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Verjährungshemmung – Anrufung der Schlichtungsstelle – Ende der Hemmung

Nach einem mutmaßlichen Behandlungsfehler bei einem Herzkatheter-Eingriff wollte ein Patient Schadensersatz vom Krankenhaus. Ein Schlichtungsverfahren sollte den Streit lösen, scheiterte jedoch an der Klinik. Am Ende entschied das OLG Oldenburg: Die Arzthaftungs-Ansprüche des Patienten waren endgültig verjährt – ein Detail zur Berechnung der Frist wurde ihm zum Verhängnis.

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 U 74/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Oldenburg
  • Datum: 16.04.2025
  • Aktenzeichen: 5 U 74/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Schadensersatzanspruch, Ärztliche Fehlbehandlung, Verjährung

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Person, die Schadensersatz wegen ärztlicher Behandlung fordert und Berufung eingelegt hat.
  • Beklagte: Betreiber eines Krankenhauses, der sich gegen die Forderungen des Klägers verteidigt und die Einrede der Verjährung erhoben hat.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Patient erleidet nach einem Eingriff mutmaßlich einen Schlaganfall, der nicht rechtzeitig erkannt wurde. Ein Schlichtungsverfahren mit dem Krankenhaus wurde von diesem abgelehnt. Die vom Patienten erhobene Klage wurde vom Landgericht wegen Verjährung abgewiesen.
  • Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Punkt war die Frage, wann genau die Verjährungshemmung endet, wenn die beklagte Partei ein Schlichtungsverfahren ablehnt. Dies hing von der Auslegung des Begriffs „Veranlassung der Bekanntgabe“ der Ablehnung ab.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das OLG Oldenburg hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es bestätigte damit die Entscheidung des Landgerichts, dass die Schadensersatzansprüche verjährt sind.
  • Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Verjährungshemmung durch das Schlichtungsverfahren bereits mit dem Datum des Mitteilungsschreibens der Schlichtungsstelle endete. Da die Klage erst nach Eintritt der Verjährung eingereicht wurde, war sie abzuweisen.
  • Folgen: Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Urteile des OLG und des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Der Fall vor Gericht


Arzthaftung: OLG Oldenburg bestätigt Verjährung nach gescheitertem Schlichtungsverfahren und klärt Ende der Hemmung

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat in einem Berufungsverfahren eine wichtige Klarstellung zum Ende der Verjährungshemmung bei Arzthaftungsansprüchen getroffen.

Nahaufnahme von Händen, Brief mit Poststempel zeigt Datumsdifferenz – entscheidend im Arzt-Haftungsrechtsstreit, Verjährung.Konkret ging es um die Frage, wann genau die Hemmung endet, wenn ein Schlichtungsverfahren daran scheitert, dass sich der in Anspruch genommene Krankenhausträger nicht darauf einlässt. Das Gericht entschied, dass der Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe der Ablehnung durch die Schlichtungsstelle maßgeblich ist, und legte diesen auf das Datum des Ablehnungsschreibens fest, nicht auf dessen späteren Postausgang. Damit bestätigte das OLG die Abweisung der Klage eines Patienten wegen eingetretener Verjährung.

Ausgangspunkt: Schadensersatzforderung wegen Behandlungsfehler nach Herzkatheter

Ein Patient machte gegen den Träger eines Krankenhauses, speziell einer Universitätsklinik, Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend. Der Grund für seine Forderungen war ein Vorfall während eines stationären Aufenthalts vom 27. Oktober bis zum 7. November 2018. In dieser Zeit unterzog sich der Mann einem Herzkathetereingriff. Nach seiner Darstellung erlitt er während dieses Aufenthalts einen Thalamusinfarkt, also einen Schlaganfall. Er warf den behandelnden Ärzten vor, diesen Behandlungsfehler begangen zu haben, indem sie den Infarkt nicht oder nicht rechtzeitig gemäß den medizinischen Standards erkannt und behandelt hätten.

Streitpunkt Verjährung: Wann endet die Hemmung durch ein Schlichtungsverfahren nach § 204 BGB?

Der Kern des Rechtsstreits lag nicht in der Frage des Behandlungsfehlers selbst, sondern in der Einrede der Verjährung, die der Krankenhausträger erhob. Grundsätzlich verjähren solche Ansprüche nach der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Im Fall des Patienten ging das Gericht davon aus, dass diese Kenntnis Ende 2019 vorlag, sodass die Verjährung ohne Unterbrechung oder Hemmung am 31. Dezember 2022 eingetreten wäre.

Der Patient hatte jedoch versucht, die Angelegenheit außergerichtlich zu klären und leitete ein Schlichtungsverfahren ein. Sein Antrag bei der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern vom 17. November 2020 ging dort am 23. November 2020 ein und wurde dem Krankenhausträger am 14. Dezember 2020 zugestellt. Dieses Verfahren hemmte gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 lit. b BGB den Lauf der Verjährungsfrist.

Der Krankenhausträger lehnte jedoch die Teilnahme am Schlichtungsverfahren mit Schreiben vom 13. Januar 2021 ab. Die Schlichtungsstelle informierte den Patienten darüber mit einem Schreiben vom 15. Januar 2021. Dieses Schreiben erhielt der Patient nach eigenen Angaben erst am 20. Januar 2021.

