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Verkehrssicherungspflicht bei mobilen Pferdeboxen

OLG Celle – Az.: 20 U 7/18 – Urteil vom 13.08.2018

Auf die Berufungen des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts V. vom 16. Januar 2018 – 1 O 88/16 – unter gleichzeitiger Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt teilweise abgeändert:

Die Beklagten zu 1 und 2 werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 2.850,53 Euro, die Beklagte zu 2 darüber hinaus weitere 2.850,53 Euro, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. August 2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten erster Instanz und den außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz tragen der Kläger 1/4, die Beklagten zu 1 und 2 1/4 als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 2 weitere 1/4 alleine. Der Kläger trägt von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 erster Instanz 1/2.

Von den Gerichtskosten zweiter Instanz und den außergerichtlichen Kosten des Klägers zweiter Instanz tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte zu 2 2/3. Die außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz des Beklagten zu 1 trägt der Kläger.

Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten beider Instanzen selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung eines seiner Hengste geltend.

Der Kläger unterhält einen Zucht- und Ausbildungsstall für Pferde. Er ist Eigentümer und Halter des 1999 geborenen Hengstes „Q.“. Im August 2015 war der Hengst bei einem Turnier der V. Turniergesellschaft gemeldet. Im Rahmen dieses Turniers waren die teilnehmenden Pferde in sogenannte mobile Boxen eingestellt, die die Beklagte zu 2 geliefert und aufgestellt hatte. Die Boxen waren in Rahmenbauweise mit Vierkantrohren der Profilmaße 25 x 25 x 2 mm oder 3 mm Materialstärke gefertigt. Sie haben eine Höhe von 220 cm und eine Grundfläche von ca. 3 x 1 Quadratmeter. Die Box, in der sich der Hengst „Q.“ befand, sicherte der Kläger zusätzlich mit Stromlitzen.

Der Beklagte zu 1 ist Eigentümer und Halter des Wallachs „F.“, welcher ebenfalls am Turnier der V. Turniergesellschaft teilnahm und in einer mobilen Box in derselben Halle wie der Hengst des Klägers untergebracht war.

In der Nacht vom 7. auf den 8. August 2015 kam es zu einem Vorfall, dessen Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind. Der Hengst des Klägers verletzte sich bei diesem Vorfall. Zur Behandlung sind Tierarztkosten in Höhe von insgesamt 5.701,06 Euro angefallen.

In erster Instanz haben die Parteien insbesondere darüber gestritten, ob das Pferd des Beklagten zu 1 sich aus seiner Box befreit und sich vor die Box des Hengstes des Klägers gestellt hat. Streitig war auch, ob sich hierdurch der Hengst des Klägers erregte, über die Wand der mobilen Box sprang und sich dadurch verletzte. Weiterhin haben die Parteien darüber gestritten, ob eine mangelhafte Stabilität und fehlerhafte Ausführung der von der Beklagten zu 2 gelieferten Boxen ursächlich für die Verletzungen des Hengstes waren.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W. (Bl. 90 f. d.A.), L. (Bl. 131 f. d.A.) und W. (Bl. 133 f. d.A) sowie durch Einholung von Gutachten und die Anhörung der Sachverständigen W. (Bl. 228 f. d.A/Aktenhülle Bd. II d.A.) und Dipl-Ing. H. (Bl. 231 f. d.A./Aktenhülle Bd. II d.A.).

Auf der Grundlage der Beweisaufnahme hat das Landgericht der Klage gegenüber dem Beklagten zu 1 in Höhe von 2.850, 53 Euro nebst Zinsen stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte zu 1 als Tierhalter dem Grunde nach für den geltend gemachten Schaden hafte, da nach der Beweisaufnahme feststehe, dass sich der Wallach des Beklagten zu 1 befreit und erhebliche Unruhe in der Halle verbreitet habe. Der Kläger müsse sich jedoch eine hälftige Mithaftung anrechnen lassen, da sich bei seinem Hengst mit dem Steigen in der Box die hengsttypische Tiergefahr verwirklicht habe.

Gegen die Beklagte zu 2 habe der Kläger keinen Anspruch, da nicht festgestellt werden könne, dass die Beklagte zu 2 Verkehrssicherungspflichten im Zusammenhang mit der Konstruktion, Bereitstellung und dem Aufbau der streitgegenständlichen mobilen Pferdebox verletzt habe. Zum einen sei die mangelhaft ausgeführte Schweißnaht nicht für den Bruch des Rohres verantwortlich. Zum anderen habe die Beklagte zu 2 keine Vierkantrohre mit einer Stärke von 50 x 50 x 3 mm für die Boxen verwenden müssen. Es existierten keine DIN Vorschriften, die eine solche Stärke vorschrieben. Ferner dränge sich die Verwendung einer solchen Stärke nicht offensichtlich auf. Mobile Boxen müssten transportabel und leicht auf- und abbaubar sein. An sie könnten nicht die gleichen Anforderungen wie an ortsfeste Boxen gestellt werden. Die Verletzung eines Pferdes sei auch nicht vorhersehbar gewesen. Die Beklagte zu 2 hat in diesem Zusammenhang unbestritten vorgetragen, dass es bei der Beklagten zu 2 trotz einer wöchentlichen Vermietung von 2.000 Boxen während zehn Jahren noch nicht zu einem Unfall gekommen ist.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Anrechnung der Tiergefahr seines Hengstes in Höhe von ½ gegenüber dem Beklagten zu 1 und gegen die Klageabweisung hinsichtlich der Beklagten zu 2 (Seite 2 Berufungsbegründung, im Folgenden: BB, Bl. 304 ff. d.A.).

