Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Bedeutung gerichtlicher Vergleiche: Ergänzung und Berichtigung im Zivilprozessrecht
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist der Unterschied zwischen einem normalen Vergleich und einem gerichtlichen Vergleich?
- Welche Möglichkeiten zur nachträglichen Änderung eines gerichtlichen Vergleichs gibt es?
- Wann greift die Ausschlusswirkung eines gerichtlichen Vergleichs?
- Wie können Ansprüche Dritter bei einem gerichtlichen Vergleich geschützt werden?
- Was passiert mit zukünftigen Ansprüchen nach einem gerichtlichen Vergleich?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Braunschweig
- Datum: 21.10.2024
- Aktenzeichen: 9 U 75/23
- Verfahrensart: Berichtigungsverfahren bezüglich eines Vergleichs im Zivilprozess
- Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Kläger beantragte eine Berichtigung oder Ergänzung des Senatsbeschlusses, um klarzustellen, dass Ansprüche, die gesetzlich auf die private Krankenversicherung oder Dritte übergehen, nicht Gegenstand des Vergleichs sind. Der Kläger argumentierte, dass diese Ergänzung notwendig sei, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Beklagter: Der Beklagte akzeptierte den Vergleich in der ursprünglich vorgeschlagenen Form und machte keine zusätzlichen Anträge oder Einwände gegen die getroffene Regelung geltend.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger stellte einen Antrag auf Berichtigung oder Ergänzung eines bereits gefassten Feststellungsbeschlusses, um klarzustellen, dass Ansprüche auf private Krankenversicherung oder Dritte nicht im Vergleich enthalten sind. Der ursprüngliche Vergleich war von beiden Parteien in der vorgeschlagenen Form angenommen worden.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob eine Ergänzung des Vergleichs hinsichtlich der Ausschluss von Ansprüchen, die auf Dritte übergehen, erforderlich und rechtlich zulässig ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antrag des Klägers wurde zurückgewiesen, da keine Voraussetzung für eine Berichtigung oder Ergänzung vorlag.
- Begründung: Das Gericht erläuterte, dass eine Berichtigung nur bei einer Diskrepanz zwischen dem Gewollten und dem Erklärten erfolgen kann und dass eine Ergänzung voraussetzt, dass etwas übergangen wurde. Dies war hier nicht der Fall. Der Vergleich wurde von den Parteien in der vorgeschlagenen Form angenommen, und die gewünschte Ergänzung wäre nur deklaratorisch und rechtlich nicht erforderlich, da die bestehende Regelung bereits alle Ansprüche klärte.
- Folgen: Der Vergleich bleibt unverändert bestehen, und die Parteien können, falls sie dies anders sehen, außerhalb des Gerichts eine ergänzende Vereinbarung treffen. Es fallen keine zusätzlichen Kosten an, da keine weiteren gerichtlichen oder anwaltlichen Gebühren entstanden sind.
Bedeutung gerichtlicher Vergleiche: Ergänzung und Berichtigung im Zivilprozessrecht
Im Zivilprozessrecht spielen gerichtliche Vergleiche eine zentrale Rolle bei der Streitbeilegung. Sie ermöglichen es den Parteien, eine einvernehmliche Lösung zu finden und dadurch langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden. Ein wichtiger Aspekt der Vergleichsvereinbarung ist die Möglichkeit, diese nachträglich zu ergänzen oder zu berichtigen. Hierbei sind die rechtlichen Voraussetzungen gemäß § 278 Abs. 6 ZPO entscheidend, da er klarstellt, unter welchen Bedingungen eine Ergänzung des Vergleichs möglich ist.
Die Frage, ob eine Berichtigung im Rahmen der Vergleichsergänzung zulässig ist, führt häufig zu verfahrensrechtlichen Fragen, die sowohl für Rechtsanwälte als auch für betroffene Parteien von Bedeutung sind. In der folgenden Analyse wird ein konkreter Fall beleuchtet, der sich mit der Thematik der Vergleichsergänzung und den damit verbundenen rechtlichen Aspekten auseinandersetzt.