Hieraus ergab sich der zentrale Streitpunkt: Wann endete die durch das Schlichtungsverfahren ausgelöste Hemmung der Verjährung? Der Krankenhausträger und später auch das Landgericht argumentierten, die Hemmung sei mit dem Datum des Mitteilungsschreibens der Schlichtungsstelle, also am 15. Januar 2021, beendet gewesen. Der Patient vertrat hingegen die Auffassung, entscheidend sei der Zeitpunkt des tatsächlichen Postausgangs des Schreibens bei der Schlichtungsstelle, welcher kurz vor dem Zugang am 20. Januar 2021 (also spätestens am 19. Januar 2021) gelegen haben müsse. Diese unterschiedliche Auslegung hatte erhebliche Konsequenzen für die Frage, ob die später eingereichte Klage noch rechtzeitig war.

Ablauf des Schlichtungsverfahrens und Einleitung des Gerichtsverfahrens

Nachdem das Schlichtungsverfahren durch die Ablehnung des Krankenhausträgers gescheitert war, reichte der Patient am 28. August 2023 Klage beim Landgericht Oldenburg ein. Die Klageschrift ging am selben Tag bei Gericht ein. Die Zustellung der Klage an den beklagten Krankenhausträger erfolgte jedoch erst am 5. Oktober 2023. Der Krankenhausträger berief sich im Prozess sofort auf die Einrede der Verjährung.

Entscheidung des Landgerichts: Klage wegen Verjährung abgewiesen

Das Landgericht Oldenburg folgte der Argumentation des Krankenhausträgers. Es stellte fest, dass die Hemmung der Verjährung bereits am 15. Januar 2021 endete. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen zur Berechnung der Verjährungsfrist nach Ende einer Hemmung kam das Landgericht zu dem Schluss, dass die Verjährung eingetreten war, bevor die Klage rechtzeitig zugestellt werden konnte, um die Verjährung erneut zu hemmen. Mit Urteil vom 7. November 2024 wies das Landgericht die Klage daher als verjährt ab.

Berufung des Patienten: Hoffnung auf andere Auslegung der Verjährungshemmung

Gegen das Urteil des Landgerichts legte der Patient Berufung beim Oberlandesgericht Oldenburg ein. Er hielt an seiner Rechtsauffassung fest, dass für das Ende der Hemmung der Zeitpunkt des Postausgangs des Schreibens der Schlichtungsstelle maßgeblich sei. Er stützte sich dabei auf seine Interpretation des Begriffs „Veranlassung der Bekanntgabe“ in § 204 Abs. 1 Nr. 4 lit. b BGB und verwies zur Unterstützung auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28. Oktober 2015 (Az. IV ZR 405/14). In der Berufung forderte er weiterhin die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (mindestens 6.000 Euro), materiellen Schadensersatz (2.421,07 Euro) sowie die Feststellung, dass der Krankenhausträger auch für zukünftige Schäden haften müsse. Der Krankenhausträger beantragte die Zurückweisung der Berufung. Das OLG holte zur Klärung des Ablaufs bei der Schlichtungsstelle eine amtliche Auskunft ein.

Finale Entscheidung des OLG Oldenburg: Berufung zurückgewiesen, Ansprüche bleiben verjährt

Das OLG Oldenburg wies die Berufung des Patienten mit Urteil vom 16. April 2025 (Az.: 5 U 74/24) zurück. Es bestätigte vollumfänglich die Entscheidung des Landgerichts und kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die geltend gemachten Ansprüche wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind. Der Patient muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.

Begründung des OLG: Warum das Datum des Ablehnungsschreibens entscheidend ist

Das OLG Oldenburg begründete seine Entscheidung ausführlich und legte dar, warum das Landgericht die Klage zu Recht als verjährt abgewiesen hatte. Die Richter schlossen sich der Auffassung an, dass das Datum des Mitteilungsschreibens der Schlichtungsstelle (15. Januar 2021) den maßgeblichen Zeitpunkt für das Ende der Verjährungshemmung darstellt.

Auslegung von § 204 Abs. 1 Nr. 4 lit. b BGB: „Veranlassung der Bekanntgabe“ durch Schreiben vom 15.01.2021

Der entscheidende Punkt war die Auslegung des Begriffs „Veranlassung der Bekanntgabe“ in § 204 Abs. 1 Nr. 4 lit. b BGB. Nach dieser Vorschrift endet die Hemmung, wenn die Stelle (hier die Schlichtungsstelle) die Beendigung des Verfahrens oder die Ablehnung der Fortsetzung (hier durch den Krankenhausträger) bekannt gibt und diese Bekanntgabe „veranlasst“ wird.

Das OLG stellte klar, dass unter „Veranlassung“ der Akt zu verstehen ist, durch den der zuständige Sachbearbeiter bei der Schlichtungsstelle die Entscheidung trifft und dokumentiert, die Ablehnung dem Antragsteller (hier dem Patienten) mitzuteilen. Dieser Akt manifestiert sich typischerweise in der Erstellung und Datierung des entsprechenden Schreibens. In diesem Moment wird der Prozess der Bekanntgabe bewusst in Gang gesetzt. Unerheblich sei hingegen, wann dieses Schreiben die interne Poststelle der Schlichtungsstelle durchläuft oder einem Postdienstleister tatsächlich übergeben wird (der sogenannte Postausgang).