Eine Anrechnung der klägerischen Tiergefahr sei gemäß § 833 S. 2 BGB ausgeschlossen, da der Hengst ein Nutztier sei und den Kläger kein Verschulden treffe. Er habe die Box ordnungsgemäß verschlossen und diese durch Strom zusätzlich abgesichert. Damit habe er alle erforderlichen Sicherungsmaßnahmen getroffen. Sein Pferd sei ein erfahrenes Turnierpferd, das bis zum Schadenszeitpunkt völlig unauffällig gewesen sei. Zumindest sei die Tiergefahr des Pferdes des Beklagten zu 1 weit höher zu gewichten, da den Kläger kein Verschulden treffe und er alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen habe (Seite 2 BB, Bl. 304 d.A.).

Verkehrssicherungspflicht bei mobilen Pferdeboxen
(Symbolfoto: yaalan/Shutterstock.com)

Hinsichtlich der Beklagten zu 2 habe das Landgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte zu 2 habe eine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Ursächlich für den Schadensfall sei, dass die Beklagte zu 2 Vierkantrohre mit einer unzureichenden Stärke verwendet habe (Seite 3 BB, Bl. 305 d.A.). Nach den Feststellungen des Sachverständigen H. hätte die Beklagte zu 2 nur Boxen mit Vierkantrohren der Materialstärke von mindestens 60 x 60 x 4 mm oder 80 x 80 x 4 mm einsetzen dürfen. Die Begründung des Landgerichts, dass ohne einschlägige Regelungen an die Konstruktion der mobilen Boxen nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden können wie an feste Boxen, überzeuge nicht. Gleiches gelte für den Einwand der Beklagten zu 2, es sei noch nie etwas passiert (Seite 3 BB, Bl. 305 d.A.). Zumindest hätte die Beklagte zu 2 aufgrund ihres „technischen know-hows“ über das Risiko der Materialstärke aufklären müssen. Dies sei gerade in Hinblick auf den Wert der Pferde erforderlich gewesen (Seite 3 BB, Bl. 305 d.A.).

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 16. Januar 2018 verkündeten Urteils des LG V. – 1 O 88/16 – die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 5.701,06 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen (Bl. 303 d.A.).

Die Beklagten zu 1 und 2 beantragen jeweils, die Berufung zurückzuweisen (Bl. 288, 291 d.A.).

Die Beklagte zu 1 beantragt darüber hinaus im Wege der Anschlussberufung, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger habe nicht bewiesen, dass das Pferd des Beklagten zu 1 den klägerischen Hengst zum Steigen gebracht habe (Seite 2 Anschlussberufungsbegründung, im Folgenden: ABB, Bl. 354 d.A.). Zeugen des Vorfalls gebe es nicht (Seite 3 f. ABB, Bl. 355 f. d.A.). Der klägerische Hengst sei auch nicht zur Stallgasse, sondern in Richtung der Nachbarbox gestiegen (Seite 4 ABB, Bl. 356 d.A.). Die bloße Anwesenheit eines Pferdes löse zudem nicht das Steigen eines Hengstes aus (Seite 6 ABB, Bl. 358 d.A.). Eine Haftung des Beklagten zu 2 scheitere ferner daran, dass die Tiergefahr des Beklagten zu 1 vollständig hinter der Tiergefahr des klägerischen Pferdes zurücktrete (Seite 3, 8 ABB, Bl. 355, 359 d.A.). Im Übrigen treffe den Kläger ein erhebliches Mitverschulden an der Schadensentstehung, weil er den Hengst nicht in einer festen Box und ein weiteres Pferd in einer benachbarten Box untergebracht habe (Seite 3, 8 ABB, Bl. 355, 360 d.A.).

Die Beklagte zu 2 beantragt überdies, die Revision zuzulassen (Bl. 392 d.A.).

