Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten nach Vergleich: Ein Urteil des OLG München
- Der Hintergrund des Falls: Architektenhonorar und Privatgutachten
- Die Streitfrage: Kostenübernahme Gutachter
- Der Weg zum OLG München: Kostenfestsetzung und Beschwerde
- Die Entscheidung des OLG München: Privatgutachterkosten sind erstattungsfähig
- Die Begründung des OLG: Wesentlichkeit des Gutachtens
- Die Relevanz des Urteils für Bauherren, Architekten und Auftraggeber
- Rechtsanspruch auf Gutachterkosten: Was bedeutet das konkret?
- Vergleich Privatgutachterkosten: Worauf ist zu achten?
- Forderungen Gutachterkosten: Wie geht man vor?
- Fazit: Privatgutachten Kostenübernahme unter bestimmten Voraussetzungen möglich
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Privatgutachterkosten erstattungsfähig sind?
- Können Privatgutachterkosten auch bei einem Vergleich erstattet werden?
- Was muss ich tun, um die Erstattung von Privatgutachterkosten durchzusetzen?
- Welche Kosten eines Privatgutachtens sind grundsätzlich erstattungsfähig?
- Wann sollte ich ein Privatgutachten in Auftrag geben?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG München
- Datum: 27.01.2025
- Aktenzeichen: 11 W 1371/24
- Verfahrensart: Kostenfestsetzungsbeschwerdeverfahren im Streit um ein Architektenhonorar
- Rechtsbereiche: Bau- und Architektenrecht, Kostenrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Fordert auf Basis einer Schlussrechnung vom 11.11.2020 die Zahlung eines Architektenhonorars und trägt zudem die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Beklagte: Legte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Sofortige Beschwerde ein und untermauerte ihre Position durch ein Privatgutachten sowie ergänzende Stellungnahmen; sie tritt als Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglich beteiligten Partei auf.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: In dem Verfahren ging es um die strittige Forderung eines Architektenhonorars. Die Klägerin machte ihre Ansprüche anhand einer Schlussrechnung geltend, während die Beklagte mit einem privaten Sachverständigengutachten und weiteren Stellungnahmen reagierte. Das Verfahren endete durch den Abschluss eines Vergleichs, dessen Zustandekommen gerichtlich festgestellt wurde.
- Kern des Rechtsstreits: Es war zu klären, ob und in welcher Höhe die Kostenfestsetzung im Zusammenhang mit dem Architektenhonoraranspruch anzupassen sei.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der ursprüngliche Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dahingehend abgeändert, dass die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 16.828,65 EUR nebst Zinsen (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit 08.03.2024) festgesetzt wurden. Zudem trägt die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, und der Beschwerdewert beträgt 11.234,70 EUR.
- Begründung: Die Entscheidung stützt sich auf den Verlauf des Verfahrens, in dem durch die Schlussrechnung der Klägerin und die von der Beklagten vorgelegten Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen ein höherer Kostenanspruch erkennbar wurde. Der im Vergleich abgeschlossene und gerichtlich festgestellte Beendigungsweg des Verfahrens rechtfertigte die Anpassung des ursprünglichen Kostenbeschlusses.
- Folgen: Die Beklagte muss den festgesetzten Betrag zuzüglich der vereinbarten Zinsen zahlen, während die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens übernimmt.
Der Fall vor Gericht
Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten nach Vergleich: Ein Urteil des OLG München

In einem Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) München (Az.: 11 W 1371/24, Beschluss vom 27.01.2025) ging es um die Frage, ob Privatgutachterkosten erstattungsfähig sind, wenn ein Gerichtsverfahren durch einen Vergleich beendet wurde. Der Fall betraf einen Streit über Architektenhonorar, bei dem die Klägerin Forderungen aus einer Schlussrechnung geltend machte. Im Verlauf des Prozesses hatte der ursprüngliche Beklagte, dessen Rechtsnachfolger der Beklagte zu 1) ist, ein Privatgutachten eingeholt, um die Honorarforderung zu prüfen.