Der Fall vor Gericht
Berichtigungsantrag für Vergleichsbeschluss vor OLG Braunschweig abgelehnt

Das Oberlandesgericht Braunschweig hat einen Antrag auf Berichtigung und Ergänzung eines gerichtlichen Vergleichsbeschlusses zurückgewiesen. Der Kläger hatte am 8. Oktober 2024 beantragt, den nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Senatsbeschluss vom 30. September 2024 um eine zusätzliche Regelung zu erweitern.
Streit um Reichweite des Vergleichs bei Versicherungsansprüchen
Der Kläger wollte den bestehenden Vergleich durch eine vierte Ziffer ergänzen lassen. Diese sollte klarstellen, dass Ansprüche, die von Gesetzes wegen auf private Krankenversicherungen oder andere Dritte übergegangen sind oder künftig übergehen werden, nicht vom Vergleich erfasst sind. Das Gericht sah hierfür jedoch keine rechtliche Grundlage.
Rechtliche Bewertung des Berichtigungsantrags
Eine Berichtigung wäre laut Gericht nur möglich gewesen, wenn der Beschluss von dem abweicht, was das Gericht eigentlich gewollt hatte. Eine Ergänzung nach § 321 ZPO käme nur in Frage, wenn das Gericht bei der Beschlussfassung etwas übersehen hätte. Beide Voraussetzungen lagen nicht vor, da die Parteien den Vergleichsvorschlag des Senats exakt in der vorgeschlagenen Form angenommen hatten und der Feststellungsbeschluss damit übereinstimmte.
Grundsätzliche Unmöglichkeit der Vergleichsergänzung
Das Gericht stellte klar, dass eine Ergänzung eines Vergleichs durch ein Gericht grundsätzlich nicht möglich ist. Ein Gerichtlicher Vergleich ist ein von den Parteien geschlossener Vertrag, den das Gericht nicht durch einen Beschluss ändern kann. Diese Position wird durch die Rechtsprechung des OLG Nürnberg gestützt.
Überflüssigkeit der gewünschten Ergänzung
Das Gericht erläuterte zudem, dass die vom Kläger gewünschte Ergänzung rechtlich nicht erforderlich sei. Die bestehenden Regelungen des Vergleichs beziehen sich ausschließlich auf gegenseitige Ansprüche der Parteien aus dem zugrundeliegenden Rechtsstreit. Ansprüche von Krankenversicherungen oder anderen Dritten sind davon nicht erfasst, da es ihnen an der nötigen Aktivlegitimation fehlt. Dies gilt auch für zukünftige Ansprüche, da diese im Rechtsstreit nur in Form der beantragten Feststellung anhängig waren, die bereits ausdrücklich die auf Dritte übergegangenen oder übergehenden Ansprüche ausgenommen hatte.
Das Gericht wies darauf hin, dass es den Parteien freistehe, eine entsprechende Regelung außergerichtlich zu vereinbaren. Im vorliegenden, durch den Vergleich beendeten Rechtsstreit sei dies jedoch nicht mehr möglich. Eine Kostenentscheidung war nicht erforderlich, da weder gerichtliche noch anwaltliche Gebühren angefallen waren.
