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Verkehrssicherungspflicht bei Betrieb einer Autowaschanlage

Tankdeckel abgerissen: Beklagte muss Schadensersatz zahlen.

Im Streitfall um einen abgerissenen Tankdeckel hat das Gericht entschieden: Die Beklagte muss der Klägerin Schadensersatz zahlen, da sie gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen hat. Der Tankdeckel wurde beim Waschen des Fahrzeugs in der Anlage der Beklagten abgerissen. Der Sachverständige konnte nachweisen, dass dies aufgrund von Fehlern in der Anlage passiert ist und die Beklagte den Benutzer darauf hinweisen musste. Der Schaden der Klägerin wurde in Höhe von 308 € festgesetzt und muss von der Beklagten beglichen werden. Die Klägerin kann auch die Erstattung ihrer Rechtsanwaltskosten verlangen. Eine Auslagenpauschale kann jedoch nicht beansprucht werden.

AG Kassel – Az.: 435 C 3680/20 – Urteil vom 02.08.2022

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 308,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.09.2020 sowie weitere 81,43 € zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht verlangen.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat durch Vorlage der Abnahmebescheinigung und der Rechnung der Firma A in B nachgewiesen, dass ihr das streitgegenständliche Fahrzeug übereignet worden ist.

Verkehrssicherungspflicht bei Betrieb einer Autowaschanlage
(Symbolfoto: monticello/Shutterstock.com)

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch Anhörung der Zeugen C, D und E, in Augenscheinnahme des Klägerfahrzeuges und Einholung eines Sachverständigengutachtens steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Tankdeckel des PKW Seat Ibiza der Klägerin am 20.08.2020 durch die Waschanlage der Beklagten in F abgerissen wurde. Unstreitig wurde der abgerissene Tankdeckel im Bereich der Waschstraße aufgefunden. Der Sachverständige hat überzeugend aufgezeigt, dass ein abreißen in der Waschanlage ohne weiteres möglich war. Er hat hierzu den Waschvorgang in der Waschanlage der Beklagten eingehend untersucht und beschrieben sowie die Besonderheiten des Fahrzeuges in seine Überlegungen mit einbezogen. Das Gutachten Ergebnis ist für das Gericht wie auch für den Laien ohne weiteres plausibel und nachvollziehbar. Danach hat das Gericht keinerlei Zweifel mehr daran, dass der nicht verschließbare Tankdeckel beim Besuch der Waschanlage zerstört wurde.

Dabei berücksichtigt das Gericht auch, dass die Augenscheinnahme zeigte, dass der Klappmechanismus des Tankdeckels noch funktionsfähig war und dass eine altersbedingte Ermüdungserscheinung beim Klägerfahrzeug nicht zu erwarten ist, da es aufgrund der Erstzulassung im Dezember 2014 am Schadenstag noch keine sechs Jahre alt war. Auch konnte der Zeuge C glaubhaft bekunden, dass zuvor keine Beschädigung am Tankdeckel vorhanden war, da der Zeuge eines solchen nicht wahrgenommen hatte. Dies hätte jedoch bemerken müssen, da das Aufsuchen einer Tankstelle und damit das Öffnen des Tankeinfüllstutzens regelmäßig stattfindet.

Die Beklagte ist hierfür verantwortlich, weil sie eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Eine solche besteht immer dann, wer einen gefahrgeneigten Verkehr eröffnet. Er muss denn die Gefahrenquellen entweder für die Benutzer beherrschbar machen oder durch geeignete Hinweise dafür sorgen, dass die Gefahrenquelle umgangen wird, wenn die Gefahr nicht beherrschbar ist. Da sie es zuvor jedoch unterlassen hatte, in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass eine gefahrlose Benutzung ihrer Waschanlage in F mit dem Klägerfahrzeug nicht möglich war, hat sie diesen Anforderungen nicht genügt.

Zwar hat sie durch Hinweisschilder anempfohlen, die Tankdeckel der die Anlage benutzenden Fahrzeuge zu verriegeln. Das Klägerfahrzeug verfügt jedoch nicht über einen verriegelbaren Tankdeckel. Somit hätte die Beklagte angesichts der ihr offenbar bekannten Insuffizienz ihrer Anlage in Bezug auf das unbeabsichtigte und ungewollte Öffnen von Tankdeckel (andernfalls hätte die erwähnte Empfehlung keinen Sinn) deutlich darauf hinweisen müssen, dass die Benutzung der Waschstraße mit einem Fahrzeug wie dem Klägerfahrzeug schlechterdings unmöglich ist. Dieser Hinweis müsste auch so deutlich gestaltet werden, dass auch der wenige aufmerksame Benutzer ihn sofort erkennt. Dies ist deswegen erforderlich, weil eine abgerissene Tankklappe auch in der Lage ist, nachfolgende Fahrzeuge bei der Benutzung der Waschanlage zu beschädigen. Der Hinweis muss dergestalt aussehen, dass jedermann sofort weiß, dass er ohne verriegelbaren Tankdeckel vom Besuch der Waschanlage Abstand nehmen muss. Daran fehlt es vorliegend jedoch. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, dass ein solcher Hinweis vorhanden war. Der nach dem Beklagtenvorbringen vorhandene Hinweis genügt jedoch den Anforderungen nicht.

Vor diesem Hintergrund kommt es auf den Streit der Parteien über die Wahrung von Verkehrssicherungspflichten durch Kontrolle und Wartung der Waschanlage im Übrigen nicht mehr an.

Die Klägerin hat ihren Schaden auch der Höhe nach hinreichend dargetan durch Vorlage eines Kostenvoranschlages der Firma G, H. Der von der Beklagten geführte Angriff gegen den Zeitaufwand für die Lackierarbeiten von 11 Arbeitswerten (AW) ist nicht nachvollziehbar. Der Abteilungsrichter kann anhand seiner jahrzehntelangen Erfahrung mit der Behandlung von Streitigkeiten aufgrund von Verkehrsunfällen hinreichend sicher beurteilen, dass dieser Arbeitsaufwand sicher nicht zu hoch gegriffen ist.

Im Übrigen ist der Sachschaden der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitig.

Eine Auslagenpauschale kann die Klägerin nicht beanspruchen, da eine solche angesichts der modernen Telekommunikationsfirmen und der damit verbundenen Kostensenkung bzw. fehlenden Ausscheidbarkeit von Kosten nur noch bei Verkehrsunfällen von Rechtsfällen des Bundesgerichtshofs – der sich das erkennende Gericht anschließt – akzeptiert wird. Da hier kein Verkehrsunfall, sondern ein sonstiger Schadensfall betroffen ist, kann somit eine Auslagenpauschale nicht mehr geltend gemacht werden. Nach dem entsprechenden Bestreiten der Beklagtenseite hat die Klägerin konkret bei ihr angefallene Auslagen nicht aufgezeigt.

Folglich verbleibt es bei einem zuzusprechenden Betrag von 308,00 €.

Unter Verzugsschadensersatzgesichtspunkten kann die Klägerin weiterhin die Erstattung der ihr vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten als solche zweckentsprechender Rechtsverfolgung in geltend gemachter Höhe verlangen.

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