeskreis seien schutzwürdiger als Vereinsveranstaltungen.

4. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. Juni 2014 ab. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts seien nicht gegeben. Insbesondere stehe dieses im Einklang mit den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs zur Geltung des Rauchverbots in Gaststätten für Rauchervereine.

II.

1. Mit seiner am 19. August 2014 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer Verstöße gegen die Grundrechte der Vereinigungsfreiheit (Art. 114 Abs. 1 BV), der Versammlungsfreiheit (Art. 113 BV) und der Meinungsfreiheit (Art. 110 Abs. 1 BV) sowie gegen den in Art. 118 Abs. 1 BV normierten Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Das Urteil des Verwaltungsgerichts habe faktisch ein Betätigungsverbot für den Verein mit 51 Mitgliedern zur Folge, weil die verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung des Vereinszwecks – im Freien oder privat – aus Witterungsgründen beziehungsweise angesichts der Mitgliederzahl ausgeschlossen seien. Das Erfordernis einer Feierlichkeit aus dem Familien- und Freundeskreis für das Vorliegen einer echten geschlossenen Gesellschaft mache die Gründung eines Rauchervereins sinnlos, weil bei solchen Anlässen ohnehin geraucht werden dürfe.

b) Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Anknüpfung des Versammlungsrechts an einen qualifizierten Versammlungszweck greife in die schrankenlos gewährte Versammlungsfreiheit unmittelbar ein. Zu Unrecht werde dem Beschwerdeführer unterstellt, ihm gehe es lediglich darum, unter Umgehung des gesetzlichen Rauchverbots das Rauchen in Gaststätten zu ermöglichen.

c) Im Zusammenhang mit dem Namen des Vereins stelle das Rauchen in einer Versammlung außerhalb des privaten Raums eine Meinungsäußerung gegen die staatliche Beschränkung der Raucherlaubnis dar. Diese Meinung werde durch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Einschätzung des Versammlungszwecks einer Bewertung ausgesetzt, die unmittelbar in den von Art. 110 Abs. 1 BV geschützten Bereich eingreife.

d) Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei objektiv willkürlich und verletze damit den Gleichheitsgrundsatz. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit habe 2011 in einer Antwort auf eine Petition ausgeführt, dass die Regelungen des Gesundheitsschutzgesetzes und die Vollzugshinweise weder die Gründung von Rauchervereinen verböten noch der Ausübung des Vereins- oder Clubziels entgegenstünden. Echte geschlossene Gesellschaften seien auch nach den Urteilen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 25. Juni 2010 und 31. Januar 2012 unabhängig vom Anlass vom Rauchverbot ausgenommen. Die dort genannten Voraussetzungen einer geschlossenen Veranstaltung seien durch die Satzung gewährleistet. Die Herangehensweise des Verwaltungsgerichts, im Einzelfall den Anlass zu bewerten, hätte willkürliche Entscheidungen zur Folge. Die vom Verwaltungsgericht formulierten zusätzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung einer geschlossenen Gesellschaft durch Rauchervereine bedeute eine gravierende Benachteiligung gegenüber allen anderen Vereinen, die ihren Vereinszweck unabhängig von der Art des Zwecks und der Satzung jederzeit ausüben könnten und bei Veranstaltungen im nicht-öffentlichen Raum das Rauchen erlauben dürften. Der Beschwerdeführer werde auch gegenüber Privatpersonen benachteiligt, die trotz Zutrittsrechts von Jugendlichen und fehlender strikter Einlasskontrolle bei familiären Anlässen im nicht-öffentlichen Raum vom Rauchverbot ausgenommen seien.

2. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde; es hält sie jedenfalls für unbegründet.

