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Verkehrssicherungspflicht bei SB-Tankstelle zur Nachtzeit

OLG Hamm – Az.: I-7 U 17/16 – Urteil vom 23.08.2016

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.01.2016 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die im Schadenszeitpunkt 59 Jahre alte Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung der weiteren Ersatzpflicht wegen eines Vorfalls in Anspruch, der sich in der Nacht vom 16.05.2014 auf den 17.05.2014 auf dem Tankstellengelände der SB Tankstelle, X, I, ereignet hat. Die Beklagte war zu diesem Zeitpunkt Inhaberin der Tankstelle.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 95 ff. GA) Bezug genommen. Während des rechtshängigen Verfahrens hat die Beklagte unstreitig den Betrieb der Tankstelle zum 13.08.2015 aufgegeben und die Tankstelle veräußert. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich behauptet, auf dem Tankstellengelände würden regelmäßig Kontrollgänge über das Gelände unternommen, und zwar täglich mindestens vier Kontrollen jeweils zum Schichtwechsel. Auch vor Schließung des Shops um 22 Uhr werde kontrolliert. Zusätzlich zu diesen festen Kontrollen habe es ständige bedarfsabhängige Kontrollen gegeben. Aufgrund der überschaubaren Größe des Geländes liege ein stetiger Beobachtungsmodus aus dem Shop vor; sobald etwas auffalle, werde es beseitigt.

Das Landgericht hat die Klage nach persönlicher Anhörung der Klägerin und der Beklagten mit der Begründung abgewiesen, ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 311 Abs. 2, 241 BGB bestehe nicht, da die Klägerin eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht substantiiert dargelegt habe. Zudem sei die entscheidungserhebliche Tatsache nicht unter Beweis gestellt. Es stehe, so dass Landgericht, bereits nicht mit hinreichender Sicherheit fest und sei nicht unter Beweis gestellt, dass die – nach der Behauptung der Klägerin – für den Sturz ursächliche Plastikschlaufe auf dem Tankstellengelände gelegen habe. Letzteres folge nicht zwingend aus dem Umstand, dass die Schlaufe im Krankenhaus um den Knöchel der Klägerin gewickelt gewesen sei. Es sei nicht auszuschließen, dass die Plastikschlaufe zu einem anderen Zeitpunkt dorthin gelangt sei. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wie sich der Paketbinder ohne weitere Handlungen von außen um den Knöchel der Klägerin gewickelt haben solle. Aus den vorgetragenen Hilfstatsachen, so das Landgericht, könne nicht geschlussfolgert werden, dass sich die schwarze Schlaufe im Schadenszeitpunkt auf dem Tankstellengelände befunden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit ihrer gegen die landgerichtliche Entscheidung gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht verneint. Eine solche Verletzung liege vor, da die Beklagte das Tankstellengelände nicht ausreichend kontrolliert und überwacht habe. Insbesondere bestreitet die Klägerin, dass am Vorfallstag eine Kontrolle durchgeführt worden sei. Zudem habe die Beklagte nicht dargelegt, ob und wie sie ihre Mitarbeiter geschult und überwacht habe. Zur Erforderlichkeit der geltend gemachten Pflegekosten für die Zeit vom 24.05.2014 bis zum 20.10.2014 vertieft die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag und macht geltend, verletzungsbedingt nicht in der Lage gewesen zu sein, sich selbst zu versorgen. Folgende Arbeiten hätten für sie getätigt werden müssen: Körperpflege, Zubereitung und Reichen der Mahlzeiten, Führung des Haushaltes, Begleitung zum Toilettengang, Hilfe bei der Versorgung des Hundes. Die für die Pflege in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 29.900,00 EUR hat die Inhaberin der Pflegedienstes, bei der es sich gleichzeitig um die Arbeitgeberin der Klägerin handelt, unstreitig bislang mit Rücksicht auf die berufliche Verbundenheit gegenüber der Klägerin gerichtlich nicht geltend gemacht. Die Klägerin rügt mit der Berufung weiter, entgegen der Ansicht des Landgerichts habe sie auch Beweis durch Vernehmung der Zeugin Q für die Tatsache angetreten, dass der Paketbinder auf dem Boden des Tankstellengeländes gelegen habe. Verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht in diesem Zusammenhang eine etwaige Aussage der Zeugin Q antizipiert und es unterlassen, einen Hinweis zu erteilen, dass die Kammer einen Sturz auf dem Tankstellengelände als nicht bewiesen erachte.