Praktikabilität und Verwaltungspraxis stützen Auslegung des Gerichts

Das Gericht stützte seine Auslegung auf mehrere Argumente:

  • Wortlaut: Der Begriff „veranlassen“ bedeute lediglich, einen kausalen Ablauf final anzustoßen. Die finale Entscheidung zur Mitteilung treffe der Sachbearbeiter mit der Fertigstellung und Zeichnung des Schreibens, nicht erst nachgeordnete Stellen wie die Poststelle.
  • Verwaltungspraxis: Das Datum eines amtlichen Schreibens gebe üblicherweise den Tag wieder, an dem die Entscheidung getroffen und das Dokument vom zuständigen Bearbeiter unterzeichnet wurde. Dies sei der Zeitpunkt, zu dem die Übersendung „veranlasst“ wird. Diese Praxis sei gerichtsbekannt und wurde im konkreten Fall auch durch die eingeholte amtliche Auskunft der Ärztekammer bestätigt.
  • Praktikabilität: Es wäre unpraktikabel und nicht rechtssicher, auf den tatsächlichen Postausgang abzustellen. Der Empfänger eines solchen Schreibens könne dem Dokument selbst nur das Datum entnehmen, nicht den genauen Zeitpunkt des Postausgangs. Er müsse sich zur Fristenberechnung daher ohnehin auf das Datum des Schreibens verlassen können. Zudem sei der genaue Postausgangszeitpunkt oft nicht dokumentiert und könnte Jahre später in einem Gerichtsverfahren nur schwer oder gar nicht mehr nachgewiesen werden. Dies würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen.

Abgrenzung zu BGH-Urteilen: Keine Stützung für die Sicht des Patienten

Das OLG setzte sich auch mit der vom Patienten zitierten BGH-Entscheidung (NJW 2016, 236) auseinander. Es stellte fest, dass sich daraus keine Unterstützung für die Auffassung des Patienten ergebe. Der BGH habe in jenem Fall die Sache nur deshalb zurückverwiesen, weil das dortige Berufungsgericht fälschlicherweise auf einen noch früheren Zeitpunkt (den Eingang der Ablehnung des Antragsgegners bei der Schlichtungsstelle) abgestellt hatte, statt auf die „Veranlassung der Bekanntgabe“ an den Antragsteller. Die Zurückverweisung diente also der Klärung, wann die Veranlassung erfolgte, nicht der Festlegung, dass der Postausgang maßgeblich sei. Das OLG verwies stattdessen auf eine andere BGH-Entscheidung (VI ZR 239/15, BGHZ 213, 281), in der der BGH das Datum des Mitteilungsschreibens unproblematisch als Ende der Hemmung verwendet habe.

Berechnung der Verjährungsfrist: Klageerhebung erfolgte zu spät

Da die Hemmung der Verjährung nach Auffassung des OLG bereits am 15. Januar 2021 endete, lief die verbleibende Verjährungsfrist weiter. Unter Berücksichtigung der Sechsmonatsfrist nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB (die nach dem Ende der Hemmung noch hinzukommt) errechnete das Gericht, dass die Verjährung mit Ablauf des 24. August 2023 eintrat.

Der Patient hatte seine Klage jedoch erst am 28. August 2023 beim Landgericht eingereicht – also vier Tage nach Eintritt der Verjährung. Zwar wurde die Klage erst am 5. Oktober 2023 zugestellt, was nach § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Einreichung zurückwirken kann („demnächstige Zustellung“). Dies hilft jedoch nur, wenn die Klage vor Ablauf der Verjährungsfrist eingereicht wurde. Da die Einreichung hier erst nach dem berechneten Verjährungseintritt erfolgte, konnte auch die Rückwirkung der Zustellung die Verjährung nicht mehr verhindern.

Ergebnis und Kosten: Patient trägt die Kosten des erfolglosen Verfahrens

Im Ergebnis war die Klage des Patienten bereits bei Einreichung verjährt. Das Landgericht hatte die Klage daher zu Recht abgewiesen, und die Berufung des Patienten musste erfolglos bleiben. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden dem Patienten auferlegt. Das OLG sah keinen Grund, die Revision zum BGH zuzulassen, da es seine Entscheidung im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung sah.


Die Schlüsselerkenntnisse

Bei einem gescheiterten Schlichtungsverfahren in Arzthaftungsfällen endet die Verjährungshemmung bereits mit dem Datum des Mitteilungsschreibens der Schlichtungsstelle, nicht erst bei dessen tatsächlichem Postausgang. Das OLG Oldenburg bestätigte, dass der „Veranlassung der Bekanntgabe“ im Sinne des § 204 BGB durch die Erstellung und Datierung des Schreibens erfolgt, was für Rechtssicherheit und praktikable Fristenberechnung sorgt. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Patienten nach einem gescheiterten Schlichtungsversuch besonders sorgfältig die verbleibende Verjährungsfrist im Auge behalten müssen, um nicht wie im vorliegenden Fall durch eine nur wenige Tage verspätete Klageeinreichung ihre Ansprüche zu verlieren.

FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Verjährung“ bei Arzthaftungsansprüchen und warum ist sie wichtig?

Stellen Sie sich vor, ein Ticket für einen Film oder eine Veranstaltung hat ein Ablaufdatum. Wenn Sie das Ticket nicht bis zu diesem Datum nutzen, verlieren Sie das damit verbundene Recht, die Vorstellung zu besuchen. Ähnlich verhält es sich in der Juristik mit der „Verjährung“.

Bei Arzthaftungsansprüchen bedeutet Verjährung, dass Ihr Recht, von einem Arzt oder Krankenhaus Schadensersatz oder Schmerzensgeld zu verlangen, weil Sie glauben, dass ein Behandlungsfehler oder ein anderes Fehlverhalten Ihnen gesundheitlichen Schaden zugefügt hat, nach einer bestimmten Zeit nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden kann.