Der Kläger habe nicht alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen zur ordnungsgemäßen Unterbringung seines Hengstes. So habe er ein weiteres Pferd in der Nachbarbox untergestellt und die Unterbringung seines Pferdes in einer festen Box abgelehnt. Dem Kläger seien die Boxen und deren Leichtbauweise bekannt gewesen. Die Boxen seien Standardboxen, die auch von der FEI (Fédération Equestre Internationale) anerkannt seien und auf großen Weltcupturnieren eingesetzt würden (Seite 2 Schriftsatz vom 22. Juni 2018, Bl. 372 d.A.; Seite 4 Schriftsatz 9. Juli 2018, Bl. 405 d.A.). Im Übrigen gebe es keine Richtlinien für den Boxenbau und sei noch nie ein Schadensereignis eingetreten (Seite 3 Schriftsatz vom 22. Juni 2018, Bl. 373 d.A.). Die Anforderungen an mobile Boxen müssten jedenfalls geringer sein als die Anforderungen an feste Boxen (Seite 5 Schriftsatz vom 22. Juni 2018, Bl. 375 d.A.). Ein Aufbau mobiler Boxen per Hand sei bei der geforderten Materialstärke im Übrigen „kaum noch möglich“ oder „nicht ohne weiteres möglich“. Die geforderte Materialstärke sei auch „kaum technisch möglich oder wirtschaftlich zumutbar“ (Seite 4 f. Schriftsatz vom 22. Juni 2018, Bl. 374 f. d.A.; Seite 2 Schriftsatz 9. Juli 2018, Bl. 403 d.A.). Ein Fahrlässigkeitsvorwurf sei der Beklagten jedenfalls deshalb nicht zu machen, da die Gefahr für die Beklagte zu 2 nicht vorhersehbar gewesen sei (Seite 5 Schriftsatz vom 22. Juni 2018, Bl. 375 d.A.). Es könne auch ein Materialfehler vorgelegen haben. Für diesen könne die Beklagten zu 2 zumindest dann nicht verantwortlich gemacht werden, wenn sie die Boxen nicht selbst hergestellt, sondern nur zugekauft habe (Seite 2 Schriftsatz 27. Juni 2018, Bl. 393 d.A.). Schließlich seien die Ausführungen des Senats zu den Haftungsanteilen wenig überzeugend. Die Haftung der Beklagten zu 1 könne nicht vollständig hinter der Haftung der Beklagten zu 2 zurücktreten. Den Beklagten zu 1 treffe ein eigenes Verschulden. Dieser habe offensichtlich das Tor zu seiner Box nicht geschlossen (Seite 3 Schriftsatz 9. Juli 2018, Bl. 403 d.A.).

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Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 1 richtet (1.). Gegen den Beklagten zu 2 hat sie Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 2 ein Zahlungsanspruch von 5.701,06 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. August 2016 aus Verkehrssicherungspflichtverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu – in Höhe von 2.850,53 Euro als Gesamtschuldnerin mit dem Beklagten zu 1 – (2.).

1. Rechtlich zutreffend hat das Landgericht dem Kläger gegen den Beklagten zu 1 einen Schadensersatzanspruch gemäß § 833 Satz 1 BGB in Höhe von 2.850,53 Euro nebst Zinsen zugesprochen (a). Der Kläger muss sich im Rahmen der Haftung des Beklagten zu 1 die von seinem Pferd ausgehende Tiergefahr analog § 254 BGB schadensmindernd in Höhe von 1/2 der Hauptforderung anrechnen lassen (b).

a) Der Beklagte zu 1 haftet gemäß § 833 Satz 1 BGB als Tierhalter des Wallachs „F.“ dem Grunde nach für den geltend gemachten Schaden. Das Landgericht hat auf der Grundlage der Zeugenvernehmungen und des Gutachtens vom 29. September 2017 und der Bekundungen der Sachverständigen für Pferde B. W. festgestellt, dass die Indizien keinen anderen vernünftigen Schluss zulassen, als dass sich nur der Wallach des Beklagten zu 1 in der Schadensnacht in der Stallgasse frei bewegte, vor der Box des klägerischen Hengstes für Unruhe sorgte, der klägerische Hengst sich deshalb erregte, über die Boxenwand stieg und sich dadurch verletzte (Seite 4 LGU, Bl.239 d.A.).

aa) An diese Feststellungen ist der Senat gebunden. Das Berufungsgericht überprüft gem. § 513 Abs. 1 ZPO die erstinstanzliche Entscheidung nur auf Rechtsfehler und hat bei seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Es hat deshalb die erstinstanzlich vorgenommene Auslegung und Wertung des von den Parteien vorgetragenen Sachverhalts sowie die Beweiswürdigung auf etwaige Rechtsfehler dahingehend zu überprüfen, ob gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungsgesetze und Verfahrensvorschriften verstoßen wurde, ob sie in sich widersprüchlich ist oder Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt lässt (BGH, Urteil vom 19. März 2004 – V ZR 104/03). Nur dann, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte und sich daraus ergebender vernünftiger Zweifel die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu überzeugen vermag, entfällt eine Bindung an die dortigen Feststellungen und rechtfertigt eine neue Tatsachenfeststellung (z. B. BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03; BGH, Urteil vom 25. April 2007, VIII ZR 234/06).