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Der Beschwerdeführer ist antragsbefugt. Antragsberechtigt sind nicht nur natürliche oder juristische Personen, sondern auch Vereinigungen, soweit ihnen Rechte zustehen können (Art. 30 Abs. 1 VfGHG i. V. m. § 61 Nr. 2 VwGO). Hierunter sind Personenmehrheiten zu verstehen, denen nach materiellem Recht das im Rechtsstreit infrage stehende Recht zustehen kann (vgl. Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 120 Rn. 13; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 120 Rn. 7 m. w. N.). Als nichtrechtsfähiger Verein kann der Beschwerdeführer Träger der als verletzt gerügten Grundrechte der Meinungsfreiheit (Art. 110 Abs. 1 BV; vgl. Krausnick in Meder/Brechmann, a. a. O., Art. 110 Rn. 24), der Versammlungsfreiheit (Art. 113 BV; vgl. Krausnick in Meder/Brechmann, a. a. O., Art. 113 Rn. 12) sowie der Vereinigungsfreiheit (Art. 114 Abs. 1 BV; vgl. Krausnick in Meder/Brechmann, a. a. O., Art. 114 Rn. 9) sein. Auch auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) kann sich ein nichtrechtsfähiger Verein berufen (vgl. Rüfner in Bonner Kommentar zum GG, Art. 3 Abs. 1 Rn. 141).

2. Einer Überprüfung auch am Maßstab der Grundrechte der Meinungs-, der Versammlungs- und der Vereinigungsfreiheit sowie des allgemeinen Gleichheitssatzes steht nicht entgegen, dass dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendung von Bundesrecht (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 4 und 5 VwGO) zugrunde liegt, sodass er unmittelbar nur am Willkürverbot sowie an solchen Verfahrensgrundrechten der Bayerischen Verfassung gemessen werden kann, die mit gleichem Inhalt auch im Grundgesetz gewährleistet sind (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.3.1997 VerfGHE 50, 60/62; vom 26.6.2013 BayVBl 2013, 688/689 f. m. w. N.; vom 7.8.2013 NStZ-RR 2013, 380/381; vom 27.8.2013 – Vf. 103-VI-12 – juris Rn. 22; vom 8.10.2013 – Vf. 71-VI-13 – juris Rn. 57; vom 29.1.2014 – Vf. 18-VI-12 – juris Rn. 31; vom 2.7.2014 – Vf. 58-VI-13 – juris Rn. 44; vom 18.11.2014 – Vf. 64-VI-14 – juris Rn. 21; vom 25.11.2014 – Vf. 21-VI-14 – juris Rn. 23).

Zwar ist wegen des Gebots der Rechtswegerschöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) Beschwerdegegenstand immer die letztinstanzliche Entscheidung, auch wenn die Entscheidungen der vorausgegangenen Instanzen in die Verfassungsbeschwerde mit einbezogen werden können (Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 120 Rn. 22; Holzner, Verfassung des Freistaates Bayern, 2013, Art. 120 Rn. 27). Wendet der Beschwerdeführer sich – wie hier – gegen das inhaltliche Ergebnis des fachgerichtlichen Ausgangsverfahrens, ist jedoch diejenige im Instanzenzug letzte Entscheidung maßgeblich, die eine umfassende materielle Prüfung vornimmt und damit die vom Beschwerdeführer beanstandete Beschwer enthält (VerfGH vom 9.2.2015 – Vf. 11-VI-14 – juris Rn. 55; vgl. BVerfG vom 12.1.1967 BVerfGE 21, 102/104; O. Klein in Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2011, Rn. 552). Befasst sich das Rechtsmittelgericht, wie hier der Verwaltungsgerichtshof, nicht mehr (voll umfänglich) mit der materiellen Rechtslage, sondern nur noch mit der Zulassungsfähigkeit des Rechtsmittels, kommt es daher auf die letzte Sachentscheidung an (VerfGH vom 9.2.2015 – Vf. 11-VI-14 – juris Rn. 55; vgl. BVerfG, a. a. O.; O. Klein, a. a. O.), hier also auf das Urteil des Verwaltungsgerichts, in dem mit den Vorschriften des Gesundheitsschutzgesetzes Landesrecht angewendet wurde.

IV.

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde ist nur zu prüfen, ob das Gericht gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen hat, die ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 20.4.1990 VerfGHE 43, 81/84; vom 12.9.2001 VerfGHE 54, 85/91).

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Im Rahmen dieser eingeschränkten Prüfung kann kein Verfassungsverstoß festgestellt werden.

1. Eine Verletzung der Vereinigungsfreiheit (Art. 114 Abs. 1 BV) ist nicht ersichtlich. Das verwaltungsgerichtliche Urteil enthält bereits keinen Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts.