Warum ist das wichtig? Weil Ihre Ansprüche verfallen können, wenn Sie nicht innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist handeln. Selbst wenn Ihr Anspruch eigentlich berechtigt wäre, können Sie ihn nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr erfolgreich vor Gericht geltend machen. Derjenige, gegen den sich der Anspruch richtet, kann sich auf die Verjährung berufen und so die Zahlung verweigern.

Die grundsätzliche Frist für die Verjährung bei Arzthaftungsansprüchen beträgt drei Jahre.

Diese dreijährige Frist beginnt in der Regel erst am Ende des Jahres, in dem zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Sie haben Kenntnis von den Umständen erlangt, die Ihren Anspruch begründen (zum Beispiel, dass ein Fehler passiert sein könnte und wer dafür verantwortlich sein könnte).
  2. Der Anspruch selbst ist entstanden.

Das bedeutet: Die Uhr für die dreijährige Frist beginnt nicht unbedingt mit dem Zeitpunkt des mutmaßlichen Fehlers zu ticken, sondern erst, wenn Sie von den relevanten Umständen erfahren und der Schaden eingetreten ist.

Es gibt auch eine maximale Verjährungsfrist, unabhängig von Ihrer Kenntnis. Bei Arzthaftungsansprüchen beträgt diese Frist zehn Jahre, gerechnet ab dem schädigenden Ereignis. In sehr seltenen Fällen, wenn der Schaden auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruht, gilt sogar eine Frist von dreißig Jahren ab dem schädigenden Ereignis. Diese langen Fristen spielen aber nur eine Rolle, wenn Sie über lange Zeit keine Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hatten.

Die Verjährung dient der Rechtssicherheit: Nach einer bestimmten Zeit sollen alle Beteiligten wissen, woran sie sind, und nicht unbegrenzt mit möglichen Forderungen rechnen müssen.

Für Sie als Betroffenen bedeutet das: Es ist entscheidend, die Verjährungsfristen im Blick zu behalten. Wenn Sie vermuten, geschädigt worden zu sein, sollten Sie sich rechtzeitig informieren. Die Zeit, die Ihnen zur Verfügung steht, ist begrenzt. Es gibt auch Ereignisse, die den Lauf der Verjährungsfrist beeinflussen oder unterbrechen können, was die Berechnung komplex machen kann.


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Was ist ein Schlichtungsverfahren und wie kann es die Verjährung von Arzthaftungsansprüchen beeinflussen?

Ein Schlichtungsverfahren bei einer Schlichtungsstelle für Arzthaftungsfragen ist ein besonderer Weg, um außergerichtlich eine Lösung zu finden, wenn Sie der Meinung sind, dass Ihnen durch eine ärztliche Behandlung ein Schaden entstanden ist. Es ist ein Versuch, sich mit den Beteiligten (oft dem Arzt/Krankenhaus und deren Versicherung) über mögliche Ansprüche auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld zu einigen, ohne gleich vor Gericht ziehen zu müssen. Eine neutrale Stelle hilft dabei, den Sachverhalt zu klären und eine Einigung zu ermöglichen.

Für Sie als Betroffenen ist dabei ein wichtiger Punkt die sogenannte Verjährung. Das bedeutet, dass Ihre Ansprüche nach einer bestimmten Zeit rechtlich schwerer durchsetzbar werden. Es gibt Fristen, die eingehalten werden müssen. Stellen Sie sich die Verjährung wie eine tickende Uhr vor, die anzeigt, wie lange Sie Zeit haben, Ihre Ansprüche geltend zu machen.

Wenn Sie ein Schlichtungsverfahren beantragen, tritt eine wichtige Wirkung bezüglich dieser Verjährungsfrist ein: Die Verjährung wird gehemmt. Das bedeutet, die „Verjährungsuhr“ wird angehalten. Diese Hemmung der Verjährung beginnt normalerweise mit dem Eingang Ihres Antrags bei der zuständigen Schlichtungsstelle.

Das Ziel dieser Hemmung ist Ihnen Zeit zu verschaffen. Während das Schlichtungsverfahren läuft, müssen Sie sich keine Sorgen machen, dass Ihre Ansprüche verjähren. Sie können sich auf die Klärung des Sachverhalts und die Verhandlungen in der Schlichtung konzentrieren.

Wann endet die Hemmung der Verjährung?

Die Hemmung dauert nicht ewig. Sie endet erst wieder, wenn das Schlichtungsverfahren beendet ist. Das kann der Fall sein, wenn eine Einigung erzielt wurde, wenn das Verfahren für gescheitert erklärt wird oder wenn die Schlichtungsstelle aus anderen Gründen nicht mehr zuständig ist oder das Verfahren abschließt.

Wichtig ist: Die Verjährung läuft NICHT sofort mit dem letzten Tag des Schlichtungsverfahrens weiter. Das Gesetz sieht vor, dass die Verjährungsfrist nach dem Ende der Hemmung noch für einen bestimmten Zeitraum angehalten bleibt, meistens sind das drei zusätzliche Monate. Erst danach läuft die ursprüngliche Verjährungsfrist, die vor der Schlichtung gegolten hat, weiter. Diese zusätzliche Zeit soll Ihnen ermöglichen, auf das Ergebnis des Schlichtungsverfahrens zu reagieren, zum Beispiel weitere Schritte zu prüfen.