Dahingehende vernünftige Zweifel bestehen vorliegend nicht. Das Landgericht hat nachvollziehbar eine in sich widerspruchsfreie Bewertung des Sachverhalts unter Beachtung der Ausführungen des Sachverständigen und der Bekundungen der Zeugen vorgenommen. Der Würdigung des Landgerichts steht daher nicht entgegen, dass es unmittelbare Zeugen für das Unfallereignis nicht gibt (entgegen Seite 3 f. ABB, Bl. 355 d.A.). Auch der Umstand, dass der Hengst nicht zur Stallgasse, sondern zur Nachbarbox hin gestiegen ist, begründen keine vernünftigen Zweifel. Insofern hat die Sachverständige W. bei ihrer Befragung in der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2017 ausgesagt, dass das Pferd immer in die Richtung springe, in welche sich das andere Pferd bewege (Seite 5 Protokoll, Bl. 230 d.A.). Auch die Behauptung des Beklagten zu 1, die Anwesenheit eines anderen Pferdes veranlasse ein Pferd nicht zum Steigen (Seite 6 ABB, Bl. 358 d.A.), stellen die Feststellungen des Landgerichts nicht in Frage. Die Sachverständige hat nämlich ausdrücklich klargestellt, dass es typisch sei, dass ein Hengst mit Steigen reagiere, wenn ein Wallach an seiner Box unbeaufsichtigt vorbeilaufe und unruhig ist (Seite 4 Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2017, Bl. 229 d.A.). Der Senat legt diese und die nachfolgend aufgeführten Feststellungen der Sachverständigen seiner Entscheidung zu Grunde. Die Sachverständige ist dem Senat aus zahlreichen anderen Verfahren als ausgewiesene Expertin bekannt. Sie geht von zutreffenden Anknüpfungstatsachen aus und hat daraus widerspruchsfreie und überzeugende Schlussfolgerungen gezogen.

b) Der Kläger muss sich im Rahmen der Haftung des Beklagten zu 1 die von seinem Pferd ausgehende Tiergefahr analog § 254 BGB schadensmindernd in Höhe von (lediglich) 1/2 der Hauptforderung anrechnen lassen.

aa) Ist für die Entstehung eines Schadens auch die Tiergefahr des eigenen Tieres des Geschädigten mitursächlich, so muss sich der Geschädigte dies entsprechend § 254 Abs. 1 BGB mindernd auf seinen Anspruch aus § 833 Satz 1 BGB anrechnen lassen (st. Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2016 – VI ZR 465/15, juris, Rn. 9 m.w.N.). Voraussetzung ist, dass die typische Tiergefahr des Tieres des Geschädigten bei der Schadensentstehung adäquat mitursächlich geworden ist (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 9 m.w.N.). Eine typische Tiergefahr äußert sich nach ständiger Rechtsprechung in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten. An der Verwirklichung der Tiergefahr fehlt es insbesondere dann, wenn keinerlei eigene Energie des Tieres an dem Geschehen beteiligt ist oder wenn das Tier lediglich der Leitung und dem Willen eines Menschen folgt (BGH, ebd.). Demgegenüber können bereits von einem Tier ausgehende und auf ein anderes Tier einwirkende Reize eine für einen Schaden mitursächliche Tiergefahr darstellen (BGH, ebd. m.w.N.; BGH, Urteil vom 6. Juli 1976 – VI ZR 177/75, juris, Rn. 16 für den von läufigen Hündinnen ausgehenden Duft).

Für die entsprechend § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge der beiden Tierhalter kommt es sodann darauf an, mit welchem Gewicht konkret sich das in den Tieren jeweils verkörperte Gefahrenpotential in der Schädigung manifestiert hat (BGH, Urteil vom 31. Mai 2016 – VI ZR 465/16, juris, Rn. 10 m.w.N.).

bb) Vorliegend hat an der Entstehung des Schadens das Verhalten des klägerischen Hengstes mitgewirkt. Dieser ist – hengsttypisch – bei Erscheinen des Wallachs des Beklagten zu 1 über die seitliche Boxenwand gestiegen, wodurch diese gebrochen ist und die Verletzungen des klägerischen Hengstes hervorgerufen hat.

cc) Dieses hengsttypische Verhalten des klägerischen Pferdes begründet aber keine so überwiegende Tiergefahr, dass die Tiergefahr des Pferdes des Beklagten zu 1 vollständig hinter der Tiergefahr des klägerischen Pferdes zurückträte (entgegen Seite 3, 7 ABB, Bl. 355, 359 d.A.). Der Senat teilt vielmehr die Einschätzung des Landgerichts, dass sich die Tiergefahren des Klägers und des Beklagten zu 1 jeweils hälftig verwirklicht haben. Es ist nicht erkennbar, dass eines der beiden Tiere einen erheblich größeren Beitrag zur Schadensentstehung geleistet hat.