Die Vereinigungsfreiheit gewährleistet als individuelles Freiheitsrecht das Recht, einen Verein zu gründen, einem Verein beizutreten und sich in einem Verein zu betätigen. Darüber hinaus schützt sie als kollektives Freiheitsrecht das Entstehen und Bestehen eines Vereins (VerfGH vom 31.1.2012 VerfGHE 65, 22/34). Das Grundrecht kann aber einem gemeinsam verfolgten Zweck keinen weitergehenden Schutz vermitteln als einem individuell verfolgten. Ein Verein, der wie jedermann nach außen hin tätig wird und damit den allgemeinen Vorschriften unterliegt, kann sich daher insoweit nicht auf Art. 114 BV berufen; der Grundrechtsschutz richtet sich in diesem Fall allein nach den materiellen Individualgrundrechten (VerfGHE 65, 22/34 m. w. N.).

Das angegriffene Urteil verbietet weder den Bestand des Vereins, noch steht es dem Beitritt oder der Mitgliederwerbung entgegen. Der ausdrückliche Vereinszweck, „für die Vereinsmitglieder im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften geschlossene Gesellschaften mit Raucherlaubnis zu organisieren“, wird über die darin bereits enthaltene Einschränkung hinaus nicht weiter eingeengt. Auch wenn die weiteren Satzungsbestimmungen tatsächlich das Rauchen in öffentlich zugänglichen Räumen bezwecken, stellt die festgestellte Geltung des Rauchverbots bei reinen Vereinstreffen in einer Gaststätte keinen Eingriff in die Vereinigungsfreiheit dar, da der Grundrechtschutz bei der Ausübung einer individuellen Tätigkeit durch die Gründung eines Vereins nicht erweitert wird. Dagegen spricht auch nicht, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung die Existenz des Beschwerdeführers bedrohen kann, denn Art. 114 Abs. 1 BV schützt nicht den gemeinsamen Tabakgenuss, dem ein spezifischer Bezug zur korporativen Organisation fehlt (vgl. BVerfG vom 24.9.2014 – 1 BvR 3017/11 – juris Rn. 15).

2. Auch das Grundrecht aus Art. 113 BV ist nicht verletzt. Das angegriffene Urteil verletzt den sachlichen Schutzbereich der Versammlungsfreiheit nicht.

Art. 113 BV schützt die Freiheit, mit anderen Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammenzukommen (Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, a. a. O., Art. 113 Rn. 1). Es genügt nicht, dass die Teilnehmer durch einen beliebigen Zweck verbunden sind; die Zusammenkunft muss vielmehr darauf gerichtet sein, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen (vgl. BVerfG vom 24.10.2001 BVerfGE 104, 92/104 zu Art. 8 GG). Unterhaltende und gesellige Veranstaltungen oder sonstige Vergnügungen sind daher ebenso wenig als Versammlungen zu qualifizieren wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen (vgl. BVerfG vom 12.7.2001 BayVBl 2001, 687/688 zu Art. 8 GG).

Der Beschwerdeführer verfolgt nach dem Wortlaut der Satzung (§ 2 Satz 1) den „ausschließlichen Zweck, für die Vereinsmitglieder im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften geschlossene Gesellschaften mit Raucherlaubnis zu organisieren“. Auch wenn er geltend macht, ihm sei es wichtig, dass in Bayern überhaupt noch geschlossene Gesellschaften von Rauchervereinen organisiert werden könnten, ist nicht erkennbar, dass das gemeinschaftliche Rauchen der Vereinsmitglieder darauf abzielte, die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

3. Ein Verstoß gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 110 Abs. 1 BV) liegt ebenfalls nicht vor.

Nach Art. 110 Abs. 1 BV steht jedem Bewohner Bayerns – innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze (VerfGH vom 8.7.1965 VerfGHE 18, 59/73; vom 29.1.1982 VerfGHE 35, 1/3; vom 23.7.1984 VerfGHE 37,119/124; vom 3.2.1994 VerfGHE 47, 36/42) – das Recht zu, seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern. Auch die Wahl der Mittel, durch welche die Meinung geäußert werden soll, ist von der Verfassung grundsätzlich mitgeschützt (VerfGH vom 30.6.1977 VerfGHE 30, 78/91; vom 5.8.1977 VerfGHE 30, 142/147).