Bedeutung der Beendigung des Verfahrens

Für den genauen Zeitpunkt, wann diese zusätzliche Drei-Monats-Frist nach der Schlichtung zu laufen beginnt – und somit, wann die eigentliche Verjährung wieder einsetzt – ist entscheidend, wann die offizielle Beendigung des Verfahrens für Sie wirksam wird. Dies ist in der Regel der Fall, wenn Sie schriftlich über die Beendigung des Verfahrens informiert wurden und diese Information bei Ihnen angekommen ist (Zustellung oder Zugang des Schreibens), nicht schon allein, wenn das Schreiben von der Schlichtungsstelle abgeschickt wurde (Postausgang). Das gibt Ihnen Planungssicherheit.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Schlichtungsverfahren kann eine sinnvolle Option sein, um eine außergerichtliche Einigung anzustreben. Ein großer Vorteil dabei ist, dass es die Verjährung Ihrer Ansprüche anhält (hemmt) und Ihnen so die notwendige Zeit für diesen Prozess gibt. Die Hemmung endet erst eine Zeit nach dem formalen Abschluss des Schlichtungsverfahrens, was Ihnen eine Übergangsfrist verschafft, bevor die Verjährung wieder zu laufen beginnt.


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Wann genau beginnt und endet die „Hemmung“ der Verjährung durch ein Schlichtungsverfahren?

Die „Hemmung“ der Verjährung ist wie eine Pause für die tickende Uhr, nach deren Ablauf ein Anspruch rechtlich schwerer durchzusetzen wäre (die Verjährung). Wenn man ein Schlichtungsverfahren beginnt, wird diese Uhr angehalten, um Zeit für die außergerichtliche Klärung zu geben, ohne dass jemand Nachteile wegen möglicher Verjährung befürchten muss.

Die Hemmung beginnt, sobald das Schlichtungsverfahren bei der zuständigen Schlichtungsstelle wirksam eingeleitet wird. Das ist in der Regel der Moment, in dem Ihr Antrag form- und fristgerecht bei der Schlichtungsstelle eingeht.

Wann endet die Hemmung der Verjährung?

Die Hemmung endet, wenn das Schlichtungsverfahren formell beendet wird. Dies kann auf verschiedene Arten geschehen:

  • Durch eine Einigung: Wenn Sie und die Gegenseite eine Vereinbarung treffen, endet das Verfahren mit dieser Einigung. Die Hemmung endet also mit dem erfolgreichen Abschluss.
  • Durch das Scheitern des Verfahrens: Wenn keine Einigung erzielt werden kann, erklärt die Schlichtungsstelle das Verfahren für gescheitert. Die Hemmung endet mit dieser Erklärung oder der Benachrichtigung darüber.
  • Durch Ablehnung oder Nichtteilnahme: Wenn die Gegenseite die Teilnahme am Schlichtungsverfahren ablehnt oder nicht mitwirkt, endet das Verfahren oft deswegen. Die Hemmung endet dann, wenn die Schlichtung aufgrund dieser Verweigerung beendet wird.
  • Durch Rücknahme des Antrags: Wenn Sie Ihren Antrag bei der Schlichtungsstelle zurückziehen, endet das Verfahren und damit die Hemmung.

Was passiert nach dem Ende der Hemmung?

Wenn das Verfahren endet, läuft die restliche Verjährungsfrist weiter. Dabei gibt es eine wichtige Besonderheit: Selbst wenn von der ursprünglichen Verjährungsfrist nur noch eine sehr kurze Zeit übrig war, beginnt nach dem Ende der Hemmung eine Mindestfrist von drei Monaten zu laufen (§ 204 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Sie haben also nach Beendigung des Schlichtungsverfahrens in der Regel noch mindestens drei Monate Zeit, um weitere Schritte zu unternehmen (wie z.B. eine Klage einzureichen), falls Sie Ihren Anspruch weiterverfolgen möchten.

Der genaue Zeitpunkt, wann die Hemmung endet und wann die Mindestfrist von drei Monaten beginnt, kann – gerade wenn es um schriftliche Benachrichtigungen über das Ende des Verfahrens geht (wie ein Ablehnungsbescheid einer Schlichtungsstelle, z.B. im Arzthaftungsbereich) – von Details abhängen, etwa wann die Nachricht vom Ende des Verfahrens als zugestellt gilt.


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Was bedeutet „Veranlassung der Bekanntgabe“ im Zusammenhang mit dem Ende der Verjährungshemmung?

Der Kern: Wann die Zeit wieder zu laufen beginnt

Stellen Sie sich vor, die Verjährungsfrist für Ihren Anspruch ist wie eine Uhr, die tickt. Während eines Schlichtungsverfahrens wird diese Uhr angehalten – man spricht von „Verjährungshemmung“. Das bedeutet, solange das Verfahren läuft, tickt die Zeit für die Verjährung nicht weiter.

Die Frage ist nun: Wann genau fängt die Uhr wieder an zu ticken, wenn das Schlichtungsverfahren beendet ist und die Schlichtungsstelle Ihre Forderung ablehnt?

Hier kommt der juristische Begriff „Veranlassung der Bekanntgabe“ ins Spiel. Er beschreibt den genauen Zeitpunkt, an dem die Hemmung (das Anhalten der Uhr) endet und die Verjährungsfrist wieder läuft.