dd) Auch ein erhebliches Mitverschulden des Klägers, das zu einer anderen Einschätzung der Haftungsverteilung führen könnte, ist nicht feststellbar. Insbesondere konnte der klägerische Hengst in der mobilen Box untergebracht werden. Die Sachverständige hat den Hengst – entgegen Seite 7 ABB, Bl. 359 d.A. – aus eigener Kenntnis nicht als hochsensibles, sondern als sehr erfahrenes Turnierpferd beschrieben, bei dem nicht damit zu rechnen ist, dass das Tier ohne äußeren Anlass steigt (Seite 5 Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2017, Bl. 230 d.A.). Eine Unterbringung des klägerischen Hengstes in festen Boxen war auch deshalb nicht erforderlich, weil diese für das streitgegenständliche Turnier vorrangig für die WM Dressurpferde reserviert waren und es bei Turnieren dieser Größe nicht unüblich ist, Hengste in mobile Boxen zu stellen (unbestrittene Aussage des Stallmeisters W., Seite 5 Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2017, Bl. 135 d.A.). Ein überwiegendes Mitverschulden wird ferner nicht dadurch begründet, dass im Nachbarstall ein weiteres Pferd stand, da dieses ebenfalls zum Stall des Klägers gehört (Seite 3 Protokoll vom 11. November 2016. Bl. 88 d.A.). Im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte, dass dieses Tier in irgendeiner Weise zur Schadensentstehung beigetragen hat.

ee) Der Senat teilt schließlich nicht die Ansicht des Klägers (Seite 2 BB, Bl. 304 d.A.), dass eine Schadensminderung infolge eigener Tiergefahr deshalb ausscheide, weil der Kläger die Pferde- und Hengsthaltung gewerbsmäßig betreibt und sich daher auf § 833 Satz 2 BGB berufen kann.

(1) Auf § 833 Satz 2 BGB kann sich der Kläger schon dem Wortlaut nach nicht stützen. § 833 Satz 2 BGB lässt nur die Ersatzpflicht des Schädigers entfallen, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Tier einen Schaden verursacht. Um eine Ersatzpflicht des Klägers geht es vorliegend jedoch nicht.

(2) Hinzu kommt, dass der Wegfall der Ersatzpflicht normsystematisch nachrangig ist gegenüber der Verursachung durch ein Tier und der Tiergefahr im Sinne des § 833 Satz 1 BGB, die im Rahmen des § 254 BGB abzuwägen ist.

(3) § 833 Satz 2 BGB ist auch seinem Gesetzeszweck und der Normhistorie nach nicht anwendbar. § 833 Satz 2 BGB will dem Nutztierhalter eine Haftungsprivilegierung verschaffen. Er soll sich durch den Nachweis pflichtgemäßen Verhaltens von einer Haftung befreien können (statt aller: Eberl-Borges in: Staudinger, BGB, Stand 6. August 2018, § 833 Rn. 6 ff. m.w.N.). § 833 Satz 2 BGB bezweckt hingegen nicht eine Entschädigungsmaximierung des Nutztierhalters. Eine andere Sichtweise würde zu dem unbilligen Ergebnis führen, dass ein professioneller Tierhalter seinen eigenen Tierschaden vollständig ersetzt verlangen kann, obwohl sich das eigene unberechenbare Tierverhalten und die daraus resultierende Tiergefahr – möglichweise weit überwiegend – verwirklicht hat.

(4) Aus diesem Grund kommt es auch nicht auf den erst im Rahmen des § 833 Satz 2 3. Halbsatz BGB normierten Aspekt an, ob dem Kläger ein Verschulden anzulasten ist. Der Umstand, dass der klägerische Hengst sehr erfahren und bis zum Schadenszeitpunkt unauffällig war und der Umstand, dass der Kläger die Box ordnungsgemäß verschlossen und mit Stromlitzen gesichert hatte, sind ebenfalls nicht von Relevanz.

(5) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass im Rahmen von § 254 Abs. 1, Abs. 2 BGB über § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB und § 831 BGB dem Geschädigten das Verhalten eines Dritten zugerechnet wird (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 254 BGB Rn. 48; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 254 BGB Rn. 129, 137 m.w.N.) und der Geschädigte hierbei über die Entlastungsmöglichkeit des § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Zurechnung verhindern kann. Auch wenn der Wortlaut des § 833 Satz 1 und des § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB ähnlich sein mögen, besteht doch kein Wertungswiderspruch. Bei der Abwägung der Tiergefahren gemäß § 254 BGB analog in Verbindung mit § 833 Satz 1 BGB wird die Tiergefahr dem Geschädigten unmittelbar zugerechnet. Es ist die Tiergefahr des Geschädigten und nicht das zugerechnete Verhalten eines Dritten. Bei § 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 831 BGB findet eine Zurechnung hingegen nur im gesetzlich vorgesehenen Umfang, mithin mit der Entlastungsmöglichkeit des § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB statt.

2. Zutreffend wendet sich der Kläger gegen die (vollständige) Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2. Diese haftet zwar nicht aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (§ 328 BGB analog) (a). Dem Kläger steht jedoch ein Anspruch in voller Höhe aus Verkehrssicherungspflichtverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu (b). Der Anspruch ist nicht wegen der mitwirkenden Tiergefahr des klägerischen Hengstes zu mindern (c).

a) Eine Haftung der Beklagten zu 2 aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (§ 328 BGB analog) des Mietvertrages zwischen dem Turnierorganisator V. Turniergesellschaft als Mieter und der Beklagten zu 2 als Vermieterin der mobilen Pferdeboxen scheitert zumindest an der Schutzbedürftigkeit des Klägers, da diesem ein gleichwertiger eigener vertraglicher Anspruch gegen einen anderen, hier die V. Turniergesellschaft als Gläubigerin des Vertrags mit Schutzwirkung, zusteht (vgl. zum Ausschluss des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bei Ansprüchen gegen den Gläubiger BGH, Urteil vom 20.März 1995 – II ZR 205/94, juris, Rn. 73).

b) Die Beklagte zu 2 haftet dem Kläger jedoch aus Delikt gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung.

aa) Eine solche kann zwar aus den Erwägungen des Landgerichts (Seite 11 LGU) nicht auf ungenügende Schweißnähte gestützt werden (vgl. hierzu auch die Ausführungen des Sachverständigen H., Seite 8 Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2017, Bl. 233 d.A.).

bb) Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB ergibt sich aber aus der ungenügenden Tragkraft der Boxenkonstruktion.

(1) Eine Verkehrssicherungspflicht trifft nach ständigen Rechtsprechung denjenigen, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft. Er ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (st. Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1989 – VI ZR 258/88, juris, Rn. 9 m.w.N., Pferdebox mit Vorinstanz OLG Celle, Urteil vom 11. August 1988 – 5 U 301/86; BGH NJW 1990, 1236, 1237 m.w.N.; BGH NJW 2006, 2326).

(2) Bezogen auf die Beklagte zu 2 als Herstellerin und Vermieterin eigener und fremder Pferdeboxen bedeutet dies, dass sie in den Grenzen des technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren dafür zu sorgen hatte, dass die in den Boxen gehaltenen Pferde bei ihrem typischen Tierverhalten keine Verletzungen erleiden (ausdrücklich BGH, Urteil vom 17. Oktober 1989 – VI ZR 258/88, juris, Rn. 21 m.w.N.). Hierzu gehört auch die Vorsorge, dass sich die Pferde bei dem zwar seltenen, aber doch typischen Aufbäumen nicht verletzen können (explizit BGH, ebd.).

(3) Entgegen der Ansicht des Landgerichts (Seite 11, 13 LGU) und der Beklagten zu 2 (Seite 2 Schriftsatz vom 22. Juni2018, Bl. 372 f. d.A.) schließt das Fehlen eines besonderen Regelwerkes und ausdrücklicher DIN-Vorschriften für mobile Boxen nicht die Haftung aus.

Bei DIN-Normen handelt es sich nicht um mit Drittwirkung versehene Normen im Sinne hoheitlicher Rechtssetzung, sondern um auf freiwillige Anwendung ausgerichtete Empfehlungen des „DIN Deutschen Instituts für Normung e.V.“, die regelmäßig keine abschließenden Verhaltensanforderungen gegenüber Schutzgütern Dritter aufstellen (ausdrücklich BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 – VI ZR 223/07, juris, Rn. 18 m.w.N.). Welche Maßnahmen zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich sind, hängt vielmehr stets von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab (BGH, ebd. m.w.N.). Der zur Verkehrssicherung Verpflichtete hat dabei grundsätzlich selbständig zu prüfen, ob und welche Sicherungsmaßnahmen zur Vermeidung von Schädigungen notwendig sind (BGH, Urteil vom 9. September 2008 – VI ZR 279/06, juris, Rn. 16).

Die Sachverständige W. hat in ihrem Gutachten ausdrücklich festgestellt, dass mit dem Steigen von Hengsten zu rechnen ist und dass gerade durch den höheren Stress an unbekanntem Ort, in fremder Umgebung, mit unbekannten Pferden als Nachbarn, mit einem Steigen von Hengsten zu rechnen ist (Seite 4 Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2017, Bl. 229 d.A.; zum Erfordernis stabiler mobiler Boxen wegen der Sondersituation der Pferde vgl. ebenfalls Seite 5 Gutachten; zur Typizität des Aufbäumens vgl. ausdrücklich BGH, Urteil vom 17. Oktober 1989 – VI ZR 258/88, juris, Rn. 21).

Nach den Feststellungen des Sachverständigen H. mussten die Vierkantrohre der mobilen Pferdeboxen eine Materialstärke von mindestens 60 x 60 x 4 mm oder – besser – 80 x 80 x 4 mm aufweisen, um die statischen Lasten eines steigenden Pferdes mit einem typischen Gewicht von 600 bis 700 kg (vgl. Gutachten H., Seite 4) zu tragen. Auch die Feststellungen des Sachverständigen H. kann der Senat seiner Entscheidung zu Grunde legen. Der Sachverständige geht ebenfalls von zutreffenden Anknüpfungstatsachen aus und hat daraus widerspruchsfreie und überzeugende Schlussfolgerungen gezogen.

Die Materialstärke der streitgegenständlichen Pferdebox mit 25 x 25 x 2 mm oder 3 mm lag erheblich unter diesen Anforderungen. Sie sind bei einer Stärke von 2 mm Wanddicke lediglich in der Lage, Lasten von maximal 100 kg in vertikaler Richtung und von 60 kg in horizontaler Richtung zu tragen (Gutachten Höhe Seite 4). Bei einer Wanddicke von 3 mm beträgt die vertikale Traglast 150 kg und die horizontale Traglast 90 kg (Seite 6 Protokoll mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2017, Bl. 231 d.A.). Eine solche Traglast genügt nicht den Anforderungen des Tierschutzgesetzes (§ 2 Tierschutzgesetz) und den Richtlinien der Deutschen Reiterlichen Vereinigung („Orientierungshilfen Reitanlagen- und Stallbau“), wonach alle Einrichtungen, mit denen Pferde in Berührung kommen können, so gestaltet werden, dass Verletzungen an scharfen oder vorstehenden Kanten oder das Festklemmen der Pferde selbst, einzelner Gliedmaßen oder des Kopfes unmöglich sind (zitiert nach Seite 4 Gutachten Sachverständige W.).

(4) Unabhängig davon, ob die Beklagte zu 2 Herstellerin oder lediglich Erwerberin der mobilen Boxen ist, kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich nach ihrer Kenntnis die Gefahr eines Rahmenbruchs noch nie verwirklicht hat und die Gefahr nicht vorhersehbar war (Seite 5 Schriftsatz vom 22. Juni 2018, Bl. 375 d.A.; Seite 2 Schriftsatz vom 27. Juni 2018, Bl. 393 d.A.). Als Herstellerin von Boxen hat die Beklagte zu 2 eine Produktbeobachtungspflicht (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 27 m.w.N.). Aufgrund dieser ist sie gehalten, die Sicherheit ihrer Boxenkonstruktionen stetig zu prüfen und so Gefahren vorzubeugen, die von den Boxen ausgehen. Zu den essentiellen Merkmalen einer sicheren Pferdebox gehört aber die Tragkraft der Boxenverstrebungen auch für den Fall des typischen Steigens oder Aufbäumens von Pferden. Hinzu kommt, dass die verwendete Materialstärke die Mindestanforderungen des Sachverständigen deutlich unterschreitet (s.o. (3)) und es im Übrigen für die Beklagte zu 2 als professionelle Boxenvermieterin offensichtlich sein musste, dass eine Rohrstärke von 25 x 25 x 2 oder 3 mm ungeeignet ist, die Lasten eines ausgewachsenen Pferdes zu tragen.

(5) Der Senat folgt auch nicht der Argumentation des Landgerichts und der Beklagten zu 2, eine Verkehrssicherungspflichtverletzung scheitere daran, dass nicht zu erkennen sei, dass sich das Risiko eines Rahmenbruches durch „andere Konstruktionen, die noch transportabel wären, vermeiden lasse“ (Seite 13 LGU). Weder hat die Beklagte zu 2 vorgetragen, dass eine mobile Pferdebox mit Vierkantrohren der Stärke 80 x 80 x 4 mm bzw. 60 x 60 x 4 mm nicht mehr transportabel oder wirtschaftlich sei. Noch haben die Sachverständigen W. und H. solche Feststellungen getroffen. Die Beklagte zu 2 hat lediglich vorgetragen, ein Aufbau mobiler Boxen per Hand sei bei der geforderten Materialstärke „kaum noch möglich“ oder „nicht ohne weiteres möglich“, die geforderte Materialstärke sei „kaum technisch möglich oder wirtschaftlich zumutbar“ (Seite 4 f. Schriftsatz vom 22. Juni 2018, Bl. 374 f. d.A.; Seite 2 Schriftsatz 9. Juli 2018, Bl. 403 d.A.). Das genügt nicht.

(6) Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung entfällt – entgegen der Ansicht des Landgerichts (Seite 13 LGU) und der Beklagten zu 2 (Seite 2 Schriftsatz vom 22. Juli 2018, Bl. 372 d.A.) – auch nicht deshalb, weil die Einsteller sich bewusst sind, dass es sich um mobile Boxen handelt, die nicht die gleiche Stabilität wie feste Boxen haben. Aus dem Wissen um eine geringere Stabilität folgt noch nicht das Wissen, dass die Boxen nicht die nötige Stabilität aufweisen, um nicht völlig fernliegende Lasten durch das Steigen von Pferden zu tragen.