Die Schlüsselerkenntnisse
Ein vor Gericht geschlossener Vergleich ist ein Vertrag zwischen den Parteien, den das Gericht im Nachhinein nicht mehr ändern kann. Ansprüche, die bereits gesetzlich auf Dritte wie Versicherungen übergegangen sind, werden von einem Vergleich automatisch nicht erfasst – dafür braucht es keine zusätzliche Regelung. Die Parteien können zwar außergerichtlich noch weitere Vereinbarungen treffen, aber sobald der Vergleich geschlossen ist, kann das Gericht keine Änderungen mehr vornehmen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie einen gerichtlichen Vergleich schließen, müssen Sie sich vorher gut überlegen, was darin geregelt werden soll. Nach Abschluss des Vergleichs können Sie keine Änderungen oder Ergänzungen mehr vom Gericht verlangen, selbst wenn Sie später noch etwas vermissen. Sie müssen sich aber keine Sorgen machen, dass durch einen Vergleich automatisch auch Ansprüche Ihrer Versicherung oder anderer Dritter mit abgegolten sind – diese bleiben immer getrennt bestehen. Falls Sie nach dem Vergleich noch Regelungsbedarf sehen, können Sie nur noch eine private Vereinbarung mit der anderen Partei treffen.
Benötigen Sie Hilfe?
Rechtliche Vergleiche erfordern sorgfältige Vorbereitung und Weitblick, da nachträgliche Änderungen durch das Gericht ausgeschlossen sind. Unsere erfahrenen Anwälte prüfen im Detail die Konsequenzen Ihrer geplanten Vereinbarungen und sichern Ihre Interessen umfassend ab. Als Ihr verlässlicher Partner stellen wir sicher, dass alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden und keine ungewollten Regelungslücken entstehen. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Unterschied zwischen einem normalen Vergleich und einem gerichtlichen Vergleich?
Ein normaler (außergerichtlicher) Vergleich ist ein privatrechtlicher Vertrag zwischen den Parteien, während der gerichtliche Vergleich eine besondere Doppelnatur aufweist: Er ist gleichzeitig Prozesshandlung und materiell-rechtliches Rechtsgeschäft.
Wesentliche Unterscheidungsmerkmale
Der außergerichtliche Vergleich kann in allen Rechtsbereichen wie Arbeits-, Miet- oder Vertragsrecht geschlossen werden. Er beendet jedoch nicht automatisch einen laufenden Rechtsstreit, sondern wirkt sich lediglich auf die Begründetheit der Klage aus.
Der gerichtliche Vergleich hingegen beendet den Prozess unmittelbar und besitzt folgende Besonderheiten:
- Er ist direkt als Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwendbar
- Er muss zu richterlichem Protokoll genommen werden
- Der Rechtsstreit verliert seine Rechtshängigkeit
Formen des gerichtlichen Vergleichs
Es gibt zwei Möglichkeiten, einen gerichtlichen Vergleich zu schließen:
- Im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit Protokollierung durch das Gericht
- Nach § 278 Abs. 6 ZPO, wobei entweder die Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag einreichen oder einen Vorschlag des Gerichts annehmen
Praktische Konsequenzen
Bei einem außergerichtlichen Vergleich muss die Durchführung bei Nichterfüllung erst gerichtlich eingeklagt werden. Der gerichtliche Vergleich ermöglicht dagegen die sofortige Zwangsvollstreckung, wenn eine Partei ihre Verpflichtungen nicht einhält.
Der gerichtliche Vergleich bietet zudem einen besseren Übereilungsschutz, da die Parteien den Vergleichsvorschlag ausführlich und ohne Zeitdruck prüfen können. Dies gilt besonders bei Vergleichen nach § 278 Abs. 6 ZPO, wo die Beteiligten den Vorschlag in Ruhe durchdenken können.
Welche Möglichkeiten zur nachträglichen Änderung eines gerichtlichen Vergleichs gibt es?
Ein gerichtlicher Vergleich kann auf verschiedenen Wegen nachträglich geändert werden, wobei die rechtlichen Voraussetzungen streng sind.
Materiell-rechtliche Änderungsmöglichkeiten
Die Anfechtung des Vergleichs ist bei arglistiger Täuschung nach §§ 123, 142 Abs. 1 BGB möglich. In diesem Fall ist der Vergleich von Anfang an unwirksam.