Veranlassung vs. Zugang: Der entscheidende Unterschied

Für juristische Laien ist dieser Unterschied oft schwer zu greifen, aber er ist sehr wichtig:

  • Zugang: Das ist der Zeitpunkt, an dem Sie das Ablehnungsschreiben tatsächlich erhalten, zum Beispiel wenn es in Ihrem Briefkasten liegt. Dies ist der übliche Zeitpunkt, ab dem Fristen für Sie zu laufen beginnen (z.B. eine Frist, um Widerspruch einzulegen).
  • Veranlassung der Bekanntgabe: Das ist der Zeitpunkt, an dem die Schlichtungsstelle ihrerseits alles getan hat, um die Entscheidung zu versenden. Man könnte sagen: Der Moment, in dem die Schlichtungsstelle das Schreiben auf den Weg bringt.

Im Zusammenhang mit dem Ende der Verjährungshemmung im Schlichtungsverfahren ist nach der Rechtsprechung oft nicht der Zugang bei Ihnen entscheidend, sondern die Veranlassung der Bekanntgabe durch die Schlichtungsstelle.

Praktische Bedeutung: Datum des Schreibens vs. Postausgang

Was bedeutet das konkret?

  • Das Datum, das auf dem Schreiben der Schlichtungsstelle steht, ist nicht der entscheidende Tag. Ein Schreiben kann am 1. des Monats datiert sein, aber erst einige Tage später versendet werden.
  • Entscheidend ist der Tag, an dem die Schlichtungsstelle die Mitteilung tatsächlich zur Post gibt oder auf eine vergleichbare Weise den Versandvorgang abschließt – also der Tag des Postausgangs.

Ab diesem Tag des Postausgangs – also der Veranlassung der Bekanntgabe – wird die Uhr der Verjährung wieder in Gang gesetzt. Die Zeit, die das Schreiben dann noch unterwegs ist, zählt bereits wieder zur Verjährungsfrist hinzu.

Dieser Unterschied kann entscheidend sein, insbesondere wenn Fristen ohnehin schon knapp bemessen sind.


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Was kann ich tun, wenn ich unsicher bin, ob meine Arzthaftungsansprüche verjährt sind?

Viele Menschen sind unsicher, wie lange sie nach einer möglichen Fehlbehandlung noch Ansprüche geltend machen können. Das ist verständlich, denn die Bestimmung der genauen Fristen kann kompliziert sein. Die Rechtsordnung sieht vor, dass Ansprüche nach einer bestimmten Zeit verjähren. Das bedeutet, dass sie dann rechtlich nicht mehr erfolgreich durchgesetzt werden können.

Grundlagen der Verjährung

Grundsätzlich gilt bei Ansprüchen aus einer möglichen ärztlichen Behandlung eine Regelverjährung von drei Jahren. Diese Frist beginnt jedoch nicht einfach ab dem Datum der Behandlung. Sie startet in der Regel erst dann, wenn Sie sowohl vom Schaden (z.B. gesundheitliche Probleme) als auch von den Umständen erfahren, die den Anspruch begründen könnten (z.B. ein möglicher Behandlungsfehler und wer dafür verantwortlich ist). Sobald Sie also ausreichend Informationen haben, um zu vermuten, dass etwas nicht korrekt gelaufen ist und dies zu einem Schaden geführt hat, beginnt die Dreijahresfrist zu laufen.

Unabhängig von dieser Kenntnis gibt es aber auch Höchstfristen. Spätestens zehn Jahre nach der schädigenden Handlung oder, im Falle einer reinen Pflichtverletzung ohne sofort erkennbaren Schaden, spätestens 30 Jahre nach der Handlung verjährt der Anspruch, egal wann die Kenntnis erlangt wurde.

Warum ist die Bestimmung der Verjährung oft schwierig?

Die genaue Bestimmung, wann die Dreijahresfrist beginnt, ist oft der Knackpunkt. Es geht darum, ab welchem Zeitpunkt Sie als Patient ausreichend Kenntnis hatten, um überhaupt einen Anspruch prüfen zu können. Dazu kommt, dass bestimmte Ereignisse die Verjährung hemmen können. Das bedeutet, die Zeit läuft dann vorübergehend nicht weiter oder beginnt neu. Beispiele hierfür können Verhandlungen mit der Gegenseite (z.B. mit der Klinik oder deren Versicherung) oder das Einholen von Gutachten sein.

Daher hängt die Verjährung entscheidend von den konkreten Umständen und dem genauen Zeitablauf in Ihrem individuellen Fall ab. Der Beginn, die Dauer und mögliche Hemmungen sind stark von den Fakten abhängig: Wann genau fand die Behandlung statt? Wann traten die ersten Beschwerden auf? Wann und wodurch haben Sie zum ersten Mal von einem möglichen Fehler oder einem Zusammenhang mit der Behandlung erfahren? Welche Kommunikation oder Schritte gab es danach?

Die Beantwortung der Frage, ob ein Anspruch verjährt ist, erfordert somit eine sorgfältige Prüfung aller relevanten Daten und Ereignisse. Weil die Verjährung weitreichende Folgen hat – der Anspruch kann verloren gehen –, ist es entscheidend, das Thema nicht zu lange aufzuschieben, wenn Unsicherheit besteht. Zeit spielt eine wichtige Rolle.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Verjährung

Verjährung ist ein gesetzlich festgelegter Zeitraum, nach dessen Ablauf Ansprüche nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden können. Für Arzthaftungsansprüche beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre, beginnend am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Patient Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Ziel der Verjährung ist, Rechtssicherheit zu schaffen und zu verhindern, dass Ansprüche nach zu langer Zeit noch geltend gemacht werden. Im beschriebenen Fall hat die Verjährung dazu geführt, dass die Klage des Patienten abgewiesen wurde, weil die Frist bereits abgelaufen war.


