Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Verkehrssicherungspflicht im Fokus: Haftung von Behörden bei Unfällen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Verkehrssicherungspflichten bestehen bei Wald- und Feldwegen?
- Was sind typische und atypische Gefahren auf Wald- und Feldwegen?
- Wann haftet die Gemeinde bei Unfällen auf Wald- und Feldwegen?
- Welche Sorgfaltspflichten haben Radfahrer auf unbefestigten Wegen?
- Welche Bedeutung haben Warnschilder für die Haftung bei Wegeunfällen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Siegen
- Datum: 10.11.2021
- Aktenzeichen: 1 O 369/20
- Verfahrensart: Schadensersatzklage wegen Amtspflichtverletzung
- Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht, Straßen- und Wegerecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Frau, die Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Sturzes auf einem unbefestigten Teilstück der N.-straße mit einem E-Bike verlangt. Sie argumentiert, dass der Unfall durch eine ungesicherte Gefahrenstelle verursacht wurde, für die die Beklagte verantwortlich sei. Sie erlitt mehrere Verletzungen und fordert zukünftige Schadensersatzleistungen für mögliche Folgeschäden.
- Beklagte: Die Gemeinde, welche die Sicherheit auf der betroffenen Straße gewährleisten soll. Sie argumentiert, dass die Straße als Feld- bzw. Waldweg erkennbar sei und es keine Verkehrssicherungspflichtverletzung gebe, da die Unebenheiten erkennbar und mit durchschnittlicher Sorgfalt vermeidbar seien.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin stürzte am 8.5.2020 mit dem E-Bike auf einem ungeteerten Straßenstück der N.-straße, auf dem sich ein Erdhügel befindet, der von der Gemeinde zur Durchsetzung eines Fahrverbots aufgeschüttet wurde. Sie behauptet, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, da keine Warnung vor der Gefahrenstelle bestand.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, indem sie die Gefahrenstelle nicht ausreichend abgesichert oder gekennzeichnet hat und ob die Straße als Feld- bzw. Waldweg einzustufen ist, was die Verkehrssicherungspflicht beeinflusst.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen, und die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass es sich um eine als Feld- bzw. Waldweg erkennbare Strecke handelt und die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht niedriger sind. Die Unebenheiten waren erkennbar und nicht atypisch für einen solchen Weg. Daher lag keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor.
- Folgen: Die Klägerin erhält keinen Schadensersatz oder Schmerzensgeld. Die Entscheidung bestätigt die geringeren Verkehrssicherungspflichten auf Feld- und Waldwegen und fordert von Verkehrsbenutzern eine Anpassung an die erkennbaren Verhältnisse.
Verkehrssicherungspflicht im Fokus: Haftung von Behörden bei Unfällen
Die Verkehrssicherungspflicht ist ein zentraler Aspekt im deutschen Recht, der die Verantwortung von Behörden für die Sicherheit öffentlicher Wege umfasst. Besonders bei Feld- und Waldwegen stellt sich die Frage, inwieweit diese Wege den Sicherheitsanforderungen genügen. Im Fall eines Verkehrsunfalls kann die Verletzung dieser Pflicht zu Schadensersatzansprüchen führen und die Verantwortlichkeit der Behörden auf den Prüfstand stellen. Die Straßenverkehrsordnung gibt hier Rahmenbedingungen vor, die es zu beachten gilt.
Von Bedeutung ist auch das Wegerecht, das regelt, unter welchen Bedingungen öffentlicher Zugang zu Feld- und Waldwegen gegeben ist. Wenn eine Behörde ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommt, kann dies unter Umständen als Amtsmissbrauch gewertet werden, was rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Im Folgenden wird ein konkreter Fall beleuchtet, der diese Aspekte der Amtshaftung und Verkehrssicherheit veranschaulicht.
