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Verkehrssicherungspflicht Bank – Instandhaltung Handlauf Treppe

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 77/18 – Beschluss vom 13.02.2019

I. Der Senat beabsichtigt nach Beratung, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

Gründe

I.

Mit ihrer am 6. März 2018 zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage hat die Klägerin das beklagte Kreditinstitut wegen eines von ihr erlittenen Unfalles am 30. März 2017 zwischen 15h00 und 15h30 auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen.

Die Klägerin ist Kundin der Beklagten und erledigt ihre Bankgeschäfte regelmäßig über deren Filiale in P.. Diese ist vom Kundenparkplatz aus über eine breite dreistufige, rechts und links jeweils durch ein Geländer mit einem Handlauf gesicherte Treppe zu erreichen (Lichtbilder Bl. 37, 38 GA). Am fraglichen Tage wurde die Klägerin gegen 15h30 von einer Mitarbeiterin der Beklagten in der Selbstbedienungszone der Bank vorgefunden, wobei sie laut schluchzte und sich den Arm und ihr Bein hielt, woraufhin ärztliche Hilfe herbeigerufen wurde. Bei einer anschließenden Schadensmeldung am 26. Juni 2017 gab die Klägerin an, sie sei am fraglichen Tag zur Filiale gekommen, um Überweisungen abzugeben; als sie gemerkt habe, dass nicht genügend Deckung auf dem Konto war, sei sie zum Auto zurückgerannt, um Geld zum Einzahlen zu holen, dann sei sie hastig zur Filiale zurückgerannt und beim Treppenaufstieg gestürzt, wobei sie mit der Hand gegen das Geländer geprallt und hingefallen sei. Ausweislich des „Zwischenberichts“ der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie in M. vom 4. April 2017 (Bl. 6 f. GA) wurde bei der Klägerin infolge des anlässlich der Anamnese so beschriebenen Herganges eine MHK III Mehrfragmentefraktur rechts festgestellt und mittels offener Reposition und Osteosynthes mittels winkelstabiler Platte operativ behandelt. Ein Attest zur Vorlage beim Arbeitgeber des Arztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Handchirurgie A. Sch. vom 23. Mai 2017 bescheinigt der Klägerin verletzungsbedingte Einschränkungen der rechten Hand für den Zeitraum von vier Wochen (Bl. 9 GA). Die Klägerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten Schadensersatzansprüche mit Schreiben vom 12. September 2017 dem Grunde nach geltend gemacht, die von dem Haftpflichtversicherer der Beklagten mit Schreiben vom 18. September 2017 zurückgewiesen wurden (Bl. 10f., 12 f. GA).