Nach Auffassung des Beschwerdeführers kommt im gemeinschaftlichen Rauchen unter dem Vereinsnamen die Meinungsäußerung zum Ausdruck, dass die staatliche Erlaubnis zu rauchen nicht auf die privaten Wohnungen einzelner Bürger beschränkt werden dürfe. Indem die angegriffenen Entscheidungen diese Meinungsäußerung bewerteten, griffen sie in das Grundrecht der Meinungsfreiheit ein.

Dem kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass Treffen zum Rauchen im Rahmen echter geschlossener Veranstaltungen vom Verwaltungsgericht ausdrücklich für möglich erklärt werden, schließt Art. 110 Abs. 1 BV keineswegs aus, dass die beabsichtigte Betätigung des Beschwerdeführers, der darin zugleich eine Meinungsäußerung erblickt, von einem Gericht auf ihre Vereinbarkeit mit der Rechtsordnung gewürdigt wird. Das Verwaltungsgericht war auf Antrag des Beschwerdeführers hin zur rechtlichen Würdigung des vom Beschwerdeführer erstrebten Verhaltens einschließlich der seines Erachtens darin zum Ausdruck kommenden Meinungsäußerung nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet. Die Entscheidung darüber, welche Bedeutung diesem Verhalten zukam, war in richterlicher Unabhängigkeit zu treffen (vgl. VerfGH vom 1.12.1967 – Vf. 91-VI-67 – juris m. w. N.). Das durch Art. 110 Abs. 1 BV verbürgte Recht der Meinungsfreiheit kann demnach begrifflich durch die beanstandeten Entscheidungen nicht verletzt worden sein (VerfGH, a. a. O.). Zudem ist eine Form der Meinungsäußerung nicht schutzwürdig, die über die selbstverständlich mögliche Kritik an einer staatlichen Maßnahme wie dem Rauchverbot hinaus einen unmittelbaren Verstoß gegen die gerügte Maßnahme enthält.

4. Schließlich wurde auch der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) nicht verletzt.

a) Der Gleichheitssatz verbietet Willkür. In seinem klassischen Gehalt verbietet er, in willkürlicher Weise gleiche Sachverhalte ungleich und ungleiche Sachverhalte gleich zu behandeln. Davon zu unterscheiden ist das allgemeine Willkürverbot, das der Durchsetzung der materiellen Gerechtigkeit und der Abwehr gemeinschädlicher Regelungen auch dort dient, wo es nicht um die Beurteilung konkreter Vergleichspaare geht (VerfGH vom 15.11.2006 VerfGHE 59, 219/ 228; Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 118 Rn. 6 f. m. w. N.). Willkürlich in diesem Sinn ist eine Entscheidung allerdings nur dann, wenn sie unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheint; sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.8.2006 VerfGHE 59, 200/203 f.; vom 12.2.2008 VerfGHE 61, 25/32; vom 23.3.2011 VerfGHE 64, 31/34 f.; vom 11.9.2013 BayVBl 2014, 142/143).

b) Hiergegen wurde nicht verstoßen.

aa) Soweit der Beschwerdeführer eine Ungleichbehandlung durch das Verwaltungsgericht gegenüber anderen Vereinen rügt, ist dies angesichts der Urteilsgründe nicht nachvollziehbar. Das Verwaltungsgericht knüpft die Ausnahme vom Rauchverbot gerade nicht an den Vereinszweck, sondern an das Vorliegen einer echten geschlossenen Gesellschaft, deren Voraussetzungen bei den vom Beschwerdeführer organisierten Zusammenkünften in Gaststätten grundsätzlich verneint werden.

bb) Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sind die Vereinstreffen der Mitglieder des Beschwerdeführers anders als Feierlichkeiten im Familien- und Freundeskreis nicht als echte geschlossene Gesellschaften zu bewerten. Ob diese Erwägungen einfachrechtlich zutreffen, wird im Verfassungsbeschwerdeverfahren, wie dargelegt, nicht überprüft. Eine Verletzung des in Art. 118 Abs. 1 BV gewährleisteten Willkürverbots lässt sich jedenfalls nicht feststellen. Die vorgenommene Differenzierung ist nicht zu beanstanden.