Der Hintergrund des Falls: Architektenhonorar und Privatgutachten
Die Klägerin, eine Architektin, hatte Honorarforderungen auf Basis einer Schlussrechnung vom 11. November 2020 geltend gemacht. Um die Berechtigung dieser Forderungen zu überprüfen, beauftragte der Beklagte einen Privatgutachter. Dieser erstellte ein Gutachten sowie mehrere ergänzende Stellungnahmen. Die dadurch entstandenen Privatgutachterkosten wollte der Beklagte im Rahmen des Gerichtsverfahrens erstattet bekommen.
Die Streitfrage: Kostenübernahme Gutachter
Der Kern des Streits lag darin, ob die Kosten für das vom Beklagten eingeholte Privatgutachten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens erstattet werden können, nachdem das Verfahren durch einen Vergleich beendet worden war. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Kosten nicht erstattungsfähig seien.
Der Weg zum OLG München: Kostenfestsetzung und Beschwerde
Nachdem das Landgericht München I einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen hatte, der die vom Beklagten zu 1) zu erstattenden Kosten auf einen geringeren Betrag festsetzte, legte dieser sofortige Beschwerde beim OLG München ein. Der Beklagte argumentierte, dass die Gutachter Gebühren erstattungsfähig seien, da das Gutachten zur Klärung der strittigen Fragen beigetragen habe.
Die Entscheidung des OLG München: Privatgutachterkosten sind erstattungsfähig
Das OLG München gab der Beschwerde des Beklagten statt und änderte den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts ab. Das Gericht entschied, dass die von der Klägerin an den Beklagten zu 1) zu erstattenden Kosten auf 16.828,65 EUR (statt 5.593,95 EUR) festgesetzt werden. Damit bestätigte das OLG die Erstattungsfähigkeit Privatgutachter im vorliegenden Fall.
Die Begründung des OLG: Wesentlichkeit des Gutachtens
Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass die Einholung des Privatgutachtens durch den Beklagten notwendig und zweckmäßig war, um seine Rechtsverteidigung vorzubereiten. Das Gericht betonte, dass das Gutachten zur Klärung der strittigen Fragen im Zusammenhang mit dem Architektenhonorar beigetragen habe. Auch wenn das Verfahren durch einen Vergleich beendet wurde, bedeutet dies nicht automatisch, dass die entstandenen Kosten nicht erstattungsfähig sind. Entscheidend ist, ob die Aufwendungen notwendig waren und zur Klärung des Sachverhalts beigetragen haben.
Die Relevanz des Urteils für Bauherren, Architekten und Auftraggeber
Dieses Urteil ist besonders relevant für Bauherren, Architekten und Auftraggeber, die sich in ähnlichen Situationen befinden. Es zeigt, dass Private Gutachten Erstattung grundsätzlich möglich ist, auch wenn ein Gerichtsverfahren durch einen Vergleich beendet wird. Es ist wichtig, dass die Einholung des Gutachtens notwendig und zweckmäßig war, um die eigene Rechtsposition zu stärken.
Rechtsanspruch auf Gutachterkosten: Was bedeutet das konkret?
Das Urteil verdeutlicht, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Gutachterkosten bestehen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gutachten dazu dient, den eigenen Standpunkt in einem Rechtsstreit zu untermauern und zur Klärung des Sachverhalts beiträgt. Die Kostenübernahme Gutachter ist also nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Vergleich Privatgutachterkosten: Worauf ist zu achten?
Vor der Beauftragung eines Privatgutachters sollten Betroffene einen Kostenvergleich Gutachter durchführen, um die wirtschaftlichste Lösung zu finden. Es ist ratsam, mehrere Angebote einzuholen und die Leistungen der verschiedenen Gutachter zu vergleichen. Zudem sollte im Vorfeld geklärt werden, ob und in welchem Umfang die Versicherung Gutachterkosten übernimmt.
Forderungen Gutachterkosten: Wie geht man vor?
Wenn die Gutachter Gebühren erstattungsfähig sind, sollten die entstandenen Kosten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden. Hierbei ist es wichtig, alle relevanten Unterlagen, wie Gutachten, Rechnungen und Korrespondenz mit dem Gutachter, vorzulegen. Im Zweifelsfall sollte man sich rechtlichen Rat einholen, um die eigenen Ansprüche durchzusetzen und die Forderungen Gutachterkosten erfolgreich geltend zu machen.