Die Klägerin hatte durch ihren Prozessbevollmächtigten zunächst schriftsätzlich behauptet, sie habe sich beim Begehen der Treppe am Handlauf festgehalten und sei auf Grund der Konstruktion des Handlaufs mit dem Knauf am Ende des Handlaufs von dem Handlauf abgerutscht und gefallen; dabei habe sie eine so tiefgehende Wunde der rechten Mittelhand erlitten, dass diese operativ habe versorgt werden müssen (Bl. 3 GA). Nach gerichtlichen Hinweisen auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit ihres Vorbringens (Bl. 53, 72 GA) hat sie – unter Berufung auf sprachliche Schwierigkeiten – hiervon abweichend beanstandet, dass der rechts an der Treppe angebrachte Handlauf nicht mit einem Knauf ende, sondern „scharfkantig rechtwinklig gerade“ verlaufe, was eine erhebliche Verletzungsgefahr begründe und nicht dem Stand der Technik entspreche; dieser scharfkantige rechtwinklige Abschluss des rechten Handlaufs an der Treppe zum Zugang der Filiale sei Ursache ihrer Verletzung der rechten Mittelhand gewesen (Bl. 63, 69 GA). In ihrer Anhörung vor dem Landgericht hat die Klägerin schließlich – im Beisein einer Dolmetscherin – angegeben, sie sei sportlich und flott unterwegs gewesen, beim Hochlaufen der Treppe habe sie sich am Endpunkt des Geländers festhalten wollen und sei dann dort in dem unteren Bereich mit ihrem Handrücken dagegen gestoßen; dabei sei der Knochen verletzt worden. Der Anstoß an das Geländer sei bedingt durch die Armbewegung erfolgt, die man normalerweise beim Laufen mache und nicht mit einem Riss an der Handoberfläche verbunden gewesen (Bl. 83 f. GA). Wegen ihrer Verletzung an der rechten Mittelhand hat die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 8.000,- Euro für angemessen gehalten. Durch die – schriftsätzlich behauptete – Risswunde und die eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit der rechten Hand sei sie überdies auf Dauer in ihrer Erwerbsmöglichkeit eingeschränkt; daraus resultiere ein künftiger Erwerbsschaden von 22.000,- Euro. Die Beklagte hat den schriftsätzlich geschilderten Ablauf mit Nichtwissen bestritten und auf Widersprüche zur vorgerichtlichen Darstellung der Klägerin hingewiesen. Der Handlauf sei nicht „scharfkantig rechtwinklig gerade“, zudem werde nicht dargelegt, wie es konkret zu einer Verletzung gekommen sei. Auch die Schadenshöhe sei unsubstantiiert und unschlüssig.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Ausgehend von dem geschilderten Ablauf könne die Klägerin der Beklagten keine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten vorwerfen. Davon abgesehen, dass aus den vorgelegten Lichtbildern kein verkehrswidriger Zustand des Geländers zu erkennen sei, sei die von der Klägerin erlittene Verletzung auf den beim Laufen bewirkten Anstoß der Klägerin anlässlich des eiligen Hinauflaufens zurückzuführen.

Verkehrssicherungspflicht einer Bank - Instandhaltung des Handlaufs einer Treppe
(Symbolfoto: Von Beekeepx/Shutterstock.com)

Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens ihr in erster Instanz erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter. Sie behauptet erneut, ihre Verletzungen seien durch das Ergreifen des scharfkantig rechtwinkligen Endes des Handlaufs geschehen und nicht eingetreten, wenn dieser abgerundet gestaltet worden wäre, und beantragt (wörtlich, Bl. 129 GA):

Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24. August 2018, Geschäftsnummer 1 O 60/16, wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.000,- Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 4. Oktober 2017 zu bezahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die künftigen aus der Verletzung der rechten Mittelhand der Klägerin am 30. Juli 2017 gegen 15h00 am Zugang zur Filiale der Beklagten entstehenden Erwerbsschaden zu bezahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.358,85 Euro nebst 5 % Zinsen aus 1.358,86 Euro seit dem 6. März 2018 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 132 GA), die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 20. Juli 2018 (Bl. 82 ff. GA) verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats auf der Grundlage der Berufungsbegründung keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Es hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber keine Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Sie haftet der Klägerin deshalb weder auf vertraglicher (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB), noch auf deliktischer Grundlage (§ 823 Abs. 1 BGB oder §§ 823 Abs. 2 BGB, 230 StGB). Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen vorab Bezug auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, denen er nach eigener Prüfung beitritt. Die mit der Berufung dagegen erhobenen Einwände der Klägerin, die im Wesentlichen früheren schriftsätzlichen Sachvortrag wiederholen, rechtfertigen keine abweichende Beurteilung:

1.

Das Landgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass nach allgemeinem Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) eine Verpflichtung zum Schadensersatz für schuldhaft verursachte Verletzungen des Körpers oder der Gesundheit insbesondere bei Verletzungen der Verkehrssicherungspflicht besteht, weil derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (BGH, Urteil vom 9. September 2008 – VI ZR 279/06, VersR 2008, 1551). Verkehrssicherungspflichten sind innerhalb eines Vertragsverhältnisses, wie es angesichts der Kundenbeziehung zwischen den Parteien besteht, zugleich Vertragspflichten (BGH, Urteil vom 14. März 2013 – III ZR 296/11, BGHZ 196, 340; SaarlOLG, Urteil vom 12. Oktober 2017 – 4 U 149/16, VersR 2018, 826; Grüneberg, in: Palandt, BGB 77. Aufl., § 280 Rn. 28; vgl. § 241 Abs. 2 BGB). Der Schuldner haftet hier deshalb auch gemäß § 280 Abs. 1 BGB für Schäden, die dem Gläubiger durch eine solche Pflichtverletzung zugefügt werden, es sei denn diese ist vom Schuldner nicht zu vertreten.

2.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen – den Umständen nach zumutbaren – Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (BGH, Urteil vom 8. November 2005 – VI ZR 332/04, VersR 2006, 233; Urteil vom 9. September 2008 – VI ZR 279/06, VersR 2008, 1551; Urteil vom 2. Oktober 2012 – VI ZR 311/11, BGHZ 195, 30). Voraussetzung ist daher, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 – VI ZR 155/02, NJW-RR 2003, 1459). Allerdings kann nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich erachtet (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 – VI ZR 155/02, NJW-RR 2003, 1459; Urteil vom 8. November 2005 – VI ZR 332/04, VersR 2006, 233; Urteil vom 2. Oktober 2012 – VI ZR 311/11, BGHZ 195, 30). Kommt es hiernach in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte – so hart dies im Einzelfall sein mag – den Schaden selbst tragen: Er hat ein „Unglück“ erlitten und kann dem Schädiger kein „Unrecht“ vorhalten (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2012 – VI ZR 311/11, BGHZ 195, 30; Urteil vom 1. Oktober 2013 – VI ZR 369/12, VersR 2014, 78; Wellner, in: Geigel, Der Haftpflichtprozess 27. Aufl., § 14 Rn. 28)

3.

Wendet man diese Grundsätze auf den Streitfall an, so ist, wie das Landgericht zutreffend annimmt, eine Haftung der Beklagten für den von der Klägerin erlittenen Schaden hier sowohl im Rahmen des Vertragsverhältnisses als auch unter deliktischen Gesichtspunkten zu verneinen. Auf der Grundlage des erstinstanzlich festgestellten Schadensherganges liegt eine schadensursächliche Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte nicht vor:

a)

Nachdem die Beklagte den von der Klägerin schriftsätzlich geschilderten Ablauf – zulässigerweise – mit Nichtwissen bestritten hatte und der für den Unfallhergang darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin keine anderen Beweismittel zur Seite stehen, hat das Landgericht die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingehend angehört. Auf dieser Grundlage hat es sich davon überzeugt, dass die Klägerin auf dem Weg zum Eingang der Bank an dem unteren rechten Teil des Treppengeländers, wie es aus den zur Akte gereichten Lichtbildern ersichtlich ist, derart heftig angestoßen ist, dass sich dadurch der Mittelfinger in die Hand „reingedrückt“ hat und der Handknochen der rechten Hand gebrochen ist, ohne dass dabei aber eine blutende Wunde entstanden wäre (LGU S. 4). Auszuschließen sei dagegen, dass die von der Klägerin erlittene Verletzung auf eine etwaige schafkantige Endung des Geländers zurückzuführen sei, denn nach ihrer eigenen Einlassung habe die Klägerin bei dem Anprall an das Geländer keine Risswunde erlitten; vielmehr sei ihre Verletzung allein auf die Heftigkeit des Anstoßes der Hand an das Geländer durch das von der Klägerin eingeräumte schnelle Hinauflaufen der Treppe zurückzuführen. Dies liege im eigenen Verantwortungsbereich der Klägerin, die nicht mit der gebotenen Sorgfalt die Treppe hinaufgelaufen sei (LGU S. 6). Diese tatsächlichen Feststellungen zum Schadenshergang sind im Berufungsrechtszug zugrunde zu legen, weil sie verfahrensfehlerfrei getroffen wurden und konkrete Zweifel an ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit nicht bestehen (§ 529 Abs. 1 ZPO).

aa)

Das Landgericht hat sich für seine Feststellungen in erster Linie auf die Angaben der Klägerin im Termin am 20. Juli 2018 gestützt, die den Ablauf in der vorstehend beschriebenen Weise – abweichend von dem z.T. schon in sich widersprüchlichen schriftsätzlichen Sachvortrag – geschildert hat. Danach ist die Klägerin „sportlich und flott“ unterwegs gewesen: Nachdem sie das Geld aus dem Auto geholt hatte, sei sie die Treppe hochgelaufen, habe sich dabei am Endpunkt des Geländers festhalten wollen und sei dann dort in dem unteren Bereich mit ihrem Handrücken dagegen gestoßen; dabei sei der Knochen verletzt worden. Es habe so wehgetan, dass sie die letzte Stufe nach oben gesprungen und dabei hingefallen sei, wodurch sie sich auch eine Verletzung am rechten Knie zugezogen habe. Der Anstoß an das Geländer sei bedingt durch die Armbewegung erfolgt, die man normalerweise beim Laufen mache und nicht mit einem Riss an der Handoberfläche verbunden gewesen. Vielmehr sei durch den Arzt dann festgestellt worden, dass an der Hand etwas gebrochen und der Mittelfinger in den Handbereich „reingedrückt“ sei (Bl. 83 f. GA). Zu Recht hebt das Landgericht darauf ab, dass sich diese in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Angaben der Klägerin mit der zunächst gegenüber der Beklagten abgegebenen Schilderung des Geschehens decken, das in der Klageerwiderung unwidersprochen wiedergegeben wurde. Sie entsprechen darüber hinaus auch dem Hergang, den die Klägerin ausweislich des „Zwischenberichts“ des Klinikums M. vom 4. März 2017 zeitnah nach dem Unfall gegenüber den sie behandelnden Ärzten geschildert hat. Deshalb begegnet es keinen Bedenken, dass das Landgericht diesen Angaben gefolgt ist und bei seiner Entscheidung über dem Klageanspruch von diesem nachvollziehbar und plausibel geschilderten Geschehensablauf ausgegangen ist.

bb)

Bei dieser Sachlage kann sich die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr darauf berufen, sie sei vom Geländer „abgerutscht“ (Bl. 149 GA) und auch im Übrigen „ganz normal“ gegangen und keineswegs sportlich und flott gelaufen (Bl. 150 GA). Die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts beruhen auf den eigenen Angaben der Klägerin aus der Anhörung, die sich mit ihren vorgerichtlichen Aussagen deckt. Ihr bloßes Beharren auf abweichenden früheren Behauptungen ist nicht geeignet, die Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts in Zweifel zu ziehen. Vergeblich macht die Berufung in diesem Zusammenhang – erneut – auf angebliche Sprachschwierigkeiten der Klägerin – als spanische Muttersprachlerin – aufmerksam. Ausweislich des Sitzungsprotokolls des Landgerichts, das als öffentliche Urkunde für die Richtigkeit der darin beurkundeten Vorgänge vollen Beweis erbringt und dessen Berichtigung von der Klägerin nicht beantragt wurde, ist ihre Anhörung im Termin im Beisein einer vereidigten Dolmetscherin erfolgt. Schon vor diesem Hintergrund ist der neuerliche Hinweis auf sprachliche Missverständnisse aus diesem Anlass nicht tragfähig. Auch insoweit spricht wiederum dagegen, dass die protokollierten Angaben in ihren wesentlichen Punkten mit den zeitnah nach dem Unfall abgegebenen Schilderungen der Klägerin übereinstimmen, während Abweichungen allein zum schriftsätzlichen Sachvortrag im vorliegenden Rechtsstreit bestehen, was allenfalls auf Verständigungsschwierigkeiten zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten hindeuten könnte, nicht jedoch darauf, dass ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung anders hätten verstanden werden müssen, als tatsächlich in der Sitzungsniederschrift protokolliert.

b)

Ausgehend von dem festgestellten Schadensablauf, lässt sich bei rechtlicher Würdigung dieser Tatsachen jedoch keine Verantwortlichkeit der Beklagten für die Schädigung der Klägerin anlässlich der Benutzung der Treppe und des Handlaufes beim Betreten der Geschäftsräume feststellen. Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass es insoweit schon an einer schadenserheblichen Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten fehlt:

aa)

Eine allgemeine Verpflichtung der Beklagten, dafür Sorge zu tragen, dass sich ihre Kunden nicht am Treppengeländer stoßen, besteht ohnehin nicht. Der Verkehrssicherungspflichtige muss in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (BGH, Urteil vom 21. Juni 1979 – III ZR 58/78, VersR 1979, 1055; Urteil vom 24. Januar 2002 – III ZR 103/01, VersR 2002, 1040). Bei der Ausgestaltung von Treppen muss er vor allem darauf achten, Unfällen vorzubeugen, die sich durch Stürze, insbes. beim Hinabgehen, ereignen können (vgl. BGH, a.a.O.; Urteil vom 11. März 1969 – VI ZR 271/67, VersR 1969, 665; OLG Stuttgart, VersR 2005, 663). Wenn eine Treppe mit einem Geländer und einem Handlauf versehen ist, trifft den Verkehrssicherungspflichtigen die Aufgabe, Handlauf und Geländer so instand zu halten, dass sie zweckgerecht beim Begehen der Treppe sicheren Halt bieten und die Treppenbenutzer nicht gefährden (OLG Celle, VersR 1983, 1163). Eine Verpflichtung, die Benutzer einer Treppe auch davor zu schützen, sich bei – wie hier – aus Unachtsamkeit erfolgten Anstößen an das Treppengeländer zu verletzen, gibt es dagegen nicht. Dem Verkehrssicherungspflichtigen kann nicht abverlangt werden, für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen zu treffen, zumal nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden kann und eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 – VI ZR 155/02, NJW-RR 2003, 1459; Urteil vom 2. Oktober 2012 – VI ZR 311/11, BGHZ 195, 30). Der durchschnittliche Benutzer einer Treppe erwartet das auch nicht. Deshalb hatte die Beklagte hier keinen Anlass, der Gefahr eines Anstoßens der Klägerin an das Geländer vorbeugend entgegenzuwirken.

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bb)

Hinzu kommt vorliegend, dass eine aus dem Vorhandensein des Handlaufes resultierende mögliche Gefahr anstoßbedingter Verletzungen für die Klägerin ohne weiteres erkennbar und vermeidbar gewesen wäre. Unbeschadet der – nachgelagerten – Frage eines etwaigen Mitverschuldens des Verletzten kann bereits nicht gegen jedes Risiko Schutz verlangt werden, wenn der Dritte einfacher und mit geringerem Aufwand eine Schädigung als der Pflichtige vermeiden kann; in einem solchen Fall besteht keine Verkehrssicherungspflicht (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 – VI ZR 223/07, VersR 2008, 1083; OLG Köln, VersR 1993, 1494; BeckOGK/Spindler, 1.7.2018, BGB § 823 Rn. 405). Wie die vorgelegten Lichtbilder zeigen, bestehen an der Erkennbarkeit der Treppe und des seitlich davon angebrachten Geländers hier keine durchgreifenden Zweifel. Auch war die Klägerin nach ihren Angaben Kundin der Beklagten und erledigte ihre Bankgeschäfte regelmäßig über die betroffene Filiale, so dass sie mit den Örtlichkeiten vertraut war. Sie selbst behauptet auch nicht, den Handlauf übersehen zu haben; ganz im Gegenteil wollte sie diesen sogar bewusst ergreifen, um sich daran festzuhalten, hat ihn jedoch in der Eile verfehlt und ist dabei mit dem Handrücken dagegen geschlagen. Diese Schädigung wäre vermieden worden, hätte sie sich auf die ihr erkennbare und von ihr auch als solche erkannte Gefahrensituation eingestellt und ihre Bewegung in Richtung des Geländers langsamer und bewusster bewerkstelligt. Die Anforderungen an die Verkehrssicherung sind jedoch herabgesetzt gegenüber solchen Gefahren, die – wie hier – jedem vor Augen stehen müssen und vor denen man sich deshalb durch die zu verlangende eigene Vorsicht ohne weiteres selbst schützen kann; dann muss der Verkehrssicherungspflichtige grundsätzlich eine Gefährdung nicht in Rechnung stellen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1984 – VI ZR 218/83, NJW 1985, 1076; SaarlOLG, Urteil vom 25. Januar 2005 – 4 U 212/04-43, NJW-RR 2005, 1336). Dies muss hier erst recht deshalb gelten, weil sich die Verletzung im Bereich der Treppe und damit an einem Ort ereignet hat, in dem sich die Kunden der Beklagten ohnehin mit einer erhöhten Aufmerksamkeit bewegen mussten (vgl. OLG Koblenz, VersR 2018, 1531).

cc)

Vergeblich wendet die Berufung ein, der Abschluss des Handlaufes hätte nicht „scharfkantig rechtwinklig“ – gemeint: zylindrisch – ausgestaltet werden dürfen, sondern mit einem abgerundeten Knauf enden müssen. Dieser Einwand verkennt bereits, dass Sinn und Zweck der Verkehrssicherungspflicht nicht ist, einen völlig gefahrlosen Zustand zu schaffen, sondern nur solche Gefahren zu vermeiden, die aus Sicht des Verkehrspflichtigen nahe liegend sind und die der Geschädigte nicht beherrschen kann. Davon kann in Anbetracht des hier beanstandeten Handlaufes jedoch keine Rede sein. Zu Recht hat das Landgericht insoweit auch davon abgesehen, das von der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten einzuholen. Die von der Klägerin beanstandete Form des Handlaufes ist aus den erstinstanzlich vorgelegten Lichtbildern ohne weiteres ersichtlich. Ob dieser Zustand objektiv verkehrswidrig war, ist eine anhand der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilende Rechtsfrage (BGH, Urteil vom 21. Februar 1978 – VI ZR 202/76, VersR 1978, 561). Bei der Frage nach den anzulegenden Maßstäben ist nach allgemeinen Grundsätzen darauf abzustellen, welche Anforderungen üblicherweise an die Verkehrssicherungspflicht für vergleichbare Einrichtungen gestellt werden (SaarlOLG, Urteil vom 12. Oktober 2017 – 4 U 149/16, VersR 2018, 826; OLG Hamm, VersR 2016, 1328; Staudinger/Johannes Hager (2009) BGB § 823 E, Rn. 201). Wie aus den Lichtbildern ersichtlich, handelte es sich hier um eine Ausführung, die – gerade auch im Hinblick auf die als fehlend beanstandete Abrundung des Stangenendes – gerichtsbekannt weithin Verwendung findet, in jedem einschlägigen Baumarkt verkauft wird und allgemein als verkehrsüblich anzusehen ist. In diesem Zustand war der Handlauf von der Klägerin grundsätzlich so hinzunehmen, wie er sich ihr erkennbar darbot, d.h. mit all seinen Ecken und Kanten (vgl. OLG Köln, VersR 1993, 1497; siehe auch AG Prüm, NJW-RR 2005, 534; Staudinger/Johannes Hager (2009) BGB § 823 E Rn. 192, jeweils bzgl. kleinerer Abbruchstellen in einem Holzgeländer). Dass die Klägerin den Handlauf wahrgenommen hatte, ihn auch ergreifen wollte, diesen sodann aber aus eigener Unachtsamkeit verfehlte, hat sie selbst eingeräumt. Der – bei sachgerechter Benutzung eher unwahrscheinlichen – Möglichkeit, dass sich Benutzer der Treppe durch unkontrollierte Eigenbewegungen mit dem Handrücken an dem Handlauf stoßen könnten, musste die Beklagte nicht dadurch entgegenwirken, dass sie eine andere – nach Auffassung der Klägerin „ungefährlichere“ – Ausführung verwendete. Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, weiß, dass Geländer oder Handläufe in vielfältigster Gestaltung zum Einsatz gelangen und dass jede dieser Ausführungen, sei sie abgerundet oder eckig, mit gewissen Verletzungsrisiken verbunden ist, wenn Benutzer unkontrolliert mit der Hand dagegen schlagen. Das ist dem verwendeten Material geschuldet und muss auch so sein, denn würde dieses nachgeben, bestünde womöglich Absturzgefahr und würde der eigentliche Zweck eines Geländers verfehlt. Insoweit verwirklicht sich folglich das allgemeine Lebensrisiko, das bei nicht ausreichender Sorgfalt mit der Benutzung einer solchen Einrichtung verbunden ist und das nicht zu einer Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen führt, wenn der Betroffene die Gefahr – wie hier – ohne weiteres erkennen und beherrschen kann, jedoch falsch reagiert. Jede andere Betrachtung liefe darauf hinaus, die bloße Möglichkeit der Vermeidung (vermeintlicher) Gefahrenquellen als haftungsauslösenden Umstand anzusehen, was nicht zulässig ist (vgl. OLG München, NJW-RR 1996, 1230: „es dürfte sonst auch keine Alleebäume, Laternenpfosten, Zaunpfosten, Mauern, Hauswände und ähnliches geben, gegen die man … stoßen und sich dabei erheblich verletzen kann“).

dd)

Dessen unbeschadet, hat das Landgericht auf der Grundlage des von ihm beanstandungsfrei festgestellten Sachverhaltes zu Recht ausgeführt, dass sich eine aus der konkreten Gestaltung des Handlaufes resultierende erhöhte Gefahr hier auch nicht ursächlich ausgewirkt hätte. Die Klägerin ist, wie sie in ihrer persönlichen Anhörung im Einklang mit ihren früheren Angaben gegenüber ihren Ärzten und der Beklagten geschildert hat, beim (zu) schnellen Hinauflaufen der Treppe mit ihrem Arm gegen den Handlauf gestoßen und hat dabei keine äußeren Wunden oder Verletzungen erlitten. Ihre Handbewegung und der dadurch bedingte Anstoß an das Metall waren so heftig, dass – wie sie selbst schildert – der Mittelfinger „reingedrückt“ wurde und es zu einem Bruch des Mittelhandknochens kann. Das Landgericht hat daraus beanstandungsfrei den Schluss gezogen, dass die von der Klägerin bemängelte „scharfkantig rechtwinklige“ Ausgestaltung des Handlaufes, ohne Rücksicht auf die Frage einer darin liegenden Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, jedenfalls auch ohne Auswirkungen auf den Schadensablauf geblieben wäre. Der Senat sieht das genauso. Eine von der Klägerin geforderte Abrundung mit daraus folgender Verjüngung am Stangenende hätte bei dem von ihr geschilderten Ablauf womöglich – ganz im Gegenteil – zu einer punktuell noch stärkeren Kollision und damit zu weitergehenden Beschädigungen an der Hand geführt. Zusammengefasst gilt: Ursache der Schädigung war nicht die konkrete Gestaltung des Handlaufes, sondern einzig und allein das unachtsame Verhalten der Klägerin. Eine solche Verletzung kann dem Schädiger nicht als „Unrecht“ vorgeworfen werden, sondern ist vom Geschädigten als „Unglück“ hinzunehmen.

4.

Gründe, die die Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Klageabweisung in Frage stellen könnten, zeigt die Berufung auch im Übrigen nicht auf. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung einstimmig durch Beschluss zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 ZPO). Denn sie bietet aus den dargelegten Gründen offenkundig keine Erfolgsaussicht, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Die Klägerin erhält Gelegenheit, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. Ihr wird – auch aus Kostengründen – nahe gelegt, das Rechtsmittel innerhalb dieser Frist zurückzunehmen.

 

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