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Verjährungshemmung

Verjährungshemmung bedeutet, dass die gesetzliche Verjährungsfrist vorübergehend angehalten wird und somit nicht weiterläuft. Im Arzthaftungsrecht kann eine Verjährungshemmung etwa durch ein Schlichtungsverfahren nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 lit. b BGB eintreten, das heißt, während des außergerichtlichen Klärungsverfahrens läuft die Verjährungsfrist nicht weiter. Die Hemmung endet allerdings, wenn das Schlichtungsverfahren beendet wird, zum Beispiel wenn es scheitert oder abgelehnt wird. Eine Hemmung schafft dem Kläger Zeit, ohne dass der Anspruch verfällt, weil die „Verjährungsuhr“ quasi pausiert.


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Schlichtungsverfahren

Ein Schlichtungsverfahren ist ein außergerichtliches Verfahren, bei dem eine neutrale Stelle hilft, Streitigkeiten, zum Beispiel über medizinische Behandlungsfehler, gütlich zu klären. Ziel ist es, eine Einigung zwischen Patient und Behandelnden (Arzt/Krankenhaus) zu erzielen, ohne sofort vor Gericht zu gehen. Im Arzthaftungsrecht bewirkt ein Schlichtungsverfahren die Verjährungshemmung, wodurch die Verjährungsfrist ausgesetzt wird, solange das Verfahren läuft. Scheitert das Verfahren, endet die Hemmung, und die Verjährungsfrist läuft wieder weiter.

Beispiel: Wenn Sie eine fehlerhafte Behandlung vermuten, können Sie bei einer Schlichtungsstelle einen Antrag stellen, um zunächst außergerichtlich eine Lösung zu suchen, bevor Sie klagen.


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Veranlassung der Bekanntgabe

Die „Veranlassung der Bekanntgabe“ bezeichnet den genauen Zeitpunkt, zu dem die zuständige Stelle (z. B. die Schlichtungsstelle) endgültig entscheidet und den Versand eines ablehnenden Schreibens aktiv in Gang setzt. Im Zusammenhang mit der Verjährungshemmung bestimmt dieser Moment, wann die Hemmung endet und die Verjährungsfrist wieder zu laufen beginnt (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 lit. b BGB). Maßgeblich ist also nicht der tatsächliche Zugang beim Adressaten oder der Postausgang (das physische Versenden), sondern der Zeitpunkt der Entscheidung und der Erstellung des Schreibens. Dadurch wird Rechtssicherheit geschaffen und Streit über das tatsächliche Versanddatum vermieden.


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Einrede der Verjährung

Die Einrede der Verjährung ist ein Rechtsmittel, mit dem sich der Anspruchsgegner (z. B. das Krankenhaus) darauf beruft, dass ein Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann, weil die Verjährungsfrist abgelaufen ist (§ 214 BGB). Das bedeutet, auch wenn der Anspruch materiell berechtigt sein könnte, wird die Forderung aufgrund der abgelaufenen Frist zurückgewiesen. Im beschriebenen Fall erhob der Krankenhausträger im Prozess diese Einrede, um die Klage wegen Ablauf der Verjährung abzuweisen. Der Anspruchsgegner benötigt keine positive gerichtliche Entscheidung; es genügt, dass die Verjährung geltend gemacht wird, um das Verfahren zu beenden.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 204 Abs. 1 Nr. 4 lit. b BGB (Verjährungshemmung bei Schlichtungsverfahren): Diese Vorschrift regelt, dass die Verjährung während eines Schlichtungsverfahrens zur Arzthaftung gehemmt wird und die Hemmung mit der „Veranlassung der Bekanntgabe“ der Ablehnung durch die Schlichtungsstelle endet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das zentrale Streitmoment war die Frage, wann genau diese Hemmung endet – das OLG bestimmte den Zeitpunkt auf das Datum des Ablehnungsschreibens, nicht auf den tatsächlichen Postausgang.
  • § 199 Abs. 1 BGB (Beginn der Verjährungsfrist): Die dreijährige regelmäßige Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Patient nach Auffassung des Gerichts Ende 2019 Kenntnis hatte, begann die Verjährungsfrist spätestens am 31.12.2019 zu laufen und endete ohne Hemmung am 31.12.2022.
  • § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB (Sechsmonatsfrist nach Ende der Hemmung): Nach Ende der Verjährungshemmung läuft die Verjährungsfrist sechs Monate weiter, bevor sie endgültig abläuft. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Nach dem Ende der Hemmung am 15. Januar 2021 verlängerte sich die verbleibende Verjährungsfrist um sechs Monate, was zum Verjährungseintritt am 24. August 2023 führte.
  • § 167 ZPO (Rückwirkung der Zustellung auf Einreichung): Die Zustellung einer Klage wirkt in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurück, wenn die Zustellung kurzfristig nach der Einreichung erfolgt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Trotz der Zustellung erst am 5. Oktober 2023 wirkte diese auf den 28. August 2023 zurück, die Klage war jedoch am Einreichungstag schon verjährt, sodass die Rückwirkung keine Verjährungshemmung erzielte.
  • BGH-Rechtsprechung (insbesondere BGH, Urteil vom 28.10.2015, Az. IV ZR 405/14): Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass für das Ende der Hemmung nicht der Eingang der Ablehnung bei der Schlichtungsstelle, sondern der Zeitpunkt der Bekanntgabe an den Antragsteller maßgeblich ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Oldenburg stützte seine Auslegung auf die BGH-Linie, wonach das Datum des Ablehnungsschreibens den maßgeblichen Moment der Veranlassung der Bekanntgabe darstellt, und wies eine Abhängigkeit vom Postausgang zurück.
  • Arzthaftungsrecht (Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld bei Behandlungsfehlern): Dieses Rechtsgebiet regelt die Haftung für medizinische Fehler, die einem Patienten Schaden zufügen, einschließlich der Voraussetzungen, Fristen und Verjährung von Ansprüchen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Patient machte Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen eines angeblichen Behandlungsfehlers bei einem Herzkathetereingriff geltend, deren Durchsetzbarkeit aufgrund der verstrichenen Verjährungsfrist versagt wurde.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Patienten bei Arzthaftung und Verjährungsfristen