(8) Da schon eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch Einsatz ungenügenden Materials vorliegt, kann dahinstehen, ob und inwieweit der Beklagten zu 2 eine (zusätzliche) Informationspflichtverletzung vorzuwerfen ist.

c) Der Kläger hat sich nicht die eigene Tiergefahr des streitgegenständlichen Hengstes gemäß § 254 BGB analog anspruchsmindernd anrechnen zu lassen.

(1) Der von dem Pferd ausgehenden Tiergefahr, die zu dem Unfallgeschehen beigetragen hat, kommt gegenüber der Verschuldenshaftung der Beklagten zu 2 nach § 840 Abs. 3 BGB keine Bedeutung zu. Diese Vorschrift gilt nicht nur im Verhältnis zu einem geschädigten Dritten. Sie greift zu Lasten eines aus Verschulden haftenden Schädigers nach ihrem Sinngehalt auch dann ein, wenn es um den eigenen, von dem Tier mitverursachten Schaden des Tierhalters geht (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1994 – VI ZR 107/94, juris, Rn. 14; OLG Celle, Urteil vom 10. April 2018 – 14 U 147/17, juris, Rn. 19; Senatsurteile vom 14. März 2016 – 20 U 30/13, Seite 10; vom 28. April 2014 – 20 U 51/13, Seite 6 f.; OLG Hamm NJW-RR 1990, 794, 795; OLG Schleswig, Urteil vom 29. Juni 1989 – 16 U 201/88, juris, Rn. 26; Staudinger/Schäfer, BGB, 12. Aufl., § 840 Rn. 87). Eine Aufhebung des § 840 Abs. 3 BGB, wie sie von Reformvorschlägen empfohlen wurde (vgl. Mertens in: Münchener Kommentar zum BGB, Vor §§ 823-853 Rn. 70; Staudinger/Schäfer, a.a.O., § 840 Rn. 89), ist vom Gesetzgeber nicht vorgenommen worden. Sie kann nicht an seiner Stelle durch Nichtanwendung der Vorschrift durch den Senat erfolgen.

(2) Die Haftung der Beklagten zu 2 scheidet auch nicht aufgrund überwiegenden Mitverschuldens des Klägers aus, weil der Kläger das Pferd in einer festen Box unterstellen konnte (Seite 2 Schriftsatz des Beklagten zu 2 vom 31. August 2016, Bl. 44 d.A.). Die Nutzung mobiler Boxen auf der anderen Straßenseite einer Bundesstraße war dem Kläger wegen der erhöhten Gefährdung nicht zumutbar, zumal die festen Boxen nach Auskunft des Stallmeisters W. der V. Turniergesellschaft vorrangig für die WM Dressurpferde reserviert waren (Seite 5 Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2013, Bl. 135 d.A.). Zudem ist es nach Auskunft des Stallmeisters W. nicht unüblich, dass Hengste auf großen Turnieren auch in mobilen Boxen stehen (Seite 5 Protokoll, Bl. 135 d.A.).

(3) Einer Haftung steht – wie oben unter 1. a) cc) dargestellt – ferner nicht entgegen, dass der Hengst wegen leichter Erregbarkeit ungeeignet war für mobile Boxen.

(4) Aus diesem Grund kann auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger die Box zusätzlich mit Stromlitzen gesichert hat und keine Nachtwache eingerichtet hat, auf die Ungeeignetheit des Hengstes für eine Unterbringung in mobilen Boxen geschlossen werden (entgegen Seite 3 Schriftsatz des Beklagten zu 2 vom 31. August 2016, Bl. 45 d.A.).

(5) Die Feststellungen des Landgerichts zur Schadenshöhe hinsichtlich des Beklagten zu 1 (5.701,66 Euro; LGU Seite 8) gelten auch für die Beklagte zu 2 (§ 823 Abs. 1, § 249 BGB).

3. Der Zinsanspruch in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung ergibt sich aus § 291, § 288 Abs. 1 BGB.

4. Fragen der Haftung des Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 im Innenverhältnis (§ 840 Abs. 3 BGB) sind nicht Gegenstand des Verfahrens. Ausführungen des Senats zu einer von der Beklagten zu 2 behaupteten Verschuldenshaftung des Beklagten zu 1 sind daher nicht veranlasst (vgl. Seite 3 Schriftsatz der Beklagten zu 2 vom 9. Juli 2018, Bl. 403 d.A.).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. den Grundsätzen der „Baumbachschen Formel“ (vgl. Zöller-Herget, 31. Aufl. 2016, § 100 Rn. 5 ff.).

Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit bestimmen § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

IV.

Die Revision wird zugelassen zur Klärung der Rechtsfrage, ob sich der geschädigte Tierhalter bei Verfolgung seines Schadensersatzanspruchs gegenüber einem anderen Tierhalter im Rahmen der hierbei erforderlichen Abwägung der Tiergefahren auf das Haftungsprivileg des § 833 Satz 2 BGB stützen kann mit der Folge, dass bei einem Nachweis pflichtgemäßen Verhaltens seine Tiergefahr nicht anzurechnen ist. Insofern hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

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