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Verhaltensbedingte Kündigung bei Arbeitsverweigerung – Weisungsrecht Arbeitgeber

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: 5 Sa 28/22 – Urteil vom 18.10.2022

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 19.01.2022 – 3 Ca 209/21 – abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Zusammenfassung

Streit um Kündigung wegen Arbeitsverweigerung: Ein Physiker klagt gegen seinen Arbeitgeber, der ihm eine ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung wegen Arbeitsverweigerung erteilt hat. Der Kläger war seit 2014 als wissenschaftlicher Angestellter bei dem Beklagten beschäftigt und wurde der Entgeltgruppe 14 TVöD zugeordnet. Nachdem er aus familiären Gründen eine Brückenteilzeit beantragt hatte, erhielt er eine Abmahnung wegen Nichterfüllung seiner Aufgaben. Der Kläger hatte unter anderem eine Excel-Datei mit Messdaten zu spät eingereicht und seine Aufgaben nicht erfüllt. Zudem hatte er Mobbingvorwürfe gegenüber seinem Vorgesetzten geäußert, die er nicht konkretisieren konnte. Der Beklagte setzte ihn daraufhin in eine andere Abteilung ein und übertrug ihm neue Aufgaben. Der Kläger lehnte jedoch eine Vorgabe seines Vorgesetzten ab und wurde daraufhin als RO abberufen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die ordentliche Kündigung unwirksam sei, da es an einem Kündigungsgrund fehle. Er behauptet, er habe seit dem 01.10.2018 keine physikalische Ziel- und Aufgabenstellung mehr und werde nicht mehr seiner Qualifikation als Plasmaphysiker entsprechend eingesetzt. Die Versetzung sei ohne seine Zustimmung erfolgt und habe zu einer Benachteiligung und Ausgrenzung geführt. Der Kläger behauptet weiterhin, dass die von ihm vorgeschlagenen einfachen, fest eingebauten Langmuir-Sonden nicht gebaut worden seien, obwohl Platz und Anschlusskabel durch den Wegfall mehrerer beweglicher Sonden freigeworden seien. Er behauptet, er sei nicht mehr dem Langmuir-Sonden-Team zugeordnet.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 19.01.2022 – 3 Ca 209/21 – ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers unwirksam war.

Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger am 08.06.2021 seine Pflichten verletzt hat, da er unentschuldigt an dem Team-Meeting nicht teilgenommen hat. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass er aufgrund der Arbeit mit zwei Monitoren das Meeting auf dem anderen Monitor nicht bemerkt hat. Dieser Umstand wird auch durch die Aussage des Klägers im Personalgespräch am 21.06.2021 gestützt, in der er erklärte, sich mangels Übertragung neuer Arbeitsaufgaben gegen eine Teilnahme an der Wochenarbeitsbesprechung entschieden zu haben.

Soweit der Beklagte dem Kläger vorwirft, den Bericht zur Bestimmung des Temperaturkoeffizienten nicht fertiggestellt zu haben, hätte der Beklagte diese Pflichtverletzung zunächst abmahnen müssen. Die Abmahnung vom 30.06.2020 bezieht sich nur auf den damaligen Sachstand und kann nicht als Abmahnung für eine spätere Pflichtverletzung herangezogen werden.

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist somit nicht gerechtfertigt. Eine weitere, den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit mit dem Kläger ist jedoch aufgrund der angespannten Arbeitsbeziehung nicht mehr möglich. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung ist jedoch nicht möglich, da die zuwendungsrechtlichen Vorgaben des Beklagten eine Abfindungshöhe von sieben Monatsgehältern nicht überschreiten dürfen.

Insgesamt ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts Stralsund vom 19.01.2022 – 3 Ca 209/21 – somit im Ergebnis richtig und die Berufung des Beklagten daher zurückzuweisen. […]

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung wegen des Vorwurfs der Arbeitsverweigerung.

Der 1969 geborene Kläger war nach Abschluss seines Studiums zum Diplom-Physiker zunächst drei Jahre lang, d. h. von September 1995 bis August 1998, bei dem Beklagten als Doktorand in B. beschäftigt und promovierte im Jahr 1999 mit einer Doktorarbeit auf dem Gebiet der experimentellen Untersuchung von Plasmawellen und -instabilitäten. Der Beklagte betreibt verschiedene wissenschaftliche Forschungsinstitute und beschäftigt regelmäßig weit mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Nach einer Unterbrechung von einem Jahr arbeitete der Kläger bei dem Beklagten sodann rund viereinhalb Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter.

Nachdem der Kläger etwa zehn Jahre bei anderen Arbeitgebern tätig war, schlossen die Parteien am 03.07./14.07.2014 einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren für den Zeitraum 21.07.2014 bis 20.07.2016 über eine Vollzeitbeschäftigung als wissenschaftlicher Angestellter an dem I. für P.. Laut Arbeitsvertrag sind der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts sowie die diese ändernden, ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge in der für die Beschäftigten des Bundes jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Der Kläger wurde der Entgeltgruppe 14 TVöD zugeordnet und entsprechend vergütet.

Der Beklagte setzte den Kläger in dem Bereich „Stellarator – Rand- und Divertorphysik“ (E4) ein. Der Buchstabe E bezeichnet die Experimentalphysik. Nach der seinerzeit maßgebenden Stellenbeschreibung vom 23.06.2014 war der Kläger dem Abteilungsleiter Randschicht und Invesseldiagnostik unterstellt und mit der technischen Entwicklung sowie dem wissenschaftlichen Betrieb von Langmuir-Sonden betraut.

Nach Ende der mit dem Kläger vereinbarten Befristung setzte der Beklagte einen Physiker aus den USA auf der bisher vom Kläger bekleideten Stelle ein, ebenfalls mit einem auf zwei Jahre befristeten Vertrag. Die Befristungsabrede mit dem Kläger erwies sich in dem über mehrere Instanzen geführten Arbeitsgerichtsverfahren (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17. Oktober 2017 – 5 Sa 256/16 – juris = LAGE § 14 TzBfG Nr. 120) als unwirksam, woraufhin der Kläger nach vorübergehender Arbeitslosigkeit seine Tätigkeit bei dem Beklagten am 18.12.2017 wieder aufnahm. Zumindest seit dem 01.11.2018 war der Kläger Responsible Officer (RO) für einen Teil der Pop-up Langmuir-Sonden.