Fazit: Privatgutachten Kostenübernahme unter bestimmten Voraussetzungen möglich
Das Urteil des OLG München zeigt, dass die Privatgutachten Kostenübernahme im Falle eines Vergleichs nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Entscheidend ist, dass die Einholung des Gutachtens notwendig und zweckmäßig war, um die eigene Rechtsverteidigung vorzubereiten und zur Klärung des Sachverhalts beizutragen. Bauherren, Architekten und Auftraggeber sollten sich daher nicht scheuen, ein Privatgutachten einzuholen, wenn dies zur Wahrung ihrer Interessen erforderlich ist. Jedoch sollte vorab ein Kostenvergleich durchgeführt und die Erfolgsaussichten einer Kostenerstattung geprüft werden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG München hat entschieden, dass die Kosten für ein Privatgutachten im Rechtsstreit erstattungsfähig sind, auch wenn es vor einem gerichtlichen Gutachten erstellt wurde. Dies stellt eine wichtige Klarstellung dar, da Privatgutachten als qualifizierter Parteivortrag gewertet werden und damit grundsätzlich erstattungsfähig sein können. Das Gericht widerspricht damit der häufigen Annahme, dass nur Gutachten erstattungsfähig sind, die zur Überprüfung eines gerichtlichen Gutachtens dienen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Bauherr oder Auftraggeber können Sie nun mit größerer Sicherheit ein Privatgutachten in Auftrag geben, wenn Sie dies zur Untermauerung Ihrer Position für notwendig halten. Sie müssen nicht erst auf ein gerichtliches Gutachten warten, um einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen. Die Kosten hierfür können Ihnen im Erfolgsfall erstattet werden, sofern das Gutachten zur Klärung der Streitfrage beiträgt und die Kosten angemessen sind. Dies gibt Ihnen mehr Handlungsspielraum bei der Durchsetzung Ihrer Rechte, da Sie frühzeitig fachliche Unterstützung einholen können.
Benötigen Sie Hilfe?
Rechtliche Klarheit bei Privatgutachterkosten?
Die Frage, inwieweit Privatgutachterkosten unter bestimmten Voraussetzungen erstattungsfähig sind, wirft häufig komplexe rechtliche Fragestellungen auf. Insbesondere wenn strittige Vergütungen und notwendige Aufwendungen zur Vorbereitung der Rechtsverteidigung im Raum stehen, sind präzise Analysen und das genau Abwägen der Umstände unerlässlich, um die eigene Rechtsposition zu sichern.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Situation differenziert zu prüfen und Ihre Rechte fundiert zu bewerten. Mit einer sachlichen und nachvollziehbaren Beratung tragen wir dazu bei, alle relevanten Aspekte übersichtlich darzustellen und Ihnen so zu einer klaren Entscheidungsgrundlage zu verhelfen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Privatgutachterkosten erstattungsfähig sind?
Die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten setzt mehrere zentrale Bedingungen voraus, die sich aus der aktuellen Rechtsprechung ergeben.
Unmittelbare Prozessbezogenheit
Ein Privatgutachten muss in direktem Zusammenhang mit einem konkreten Rechtsstreit stehen. Wenn Sie ein Gutachten in Auftrag geben, muss sich der Rechtsstreit bereits abzeichnen. Gutachten, die Sie vorsorglich oder ohne konkreten Prozessbezug einholen, sind nicht erstattungsfähig.
Notwendigkeit zur Rechtsverfolgung
Die Einholung des Gutachtens muss zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig sein. Diese Notwendigkeit liegt vor, wenn Sie als Partei:
- aufgrund fehlender Sachkenntnisse ohne das Gutachten nicht sachgerecht vortragen könnten
- bautechnische oder andere komplexe Fachfragen klären müssen
- ein nachteiliges Gerichtsgutachten erschüttern möchten
Sachkundige Beurteilung
Als Laie können Sie die Erstattung der Gutachterkosten eher beanspruchen als ein Fachkundiger. Wenn Sie selbst über entsprechende Sachkunde verfügen, werden die Kosten in der Regel nicht erstattet.