Mit Schriftsatz vom 28.06.2016 hat die Klägerin im Berufungsverfahren ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung X-M (Begutachtungsdatum 27.04.2016) zur Substantiierung der eingetretenen Unfallschäden und ergänzenden Begründung des geltend gemachten Schmerzensgeldes und des Feststellungsantrags zur Akte gereicht. Dieses Gutachten stellt für die Klägerin seit April 2016 eine Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI in Form der Pflegestufe I fest bei einem wöchentlichen Pflegegesamtzeitaufwand von 16 Stunden und 48 Minuten. Als pflegebegründende Diagnosen führt das Gutachten Folgendes an: „Arthrosen und Kontrakturen beider Schultergelenke mit enggradiger Bewegungseinschränkung und starken Schmerzen“ sowie „Diabetes mellitus Typ II, Adipositas“. Bezüglich der erstmals angeführten Beeinträchtigungen der linken Schulter und des linken Armes behauptet die Klägerin, diese seien kausal auf den Unfall zurückzuführen. Die Beeinträchtigungen der rechten Seite hätten zu einer Überbeanspruchung der linken Seite und in der Folge zu den genannten Einschränkungen geführt.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 13.01.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Dortmund zu dem Aktenzeichen 5 O 256/15

Verkehrssicherungspflicht bei SB-Tankstelle zur Nachtzeit
(Symbolfoto: pio3/Shutterstock.com)

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 35.727,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 29.900,00 EUR seit dem 20. November 2014 und aus weiteren 5.827,63 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen; hilfsweise die Klägerin von Kosten des Pflegedienstes B W, T-Strasse in I in Höhe von 29.900,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. November 2014 freizustellen und im Übrigen die Beklagte zu einer Zahlung von 5.827,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren nach dem 23. Juni 2015 hilfsweise nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem schädigenden Ereignis vom 16.05.2015 auf dem Betriebsgelände der SB-Tankstelle, X-Strasse in I entstehen werden, soweit solche Ansprüche nicht auf sonstige leistende Dritte übergegangen sind.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe nach der durchgeführten Parteianhörung der Klägerin die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht zu Recht verneint. In Bezug auf die im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung X-M festgestellten Beeinträchtigungen behauptet die Beklagte, es handele sich um altersbedingt degenerative Erscheinungen, die unfallunabhängig seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Klägerin und die Beklagte ergänzend persönlich angehört sowie Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen Q, L und I. Wegen des Ergebnisses dieser Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 23.08.2016 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht bereits dem Grunde nach abgewiesen. Die Beklagte ist als Betreiberin der Tankstelle im maßgeblichen Unfallzeitpunkt der Klägerin weder wegen der Verletzung vertraglicher Schutzpflichten gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB noch deliktsrechtlich nach § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten oder nach § 831 Abs. 1 S. 1 BGB zum materiellen oder immateriellen Schadensersatz verpflichtet.

Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht bereits nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit fest, dass die Beklagte schuldhaft eine ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

a) Da sich der Sturz der Klägerin erst nach Abschluss des Tankvorganges und Entrichtung des Entgeltes für den entnommenen Kraftstoff ereignete, war die Beklagte der Klägerin gegenüber nicht nur deliktsrechtlich sondern als Vertragspartnerin des Kaufvertrages auch vertraglich verkehrssicherungspflichtig. Insoweit entsprechen die im Rahmen vertraglicher Beziehungen bestehenden Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB, die unter anderem darauf zielen, eine Verletzung der Rechtsgüter der anderen Partei nach Möglichkeit zu vermeiden (vgl. Palandt, BGB, 75. Auflage, § 280 Rn. 28 m.w.N.), den allgemeinen, auch im Bereich des Deliktrechts greifenden Verkehrssicherungspflichten, so dass die dazu entwickelten Grundsätze auch im vertraglichen Bereich anwendbar sind (vgl. BGH, NJW 2013, 3366; NJW-RR 2013, 534; NJW 2008, 3778 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 13.04.2016 – I – 11 U 127/15, 11 U 127/15 – juris; NJW-RR 2013, 1242; Palandt, BGB, 75. Auflage, § 280 Rn. 28).