Bei echten geschlossenen Gesellschaften trifft sich ein festgelegter Personenkreis zu einer einmaligen Feierlichkeit oder aus sonstigem besonderen Anlass. Bei den vom Beschwerdeführer angestrebten, typischerweise regelmäßigen Zusammenkünften von Vereinsmitgliedern ist der Personenkreis angesichts der vom Verwaltungsgericht aufgrund des Satzungsinhalts festgestellten offenen Mitgliederstruktur und fehlender verbindlicher Anmeldepflicht nicht übersehbar. Nach dem vorliegenden Sachverhalt, den der Beschwerdeführer nicht plausibel infrage gestellt hat, lässt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts mit der sachlichen Differenzierung nach Mitgliederstruktur und Anlass der Veranstaltung keine Willkür erkennen. Eine Gefährdung der Rechtssicherheit – wie vom Beschwerdeführer vorgetragen – ist durch eine Einzelfallentscheidung von vornherein ausgeschlossen.

cc) Ein Verstoß gegen das Willkürverbot ergibt sich auch nicht unter dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gesichtspunkt einer Änderung der Rechtsprechung. Das Willkürverbot kann verletzt sein, wenn eine solche aus unsachlichen Gründen zulasten einer Person geschieht (Lindner, a. a. O., Art. 118 Rn. 104).

Zutreffend hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs getroffen hat. Insbesondere orientiert sich das Verwaltungsgericht an der Aussage des Verfassungsgerichtshofs, dass echte geschlossene Gesellschaften vom Rauchverbot ausgenommen sind (VerfGH vom 25.6.2010 VerfGHE 63, 83/112; VerfGHE 65, 22/34). Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Abgrenzung zwischen echten geschlossenen Gesellschaften und Rauchervereinen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, hat der Verfassungsgerichtshof in der letztgenannten Entscheidung vom 31. Januar 2012 aufgezeigt und dabei die Bedeutung der Mitgliederstruktur des Vereins hervorgehoben. Gleichzeitig hat er die Privilegierung rein privater Veranstaltungen trotz stärkerer Gefährdung von Nichtrauchern durch die Gefahren des Passivrauchens für sachlich gerechtfertigt gehalten (VerfGHE 65, 22/32 f.).

Es besteht auch kein Widerspruch zwischen dem Verwaltungsgerichtsurteil und den vom Beschwerdeführer bezeichneten Passagen aus der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 25. Juni 2010 (VerfGHE 63, 83). Auf die besondere Fallgestaltung der Zulässigkeit des Rauchverbots in Gaststättenräumen, die von Rauchervereinen genutzt werden, geht die zu der vorherigen Fassung des Gesetzes ergangene Entscheidung schon gar nicht ein. Darüber hinaus sind nach den Entscheidungsgründen die vom Rauchverbot ausgenommenen echten geschlossenen Gesellschaften entsprechend den Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit zum Nichtraucherschutz in Bayern dadurch gekennzeichnet, „dass sie nicht für jedermann oder einen bestimmten Personenkreis zugänglich sind, sondern dass nur im Vorhinein ganz bestimmten – also nicht beliebig wechselnden – Einzelpersonen Zutritt gewährt wird. Bei einer geschlossenen Gesellschaft müssen der Kreis der Mitglieder von vornherein auf eine Zahl fester Mitglieder begrenzt sein und die Mitglieder jederzeit individualisiert feststehen“ (VerfGHE 63, 83/112). Daraus, dass der Verfassungsgerichtshof ausgeführt hat, hierunter fielen neben Familienfeiern beispielsweise auch vereinsinterne Zusammenkünfte (VerfGHE 63, 83/112), kann der Beschwerdeführer nichts herleiten. Ob eine Zusammenkunft von Vereinsmitgliedern als geschlossene Gesellschaft anzusehen ist, ist eine Frage des einfachen Rechts, die im Einzelfall durch die zuständigen Fachgerichte zu entscheiden ist. Dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Prüfung willkürfrei ist, wurde bereits oben dargestellt.

c) Vor diesem Hintergrund ist auch nicht ersichtlich, inwiefern es willkürlich sein sollte, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof keinen Bedarf für eine Zulassung des Rechtsmittels des Beschwerdeführers gesehen hat.

V.

Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


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