Bei Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB ist der Vergleich ebenfalls nichtig. Der ursprüngliche Prozess wurde dann zu keiner Zeit wirksam beendet.
Prozessuale Änderungsmöglichkeiten
Eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO stellt eine wichtige Möglichkeit dar, wenn sich die dem Vergleich zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Diese Klage ist als Gestaltungsklage ausgestaltet und zielt auf die Anpassung des Vergleichs an die neuen Umstände.
Grenzen der Änderbarkeit
Eine Berichtigung nach § 319 ZPO ist bei Prozessvergleichen grundsätzlich nicht möglich. Bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO kommt jedoch eine Berichtigung nach § 164 ZPO in Betracht, wenn der vom Gericht festgestellte Vergleich vom schriftlichen Vergleichsvorschlag abweicht.
Fortsetzung des Ursprungsprozesses
Wenn eine Partei die Wirksamkeit des Prozessvergleichs angreift, kann der ursprüngliche Prozess fortgesetzt werden. Erfolgt keine rechtzeitige Anfechtung der Prozessbeendigung, besteht die Möglichkeit einer neuen Klage mit demselben Streitgegenstand.
Bei der Abänderung durch Urteil ist zu beachten, dass das Gericht sich weiterhin an den unverändert gebliebenen Tatsachen des ursprünglichen Vergleichs orientieren muss. Das Abänderungsurteil passt den Vergleich an die veränderten Umstände an, ohne ihn vollständig aufzuheben.
Wann greift die Ausschlusswirkung eines gerichtlichen Vergleichs?
Ein gerichtlicher Vergleich entfaltet seine Ausschlusswirkung unmittelbar mit seiner Wirksamkeit. Die Ausschlusswirkung tritt ein, sobald der Vergleich durch beidseitige Zustimmung der Parteien rechtskräftig wird.
Prozessuale Wirkungen
Der Vergleich beendet den Rechtsstreit mit sofortiger Wirkung. Die Rechtshängigkeit entfällt dabei ex nunc, also ab dem Zeitpunkt des Vergleichsschlusses. Sämtliche gerichtlichen Entscheidungen, die vor dem Vergleich ergangen sind, werden automatisch wirkungslos.
Materielle Wirkungen
Wenn Sie einen gerichtlichen Vergleich schließen, müssen Sie beachten, dass dieser sowohl prozessrechtliche als auch materiell-rechtliche Wirkungen entfaltet. Der Vergleich wird dabei zu einem vollstreckbaren Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Besonderheiten beim schriftlichen Vergleich
Bei einem Vergleich im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO ist der Schutz vor übereilten Entscheidungen besonders stark ausgeprägt. Sie haben hier die Möglichkeit, die beabsichtigte Vereinbarung ausführlich und ohne Zeitdruck zu prüfen. Der schriftliche Vergleich ist dem gerichtlichen Vergleich in seinen Wirkungen vollständig gleichgestellt.
Die Ausschlusswirkung eines Vergleichs können Sie nicht durch einen einfachen Widerruf beseitigen. Ihre Zustimmungserklärung zum Vergleich stellt eine Prozesshandlung dar, die grundsätzlich nicht widerrufen werden kann. Wenn Sie die Wirksamkeit des Vergleichs in Frage stellen möchten, können Sie einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens stellen. Das Gericht wird dann den gesamten Ablauf des Vergleichsschlusses noch einmal überprüfen, wobei eine Unwirksamkeitserklärung nur in Ausnahmefällen erfolgt.
Wie können Ansprüche Dritter bei einem gerichtlichen Vergleich geschützt werden?
Ein gerichtlicher Vergleich kann die Rechte Dritter auf verschiedene Weise berücksichtigen und absichern. Die Einbeziehung Dritter in einen Prozessvergleich ist grundsätzlich möglich und kann deren Rechtsposition effektiv schützen.
