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Verfassungsbeschwerde gegen Zweite Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung

BVerfG – Az.: 1 BvR 900/20 – Nichtannahmebeschluss vom 24.04.2020

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Gründe

I.

Verfassungsbeschwerde gegen Zweite Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung
Symbolfoto:Von Lightspring /Shutterstock.com

1. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner – mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen – Verfassungsbeschwerde bei verständiger Würdigung seines Rechtsschutzbegehrens gegen § 5 Abs. 1, Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 1, Satz 3 der aktuell gültigen Zweiten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 16. April 2020 (BayGVBl S. 214, BayMBl Nr. 205, i.F.:Zweite BayIfSMV), die am 20. April 2020 in Kraft getreten ist.

§ 5 der Zweiten BayIfSMV lautet:

(1) Jeder wird angehalten, die physischen Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Wo immer möglich, ist ein Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,5 m einzuhalten.

(2) Das Verlassen der eigenen Wohnung ist nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt.

[…]

§ 2 der Zweiten BayIfSMV lautet:

[…]

(2) Untersagt sind Gastronomiebetriebe jeder Art. Dies gilt auch für Gaststätten und Gaststättenbereiche im Freien (z. B. Biergärten, Terrassen). Ausgenommen ist die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen. […]

[…]

Gegen die angegriffenen Regelungen der Verordnung hat der Beschwerdeführer keinen fachgerichtlichen Rechtschutz gesucht.

2. Der Beschwerdeführer rügt mit seiner am 20. April 2020 erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, Art. 4 und Art. 8 GG. Er beanstandet unter anderem die fehlende Begründung der Verordnung. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, welche Ziele mit den Zwangsmaßnahmen verfolgt würden. Zudem seien die Einschränkungen gegenüber den Teilen der Bevölkerung, die keiner Risikogruppe angehörten, unverhältnismäßig. Die angegriffene Verordnung verhindere die einzig erfolgsversprechende Strategie, nämlich möglichst schnell Herdenimmunität in der Bevölkerung zu erreichen oder den Risikogruppen zumindest einige gefahrlose Kontakte zu ermöglichen. Die Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs sei ihm nicht zumutbar, weil dies die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts um mehrere Wochen aufschieben würde und zudem aussichtslos sei, weil der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sowie der Bayerische Verfassungsgerichtshof entsprechende Eilanträge bereits abgelehnt hätten.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Insbesondere hat der Beschwerdeführer den fachgerichtlichen Rechtsweg nicht erschöpft. Die Voraussetzungen für eine Vorabentscheidung nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG liegen nicht vor.

1. Gegen die angegriffenen Regelungen steht dem Beschwerdeführer der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten durch ein Normenkontrollverfahren gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 AGVwGO Bayern und entsprechendem Eilrechtsschutz gemäß § 47 Abs. 6 VwGO offen (vgl. BVerfGE 70, 35 <54>).

2. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung vor Erschöpfung des Rechtswegs nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG sind nicht erfüllt. Schwere und unabwendbare Nachteile im Sinne des § 90 Absatz 2 Satz 2 BVerfGG, die ungeachtet der Möglichkeit eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das Begehren des Beschwerdeführers gebieten könnten, entstehen dem Beschwerdeführer durch die Verweisung auf diesen Rechtsweg nicht. Er kann hier im fachgerichtlichen Verfahren insbesondere Eilrechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO erlangen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. April 2020 – 1 BvR 829/20 -, Rn. 9). Die Inanspruchnahme fachgerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes ist ihm auch nicht im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unzumutbar (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. April 2020 – 20 NE 20.663 -, juris). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem die in der Bayerischen Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie in der Fassung der Änderungsverordnung vom 31. März 2020 (BayGVBl S. 194, BayMBl Nr. 162) vorgesehene Befristung der Maßnahmen bis zum 19. April 2020 in Rechnung gestellt (vgl.Bayerischer VGH, a.a.O.,Rn. 50). Durch die Zweite Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 16. April 2020 wurden die Ausgangsbeschränkungen indessen erneut verlängert. Über die Bedeutung der nunmehr geltenden Befristung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof soweit ersichtlich bislang nicht entschieden. Das gilt auch für die Bedeutung der aktuellen Regelung und Praxis der Straf- und Bußgeldbewehrung der Maßnahmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. April 2020 – 1 BvR 829/20 -, Rn. 10). Auch eine Vorabentscheidung wegen allgemeiner Bedeutung der Sache kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht (vgl. zu den Voraussetzungen BVerfGE 86, 382 <388> m.w.N.).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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