Wirtschaftliche Vernunft
Die Einholung des Gutachtens muss aus Sicht einer verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Partei als sachdienlich erscheinen. Dabei wird der Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachtens betrachtet – nicht das spätere Prozessergebnis.
Angemessenheit der Kosten
Die Höhe der Gutachterkosten muss angemessen sein. Dabei orientieren sich die Gerichte an den Sätzen für gerichtlich bestellte Sachverständige. Überhöhte Kosten werden nur anteilig erstattet.
Können Privatgutachterkosten auch bei einem Vergleich erstattet werden?
Die Kosten eines Privatgutachtens sind auch bei einem Vergleichsabschluss grundsätzlich erstattungsfähig. Sie müssen sich die Erstattung der Gutachterkosten im Vergleich nicht ausdrücklich vorbehalten.
Voraussetzungen für die Erstattung
Wenn Sie ein Privatgutachten in Auftrag gegeben haben, müssen für die Erstattungsfähigkeit folgende Bedingungen erfüllt sein:
Die Beauftragung des Gutachtens muss für eine wirtschaftlich vernünftig denkende Partei als sachdienlich erschienen sein. Dies ist besonders dann der Fall, wenn Sie als Partei ohne eigene Fachkenntnisse das Gutachten benötigen, um Ihre Position sachgerecht darzustellen.
Besonderheiten bei der Kostenhöhe
Die Kosten des Privatgutachtens müssen angemessen sein. Ein Stundensatz von 190 Euro netto wird dabei von der Rechtsprechung als nicht unverhältnismäßig angesehen, insbesondere bei erheblicher Streitwerthöhe.
Prozessbezug als entscheidendes Kriterium
Entscheidend für die Erstattungsfähigkeit ist der unmittelbare Prozessbezug des Gutachtens. Das bedeutet, dass sich zum Zeitpunkt der Beauftragung ein konkreter Rechtsstreit bereits abgezeichnet haben muss. Ein Gutachten, das Sie rein vorsorglich oder auf Verdacht eingeholt haben, ist dagegen nicht erstattungsfähig.
Was muss ich tun, um die Erstattung von Privatgutachterkosten durchzusetzen?
Wahl des richtigen Weges
Für die Durchsetzung der Erstattung von Privatgutachterkosten stehen zwei Wege zur Verfügung:
Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens können Sie die Gutachterkosten als Prozesskosten nach § 91 Abs. 1 ZPO geltend machen. Dieser Weg ist möglich, wenn das Gutachten unmittelbar prozessbezogen war.
Als materiellen Schadensersatzanspruch können Sie die Kosten alternativ im Hauptprozess als eigenständige Forderung geltend machen.
Voraussetzungen für die Erstattung
Um die Erstattung erfolgreich durchzusetzen, müssen Sie nachweisen:
Die unmittelbare Prozessbezogenheit des Gutachtens. Das bedeutet, Sie müssen darlegen, dass das Gutachten konkret zur Vorbereitung oder Durchführung eines sich abzeichnenden oder bereits laufenden Rechtsstreits in Auftrag gegeben wurde.
Die Notwendigkeit der Begutachtung aus Sicht einer verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Partei. Sie müssen aufzeigen, dass Ihnen die erforderliche Sachkunde fehlte und das Gutachten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
Praktische Durchführung
Wenn Sie die Erstattung im Kostenfestsetzungsverfahren durchsetzen möchten:
Dokumentieren Sie sorgfältig den Zusammenhang zwischen Gutachteneinholung und Prozess. Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen auf, die den zeitlichen und sachlichen Zusammenhang belegen.
Melden Sie die Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren an und legen Sie die Gutachterrechnung vor.
Bei vorprozessualen Gutachten empfiehlt es sich, die Kosten direkt im Hauptprozess als materiellen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Dies bietet mehr Sicherheit, da die Erstattung im Kostenfestsetzungsverfahren oft restriktiv gehandhabt wird.
Welche Kosten eines Privatgutachtens sind grundsätzlich erstattungsfähig?