Direkte Einbeziehung in den Vergleich
Dritte können unmittelbar in den Vergleich einbezogen werden, indem sie als Vertragspartei am Vergleich beteiligt werden. Der Vergleich entfaltet dann eine unmittelbare Bindungswirkung für alle Beteiligten. Die Vereinbarungen müssen dabei präzise formuliert und die Rechte und Pflichten der dritten Partei klar definiert werden.
Vertragliche Schutzwirkung
Ein Prozessvergleich kann auch eine Schutzwirkung zugunsten Dritter entfalten. Hierfür ist erforderlich, dass:
- Ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Dritten und einer Vergleichspartei besteht
- Die Einbeziehung des Dritten für den Vergleichsgegner erkennbar ist
- Der Dritte schutzbedürftig ist
Praktische Gestaltung
Bei der Formulierung des Vergleichs sollten die Rechte Dritter durch konkrete Regelungen abgesichert werden. Der Vergleich muss dabei vom Gericht ordnungsgemäß protokolliert werden. Die Förmlichkeiten wie das Vorlesen des Vergleichs und die Genehmigung durch die Parteien sind zwingend einzuhalten.
Besondere Schutzmechanismen
Der Vergleich kann spezifische Schutzklauseln für Dritte enthalten. Dabei ist zu beachten, dass der Dritte durch den Vergleich nicht besser gestellt werden darf als die ursprünglichen Vertragsparteien. Einwendungen und Haftungsbeschränkungen zwischen den Hauptparteien gelten auch gegenüber dem geschützten Dritten.
Was passiert mit zukünftigen Ansprüchen nach einem gerichtlichen Vergleich?
Ein gerichtlicher Vergleich gestaltet die materielle Rechtslage grundlegend um. Die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien richten sich ab diesem Zeitpunkt ausschließlich nach dem Inhalt des Prozessvergleichs.
Grundsätzliche Wirkung
Der Prozessvergleich beendet den Rechtsstreit mit sofortiger Wirkung. Dabei werden frühere Ansprüche, Einwendungen und Einreden ausgeschlossen, soweit sie durch den Vergleich erledigt sind. Die Rechtshängigkeit entfällt dabei mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc).
Gestaltung zukünftiger Ansprüche
In der Praxis werden häufig spezielle Klauseln verwendet, die den Umgang mit Ansprüchen regeln. Eine typische Formulierung ist die sogenannte Erledigungsklausel, die festlegt, dass alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien abgegolten und erledigt sind.
Besonderheiten bei Arbeitsverhältnissen
Bei arbeitsrechtlichen Vergleichen können zukünftige Ansprüche detailliert geregelt werden, wie zum Beispiel:
- Die Abrechnung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beendigungstermin
- Die Behandlung von noch entstehenden Urlaubsansprüchen
- Die Regelung von Freizeitausgleich und Überstunden
Wenn der Vergleich unwirksam sein sollte, etwa wegen arglistiger Täuschung oder Sittenwidrigkeit, gilt er als von Anfang an unwirksam. In diesem Fall lebt der ursprüngliche Prozess wieder auf.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Gerichtlicher Vergleich
Ein gerichtlicher Vergleich ist eine vertragliche Einigung zwischen den Parteien während eines laufenden Gerichtsverfahrens, die den Rechtsstreit ganz oder teilweise beendet. Er stellt einen Kompromiss dar, bei dem beide Seiten Zugeständnisse machen, um eine schnellere und kostengünstigere Lösung als durch ein Urteil zu erreichen. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 278 Abs. 6 ZPO. Ein Beispiel wäre, wenn sich Käufer und Verkäufer im Prozess über Mängel einer Kaufsache darauf einigen, dass der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises zurückzahlt und der Käufer dafür auf weitere Ansprüche verzichtet.