Im Nachgang zu einem Personalgespräch am 19.09.2018 versetzte der Beklagte den Kläger mit Zustimmung des Betriebsrats zum 01.10.2018 in die Abteilung E4-EM (EM = Engineering & Management). Der Kläger unterstand dort dem Fachgruppenleiter Elektrotechnik und Steuerung, Herrn Dr. R., dem wiederum der Gruppenleiter Ingenieurstechnik und Projektmanagement, Herr Dr. H., übergeordnet war. Leiter dieses Bereichs war Herr Prof. Dr. P., zugleich Mitglied der wissenschaftlichen Institutsleitung. Der Beklagte übertrug dem Kläger laut Stellenbeschreibung vom 20.09.2018 die Weiterentwicklung, Verbesserung und Neuentwicklung der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik von Diagnostiken im Bereich E4 und die Beantwortung der sich daraus ergebenden physikalischen und technischen Fragestellungen. Dazu gehört nach der Stellenbeschreibung die Entwicklung von Programmen zur Auswertung von Messdaten, insbesondere von Software-Tools zur Auswertung und Automatisierung der mit der neuen Messtechnik gewonnenen Messdaten hin zu physikalischen Messgrößen, sowie die Publikation der erarbeiteten Lösungen in referierten, internationalen Zeitschriften.

In einer Besprechung am 03.04.2019 informierte Herr Prof. Dr. P. den Kläger über das zukünftig vorgesehene Sonden-Design. Die vom Kläger bevorzugten fest eingebauten, gekühlten „flush-mounted“ Sonden sollten danach aufgrund des verfügbaren zeitlichen Rahmens nicht zum Einsatz kommen. Prof. Dr. P. hielt den Vorschlag des Klägers zwar für eine gute Idee, sah jedoch im Falle einer Umsetzung den Zeitplan für das laufende Projekt gefährdet. Der Kläger lehnte die Entscheidung, die von ihm vorgeschlagenen Sonden nicht zu bauen, ab und verwies auf die damit verbundene Einsparung von Ressourcen und die höhere Zuverlässigkeit. Der Kläger wurde als RO abberufen.

Im März 2019 und erneut im Juni 2019 erhob der Kläger den Vorwurf, von seinem Vorgesetzten, Dr. H., gemobbt zu werden. Der Beklagte schaltete daraufhin eine Konfliktberaterin ein, gegen deren Person der Kläger jedoch Einwände hatte.

Im Sommer 2019 beantragte der Kläger aus familiären Gründen für die Dauer von fünf Jahren Brückenteilzeit im Umfang von 50 Prozent der regulären Arbeitszeit, die der Beklagte antragsgemäß gewährte.

Mit Schreiben vom 19.09.2019, dem Kläger zugegangen am 30.09.2019, erteilte der Beklagte ihm eine Abmahnung, in der es heißt:

„…

Bereits am 01.02.2019 wurde Ihnen gegenüber eine Ermahnung ausgesprochen, die dadurch notwendig wurde, da Sie sich mehrfach nicht an die abgesprochenen Aufgaben und das abgesprochene Vorgehen gehalten haben und sich über klare Anweisungen Ihrer Vorgesetzten hinwegsetzen. Ziel des Gespräches war es, eine wesentliche Verbesserung der Zusammenarbeit zu erreichen.

Gleichwohl mehren sich in den letzten Wochen die Vorfälle, in denen Sie sich weigern, die Ihnen übertragenen Aufgaben zu übernehmen und sich über eindeutige Anweisungen Ihres direkten Vorgesetzten hinwegsetzen. Am 06.02.2019 wurde Ihnen die Erstellung eines Dokuments zur Fehlerbetrachtung der 2-Drahtauslese übertragen. Bis spätestens 06.06.2019 hätten Sie nach Weisung Ihres direkten Vorgesetzten dieses dringend benötigte und äußerst zeitkritischen Dokument zur Fehlerbetrachtung der 2-Drahtauslese fertigstellen müssen. Die Dokumentation wurde von Ihnen gleichwohl nicht fertiggestellt. Auf die Frage nach den Gründen für die Verzögerung warfen sie einem anderen Mitarbeiter vor, Mikromanagement zu betreiben und stellten den Vorwurf des Mobbings in den Raum.

Bereits am 14.03.2019 sind Sie während einer laufenden, nicht beendeten Arbeitsbesprechung aufgestanden und haben den Besprechungsraum trotz mehrfacher Aufforderung durch ihren Vorgesetzten zu bleiben, verlassen. Sie wurden darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an Arbeitsbesprechungen verpflichtend ist.

Benötigen Sie eine Beratung in einer ähnlichen Angelegenheit? Vereinbaren Sie einen Termin: 02732 791079 oder fordern Sie unsere Ersteinschätzung online an.

Am 26.06.2019 stellte sich im Rahmen des wöchentlich stattfindenden Arbeitsgesprächs zur Feststellung des aktuellen Stands der Arbeiten heraus, dass das Dokument wiederum nicht fertiggestellt ist. Auch auf die erneute Nachfrage, wie es zu der Verzögerung kommt, warfen Sie den Vorwurf des Mikromanagements und Mobbings in den Raum und wiesen darauf hin, dass Sie selbst entscheiden, was Sie in welchem Umfang wann erledigen.

Anfang Juli 2019 forderten Sie darüber hinaus die Zuweisung eines eigenen, schwierigen Projekts, an dem sie eigenständig arbeiten könnten. Sie weigerten sich, nach den vorgegebenen Weisungen zu arbeiten.

Am 27.08.2019 sicherten Sie die Fertigstellung des Dokuments sowie die Erstellung eines Wochenberichts bis spätestens 30.08.2019 zu. Diese Dokumente wurden gleichwohl unentschuldigt nicht von Ihnen vorgelegt.

Am 02.09.2019 weigerten sie sich mit der Behauptung, Ihr direkter Vorgesetzter hätte sie angeblich beleidigt, an der Arbeitsbesprechung teilzunehmen. Wie Ihnen bekannt war und ist, ist die Teilnahme an Arbeitsbesprechung erforderlich, um die Prioritäten und die Aufgabenverteilung im Team besprechen zu können.

Es ist festzustellen, dass Sie seit Wochen kontinuierlich die Erledigung Ihnen zugewiesener Tätigkeiten mit unbewiesenen Behauptungen verweigern und durch diese Behauptungen auch noch Ihren Vorgesetzten in Misskredit bringen. Bis zum heutigen Tag haben Sie nicht dargelegt und bewiesen, wann wer Ihnen gegenüber durch welches Verhalten angeblich Mobbing betrieben oder Sie beleidigt haben soll. Ein solches Verhalten ist für uns nicht akzeptabel.

Wir betrachten Ihr Verhalten als arbeitsvertragliche Pflichtverletzung.

Wir fordern Sie auf, sich künftig vertragsgemäß zu verhalten und Ihren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nachzukommen. Sollten sich diese oder eine ähnliche Pflichtverletzung wiederholen, behalten wir uns die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, unter Umständen sogar die außerordentliche Kündigung desselben, vor.

Einen Durchschlag dieses Schreibens werden wir zu Ihrer Personalakte nehmen. Sie haben das Recht, vor Aufnahme des Vorgangs in die Personalakte zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Wir erwarten Ihre Äußerung innerhalb von sieben Tagen ab Zugang dieses Schreibens. Sofern Sie sich zu der Abmahnung schriftlich äußern, wird diese Äußerung ebenfalls zur Personalakte genommen.

…“

Die Verwaltungsleiterin des Teilinstituts forderte den Kläger in einem Gespräch am 30.09.2019 auf, die Mobbingvorwürfe zu konkretisieren. Mit der E-Mail vom 09.10.2019 erinnerte sie den Kläger nochmals daran, um eine Prüfung der Mobbingvorwürfe zu ermöglichen. Da der Kläger sich hierzu nicht äußerte, teilte die Verwaltungsleiterin ihm per Hausmitteilung vom 19.11.2019 mit, das Verfahren wegen der Mobbingvorwürfe nunmehr zu beenden.

Im Oktober 2019 übertrug der Beklagte dem Kläger die Aufgabe, den Temperaturkoeffizienten der Keramikspule der Langmuir-Sonden zu bestimmen. Am 14.11.2019 stellte der Kläger eine Excel-Datei mit Messdaten hierzu in dem Dokumentensystem des Beklagten ein (1-QRP02-T0027.0). Am 29.11.2019 unterrichtete der Kläger per Mail seine Vorgesetzten und Kollegen kurz über seine Messergebnisse zum Temperaturkoeffizienten. Weitere Messungen nahm der Kläger am 10./11.12.2019 vor. Am 19.02.2020 stellte er im Dokumentensystem eine Word-Datei mit einem noch nicht abschließenden Bericht (1-QRP02-T0029.0), Status “In Arbeit“, und am 20.02.2020 eine überarbeitete Version der Messdaten (1-QRP02-T0027.1) ein.

Mit Schreiben vom 30.06.2020 erteilte der Beklagte dem Kläger eine weitere Abmahnung mit dem folgenden Inhalt:

„…

Seit Oktober 2019 ist Ihnen durch Ihre Vorgesetzten die Aufgabe übertragen worden, die Keramikspulen der Langmuir-Diagnostik zu untersuchen. Der Messaufbau wurde in vier Arbeitsbesprechung jeweils zu Beginn Ihrer Präsenzwoche immer wieder besprochen (1.10.2019, 15.10.2019, 28.10.2019 und am 14.11.2019). Dieses deckt einen Zeitraum von mehr als 6 Wochen ab, in dem nichts Substanzielles bezüglich dieser Aufgabe passiert ist. Auch unter Berücksichtigung Ihrer Teilzeitbeschäftigung von 50% ist nicht zu erklären, warum hierzu kein Fortschritt erfolgte.

Am 16.12.2019 berichteten Sie, dass Sie nunmehr die Messungen begonnen hätten und weiter fortsetzen.

Am 6.1.2020 berichteten Sie, dass die Messungen abgeschlossen seien und in dieser Woche (KW2) der Bericht dazu erstellt wird.

Am 20.1.2020 wurde festgestellt, dass das Erstellen des Berichtes nicht abgeschlossen wurde. Sie versicherten daraufhin, dass Sie den Bericht noch am 20.1.2020 fertigstellen werden. Am 3.2.2020 wurde festgelegt, dass der Bericht am Mittwoch dieser Woche zur Korrektur an D. H. und D. R. geschickt werden soll.

Am 17.2.2020 wurde wiederum festgestellt, dass der Bericht nicht erstellt wurde. Es wurde wieder festgelegt, dass eine Korrekturversion bis Mittwoch der Woche zur Verfügung gestellt wird. Am Donnerstag war kein Bericht abgegeben und auch der angesprochene kurze Wochenbericht, den Sie zum Abschluss der Woche erstellen sollten, wurde nicht angefertigt und übergeben.

Ein solches Leistungsverhalten ist bereits in der Vergangenheit öfter angemahnt und auch abgemahnt worden. Nach Abschluss der Messungen haben Sie mehrmals versichert, den Bericht innerhalb einer bestimmten Frist fertigzustellen und sind dem nicht nachgekommen. Es handelt sich dabei um eine Arbeit, die einen zeitlichen Aufwand von nicht mehr als einer Woche erfordert.

Offensichtlich sind Sie nicht willens, eine Ihnen gestellte Aufgabe zu erfüllen.

Statt die Ihnen übertragenen Aufgaben zu erledigen, besuchen Sie Vorträge, beantworten allgemeine E-Mails, lesen Zeitschriften aus der Bibliothek und suchen die Unterhaltung mit anderen Kollegen. Gleichzeitig behaupten Sie, Ihnen würde noch Zeit fehlen, um die Aufgabe abzuschließen.

Dadurch, dass Sie die Ihnen übertragenen Aufgaben nicht abgeschlossen haben, ist eine Folgeuntersuchung an anderen, neuen Keramikspulen der Langmuir-Diagnostik immer wieder aufgeschoben worden, so dass diese Aufgabe schließlich einem Kollegen übertragen werden musste, um den Zeitplan einzuhalten.

Es ist festzustellen, dass Sie erneut wochenlang die Erledigung Ihnen zugewiesener Tätigkeiten verweigern.

Wir betrachten Ihr Verhalten als arbeitsvertragliche Pflichtverletzung.

Wir fordern Sie auf, sich künftig vertragsgemäß zu verhalten und den Ihnen obliegenden arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß nachzukommen.

Sollte sich diese oder eine ähnliche Pflichtverletzung wiederholen, müssen Sie mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen, möglicherweise auch mit einer Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses, unter Umständen sogar mit einer außerordentlichen Kündigung desselben, rechnen.

Einen Durchschlag dieses Schreibens …“

Mit E-Mail vom 06.07.2020 beantragte der Kläger seine Rückversetzung in die Abteilung Physik (R. K.). Er verwies darauf, jegliches Vertrauen zu seinen Vorgesetzten Dr. R. und Dr. H. verloren zu haben, und forderte ein Mitarbeitergespräch mit dem Bereichsleiter Prof. Dr. P. unter Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds als Vertrauensperson.

Mit dem Schreiben vom 25.08.2020, dem Kläger zugegangen am 31.08.2020, erteilte der Beklagte ihm nochmals eine Abmahnung. Dort heißt es:

„…

Mit E-Mail vom 17. August 2020, 19:01 Uhr, gerichtet an Ihren Bereichsleiter und in Kopie an zwei Betriebsratsmitglieder, Ihren direkten Vorgesetzten, das Sekretariat des Bereichs und noch einen Kollegen, erklären Sie, dass Sie nicht mehr an dem ͈Wochenmeeting”, bei dem es sich um ein Meeting zur Besprechung zum Stand der aktuellen Arbeitsaufgaben handelt, teilnehmen werden. Sie stellen Ihre Teilnahme an diesen Gesprächen unter den Vorbehalt, dass daran sowohl der Bereichsleiter Herr Professor P. als auch eine Vertrauensperson Ihrer Wahl teilnehmen müssen. Zudem fordern Sie, dass Ihnen vorab eine Mitteilung der zu besprechenden Punkte zugehen und implizieren, dass es sich dabei um „plasmaphysikalische Forschungsaufgaben” handeln müsse.

In Ihrer E-Mail wiederholen Sie außerdem Ihre Vorwürfe zum Mobbing (Benachteiligung, Mikromanagement etc.), die bereits Gegenstand mehrerer Gespräche und Schreiben war. Schlussendlich haben wir Ihnen hierzu bereits Ende 2019 mitgeteilt, dass diese Vorwürfe unsererseits als gegenstandslos / erledigt betrachtet werden, da Sie trotz mehrfacher Aufforderung hierzu, Ihre Mobbingvorwürfe nicht konkretisiert haben. Damit war es dem Arbeitgeber nicht möglich, den Vorwürfen nachzugehen, zu prüfen und ggf. abzuhelfen. Wir haben Sie in diesem Schreiben auch darauf aufmerksam gemacht, dass – sollten Sie diese Vorwürfe trotzdem weiterhin erheben – Sie Ihre Vorgesetzten in Misskredit bringen.

Bereits mit der ersten Abmahnung im September 2019 haben wir Sie unmissverständlich darauf hingewiesen, dass Sie verpflichtet sind, an Arbeitsmeetings teilzunehmen. Sie haben auch kein Recht „Vertrauenspersonen” zu den Meetings hinzuzuziehen, da es sich um arbeitsorganisatorische Gespräche handelt, die zu den normalen Aufgaben von Vorgesetzten und Mitarbeitern gehören.

Gleichwohl weigerten Sie sich am 17. August 2020 und 18. August 2020 wiederum, an Arbeitsmeetings teilzunehmen. Auch an weiteren, für diese Tage angesetzten Meetings nahmen Sie nach Mitteilung von Herrn R. nicht teil. Wir müssen daher feststellen, dass Sie sich erneut pflichtwidrig verhalten.

Es handelt sich um eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, die wir hiermit ausdrücklich abmahnen. Sollten Sie erneut ihre Teilnahme an einem solchen Treffen verweigern, müssen Sie mit einer Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen.

…“

Die Verwaltungsleiterin des Teilinstituts schrieb unter dem 15.09.2020 wie folgt an den Kläger:

„…

Der Stand ist folglich so, dass es keine verifizierten Mobbingvorwürfe gibt. Die Durchführung von Arbeitsbesprechungen stellt auch kein Mobbing dar. Sie sind verpflichtet, an Arbeitsberatungen/-besprechungen nach Aufforderung durch Ihre Vorgesetzten teilzunehmen und selbstverständlich auch die Ihnen übertragenen Aufgaben zu bearbeiten. Alles andere stellt eine Arbeitsverweigerung und somit Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Auch wenn Sie persönlich der Meinung sind, dass Ihnen andere Aufgaben übertragen werden sollten, sind Sie verpflichtet, die Ihnen übertragenen Aufgaben zu erledigen. Auch die Mitteilung an Ihre Vorgesetzten zum Stand der Abarbeitung, zum Beispiel durch einen kurzen wöchentlichen Statusbericht, stellt kein Mobbing dar, sondern gehört zu Ihren Pflichten im Rahmen Ihrer Tätigkeit.

Gerade angesichts des von Ihnen angestoßenen Schlichtungsverfahrens erscheint diese Verweigerungshaltung Ihrerseits als kontraproduktiv. Für eine weitere Tätigkeit im Institut und Erfolg der Schlichtung ist es unabdingbar, dass Sie Ihre Pflichten erfüllen, sonst fehlt die Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit.

Wir werden diesbezügliche Vorkommnisse dokumentieren, deswegen auch dieses erneute Schreiben, da wir im Moment befürchten müssen, dass es trotz des Schlichtungsverfahrens zu weiteren (gerichtlichen) Auseinandersetzungen kommen könnte.

…“

Am 17.09.2020 fand ein rund zweistündiges Mitarbeitergespräch zwischen dem Kläger und einer Vertrauensperson aus dem Betriebsrat sowie dem unmittelbaren Vorgesetzten, Dr. R., und dem Bereichsleiter, Prof. Dr. P., statt.

In dem vom Kläger eingeleiteten Schlichtungsverfahren schlug der Schlichter am 23.09.2020 eine Änderung der Führungsstruktur vor und empfahl, Herrn Dr. H. von den Führungsaufgaben gegenüber dem Kläger zu entlasten. Dem Vorschlag zufolge sollte nach Möglichkeit auch das Unterstellungsverhältnis zu Herrn Dr. R. aufgehoben und der Kläger einem anderen Vorgesetzten zugeordnet werden. Der Schlichtungsvorschlag wurde im Hinblick auf das Unterstellungsverhältnis zu Herrn Dr. H. umgehend, d. h. noch im Oktober 2020, umgesetzt.

Die wöchentliche Arbeitsbesprechung des Teams E4-EM/ET, die dienstags ab 09:00 Uhr stattfindet, war am Dienstag, 08.06.2021, als Videokonferenz über Zoom anberaumt. Geleitet wurde sie von Herrn Dr. R., der am Vortag per E-Mail an diesen Termin erinnert hatte. Der Kläger nahm am diesem Meeting nicht teil.

Am 21.06.2021 führte der Bereichsleiter, Prof. Dr. P., mit dem Kläger in Form einer Videokonferenz unter Hinzuziehung des direkten Vorgesetzten, Dr. R., sowie eines Betriebsratsmitglieds ein Gespräch über sein Verhalten in der 23. Kalenderwoche. Gegenstand des Gesprächs waren unter anderem die Nichtteilnahme an der Arbeitsberatung vom 08.06.2021, das fehlende Arbeitsergebnis zur Bestimmung des Temperaturkoeffizienten sowie die vom Kläger erhobenen Mobbingvorwürfe. Das Protokoll zu diesem Gespräch wurde von dem Bereichsleiter, dem direkten Vorgesetzten des Klägers sowie dem beteiligten Betriebsratsmitglied unterzeichnet; der Kläger lehnte eine Unterzeichnung ab.

Am 22.06.2021 fügte der Kläger in den weiterhin „in Arbeit“ befindlichen Bericht 1-QRP02-T0029.0 unter der Überschrift „Resultate / Zusammenfassung“ eine Kopie seiner E-Mail vom 29.11.2019 mit Messergebnissen zum Temperaturkoeffizienten ein. In dieser E-Mail heißt es unter anderem:

„…

Dieses Ergebnis paßt zu den bisherigen Messungen/Berechnungen von G.+P. für Spule 1 und auch für alle anderen bisher vermessenen Spulen (P. hat alle Daten/Excel-Tabellen). Also alle bisherigen Spulen haben das gleiche alpha_20.

… “

Mit Schreiben vom 07.07.2021 unterrichtete der Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung des Klägers. Er teilte dem Betriebsrat die Personaldaten des Klägers (Geburtsdatum, Familienstand, Unterhaltspflichten, Beschäftigungsbeginn und -dauer, Tätigkeit, Vergütung) sowie die Kündigungsfrist mit. Der Beklagte beschrieb die Entwicklung des Arbeitsverhältnisses und fügte die erteilten Abmahnungen bei. Zur Begründung der verhaltensbedingten Kündigung verwies er auf die wiederholten Arbeitsverweigerungen des Klägers, insbesondere das unentschuldigte Fehlen in der Arbeitsbesprechung am 08.06.2021 und den nach wie vor nicht vorliegenden Bericht zur Bestimmung des Temperaturkoeffizienten der Keramikspulen. Darüber hinaus bezog sich der Beklagte auf die pauschal erhobenen, aber nicht belegten Mobbingvorwürfe. Der Betriebsrat äußerte in seiner Stellungnahme vom 13.07.2021 Bedenken gegen die Kündigung und regte an, den Kläger wieder als Physiker in der Gruppe von Herrn K. einzusetzen, ggf. unter Festlegung von Bewährungsbedingungen/Zielvereinbarungen, um den fachlichen Zweifeln der Bereichsführung Rechnung zu tragen.

Mit Schreiben vom 15.07.2021, dem Kläger zugegangen am 19.07.2021, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.03.2022, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Der Kläger ist geschieden und drei Kindern unterhaltspflichtig. Das monatliche Entgelt betrug zuletzt € 3.046,20 brutto.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die ordentliche Kündigung unwirksam sei, da es an einem Kündigungsgrund fehle. Er habe seit dem 01.10.2018 keine physikalische Ziel- und Aufgabenstellung mehr und werde nicht mehr seiner Qualifikation als Plasmaphysiker entsprechend eingesetzt. Die Versetzung sei ohne seine Zustimmung erfolgt und habe zu einer Benachteiligung und Ausgrenzung geführt. Die von ihm vorgeschlagenen einfacheren, fest eingebauten Langmuir-Sonden seien nicht gebaut worden, obwohl Platz und Anschlusskabel durch den Wegfall mehrerer beweglicher Sonden freigeworden seien. Er sei nicht mehr dem Langmuir-Sonden-Team zugeordnet.

Die Arbeitsbesprechung am 14.03.2019 habe er verlassen, da er durch seinen Vorgesetzten angeschrien worden sei. Die Teilnahme an der Arbeitsberatung am 02.09.2019 habe er verweigert, da er zuvor durch seinen Vorgesetzten beleidigt worden sei. An der Arbeitsbesprechung vom 08.06.2021 habe er nicht teilgenommen, da er die Kontaktaufnahme via Zoom nicht registriert habe. Der Bildschirm schalte sich nach einer gewissen Betriebszeit ab. Er sei zu diesem Zeitpunkt mit der Beantwortung von E-Mails beschäftigt gewesen, um einen Termin für ein Mitarbeitergespräch abzustimmen.

Die Kündigung sei eine unzulässige Maßregelung des Klägers, nachdem dieser die Entfristungsklage gewonnen habe. Bestätigt werde das durch die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem Container nach seiner Rückkehr im Jahr 2018. Zudem habe der Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört und den satzungsgemäß zu beteiligenden Wissenschaftlerrat nicht einbezogen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 15.07.2021 nicht beendet wird, und

2. im Falle des Obsiegens mit dem vorstehenden Antrag, den Beklagten zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Diplom-Physiker weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Abmahnungen seien berechtigt. Der Kläger sei in den Arbeitsberatungen am 14.03.2019 und 02.09.2019 nicht angeschrien oder beleidigt worden. Die Behauptungen des Klägers seien völlig unsubstanziiert. Die ordentliche Kündigung sei gerechtfertigt. Bei der Arbeitsbesprechung am 08.06.2021 habe es sich um einen feststehenden, wöchentlichen Termin gehandelt, zu dem sich der Kläger um 09:00 Uhr bei Zoom hätte anmelden müssen. Sein Vorgesetzter, Herr Dr. R., habe den Kläger um 09:00 Uhr weder auf seiner Büro-Telefonnummer noch auf seiner Handynummer erreichen können, um ihn nochmals an das Meeting zu erinnern. Um 10:55 Uhr habe Herr Dr. R. dem Kläger sodann eine E-Mail geschrieben mit der Bitte sich zu melden, um die Arbeitswoche zu besprechen. Der Kläger habe auch darauf nicht reagiert. Die bei einer Kündigung vorzunehmende Interessenabwägung müsse zulasten des Klägers ausgehen. Der Kläger werde ohne weiteres einen neuen Arbeitsplatz finden, vermutlich sogar näher zu seinem Wohnort gelegen. Die Kündigung stelle keine Maßregelung dar. Die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem der Container habe ihren Grund in der Pandemie gehabt. Im Übrigen habe der Kläger nur jede 2. Woche gearbeitet und umfangreich die Möglichkeiten zum Homeoffice genutzt. Die Beteiligung des Wissenschaftlerrats bei wichtigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der wissenschaftlichen Mitarbeiter sei gemäß Institutssatzung nur eine Soll-Vorschrift, die nicht zur Unwirksamkeit der Maßnahme führe. Ohnehin greife die Regelung nur dann, wenn der Betriebsrat nicht zuständig sei. Den Betriebsrat habe der Beklagte ordnungsgemäß angehört.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Kündigung sei unwirksam. Der Kläger habe zwar am 08.06.2021 seine Pflichten verletzt, da er unentschuldigt an dem Team-Meeting nicht teilgenommen habe. Es sei aber nicht auszuschließen, dass er aufgrund der Arbeit mit zwei Monitoren das Meeting auf dem anderen Monitor nicht bemerkt habe. Soweit der Beklagte dem Kläger vorwerfe, den Bericht zur Bestimmung des Temperaturkoeffizienten nicht fertiggestellt zu haben, hätte der Beklagte diese Pflichtverletzung zunächst abmahnen müssen. Die Abmahnung vom 30.06.2020 beziehe sich nur auf den damaligen Sachstand.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Das Arbeitsgericht habe die Pflichtverletzungen des Klägers falsch bewertet. Der Kläger habe am 08.06.2021 trotz vorangegangener einschlägiger Abmahnungen erneut unentschuldigt nicht an der Teamsitzung teilgenommen. Es handele sich um eine wöchentliche Teamsitzung, die regelmäßig zur selben Zeit stattfinde. Zudem habe der Vorgesetzte des Klägers ihn am Vortag noch daran erinnert. Im Übrigen habe der Kläger in dem Personalgespräch am 21.06.2021 erklärt, sich mangels Übertragung neuer Arbeitsaufgaben gegen eine Teilnahme an der Wochenarbeitsbesprechung entschieden zu haben. Das eigenmächtige Fernbleiben rechtfertige angesichts der vorausgegangenen Abmahnungen die ordentliche Kündigung. Darüber hinaus habe sich der Kläger weiterhin geweigert, den Bericht zur Bestimmung des Temperaturkoeffizienten bei Langmuir-Sonden fertigzustellen. Eine nochmalige Abmahnung sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht erforderlich gewesen, zumal der Kläger aufgrund seiner langjährigen wissenschaftlichen Tätigkeit durchaus wisse, wie ein Bericht zu fertigen sei. Das Dokument 1-QRP02-D0020.0 zur Temperaturmessung der pop-up Sonden Antriebsspulen beispielsweise genüge den formellen Anforderungen. Es sei weiterhin erforderlich, die Messergebnisse des Klägers ordnungsgemäß zu dokumentieren, um sie für zukünftige Projekte nutzen zu können. Ob die von ihm angeforderten Berichte erforderlich seien oder nicht, sei nicht vom Kläger zu entscheiden.

Eine weitere, den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit mit dem Kläger sei nicht mehr möglich. Der Kläger habe nicht das Recht, nur diejenigen Arbeiten auszuführen, die er für interessant, richtig und wichtig halte. Auf dieser Grundlage lasse sich ein Forschungsvorhaben mit rund 400 Beschäftigten nicht betreiben. Der Beklagte arbeite mit öffentlichen Mitteln, die er möglichst effizient einsetzen müsse. Zudem habe der Kläger seine Vorgesetzten wiederholt des Mobbings beschuldigt, ohne konkrete Umstände zu benennen.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 19.01.2022 – 3 Ca 209/21 – abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, deren Höhe jedoch aufgrund der zuwendungsrechtlichen Vorgaben, an welche der Beklagte gebunden ist, sieben Monatsgehälter (€ 21.000,00) nicht übersteigen darf.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten sowie den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Bericht zur Bestimmung des Temperaturkoeffizienten sei aus seiner Sicht nicht unvollständig. Diesbezüglich fehle es an einer Abmahnung, aus der sich ergebe, was der Beklagte konkret bemängele. Abgesehen davon spiele der angeforderte Bericht für die weitere Arbeit keine Rolle mehr, da sich der Beklagte für ein anderes Design der Spulen entschieden habe. Im Übrigen habe der Physiker Dr. E. die Aufgabe, deren Erledigung der Kläger angeblich beharrlich verweigere, ausgeführt und am 11.08.2020 den Bericht „Measurement of the temperature dependence of the ohmic resistance of the drive coils for the W7-X pop-up Langmuir probes“ (1-QRP02-T0032.0), basierend auf Messungen vom 25.-27.03.2020, im Dokumentensystem eingestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 15.07.2021 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.03.2022 beendet. Der Auflösungsantrag des Beklagten fällt demnach nicht zur Entscheidung an.

1.

Eine ordentliche Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit nicht sozial ungerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar ist (BAG, Urteil vom 16. Dezember 2021 – 2 AZR 356/21 – Rn. 12, juris = NZA 2022, 407; BAG, Urteil vom 5. Dezember 2019 – 2 AZR 240/19 – Rn. 75, juris = NZA 2020, 647).

Eine Kündigung scheidet dagegen aus, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers – wie etwa eine Abmahnung – geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 16. Dezember 2021 – 2 AZR 356/21 – Rn. 12, juris = NZA 2022, 407; BAG, Urteil vom 30. Juli 2020 – 2 AZR 43/20 – Rn. 44, juris = NZA 2020, 1427).

Die Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist anhand der zum Zeitpunkt des Zugangs gegebenen objektiven Verhältnisse zu beurteilen (BAG, Urteil vom 17. Februar 2016 – 2 AZR 613/14 – Rn. 26, juris = ZTR 2016, 418; BAG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 2 AZR 644/13 – Rn. 21, juris = NJW 2015, 1403). Ausschlaggebend ist, wie sich die Situation in dem betroffenen Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bei objektiver Betrachtung darstellt.

a) Der Kläger hat seine arbeitsvertragliche Pflicht zur Arbeitsleistung mehrfach schuldhaft verletzt.

Der Arbeitgeber kann nach § 106 Satz 1 GewO Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Das gilt auch in einer Forschungseinrichtung. Die Vorgaben des Arbeitgebers können je nach Ausrichtung der Forschungsvorhaben enger oder weiter gefasst sein.

Im Rahmen dieses Direktionsrechts durfte der Beklagte sowohl die Teilnahme des Klägers an Arbeitsbesprechungen als auch die Erstellung eines Berichts zur Bestimmung des Temperaturkoeffizienten der Keramikspulen anweisen.

Der Kläger hat sich entgegen dieser Weisung am 08.06.2021 zu der ab 09:00 Uhr stattfinden Arbeitsbesprechung nicht zugeschaltet. Da es sich um ein regelmäßig dienstags zur selben Zeit stattfindendes Meeting handelt und sein Vorgesetzter ihn zudem am Vortag daran erinnert hatte, kannte der Kläger diesen Termin. Es war an ihm, sich zuzuschalten, und zwar unabhängig davon, ob sein Computer oder die Bildschirme zu diesem Zeitpunkt ein- oder ausgeschaltet waren. Der Kläger ist verpflichtet, rechtzeitig zu den angesetzten Arbeitsberatungen zu erscheinen. Ob diese als Videokonferenz oder in Form einer Präsenzsitzung stattfinden, ist unerheblich. Der Kläger hat dafür Sorge zu tragen, dass er derartige Termine nicht verpasst. Ob er die Arbeitsberatung am 08.06.2021 bewusst und gewollt versäumt hat, um anderen Tätigkeiten nachzugehen, kann dahinstehen. Jedenfalls hat er, wenn er durch andere Arbeiten abgelenkt gewesen sein sollte, nichts unternommen, um eine Teilnahme an der Arbeitsberatung sicherzustellen. Damit hat er die im Arbeitsverhältnis gebotene Sorgfalt in grober Weise außer Acht gelassen.

Des Weiteren hat der Kläger weisungswidrig keinen abschließenden Bericht zur Bestimmung des Temperaturkoeffizienten der Keramikspulen erstellt. Sein Bericht, insbesondere das Resultat, entspricht nicht dem wissenschaftlichen Standard. Es genügte nicht, im Nachgang zu dem Gespräch mit dem Bereichsleiter am 21.06.2021 eine Kopie der E-Mail vom 29.11.2019 einzufügen. Zum einen berücksichtigt diese E-Mail nicht sämtliche Messungen. Zum anderen fehlt es an ordnungsgemäßen Bezugnahmen auf Messungen bzw. Berechnungen anderer Mitarbeiter. Dementsprechend hat der Kläger den Bericht auch nicht an seinen Vorgesetzten zur Prüfung weitergeleitet und die Fertigstellung im Dokumentensystem gekennzeichnet. Der Bericht hatte auch bei Zugang der Kündigung noch den Status „In Arbeit“. Ob und ggf. wofür und von wem der vollständige Bericht des Klägers noch benötigt wird, ist nicht von ihm zu entscheiden, sondern von dem Beklagten. Das gilt unabhängig davon, für welches Sonden-Design sich der Beklagte letztlich entschieden hat und in welchem Umfang der Bericht des Physikers Dr. E. diese Fragestellung erfasst. Sinn und Zweck des Dokumentensystems ist es, wissenschaftliche Ausarbeitungen und Ergebnisse dauerhaft nutzbar zu machen. Dazu ist es notwendig, Berichte ordnungsgemäß abzuschließen.

Der Beklagte hat die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Grenzen seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts nicht überschritten. Das Weisungsrecht gestattete es ihm, sowohl die Teilnahme an Arbeitsbesprechungen anzuordnen als auch die Erstellung eines Berichts zur Bestimmung von Temperaturkoeffizienten. Die im Arbeitsvertrag der Parteien festgelegte Tätigkeit ist nicht diejenige eines Plasmaphysikers, sondern eine Tätigkeit der Entgeltgruppe 14 TVöD (Bund). Dazu können in einem zeitlich untergeordneten Umfang auch geringerwertige Arbeiten gehören.

b) Eine störungsfreie Vertragserfüllung ist zukünftig nicht mehr zu erwarten.

Der Kläger hat trotz eindeutiger Hinweise auf die Gefährdung seines Arbeitsverhältnisses in den einschlägigen Abmahnungen weiterhin seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt. Die Weigerung des Klägers, an Arbeitsberatungen teilzunehmen, ist Gegenstand der Abmahnungen vom 19.09.2019 sowie vom 25.08.2020. Diese Abmahnungen beziehen sich auf insgesamt vier Arbeitsbesprechungen, an denen der Kläger nicht oder nicht in Gänze teilgenommen hat. Der Kläger war nicht berechtigt, den Besprechungen fernzubleiben bzw. diese von sich aus abzubrechen. Ein Leistungsverweigerungsrecht bestand nicht. Die Einwände des Klägers gegen die Abmahnung vom 19.09.2019 beschränken sich auf pauschale, in keiner Weise durch Tatsachen belegte Behauptungen. Ein Entschuldigungsgrund lässt sich daraus nicht herleiten. Unabhängig davon würde aber auch die ebenfalls erfolglose Abmahnung vom 25.08.2020 genügen, um weitere Pflichtverletzungen bei der Teilnahme an Arbeitsberatungen zu prognostizieren, solange der Kläger nicht die von ihm gewünschten Aufgaben in der von ihm gewünschten Organisationseinheit erhält. Das gilt in gleicher Weise für die von ihm übertragenen Messungen und Berichte. Die Abmahnung vom 30.06.2020 hat den Kläger nicht veranlasst, seinen Bericht zur Untersuchung des Temperaturkoeffizienten einer Antriebsspule abzuschließen. Nicht einmal nach dem Gespräch mit dem Bereichsleiter, Prof. Dr. P., am 21.06.2021 hat er einen Abschlussbericht verfasst, sondern lediglich am nächsten Tag eine etwa eineinhalb Jahre alte, fachgebietsinterne E-Mail hineinkopiert.

Weitere Abmahnungen musste der Beklagte nicht aussprechen, um den Kläger noch zu bewegen, seine Verweigerungshaltung aufzugeben. Nachdem bereits drei Abmahnungen nicht zu einem vertragsgerechten Verhalten geführt hatten, war nicht zu erwarten, dass weitere Abmahnungen mit eben den gleichen Hinweisen auf die Gefährdung des Arbeitsverhältnisses erfolgreich gewesen wären. Der Beklagte hatte die ihm zur Verfügung stehenden milderen Mittel ausgeschöpft.

c) Dem Beklagten ist eine Weiterbeschäftigung des Klägers über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar.

Das Interesse des Klägers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist geringer zu bewerten als das Interesse des Beklagten an einer fristgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger hat angesichts seiner bisherigen Beschäftigungszeit von insgesamt – mit Unterbrechungen – rund 15 Jahren sowie seiner Unterhaltspflichten durchaus ein erhebliches Interesse an dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten. Das Arbeitsverhältnis stellt eine wesentliche Existenzgrundlage dar. Angesichts seiner Qualifikation ist der Kläger jedoch in der Lage, seinen Lebensunterhalt und die Erfüllung seiner Unterhaltspflichten anderweitig sicherzustellen. Der Beklagte ist im Interesse der erfolgreichen Durchführung des Forschungsvorhabens darauf angewiesen, dass alle Mitarbeiter ihren Aufgaben nach Kräften nachkommen. Dazu gehört es auch, Entscheidungen von Vorgesetzten zur technischen Ausstattung, den benötigten Zuarbeiten, den angewandten Verfahren etc. zu akzeptieren und umzusetzen. Derartige Entscheidungen sind zwingend notwendig, um unter Berücksichtigung der vorhandenen finanziellen Mittel und des Zeitrahmens Ergebnisse erzielen zu können. Dem Kläger ist es ebenso wenig wie anderen Arbeitnehmern verwehrt, übertragene Aufgaben zu hinterfragen und mit Vorgesetzten zu erörtern. Das ändert aber nichts am Weisungsrecht des Arbeitgebers. Für die Funktionsfähigkeit einer betrieblichen Hierarchie ist es unerlässlich, dass die zugewiesenen Aufgaben ordnungsgemäß ausgeführt werden. Der betriebliche Erfolg ist gefährdet, wenn jeder Arbeitnehmer im Rahmen der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit nur die von ihm als sinnvoll erachteten Aufgaben erledigt.

2.

Die Kündigung des Klägers verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Die Kündigung des Klägers vom 15.07.2021 beruht nicht darauf, dass der Kläger seine Rechte ausübt oder ausgeübt hat, insbesondere gerichtlich gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses vorgegangen ist oder ein Schlichtungsverfahren eingeleitet hat. Grund der Kündigung ist nicht die Wahrnehmung von Rechten des Klägers, sondern die Nichtwahrnehmung seiner Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis.

3.

Die Kündigung vom 15.07.2021 ist nicht wegen unterbliebener oder nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam.

Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers im Rahmen von § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG reicht nicht so weit wie seine Darlegungslast im Prozess. Der notwendige Inhalt der Unterrichtung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG richtet sich vielmehr nach Sinn und Zweck des Beteiligungsrechts. Dieser besteht darin, den Betriebsrat durch die Unterrichtung in die Lage zu versetzen, sachgerecht, d. h. ggf. zugunsten des Arbeitnehmers, auf den Arbeitgeber einwirken zu können. Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe beurteilen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können. Die Anhörung soll dem Betriebsrat nicht die selbständige – objektive – Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung ermöglichen (BAG, Urteil vom 7. Mai 2020 – 2 AZR 678/19 – Rn. 15, juris = ZTR 2020, 547).

Der Inhalt der Unterrichtung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist nach ihrem Sinn und Zweck grundsätzlich subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Dem kommt der Arbeitgeber dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat bewusst einen unrichtigen oder unvollständigen – und damit irreführenden – Kündigungssachverhalt schildert, der sich bei der Würdigung durch den Betriebsrat zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken kann (BAG, Urteil vom 5. Dezember 2019 – 2 AZR 240/19 – Rn. 43, juris = NZA 2020, 647; BAG, Urteil vom 16. Juli 2015 – 2 AZR 15/15 – Rn. 15 = NZA 2016, 99).

Die subjektive Determination des Inhalts der Anhörung führt nicht dazu, dass bei einer verhaltensbedingten Kündigung auf die Mitteilung persönlicher Umstände des Arbeitnehmers ganz verzichtet werden könnte, wenn sie für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers ohne Bedeutung waren. Bei den „Sozialdaten“ handelt es sich zwar um Umstände, die nicht das beanstandete Verhalten des Arbeitnehmers selbst betreffen. Nach Sinn und Zweck der Anhörung darf der Arbeitgeber dem Betriebsrat aber keine persönlichen Umstände des Arbeitnehmers vorenthalten, die sich bei objektiver Betrachtung entscheidend zu seinen Gunsten auswirken und deshalb schon für die Stellungnahme des Betriebsrats bedeutsam sein können. Eine nähere Begründung der den Kündigungsentschluss tragenden Abwägung ist wegen des Grundsatzes der subjektiven Determinierung regelmäßig nicht erforderlich. Die Anhörung zu der Absicht, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, impliziert eine Abwägung zu Lasten des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 2 AZR 736/13 – Rn. 15, juris = NZA 2015, 476).

Der Beklagte hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 07.07.2021 ordnungsgemäß angehört. Er hat dem Betriebsrat die Kündigungsfrist mitgeteilt sowie die Sozialdaten des Klägers (Geburtsdatum, Familienstand, Anzahl unterhaltspflichtiger Kinder, Tätigkeit, Eingruppierung, Beschäftigungsdauer). Die Abmahnungen waren dem Schreiben beigefügt. Die Kündigungsgründe sind ausführlich dargestellt. Der Betriebsrat war ohne weiteres in der Lage, anhand der Ausführungen des Arbeitgebers die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich eine Meinung hierzu zu bilden. Zudem war der Betriebsrat bereits im Vorfeld seit längerem mit den Auseinandersetzungen in diesem Arbeitsverhältnis befasst.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

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