Der Fall vor Gericht
Sturz mit E-Bike: Keine Haftung der Gemeinde für Unfall auf unbefestigtem Waldweg

Ein Sturz mit dem E-Bike auf einem unbefestigten Teilstück der N.-straße in U. führte zu schweren Verletzungen, begründet jedoch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Gemeinde. Das Landgericht Siegen wies die Klage einer Radfahrerin ab, die nach einem Sturz am 8. Mai 2020 Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 Euro gefordert hatte.
Unfallhergang auf naturbelassenem Wegabschnitt
Die Klägerin stürzte an einer Stelle, an der sich ein grasbewachsener Erdhügel befand, um den eine nicht bewachsene Spurrinne führte. Trotz Schrittgeschwindigkeit kippte sie zur linken Seite, als ihre E-Bike-Pedale am Erdhügel hängen blieb. Der Unfall ereignete sich auf einem Teilstück zwischen zwei geteerten Straßenabschnitten. Ein Verbotsschild für Kraftfahrzeuge und motorisierte Krafträder war vorhanden, jedoch keine spezifische Warnung vor Gefahrstellen.
Schwere Verletzungen durch den Sturz
Die Radfahrerin erlitt einen Bruch des linken Ellenbogens sowie der rechten Elle und Speiche nahe dem Handgelenk, zudem diverse Prellungen und Hautabschürfungen. Nach einer Operation und vierwöchiger Gipsschiene musste sie die Krankengymnastik wegen Schmerzen abbrechen. Die Behandlung erforderte die Entfernung von Drähten aus dem Ellenbogen sowie einer Platte im Handgelenk. Noch Monate nach dem Unfall bestanden Einschränkungen der Stützkraft in der rechten Hand.
Gericht: Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
Das Landgericht stufte das Teilstück als Wald- bzw. Feldweg ein, für den geringere Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht gelten. Der Erdhügel stelle keine Atypische Gefahr dar, da auf unbefestigten Wegen grundsätzlich mit Unebenheiten zu rechnen sei. Die Gefahrenstelle war nach Ansicht des Gerichts aus ausreichender Entfernung erkennbar, sodass ein Anhalten oder Anpassen der Fahrweise möglich gewesen wäre.
Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmer im Vordergrund
Das Gericht betonte die erhöhte Eigenverantwortung der Wegenutzer auf Wald- und Feldwegen. Die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde beschränke sich hier auf die Beseitigung atypischer Gefahren. Normaler Bewuchs, Spurrillen und Unebenheiten seien charakteristisch für solche Wege und müssten von Nutzern akzeptiert werden. Die Tatsache, dass der Erdhügel im Auftrag der Gemeinde aufgeschüttet wurde, erhöhe zwar deren Sorgfaltspflicht, begründe aber keine Haftung, da keine außergewöhnliche Gefahr vorliege.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil verdeutlicht, dass Kommunen nicht automatisch für Unfälle auf unbefestigten Waldwegen haften, auch wenn diese Teil des öffentlichen Straßennetzes sind. Bei naturgegebenen Unebenheiten und erkennbaren Gefahren liegt die Verantwortung beim Verkehrsteilnehmer, entsprechende Vorsicht walten zu lassen. Nicht jede Gefahrenstelle muss gesondert gekennzeichnet werden, wenn sie für einen aufmerksamen Nutzer erkennbar ist.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie einen Unfall auf einem unbefestigten Weg haben, müssen Sie nachweisen können, dass die Gefahr nicht erkennbar war und die Kommune ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Auf Waldwegen oder ähnlichen naturbelassenen Strecken müssen Sie mit Unebenheiten rechnen und Ihre Fahrweise entsprechend anpassen. Eine Entschädigung ist nur dann möglich, wenn die Gefahrenstelle außergewöhnlich und nicht erkennbar war. Prüfen Sie daher vor einer Klage genau, ob die Unfallstelle wirklich eine nicht vorhersehbare Gefahr darstellte oder ob Sie durch erhöhte Aufmerksamkeit den Unfall hätten vermeiden können.
Unfall auf einem Waldweg?
Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die rechtliche Situation nach einem Unfall auf unbefestigten Wegen genau zu kennen. Gerade die Frage der Verkehrssicherungspflicht und der erkennbaren Gefahr ist oft entscheidend. Wir helfen Ihnen, Ihre Ansprüche zu prüfen und die Rechtslage in Ihrem individuellen Fall zu bewerten. Sprechen Sie uns an, um Ihre Möglichkeiten zu besprechen und Klarheit zu gewinnen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Verkehrssicherungspflichten bestehen bei Wald- und Feldwegen?
Die Verkehrssicherungspflicht bei Wald- und Feldwegen ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Rechts, der sowohl Gemeinden als auch private Waldbesitzer betrifft.
Verantwortung der Gemeinden
- Öffentliche Feld- und Waldwege: Die Gemeinde trägt die Verantwortung für die Verkehrssicherheit auf öffentlichen Wegen, die dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind. Diese Pflicht umfasst regelmäßige Kontrollen und das Ergreifen von Maßnahmen, um Gefahren zu beseitigen, die ein sorgfältiger Verkehrsteilnehmer nicht erkennen kann.
- Umfang der Pflicht: Die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht sind bei Feld- und Waldwegen geringer als bei stark frequentierten Straßen. Nutzer solcher Wege müssen mit typischen Gefahren wie Unebenheiten oder herabfallenden Ästen rechnen. Die Gemeinde haftet nur, wenn sie von einer konkreten Gefahr wusste und diese trotz Zumutbarkeit nicht beseitigt hat.
Verantwortung der Waldbesitzer
- Typische vs. atypische Gefahren: Waldbesitzer haften grundsätzlich nicht für waldtypische Gefahren, wie herabhängende Äste oder Wurzeln. Sie sind jedoch verpflichtet, atypische Gefahren zu sichern, die nicht aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes resultieren.
- Öffentliche Waldwege: Für öffentliche Waldwege gelten ähnliche Regeln wie für private Wege. Der Waldbesitzer muss nur gegen atypische Gefahren sichern, es sei denn, er hat den Weg für spezielle Zwecke freigegeben oder beworben, was eine erhöhte Sicherungspflicht nach sich ziehen kann.
Praktische Beispiele
- Beispiel einer typischen Gefahr: Ein Spaziergänger auf einem Waldweg stolpert über eine Wurzel. Dies fällt unter waldtypische Gefahren, für die der Waldbesitzer nicht haftet.
- Beispiel einer atypischen Gefahr: Ein Waldbesitzer hat einen ungesicherten Holzstapel am Wegesrand stehen lassen, der umstürzt und einen Passanten verletzt. Hier könnte eine Haftung bestehen, da dies eine vom Besitzer geschaffene Gefahr ist.
Zusammengefasst müssen sowohl Gemeinden als auch Waldbesitzer im Rahmen des Zumutbaren für die Sicherheit auf ihren Wegen sorgen, wobei Nutzer solcher Wege mit typischen natürlichen Gefahren rechnen müssen.
Was sind typische und atypische Gefahren auf Wald- und Feldwegen?
Auf Wald- und Feldwegen müssen Sie zwischen typischen und atypischen Gefahren unterscheiden. Diese Unterscheidung ist entscheidend für die Haftung des Waldbesitzers oder der Gemeinde im Falle eines Unfalls.
Typische Gefahren
Typische Gefahren sind solche, die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes ergeben. Als Waldbesucher müssen Sie mit diesen Gefahren rechnen und sich entsprechend vorsichtig verhalten. Zu den typischen Gefahren gehören:
- Unebenheiten des Bodens, Wurzeln und Steine auf dem Weg
- Herabfallende Äste oder umstürzende Bäume, auch bei Sturm oder Schneebruch
- Fahrspuren von Forstfahrzeugen
- Glatte oder rutschige Wege bei Nässe oder Frost
- Lose Rinde oder morsche Baumteile
Wenn Sie einen Wald- oder Feldweg betreten, akzeptieren Sie diese Gefahren stillschweigend. Der Waldbesitzer oder die Gemeinde haften in der Regel nicht für Unfälle, die durch solche typischen Gefahren verursacht werden.
Atypische Gefahren
Atypische Gefahren sind solche, die der Waldbesucher nicht erwarten muss und die meist vom Menschen geschaffen wurden. Bei diesen Gefahren besteht eine Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers oder der Gemeinde. Zu den atypischen Gefahren zählen:
- Nicht gekennzeichnete Forstschranken oder Zäune
- Ungesicherte Holzstapel oder instabile Holzpolter
- Gefährliche Abgrabungen oder Aufschüttungen
- Nicht abgesicherte Gruben oder Schächte
- Künstlich angelegte, steile Treppen ohne Geländer
Bei atypischen Gefahren muss der Verantwortliche angemessene Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, wie das Aufstellen von Warnschildern oder die Beseitigung der Gefahrenquelle.
Besondere Situationen
In bestimmten Fällen können auch scheinbar typische Gefahren zu atypischen werden:
- Bei einer sogenannten „Megabaumgefahr“, die für jedermann erkennbar ist und ohne Zweifel in allernächster Zeit zu einem schweren Schaden führen kann, muss der Waldbesitzer handeln.
- Stark frequentierte oder besonders ausgewiesene Wege (z.B. Premiumwanderwege) können unter Umständen höhere Sicherheitsanforderungen haben.
Beachten Sie, dass die Einordnung als typische oder Atypische Gefahr im Einzelfall von einem Gericht beurteilt werden kann. Als Waldbesucher sollten Sie stets aufmerksam sein und Ihre Geschwindigkeit den Wegverhältnissen anpassen.
Wann haftet die Gemeinde bei Unfällen auf Wald- und Feldwegen?
Die Haftung einer Gemeinde für Unfälle auf Wald- und Feldwegen hängt maßgeblich von der Art des Weges und der Gefahrenquelle ab.
Öffentlich gewidmete Wege
Bei öffentlich gewidmeten Wegen ist die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast grundsätzlich für die Verkehrssicherheit verantwortlich. Die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht sind jedoch deutlich geringer als bei normalen Straßen.
Wenn Sie einen öffentlichen Wald- oder Feldweg nutzen, müssen Sie mit typischen Gefahren wie Unebenheiten, losem Geröll oder Gras auf der Fahrbahn rechnen. Eine Haftung der Gemeinde kommt nur in Betracht, wenn:
- Eine atypische, nicht waldtypische Gefahr vorliegt
- Die Gemeinde von der konkreten Gefahr wusste und diese trotz Zumutbarkeit nicht beseitigt hat
- Die Gefahr für einen aufmerksamen Benutzer nicht erkennbar war
Nicht öffentliche Wege
Bei nicht öffentlichen Waldwegen gelten noch geringere Anforderungen. Das Betreten des Waldes erfolgt grundsätzlich auf eigene Gefahr. Die Gemeinde haftet hier nur für atypische Gefahren, die sie selbst geschaffen oder geduldet hat.
Kontroll- und Sicherungspflichten
Die Gemeinde muss regelmäßige Kontrollen durchführen, deren Häufigkeit sich nach der Verkehrsbedeutung des Weges richtet. Bei wenig frequentierten Wald- und Feldwegen genügen in der Regel jährliche Sichtkontrollen.
Bei akuten Gefahren muss die Gemeinde unmittelbare Sicherungsmaßnahmen ergreifen, wie etwa das Aufstellen von Warnschildern oder eine provisorische Absperrung.
Waldtypische und atypische Gefahren
Wenn Sie einen Unfall auf einem Wald- oder Feldweg erleiden, ist für die Haftung entscheidend, ob eine waldtypische oder atypische Gefahr vorlag:
Waldtypische Gefahren, für die keine Haftung besteht, sind beispielsweise:
- Herabfallende Äste
- Unebenheiten im Wegverlauf
- Wurzeln auf dem Weg
- Loses Geröll
Atypische Gefahren, die eine Haftung begründen können, sind etwa:
- Nicht gesicherte Holzstapel
- Nicht erkennbare Wegeabsperrungen
- Künstlich geschaffene Gefahrenquellen
Welche Sorgfaltspflichten haben Radfahrer auf unbefestigten Wegen?
Grundsätzliche Sorgfaltspflichten
Radfahrer haben auf unbefestigten Wegen, wie Feld- und Waldwegen, eine erhöhte Eigenverantwortung. Sie müssen sich den typischen Gefahren dieser Wege bewusst sein und ihr Fahrverhalten entsprechend anpassen. Hier sind einige zentrale Sorgfaltspflichten:
- Erkennung und Vermeidung von Gefahren: Radfahrer müssen mit Unebenheiten, Hindernissen und anderen typischen Gefahren rechnen, die sich aus der Beschaffenheit des Weges ergeben. Dazu gehören Spurrillen, Erdhügel, herabfallende Äste oder Wurzeln auf dem Weg. Sie müssen diese Gefahren rechtzeitig erkennen und vermeiden .
- Anpassung der Fahrweise: Radfahrer müssen ihre Geschwindigkeit an die Gegebenheiten des Weges anpassen. Bei erkennbaren Gefahren wie Schlaglöchern oder Glätte müssen sie ihre Fahrweise entsprechend anpassen .
- Vorsicht bei Begegnungsverkehr: Wenn Sie auf einem unbefestigten Weg anderen Verkehrsteilnehmern begegnen, sollten Sie rechtzeitig vom Rad steigen und das Fahrrad schieben, wenn der Weg zu schmal oder die Sichtverhältnisse unzureichend sind .
- Sichtfahrgebot: Besonders bei Dunkelheit oder schlechten Lichtverhältnissen gilt das Sichtfahrgebot. Radfahrer dürfen nicht darauf vertrauen, den Weg gefahrlos verlassen zu können, wenn das angrenzende Gelände nicht erkennbar ist .
Rechtliche Grundlagen
Die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinden und Waldbesitzer ist auf unbefestigten Wegen eingeschränkt. Sie müssen nur solche Gefahren beseitigen oder vor ihnen warnen, die für einen sorgfältigen Benutzer nicht rechtzeitig erkennbar sind oder vor denen er sich nicht selbst schützen kann .
- Typische Gefahren: Radfahrer müssen sich auf typische Gefahren einstellen, wie z.B. Unebenheiten, loses Geröll oder Gras auf der Fahrbahn. Die Gemeinde haftet nicht für Unfälle, wenn die Gefahrenstelle bei angemessener Sorgfalt erkennbar und beherrschbar war .
- Atypische Gefahren: Nur bei Gefahren, die nicht waldtypisch sind, wie z.B. nicht gesicherte Holzstapel oder nicht erkennbare Wegeabsperrungen, haften Waldbesitzer .
Handlungsschritte
Wenn Sie als Radfahrer auf unbefestigten Wegen unterwegs sind:
- Seien Sie stets aufmerksam: Achten Sie auf Unebenheiten und Hindernisse und passen Sie Ihre Geschwindigkeit an.
- Reagieren Sie auf Gefahren: Bei erkennbaren Gefahren wie Schlaglöchern oder Glätte sollten Sie Ihre Fahrweise anpassen oder gegebenenfalls absteigen.
- Beachten Sie andere Verkehrsteilnehmer: Bei Begegnungsverkehr sollten Sie rechtzeitig vom Rad steigen und das Fahrrad schieben, wenn der Weg zu schmal ist.
- Nutzen Sie Ihre Sinne: Besonders bei schlechten Lichtverhältnissen sollten Sie Ihre Sicht und Ihre Fähigkeit, Gefahren zu erkennen, nutzen.
Durch die Beachtung dieser Sorgfaltspflichten tragen Sie zur eigenen Sicherheit und zur Sicherheit anderer bei und helfen, Unfälle zu vermeiden.
Welche Bedeutung haben Warnschilder für die Haftung bei Wegeunfällen?
Warnschilder spielen eine wichtige Rolle bei der Verkehrssicherungspflicht, entbinden jedoch nicht von der Haftung bei Wegeunfällen. Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet denjenigen, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, notwendige und zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um andere vor Schäden zu bewahren. Diese Pflicht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 823 BGB) verankert und kann zu Schadensersatzansprüchen führen, wenn sie verletzt wird.
Bedeutung von Warnschildern
- Warnschilder sollen auf Gefahren hinweisen und dienen dazu, Verkehrsteilnehmer über potenzielle Risiken zu informieren. Sie sind ein Mittel zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht.
- Ein Warnschild allein reicht jedoch nicht aus, um die Haftung bei einem Unfall auszuschließen. Laut Rechtsprechung kann ein Schild wie „Betreten auf eigene Gefahr“ nicht dazu führen, dass der Verantwortliche von seiner Haftung bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit befreit wird.
Auswirkungen auf die Haftung
- Unwirksamkeit pauschaler Haftungsausschlüsse: Schilder, die pauschal jegliche Haftung ausschließen wollen, sind in der Regel unwirksam. Das Gesetz verbietet den Ausschluss oder die Begrenzung der Haftung für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz.
- Amtshaftung: Wenn eine Behörde für die Verkehrssicherung verantwortlich ist, kann sie haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Pflichten verletzt. Dies gilt auch dann, wenn Warnschilder unzureichend sind oder fehlen.
Praktische Beispiele
- Baustellen: Werden Warnschilder zu früh entfernt oder nicht ausreichend aufgestellt, kann dies als Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gewertet werden. Ein Beispiel wäre das Entfernen von Schildern bei einer Baustelle, obwohl noch Gefahren bestehen.
- Reitanlagen: Auf Reitanlagen können Schilder wie „Reiten auf eigene Gefahr“ nicht verhindern, dass der Betreiber haftbar gemacht wird, wenn er seine Sorgfaltspflichten verletzt hat.
Stellen Sie sich vor, Sie betreten einen Waldweg mit dem Schild „Betreten auf eigene Gefahr“. Sollte es zu einem Unfall aufgrund einer nicht gesicherten Gefahrenquelle kommen, könnte der Verantwortliche dennoch haftbar gemacht werden, wenn er seine Verkehrssicherungspflichten vernachlässigt hat.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Verkehrssicherungspflicht
Die rechtliche Pflicht, einen Verkehrsweg in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten und Gefahren für Nutzer zu vermeiden. Sie basiert auf § 823 BGB und der Rechtsprechung des BGH. Die Anforderungen variieren je nach Art des Weges – bei Waldwegen gelten geringere Standards als bei Hauptstraßen. Der Verantwortliche muss zumutbare Maßnahmen ergreifen, um typische Gefahren zu beseitigen oder davor zu warnen. Beispiel: Eine Gemeinde muss Schlaglöcher auf einer Straße reparieren, bei einem naturbelassenen Waldweg reicht aber meist eine Warnung vor Unebenheiten.
Amtshaftung
Die gesetzliche Haftung der öffentlichen Hand für Pflichtverletzungen ihrer Beamten und Angestellten gegenüber Dritten. Geregelt in Art. 34 GG und § 839 BGB. Sie greift, wenn Amtsträger ihre Amtspflichten schuldhaft verletzen und dadurch Schäden verursachen. Die geschädigte Person kann dann Schadensersatz vom Staat verlangen. Beispiel: Eine Behörde versäumt es trotz Kenntnis, eine gefährliche Stelle an einem öffentlichen Weg zu sichern, wodurch ein Unfall passiert.
Atypische Gefahr
Eine außergewöhnliche, über das übliche Risiko hinausgehende Gefahrensituation, die ein Verkehrsteilnehmer nicht erwarten muss. Relevant für die Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB. Nur gegen solche besonderen Gefahren muss der Verantwortliche besondere Sicherungsmaßnahmen ergreifen. Beispiel: Ein nicht erkennbarer Abgrund neben einem Waldweg wäre eine atypische Gefahr, normale Wurzeln oder Unebenheiten dagegen nicht.
Wegerecht
Die rechtlichen Bestimmungen über Entstehung, Bestand und Nutzung öffentlicher Wege, geregelt in den Landesstraßen- und -wegegesetzen. Es definiert verschiedene Wegekategorien und deren Widmung für den öffentlichen Verkehr sowie die damit verbundenen Rechte und Pflichten. Bestimmt auch den Umfang der Verkehrssicherungspflicht. Beispiel: Ein Waldweg kann als öffentlicher Weg gewidmet sein, wodurch die Gemeinde bestimmte Pflichten zur Instandhaltung übernimmt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 823 Abs. 1 BGB (Schadensersatzpflicht): Dieser Paragraph regelt die allgemeine Haftung für unerlaubte Handlungen, insbesondere bei der Verletzung von Rechtsgütern wie Leben, Körper, Gesundheit oder Eigentum. Der Schadensersatzanspruch entsteht, wenn die Schädigung auf einer schuldhaften Pflichtverletzung beruht.
Im Fall wurde geprüft, ob die Gemeinde durch unterlassene Maßnahmen zur Sicherung der N.-Straße eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Da keine atypische Gefahr nachgewiesen wurde, entfällt eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB. - Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB (Haftung bei Amtspflichtverletzungen): Art. 34 GG überträgt die Haftung für Amtspflichtverletzungen auf den Staat oder die jeweilige Gebietskörperschaft, während § 839 BGB die Pflichtverletzung und den daraus resultierenden Schaden regelt.
Die Klägerin warf der Gemeinde vor, durch die unzureichende Sicherung der Gefahrenstelle eine Amtspflicht verletzt zu haben. Da der Weg als Waldweg klassifiziert wurde und keine unzumutbare Gefahr bestand, lag keine Verletzung der Amtspflicht vor. - Verkehrssicherungspflicht (allgemeine Rechtsgrundlage): Diese ergibt sich aus der allgemeinen zivilrechtlichen Verpflichtung, Gefahrenquellen im Rahmen des Zumutbaren zu sichern, insbesondere für Straßenbaulastträger. Die Pflicht umfasst jedoch nur den Schutz vor atypischen und nicht erkennbaren Gefahren.
Im Fall wurde argumentiert, dass der Erdhügel und die Spurrillen als typische Gegebenheiten eines Waldwegs erkennbar waren. Somit bestand keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. - Straßen- und Wegegesetz NRW (§§ 9, 9a, 47): Dieses Gesetz regelt die Aufgaben der Straßenbaulastträger, insbesondere in Bezug auf Bau und Unterhaltung von Straßen sowie die Verkehrssicherungspflichten. Die Anforderungen hängen von der Art der Straße ab.
Im konkreten Fall wurde festgestellt, dass der unbefestigte Charakter des Weges offensichtlich war und die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht bei Wald- und Feldwegen niedriger sind. Daher keine Pflichtverletzung der Beklagten. - OLG Hamm, Urteil vom 23. April 2021 (I-11 U 119/20): Dieses Urteil konkretisiert die Verkehrssicherungspflicht und stellt klar, dass Verkehrsteilnehmer sich den erkennbaren Gegebenheiten eines Weges anpassen müssen. Eine Sicherungspflicht besteht nur bei atypischen Gefahren.
Die Argumentation des Landgerichts Siegen stützt sich auf diese Rechtsprechung. Der Erdhügel und die Spurrillen wurden als typische Gefahren eines Waldwegs eingestuft, weshalb die Beklagte keine Pflichtverletzung begangen hat.
Das vorliegende Urteil
Landgericht Siegen – Az.: 1 O 369/20 – Urteil vom 10.11.2021
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