Aktivlegitimation
Die Aktivlegitimation bezeichnet die Berechtigung, einen bestimmten Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Sie liegt vor, wenn der Kläger tatsächlich Inhaber des eingeklagten Rechts ist. Fehlt die Aktivlegitimation, wird die Klage als unbegründet abgewiesen. Geregelt ist dies in den §§ 50 ff. ZPO. Ein Beispiel: Ein Unfallgeschädigter kann nur die ihm selbst entstandenen Schäden einklagen, nicht aber Schäden, deren Ersatzansprüche bereits an seine Versicherung übergegangen sind.
Vergleichsbeschluss
Ein Vergleichsbeschluss ist die gerichtliche Feststellung eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs. Er dokumentiert den genauen Inhalt der Einigung und verleiht ihr Vollstreckbarkeit nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das Gericht prüft dabei nur die Formgültigkeit, nicht aber die inhaltliche Angemessenheit der Vereinbarung. Anders als ein Urteil kann ein Vergleichsbeschluss nachträglich nicht durch das Gericht geändert werden, da er auf der freiwilligen Einigung der Parteien basiert.
Feststellungsantrag
Ein Feststellungsantrag zielt darauf ab, das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtlich feststellen zu lassen. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 256 ZPO. Anders als bei einer Leistungsklage wird hier nicht die Zahlung oder eine andere Handlung verlangt, sondern nur die verbindliche Klärung einer Rechtsfrage. Beispiel: Eine Klage auf Feststellung, dass ein Vertrag wirksam gekündigt wurde oder dass ein Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach besteht.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 278 Abs. 6 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Zulässigkeit eines Vergleichs und die Pflichten des Gerichts bei der Feststellung von Vergleichen. Er ermöglicht das Feststellen eines Vergleichs durch das Gericht, wenn die den Vergleichsvorschlag zustimmen. Im vorliegenden Fall erfolgte die Ablehnung des Antrags des Klägers zur Berichtigung des Beschlusses, da dieser korrekt und im Einklang mit der Zustimmung der Parteien formuliert wurde.
- § 321 ZPO: Die Vorschrift behandelt die Ergänzung von Urteilen und Beschlüssen. Eine Ergänzung ist nur möglich, wenn das Gericht wesentliche Punkte übersehen hat. Der Antrag des Klägers wurde abgelehnt, da der Beschluss des Gerichts die Vereinbarung der Parteien vollständig wiedergibt und somit keine Ergänzung erforderlich war.
- Vertragliche Grundlagen des Vergleichs: Ein Vergleich wird rechtlich als Vertrag zwischen den Parteien betrachtet, der vom Gericht in der festgelegten Form bestätigt wird. Da das Gericht keine Änderungen am Vergleich vornehmen kann, wurde der Antrag des Klägers auf Ergänzung zurückgewiesen, da ein Vergleich nicht durch gerichtlichen Beschluss geändert werden kann und eine einvernehmliche Regelung zwischen den Parteien erforderlich wäre.
- Rechtsstellung der Parteien: Der Vergleich umfasst nur die gegenseitigen Ansprüche der Parteien und schließt Ansprüche Dritter, wie Versicherungen, aus. Im vorliegenden Fall führt die rechtliche Bewertung, dass die Ansprüche, die auf andere übergegangen sind, nicht zwischen den Parteien geltend gemacht werden können, zu der Schlussfolgerung, dass die Forderung des Klägers irrelevant war.
- Rechtskraft des Vergleichs: Ein durch Vergleich beendeter Rechtsstreit hat für die Parteien bindende Wirkung. Der im Urteil festgestellte Vergleich beendet abschließend alle Ansprüche, die die Parteien gegen einander haben, so dass eine spätere Erneuerung oder Ergänzung durch das Gericht ausgeschlossen ist. Daher wurde angemerkt, dass eine rechtswirksame Einigung unter den Parteien nur außerhalb des Gerichtsverfahrens möglich ist.
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Das vorliegende Urteil
OLG Braunschweig – Az.: 9 U 75/23 – Beschluss vom 21.10.2024
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz