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Verhandlungsabbruch – Culpa in Contrahendo – Haftung

OLG Düsseldorf – Az.: I-24 U 21/19 – Urteil vom 17.12.2019

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10. Oktober 2018 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Beklagte ist Miteigentümer des Grundstücks Flur .., B. in V.. Die Klägerin ist im Bereich der Bauwirtschaft tätig und bebaut und vermarktet eigene und fremde Grundstücke.

Auf dem Grundstück des Beklagten steht ein seit mehreren Jahren unbewohntes, baufälliges Gebäude. Grenzständig zum Nachbargrundstück der Zeugin K. befindet sich eine sanierungsbedürftige, von Feuchtigkeit betroffene Giebelwand. Hierüber stritt der Beklagte mit der Zeugin K. im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens vor dem LG Mönchengladbach (Az. 11 OH 3/10). Dort erstellte der Sachverständige B. ein Gutachten vom 4. Oktober 2010 (GA 7-13) und ein Ergänzungsgutachten vom 9. März 2011 (GA 15-17). Hierauf wird Bezug genommen.

Weiterhin befindet sich unter dem Grundstück eine unterirdisch verlaufende Wasserleitung, welche weder grundbuchrechtlich noch baulastenmäßig erfasst ist und von der der Beklagte Kenntnis hat.

Am 26. März 2014 schloss der Beklagte mit dem Zeugen T. einen Maklervertrag (GA 202). Über den Zeugen T. erfuhr die Klägerin von den Verkaufsabsichten des Beklagten.

Am 3. April 2014 schloss die Klägerin mit dem Zeugen Sch. einen Beratervertrag (Anl. K03, GA 20-22). Hierin verpflichtete sich die Klägerin, dem Zeugen Sch. EUR 15.000,– für die Beratung für das Bauvorhaben „V., Erstellung von Häusern, insbesondere für die Vertragsgestaltung und Vertragsanbahnung des Ankaufs vom Grundstück und der Objektvermarktung“ zu zahlen. Die Klägerin plante zunächst die Errichtung eines Gebäudes mit sechs Wohneinheiten und stellte das Projekt auf der Immobilienbörse in V. im Mai 2014, welche der Zeuge T. organisiert hatte, vor. Nachdem sie diese Planung im Hinblick auf den vom Beklagten genannten Kaufpreis von EUR 165.000,– für wirtschaftlich nicht sinnvoll erachtete, prüfte der Zeuge Sp. als für die Klägerin tätiger Architekt eine über das gesetzliche Maß hinausgehende Bebaubarkeit und führte in diesem Zusammenhang Gespräche mit der Stadt V.. Der Zeuge erstellte eine Planung zur Errichtung eines Fünffamilienhauses mit sechs PKW-Garagen, welche Grundlage eines am 9. Juli 2015 von der Klägerin gestellten Antrags auf Erlass eines Bauvorbescheids war. Diesen beschied die Stadt V. am 24. September 2015 positiv. Hierfür fielen Gebühren iHv EUR 968,– an.

Die Klägerin bot dem Beklagten an, das Grundstück zu einem Kaufpreis von EUR 130.000,– zu erwerben. Dies lehnte der Beklagte ab.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe zunächst beabsichtigt, das Grundstück des Beklagten zu dem von ihm avisierten Kaufpreis von EUR 165.000,– zu erwerben. Um eine optimale Nutzung zu erreichen, sei der Zeuge Sp. mit der Planung des Fünf-Familienhauses mit insgesamt sechs Garagen beauftragt worden. Hierfür habe dieser eine Vergütung von iHv EUR 35.333,21 berechnet. Über die Abläufe der Planung sei der Beklagte informiert gewesen. Dennoch habe er sie, die Klägerin, erst im September 2015 und damit nach Abschluss dieser Arbeiten darüber aufgeklärt, dass sich auf dem Grundstück eine nicht eingetragene, unterirdisch verlaufende Wasserleitung befände, zudem die auf der Grenze zum Nachbargrundstück befindliche Giebelwand schadhaft sei und darüber gerichtliche Nachbarschaftsstreitigkeiten geführt würden. Zur Umsetzung der vom Zeugen Sp. erstellten Planung sei eine Verlegung der Wasserleitung notwendig und eine vollständig neue Ertüchtigung der Giebelwand. Hierfür seien Kosten iHv EUR 35.000,– zu veranschlagen. Hätte sie im Vorfeld von diesen Kosten gewusst, hätte sie den Erwerb des Grundstücks nicht in Betracht gezogen, weil dies wirtschaftlich für sie nicht sinnvoll gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie EUR 39.801,21 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2016 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,  die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, er habe am 21. März 2014 mit dem Zeugen T. das Grundstück einschließlich des Gebäudes besichtigt. Bei dieser Gelegenheit habe er den Zeugen auf die Probleme mit der Giebelwand, den darüber geführten Rechtsstreit und die unterirdische Wasserleitung hingewiesen. Der Zeuge habe die freigelegte Giebelwand in Augenschein genommen und hiervon Fotos gefertigt. Er habe im Juni 2014 vom Zeugen T. erfahren, dass neben anderen der Zeuge Sch. am Grundstück gewesen sei, um sich unter anderem die Giebelwand anzuschauen. Er habe sich inzwischen mit der Zeugin K. vergleichsweise auf die Zahlung von EUR 2.000,– verständigt, damit diese ein Unternehmen mit der Durchführung einer Bohrlochinjektion beauftrage. Die Wasserleitung könne im Übrigen unproblematisch und mit einem Kostenaufwand von etwa EUR 1.980,– verlegt werden. Sie stehe deshalb einer wirtschaftlichen Bebauung nicht entgegen. Zudem sei die Klägerin fachkundig und hätte selbst ohne entsprechende Hinweise auf die Wasserleitung und die Giebelwand vor Erstellung einer Planung die Problematiken erkennen können.

Das Landgericht hat nach der Vernehmung von Zeugen mit seinem am 10. Oktober 2018 verkündeten Urteil der Klage in Höhe eines Betrages von EUR 36.301,21 stattgegeben und sie in Höhe von EUR 3.500,– (Vergütung des Zeugen Sch.) abgewiesen (GA 151-161). Das Urteil wurde dem Beklagten am 17. Oktober 2018 zugestellt (GA 164). Hiergegen richtet sich seine am 8. November 2018 beim Oberlandesgericht eingegangene Berufung (GA 166-167). Diese hat er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. Januar 2019 (GA 174) mit einem am 11. Januar 2019 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet (GA 176ff.).

Er wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens gegen die Annahme des Landgerichts, er habe eine zum Schadensersatz verpflichtende Aufklärungspflichtverletzung begangen. Ihn habe bereits keine dahingehende Pflicht hinsichtlich der Feuchtigkeitsschäden an der Giebelwand und der unterirdischen Wasserleitung getroffen. Das Gebäude stehe seit 1996 leer und befände sich in einem extrem baufälligen Zustand. Dies wäre für die Klägerin ohne weiteres erkennbar gewesen. Sie habe jede Möglichkeit erhalten, das Grundstück mitsamt dem Gebäude in Augenschein zu nehmen und etwaige Mängel zu erkennen. Ihre Planung habe die Klägerin auf eigene Gefahr betrieben. Hätte sie dieses Risiko nicht eingehen wollen, hätte sie zuvor endgültig das Zustandekommen des Vertrages abwarten müssen. Auch sei die Beweiswürdigung des Landgerichts fehlerhaft. Die Zeugin D. habe seine, des Beklagten, Angaben bestätigt, dass der Zeuge T. vor Abschluss des Maklervertrags über die Problematiken des Grundstücks betreffend die Giebelwand und die Wasserleitung informiert worden sei. Dem sei das Landgericht nicht gefolgt, sondern vielmehr der widersprüchlichen Aussage des Zeugen T., der bemüht gewesen sei, die Position der Klägerin zu stärken, mit der er auch schon seit längerem zusammenarbeite. Auch habe die Klägerin keine genauen Angaben dazu gemacht, wann die Vertragsverhandlungen zwischen ihr und ihm begonnen haben sollen. Ihm sei lange Zeit nicht klar gewesen, wer der Investor sei, von dem der Zeuge T. gesprochen habe. Der Zeitpunkt der konkreten Verkaufsverhandlungen sei von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Darüber hinaus bestreitet der Beklagte die Kausalität der Mängel an der Giebelwand und des Vorhandenseins der Wasserleitung für die Kaufentscheidung der Klägerin. Er habe auch nicht damit rechnen müssen, dass ein Kaufinteressent derart umfangreiche Investitionen vornimmt, bevor der Kaufvertrag geschlossen ist. Bis zum Abschluss eines notariellen Kaufvertrages sei er nicht gebunden gewesen und hätte sich auch ohne weiteres für einen anderen Interessenten entscheiden können. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, auf den von der Klägerin genannten niedrigeren Preis einzugehen. Diese habe lediglich den Kaufpreis drücken wollen und hiermit sei er nicht einverstanden gewesen. Die Abstandnahme der Klägerin von dem beabsichtigten Kaufvertrag beruhe lediglich darauf, dass sie sich verkalkuliert oder aus anderen Gründen kein Interesse mehr habe. Bedingt durch die fehlende zeitliche Abgrenzung der angeblichen Verletzung der Aufklärungspflicht sei auch nicht feststellbar und vom Landgericht auch nicht erörtert worden, welche Informationen zu dem Zeitpunkt der angeblichen Pflichtverletzung überhaupt schon getätigt worden seien. Vielmehr habe die Klägerin schon Architektenleistungen beauftragt, bevor es überhaupt einen Kontakt zu ihm gegeben habe. Der vorgelegten Architektenrechnung könne auch nicht entnommen werden, wann die Leistungen in Auftrag gegeben worden sein. Er habe bereits erstinstanzlich bestritten, dass die Klägerin das angebliche Architektenhonorar überhaupt bezahlt habe. Hierauf sei das Landgericht in dem angefochtenen Urteil überhaupt nicht eingegangen. Auch sei die Rechnung der Architekten nicht ordnungsgemäß, denn es fehlten Angaben zum Leistungszeitraum, der Umsatzsteueridentifikationsnummer und des Leistungserbringers. Zudem sei die Umsatzsteuer zugesprochen worden, obwohl die Klägerin als Kapitalgesellschaft grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigt sei.

Der Beklagte beantragt,  das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,  die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe zutreffend eine Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten angenommen. Die grenzständige Giebelwand zum Nachbargebäude hätte gerade nicht abgerissen werden sollen. Im Falle eines Ankaufs hätte sie „das volle Risiko der Problematik gekauft“. Die Aufklärungspflicht des Beklagten reduziere sich nicht deshalb, weil es sich bei ihr um einen professionellen Käufer und nicht um eine Privatperson handele. Aufklärungspflichten bestünden seit dem Moment des ersten Geschäftskontaktes, von dem an vollständig aufzuklären sei. Es sei schon deshalb nicht erforderlich, den exakten Zeitpunkt der Kaufvertragsverhandlungen anzugeben. Es sei auch nicht ungewöhnlich, dass bereits im Vorfeld eines Kaufvertragsabschlusses Bauvoranfragen gestellt würden und Kosten entstünden. Die vom Beklagten vorenthaltenen Informationen beeinträchtigten die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Grundstücks. Dem Beklagten sei auch bekannt gewesen, dass im Rahmen einer möglichen Verwertung eine Architektenvorprüfung erfolgt sei und hierzu Unterlagen für das Bauamt erstellt werden mussten. Es sei nicht sachfremd, dass hierdurch Kosten entstünden. Zur Zahlung des Architektenhonorars müsse sie nichts vortragen, denn der Beklagte habe bereits vorgerichtlich die Zahlung verweigert.

Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst den zur Akte gereichten Anlagen sowie die vom Landgericht beigezogene Bauakte der Stadtverwaltung V. Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und der Abweisung der Klage.

Ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz gegen den Beklagten aus §§ 280 Abs. 1 S. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB besteht nicht.

1.

Eine Verletzung der Aufklärungspflicht des Beklagten betreffend die Mängel an der Giebelwand und des Vorhandenseins einer unterirdischen Wasserleitung scheitert bereits daran, dass der beabsichtigte Grundstückskaufvertrag nicht zustande gekommen ist und dass es grundsätzlich das gute Recht eines jeden an Vertragsverhandlungen Beteiligten ist, vom Vertragsschluss letztlich doch Abstand zu nehmen, ohne dies irgendwie begründen zu müssen (vgl. st. Rpsr. BGH, Urteile vom 7. Dezember 2000 – VII ZR 360/98, Rz. 11; vom 29. März 1996 – V ZR 332/94, Rz. vom 22. Februar 1989 – VIII ZR 4/88 Rz. 20; vom 28. März 1977 – VIII ZR 242/75; vom 17. Mai 1962 – VII ZR 224/60; Staudinger/Feldmann, BGB, Neubearbeitung 2018, § 311, Rn. 134; BeckOGK/BGB/Herresthal, Stand: 1. Juni 2019, § 311 Rn. 388; BeckOK/BGB/Sutschet, § 311 Rn. 60; MünchKomm/BGB/Emmerich, 8. Auflage 2019, § 311 Rn. 176). Hat der andere Teil gehofft, der Vertrag werde zustande kommen und aus diesem Grund etwa Aufwendungen gemacht, so ist es grundsätzlich seine Sache (vgl. BGH, Urteile vom 29. März 1996 – V ZR 332/94, Rz. 8 und vom 14. Juli 1967 – V ZR 120/64, Rz. 15). Selbst wenn der andere Teil von diesen Aufwendungen weiß, begründet allein das keine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (vgl. BGH, Urteile vom 19. April 1972 – VIII ZR 30/71; vom 18. Oktober 1974 – V ZR 17/73; vom 28. März 1977 – VIII ZR 242/75). Denn grundsätzlich ist in einer Marktwirtschaft jede Seite für ihren Überblick über die Marktverhältnisse, die für sie vertragsrelevanten Informationen und deren Beschaffung selbst verantwortlich. Sie hat zudem das Risiko zu tragen, dass sie nicht alle vertragsrelevanten Informationen ermittelt hat. Denn derjenige, der einen Vertrag abschließt, muss sich selbst vergewissern, ob dieser für ihn von Vorteil ist oder nicht. Diese Eigenverantwortung darf nicht der anderen Seite zugewiesen werden. So muss der Vertragspartner auch nicht ungefragt auf vertragsrelevante Umstände hinweisen, von denen er annehmen darf, dass nach ihnen gefragt wird, falls sie für die Gegenseite von Bedeutung sind. Es entspricht deshalb der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine allgemeine Rechtspflicht, den anderen Teil über alle Einzelheiten und Umstände aufzuklären, die dessen Willensentschließung beeinflussen können, nicht besteht. Jeder Verhandlungspartner ist für sein rechtsgeschäftliches Handeln selbst verantwortlich und muss sich die für die eigene Willensentscheidung notwendigen Informationen auf eigene Kosten und auf eigenes Risiko selbst beschaffen. Dies ist ein zentraler Vertrauensaspekt, der bei der Interessenabwägung zur Begründung von Informationspflichten zu berücksichtigen ist. Demzufolge kommt eine Aufklärungspflicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur ausnahmsweise in Betracht (vgl. hierzu nur BeckOGK/BGB/Herresthal, aaO, § 311 Rn. 388 mwN).

Anderes kann gelten, wenn der eine Teil durch sein Verhalten im anderen Teil das berechtigte Vertrauen, dass es mit Sicherheit zum Abschluss des Vertrages kommen werde, erweckt. Dann kann es gerechtfertigt sein, ihn wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen haften zu lassen, wenn er vom Vertragsschluss ohne triftigen Grund Abstand nimmt (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 1992 – VIII ZR 170/91; vom 8. September 1998 – X ZR 48/97; Staudinger/Feldmann, aaO mwN). Hiervon kann im zu entscheidenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden, denn der Beklagte hat nicht den Eindruck erweckt, es werde mit Sicherheit zum Abschluss eines notariellen Kaufvertrages über sein Grundstück kommen. Dahingehendes hat die Klägerin weder vorgetragen, noch ist es aus den sonstigen Umständen ersichtlich.

Eine Haftung kann auch dann in Betracht kommen, wenn der potentielle Vertragspartner zu Maßnahmen ermuntert wird, die nur bei einem Zustandekommen des Vertrages sinnvoll sind (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 – VIII ZR 4/88; Staudinger/Feldmann, aaO). Hier hat die Klägerin jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass sie vom Beklagten zu ihren Planungen ermuntert wurde. Vielmehr hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass ihm zunächst gar nicht bekannt war, welcher potenzielle Investor an seinem Grundstück interessiert sei und er zu keinem Zeitpunkt Verhandlungen mit Mitarbeitern der Klägerin geführt habe (Schriftsatz vom 8. Juli 2016, S. 1, GA 34).

Bei – wie hier – formbedürftigen Verträgen gilt nichts anderes. Auch hier ist grundsätzlich kein berechtigtes Vertrauen in den Abschluss des Vertrages gerechtfertigt (vgl. Staudinger/Feldmann, aaO). Anderes kann gelten, wenn der andere Vertragsteil sich grob treuwidrig verhalten hat, was regelmäßig indes nur im Fall eines vorsätzlichen pflichtwidrigen Verhaltens, nämlich bei Vorspiegeln tatsächlich nicht vorhandener Abschlussbereitschaft gegeben ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 2. April 2007 – 5U 177/06; Staudinger/Feldmann, aaO). Hier sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Beklagte die Klägerin hat glauben lassen, er werde sich auf eine Kaufpreisreduzierung einlassen, zu den von der Klägerin gewünschten Bedingungen den Kaufvertrag abschließen und die Klägerin im Vertrauen darauf die Aufwendungen getätigt hat.

Bei notariell zu beurkundenden Verträgen ist im Übrigen besondere Vorsicht bei der Prüfung einer vorvertraglichen Haftung gegeben. Denn würde hier eine Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens ohne weiteres bejaht, so könnte dies einen indirekten Zwang zum Vertragsschluss begründen, hier dahingehend, dass der Beklagte sich zum Verkauf für den von der Klägerin gewünschten Preis iHv EUR 130.000,– hätte verpflichtet fühlen können. Ein solcher Zwang läuft jedoch dem Zweck der Formvorschrift des § 313b Abs. 1 BGB zuwider, nach der wegen der objektiven Eigenart des Vertragsgegenstandes eine Bindung ohne Einhaltung der Form verhindert werden soll (vgl. zu § 313 BGB a.F.: BGH, Urteile vom 6. Dezember 1991 – V ZR 311/89, Rz. 35; vom 29. März 1996 – V ZR 332/94, Rz. 9). Deshalb ist bei solchen Verträgen anerkannt, dass beim Abbruch von Vertragsverhandlungen, welche ebenfalls der Haftungsnorm des § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB unterfallen, auch dann keine Schadensersatzansprüche ausgelöst werden, wenn es an einem triftigen Grund für den Abbruch fehlt (vgl. BGH, Urteile vom 29. März 1996 – V ZR 332/94, Rz. 9; vom 8. Oktober 1982 – V ZR 216/81). Vielmehr soll dort nur eine vorsätzliche Treuepflichtverletzung Grundlage eines Schadensersatzanspruchs sein können, die darin zu sehen ist, dass der Partner eine tatsächlich nicht vorhandene Abschlussbereitschaft vorspiegelt oder von einer geäußerten Abschlussbereitschaft abrückt, ohne dies zu offenbaren (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2017 – V ZR 11/17, Rz. 11; OLG Rostock, Urteil vom 30. Januar 2003 – 1 U 41/01, Rz. 6). Für ein derartiges Verhalten des Beklagten bestehen hier jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Im Übrigen gelten die oben aufgezeigten Grundsätze erst recht, wenn nicht der Partner des angestrebten Vertrages, sondern der Anspruchsteller seinerseits, aus welchen Gründen auch immer, seine Erwerbsabsicht aufgibt.

2.

Die Berufung des Beklagten ist demgemäß in vollem Umfang begründet, ohne dass es auf die weiteren von ihm genannten Gesichtspunkte der Kausalität und der Schadenshöhe (welche jedenfalls hinsichtlich der Umsatzsteuer der zum Vorsteuerabzug berechtigten Klägerin durchgreifen würden) ankommt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt EUR 36.301,21.

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