Wenn Sie vermuten, dass Ihnen bei einem Krankenhausaufenthalt oder einer ärztlichen Behandlung Fehler unterlaufen sind, möchten Sie oft Schadensersatz oder Schmerzensgeld erhalten. Dabei ist es besonders wichtig, Fristen einzuhalten und die Verjährung im Blick zu haben, damit Ihre Ansprüche nicht unbemerkt verfallen.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.


Tipp 1: Achten Sie genau auf die Verjährungsfrist und deren Hemmung

Die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche bei Behandlungsfehlern beträgt in der Regel drei Jahre. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem Sie von dem Schaden und dem Verursacher erfahren haben. Das Einreichen eines Schlichtungsverfahrens kann diese Frist hemmen, also vorübergehend stoppen – aber nur so lange, wie das Schlichtungsverfahren läuft.

Beispiel: Wenn Sie den Fehler im Jahr 2019 entdeckt haben, beginnt die Frist am 31. Dezember 2019 und läuft dann bis Ende 2022. Wird ein Schlichtungsverfahren beantragt, pausiert die Frist währenddessen.

⚠️ ACHTUNG: Die Hemmung endet nicht erst dann, wenn Sie das Ergebnis des Schlichtungsverfahrens bekommen, sondern zu dem Datum, an dem das Schreiben, das das Scheitern der Schlichtung mitteilt, offiziell erstellt und versendet wird. Dieses Datum steht auf dem Schreiben selbst.


Tipp 2: Antworten und Ablehnungen im Schlichtungsverfahren sofort beachten

Wenn die Gegenseite (z. B. das Krankenhaus) die Schlichtung ablehnt, beginnt die Verjährungsfrist nach der Hemmung schnell wieder zu laufen. Das Datum auf dem Ablehnungsschreiben der Schlichtungsstelle ist dafür entscheidend – nicht das Datum, an dem Sie das Schreiben erhalten haben.

Beispiel: Wenn das Schreiben auf dem 15. Januar datiert ist, gilt die Hemmung ab diesem Tag als beendet, auch wenn Sie das Schreiben erst am 20. Januar erhalten.

⚠️ ACHTUNG: Verzögerungen im Postversand können dazu führen, dass Sie denken, mehr Zeit zu haben – rechtlich zählt aber das Datum auf dem Schreiben.


Tipp 3: Klage rechtzeitig einreichen, um Verjährung zu vermeiden

Nach dem Ende der Hemmung haben Sie nur noch eine begrenzte Zeit, um Ihre Klage einzureichen. Versäumen Sie dies, gilt der Anspruch als verjährt und kann vom Gericht inhaltlich nicht mehr geprüft werden.

Beispiel: Nach dem Ende der Hemmung läuft die Frist oft noch etwa sechs Monate weiter, in denen eine Klage die Verjährung stoppt – diese genaue Frist sollten Sie nicht überschreiten.

⚠️ ACHTUNG: Eine zu spät eingereichte Klage wird mit großer Wahrscheinlichkeit abgewiesen, selbst wenn der Anspruch begründet wäre. Das kann zur kompletten Kostentragung führen.


Tipp 4: Dokumentieren Sie alle Fristen und den Posteingang sorgfältig

Behalten Sie alle Schreiben, insbesondere von Schlichtungsstellen oder Gerichten, gut im Blick und notieren Sie sich immer das Datum auf den Schreiben sowie den Zeitpunkt des Zugangs. So können Sie bei möglichen Unstimmigkeiten die tatsächlichen Fristen besser nachweisen.


Checkliste: Verjährung bei Behandlungsfehlern im Blick behalten

  • Datum der Schadens- und Täterkenntnis (wann erfuhren Sie vom Fehler und vom Verursacher) feststellen
  • Antrag auf Schlichtung oder andere Hemmungen der Verjährung rechtzeitig stellen
  • Datum auf Schreiben der Schlichtungsstelle genau dokumentieren
  • Zeitnah reagieren, wenn die Schlichtung abgelehnt wird – Fristende genau berechnen
  • Klage so einreichen, dass sie vor Ablauf der Frist beim Gericht eingeht
  • Im Zweifel rechtzeitig fachlichen Rechtsbeistand hinzuziehen, um Fristen zu prüfen und versäumte Fristen zu vermeiden

Das vorliegende Urteil


OLG Oldenburg – Az.: 5 U 74/24 – Urteil vom 16.04.2025


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