Die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Erstattungsfähig sind grundsätzlich alle Kosten, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei zum Zeitpunkt der Beauftragung als sachdienlich ansehen durfte.
Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit
Die Kosten müssen unmittelbar prozessbezogen sein. Dies bedeutet, dass das Gutachten entweder während eines laufenden Rechtsstreits oder in Vorbereitung auf einen sich konkret abzeichnenden Prozess eingeholt wurde.
Erstattungsfähige Kostenarten
Wenn Sie ein Privatgutachten in Auftrag geben, können folgende Kostenarten erstattet werden:
- Hauptgutachterkosten, wenn diese zur Klärung der streitigen Fragen erforderlich waren
- Kosten für notwendige Ortstermine und Besprechungen mit dem Sachverständigen
- Kosten für erforderliche Nachträge, sofern diese zur Klärung neu aufgetretener Fragen dienten
Ausschluss der Erstattungsfähigkeit
Nicht erstattungsfähig sind Kosten für Gutachten, die:
- auf Verdacht eingeholt wurden
- der allgemeinen Information dienen
- ohne vorherige Mangelrüge beauftragt wurden
- von einer Partei mit eigener Sachkunde in Auftrag gegeben wurden
Die Erstattungsfähigkeit hängt nicht davon ab, ob das Gutachten später im Urteil berücksichtigt wurde. Entscheidend ist allein die Beurteilung der Notwendigkeit zum Zeitpunkt der Beauftragung.
Wann sollte ich ein Privatgutachten in Auftrag geben?
Optimaler Zeitpunkt
Ein Privatgutachten sollten Sie erst dann in Auftrag geben, wenn sich ein konkreter Rechtsstreit bereits abzeichnet. Der richtige Zeitpunkt ist gekommen, wenn der Gegner auf Ihre Mängelrüge nicht reagiert oder Ihre Ansprüche bestreitet.
Voraussetzungen für die Beauftragung
Die Beauftragung eines Privatgutachtens ist sinnvoll, wenn Sie ohne sachverständige Hilfe nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage sind. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Sie als Patient in einem Arzthaftungsprozess die Behandlungsfehler fachkundig darlegen müssen.
Strategische Überlegungen
Wenn Sie ein Privatgutachten in Auftrag geben möchten, sollten Sie folgende Aspekte beachten:
Die Einholung muss aus der Sicht einer verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Person als sachdienlich erscheinen. Dies bedeutet konkret:
- Wenn Sie technisch komplexe Sachverhalte beurteilen müssen
- Wenn Sie ein gerichtliches Gutachten überprüfen oder widerlegen wollen
- Wenn das Gericht auf unzureichende Substantiierung Ihres Vortrags hingewiesen hat
Besondere Konstellationen
In Eilverfahren gelten weniger strenge Anforderungen an die Notwendigkeit eines Privatgutachtens. Bei Baumängeln ist die Einholung erst dann erforderlich, wenn Sie die Mängel konkret gerügt haben und der Unternehmer diese bestreitet oder nicht reagiert.
Beachten Sie: Ein Privatgutachten, das nur der allgemeinen Information oder Prüfung dient, wird in der Regel nicht erstattet. Die Beauftragung sollte daher immer in direktem Zusammenhang mit einem konkreten oder sich abzeichnenden Rechtsstreit stehen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Privatgutachten
Ein Privatgutachten ist ein von einer Partei selbst in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten, das zur Klärung von Fachfragen oder zur Durchsetzung von Ansprüchen dient. Es unterscheidet sich vom gerichtlichen Gutachten dadurch, dass es nicht vom Gericht, sondern von einer Prozesspartei beauftragt wird. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 402 ff. ZPO.
Beispiel: Ein Bauherr lässt durch einen Sachverständigen ein Gutachten über Baumängel erstellen, um seine Ansprüche gegen den Architekten zu untermauern.
Kostenfestsetzungsbeschluss
Eine gerichtliche Entscheidung, die festlegt, welche Prozesskosten in welcher Höhe von einer Partei zu erstatten sind. Der Beschluss wird auf Antrag einer Partei nach § 103 ff. ZPO erlassen und bestimmt die Höhe der erstattungsfähigen Kosten wie Gerichtskosten, Anwaltsgebühren oder Gutachterkosten.
Beispiel: Nach einem gewonnenen Prozess beantragt der Anwalt die Festsetzung der Kosten, die sein Mandant verauslagt hat.
Sofortige Beschwerde
Ein Rechtsmittel gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen, das innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung eingelegt werden muss (§ 567 ZPO). Sie richtet sich gegen Beschlüsse und wird ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Beispiel: Eine Partei legt sofortige Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ein, weil sie die festgesetzten Gutachterkosten für zu hoch hält.
Gesamtrechtsnachfolge
Beschreibt den vollständigen Übergang aller Rechte und Pflichten von einer Person auf eine andere. Dies geschieht meist durch Erbfall (§ 1922 BGB) oder Verschmelzung von Unternehmen (§ 20 UmwG). Der Rechtsnachfolger tritt dabei in alle Rechtspositionen des Vorgängers ein.
Beispiel: Nach dem Tod eines Prozessbeteiligten führen dessen Erben als Gesamtrechtsnachfolger den Prozess fort.
Beschwerdewert
Der Streitwert im Beschwerdeverfahren, der die Höhe des wirtschaftlichen Interesses des Beschwerdeführers beziffert. Nach § 3 ZPO bestimmt er die Gerichtsgebühren und Anwaltskosten im Beschwerdeverfahren.
Beispiel: Bei einer Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss über 11.234,70 EUR ist dies der Beschwerdewert.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 91 Zivilprozessordnung (ZPO): Erstattungsfähigkeit notwendiger Kosten der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung. Die unterliegende Partei trägt die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der notwendigen Aufwendungen des Gegners. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die zentrale Norm, die bestimmt, ob die Kosten für das Privatgutachten erstattungsfähig sind, da der Beklagte zu 1) einen Teil der Kosten des Rechtsstreits trägt und somit Anspruch auf Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen haben könnte.
- § 683 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 670 BGB: Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) bzw. Aufwendungsersatz. Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, kann Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht oder dem Willen des Geschäftsherrn entspricht und die Übernahme der Geschäftsführung nicht mutwillig erfolgt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Diese Vorschriften können relevant werden, wenn argumentiert wird, dass die Einholung des Privatgutachtens im Interesse der Klägerin (als ursprüngliche Auftraggeberin des Architekten) lag, um beispielsweise unberechtigte Forderungen abzuwehren oder den Sachverhalt aufzuklären.
- § 404a ZPO: Gerichtliches Sachverständigengutachten. Erläutert die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens durch das Gericht zur Klärung von Tatsachenfragen. Das Gericht bestimmt den Sachverständigen und formuliert die Beweisfragen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Diese Norm dient als Hintergrund für die Argumentation des Landgerichts, dass die Einholung eines Privatgutachtens grundsätzlich nicht erstattungsfähig ist, da es Sache des Gerichts ist, Beweiserhebungen durch Sachverständigengutachten durchzuführen.
- Kostentragung aufgrund eines Vergleichs: Abweichend von § 91 ZPO können die Parteien in einem Vergleich eine andere Kostenverteilung vereinbaren. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen, indem die Parteien eine prozentuale Aufteilung der Kosten vereinbart haben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die vereinbarte Kostentragung im Vergleich ist maßgeblich für die Berechnung der erstattungsfähigen Kosten, einschließlich der Frage, ob und inwieweit die Kosten des Privatgutachtens erstattet werden können.
- Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Privatgutachten: Grundsätzlich sind Kosten für Privatgutachten nur ausnahmsweise erstattungsfähig, beispielsweise wenn sie zur Vorbereitung eines Prozesses notwendig waren oder ein gerichtliches Gutachten erschüttern sollen. Die Rechtsprechung ist hier jedoch einzelfallabhängig. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Rechtsprechung ist entscheidend, um zu beurteilen, ob die Einholung des Privatgutachtens durch den Beklagten zu 1) unter die Ausnahmen fällt, die eine Erstattungsfähigkeit rechtfertigen würden. Das OLG München scheint diese Ausnahme hier zu bejahen.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 11 W 1371/24 – Beschluss vom 27.01.2025
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