Danach ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshof und der Obergerichte derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Anderer möglichst zu verhindern (vgl. BGH, MDR 2008, 1392; VersR 2002, 247; VersR 2005 279, 280; VersR 2006, 233, 234; OLG Hamm, RdL 2016, 46). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei sind die Sicherungsvorkehrungen umso mehr erforderlich, je größer die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung ist. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Denn eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Daher genügt es, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. BGH, MDR 2008, 1392; VersR 2006, 1083, 1084; OLG Hamm, NJW 2016, 505; NJW-RR 2013, 1242; OLG Köln, VersR 2009, 233). Dabei wird die Grenze zwischen abhilfebedürftigen Gefahren und von den Benutzern hinzunehmenden Erschwernissen ganz maßgeblich durch die sich im Rahmen des Vernünftigen haltenden Sicherheitserwartungen des Verkehrs bestimmt, die sich wesentlich an dem äußeren Erscheinungsbild der Verkehrsfläche und der Verkehrsbedeutung orientieren (vgl. OLG Hamm, NJW 2016, 505).

Die obigen Pflichten treffen auch den Inhaber in Bezug auf seine Geschäftsräume. Er hat in den Grenzen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren dafür zu sorgen, dass die Kunden durch die angebotene Ware und den Zustand der Geschäftsräume – insbesondere auch des Fußbodens – keine Schäden erleiden (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2013, 1242 [Sturz im nassen Kassenbereich eines Baumarktes]; OLG Köln, VersR 2009, 233). Die Pflichten beziehen sich dabei grundsätzlich sowohl auf den Innen- als auch den Außenbereich (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1983, 925 [zu den Pflichten des Inhabers einer Gaststätte in Bezug auf den Außenbereich]; Grams, Verkehrssicherungspflichten des Einzelhandelsunternehmens vor und im Ladengeschäft, NZM 2011, 460 ff.). Der Umfang der Kontrollpflichten ist abhängig von den Umständen des Einzelfalles; u.a. von der Kundenfrequenz, der Witterung und dem von den zum Verkauf angebotenen Waren ausgehenden Gefahrenpotential (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2002, 171; NJW-RR 2013, 1242). So geltend beispielsweise in Kaufhäusern und Supermärkten strenge Sicherheitsanforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle und Unterhaltung der Fußböden. In Obst- und Gemüseabteilungen eines Supermarktes, bei denen aufgrund der Ausgestaltung des Verkaufsvorgangs (selbstständiges Aussuchen und Abwiegen der Ware durch den Kunden) ein erheblich gesteigertes Risiko einer Verunreinigungsgefahr des Bodens und einer damit einhergehenden Rutschgefahr besteht, sind die Böden regelmäßig und in kurzen Abständen von 15 bis 20 Minuten zu kontrollieren und zu reinigen (vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 158; Wellner in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage, 14. Kap. Rn. 116). Für einen Selbstbedienungsdrogeriemarkt und den Kassenbereich eines Baumarktes hat das Oberlandesgericht Hamm bei einem durchschnittlich starken Kundenaufkommen regelmäßige Kontrollen im Abstand von 30 Minuten als ausreichend angesehen, weil das Warensortiment in den genannten Fällen nur ausnahmsweise eine Rutschgefahr begründe (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2002, 171 [Selbstbedienungsdrogeriemarkt] und OLG Hamm, NJW-RR 2013, 1241 [Kassenbereich eines Baumarktes]. In einem Warenhaus (ohne Lebensmittelabteilung) hat das Oberlandesgericht Köln es als ausreichend erachtet, wenn sich ein mit der Ladensicherheit betrauter Mitarbeiter ständig im Ladenlokal aufhält und alle Mitarbeiter angewiesen sind, auf Verunreinigungen zu achten und diese zu beseitigen oder zu melden (vgl. OLG Köln, VersR 2009, 233).

b) Nach den dargelegten Grundsätzen vermochte der Senat eine (unfallursächliche) schuldhafte Sicherungspflichtverletzung nicht festzustellen. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle in Form eines auf dem Boden liegenden schwarzen Paketbinders vorhanden war. Denn die Beklagte hat jedenfalls alle Sicherungspflichten erfüllt, die sie im Hinblick auf eine derartige Gefahrenquelle trafen.

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aa) Der Senat erachtet es nach der durchgeführten Beweisaufnahme zumindest als zweifelhaft, dass im Schadenszeitpunkt – wie von der Klägerin behauptet – an der Unfallstelle ein schwarzer Paketbinder in Form einer Schlaufe am Boden lag, in der sich die Klägerin mit dem Fuß verfangen haben will. Weder die vor dem Senat nach § 141 ZPO persönlich angehörte Klägerin noch die von ihr zum Beweis dieser Tatsache benannte Zeugin Q haben den schwarzen Paketbinder vor dem Sturz oder unmittelbar danach an der Unfallstelle wahrgenommen. Übereinstimmend haben die Klägerin und die Zeugin Q vielmehr bekundet, letztere habe den schwarzen Plastikbinder erstmals zufällig im Krankenhaus am linken Fuß der Klägerin bemerkt. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass sich der Tatrichter die notwendige Überzeugung auch auf der Grundlage von Indizien zu bilden vermag. Eine Partei genügt ihrer Darlegungs- und ggf. Beweislast auch, wenn sie Hilfstatsachen vorträgt und ggf. beweist, die für sich betrachtet oder in einer Gesamtschau geeignet sind, den Rückschluss auf die behauptete Haupttatsache mit der erforderlichen Sicherheit zulassen (vgl. BGH, NJW-RR 2001, 887 zur Darlegungslast; WM 2012, 1337 zum Indizienbeweis; Zöller, ZPO, 31. Auflage, Vor § 253 Rn. 23).

Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erachtet es der Senat aber als zweifelhaft, dass der schwarze Paketbinder im Schadenszeitpunkt am Boden der Unfallstelle lag. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat angegeben, sie habe ihren rechten Fuß nicht mehr nach vorne bewegen können, sei daraufhin nach vorne rüber gestürzt, mit der Schulter vor ihr Fahrzeug gestoßen und dann nach vorne auf den Boden gestürzt. Am Boden habe sie sich zunächst auf die linke Seite gedreht, bevor sie sich im Schneidersitz auf den Boden gesetzt habe. Vor dem Abtransport mit dem Rettungswagen ist die Klägerin nach ihren Angaben aus eigener Kraft zunächst zu ihrem Auto und später zum Rettungswagen gelaufen. Diese Angaben hat die Zeugin Q bestätigt. Selbst wenn man unterstellt, dass die Klägerin nach dem Sturz nur wenige Schritte zurückgelegt hat, erscheint es ungewöhnlich, dass sie eine ihrer Behauptung nach seit dem Sturz um den Knöchel hängende Schlaufe nicht bemerkt haben will. Denn nach der Aussage der Zeugin Q war der Paketbinder nicht eng um den linken Fuß der Klägerin gewickelt. Der Fuß steckte nach den Angaben der Zeugin in der Schlaufe und konnte durch einfaches Abziehen des Paketbinders befreit werden. Die zur Akte genommene schwarze Plastikschlaufe, die im Termin in Augenschein genommen wurde, hat einen Umfang von ca. 80 cm und (zum Kreis gelegt) einen Durchmesser von ca. 25 cm. Bei diesen Maßen erscheint es naheliegend, dass ein Teil des Binders beim Laufen vom Fuß ab stand und dadurch zumindest als Fremdkörper hätte wahrgenommen werden können. Auf der Grundlage der klägerischen Angaben ließe sich der Hergang des Sturzes nach Auffassung des Senats nur dergestalt erklären, dass sich die Klägerin entweder mit beiden Füßen in der Schlaufe verfangen hat und zu Fall gekommen ist oder mit dem linken Fuß auf einen Teil der Schlaufe getreten ist, anschließend den rechten Fuß – noch während der linke Fuß die Schlaufe am Boden hielt – in die Schlaufe gesetzt hat und sodann gefallen ist. Im ersten Fall (beide Füße in der Schlaufe) müsste die Klägerin den rechten Fuß – etwa am Boden – unbemerkt aus der Schlaufe befreit haben. Im zweiten Fall (rechter Fuß in der Schlaufe) müsste die Schlaufe nach dem Sturz vom rechten an den linken Fuß der Klägerin gelangt sein. Zwar erscheinen die dargelegten Geschehensabläufe nicht als von vorneherein unplausibel, ein derartiger Hergang drängt sich aber auch nicht als naheliegend auf. Bemerkenswert ist auch, dass keiner der Anwesenden den Paketbinder nach dem Sturz auf dem Tankstellengelände wahrgenommen hat. Dass die Klägerin selbst infolge der starken Schmerzen nicht in der Lage war, die Ursache ihres Sturzes zu erkunden, ist verständlich. Auch mit einer anwesenden Polizistin, die der Klägerin nach dem Sturz vom Boden aufgeholfen und die sich bis zum Eintreffen des Rettungswagens um sie gekümmert hat, hat die Klägerin ihren Angaben nach nicht über die Ursache des Sturzes gesprochen. Dass die Polizistin Wahrnehmungen zu dem besagten Paketbinder gemacht hat, haben weder die Klägerin noch die Zeugin Q bekundet. Letztere hat ausgesagt, sich auf dem Tankstellengelände umgeschaut zu haben, nachdem der Krankenwagen mit ihrer Mutter weggefahren sei. Sie habe an der Unfallstelle einen weißen Paketbinder gesehen und diesen, so der schriftsätzliche Vortrag, zu Beweiszwecken eingesteckt. Da aus Sicht der Zeugin Q dieser weiße Paketbinder möglicherweise Ursache des Sturzes war oder mit dem Sturz möglicherweise in Zusammenhang stand, wäre es naheliegend gewesen, die anwesende Mitarbeiterin der Tankstelle, die Zeugin L, auf den Fund aufmerksam zu machen. Dies ist jedoch unterblieben. Weder die Klägerin noch eine andere am Unfallort anwesende Person haben mit der Zeugin L Kontakt aufgenommen. In nahem zeitlichem Zusammenhang zu dem Unfallereignis sind auf dem Tankstellengelände auch keine Zeitungen angeliefert worden, was eine mögliche, nicht fernliegende Erklärung für das behauptetes Vorhandensein des Paketbinders auf dem Tankstellengelände hätte sein können. Die Zeuginnen L und I haben übereinstimmend und glaubhaft bekundet, dass die angelieferten Zeitungen zwar mit Paketbindern zusammengehalten werden, eine Anlieferung aber erst später in der Nacht erfolgt (frühestens 2.30 Uhr). Zudem werden die Paketbinder, so die Angaben beider Zeuginnen, nicht draußen auf dem Gelände, sondern im Shop mit einer Schere zerschnitten, abgemacht und – so die Zeugin L – im Mülleimer im Shop entsorgt.

Nach alledem erachtet es der Senat als zweifelhaft, dass der schwarze Paketbinder, wie von der Klägerin behauptet, tatsächlich am Boden der Unfallstelle lag.

bb) Letztendlich bedarf es aber insoweit keiner Entscheidung, da nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats feststeht, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt hat. Liegt ein ordnungswidriger Zustand, also eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle vor, trifft den Sicherungspflichtigen, der wie hier die Kontrollen durch seine Mitarbeiter vornehmen lässt, dann kein Verschulden bzw. ist eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu verneinen, wenn ihm weder ein Organisationsverschulden vorzuwerfen ist noch ein nach § 278 BGB zurechenbarer Mangel bei der Ausführung der von ihm getroffenen Organisationsanordnungen (vgl. OLG Köln, VersR 1999, 861). Darlegungs- und beweisbelastet für die Erfüllung dieser Pflichten ist die Beklagte als Sicherungspflichtige (vgl. OLG Karlsruhe, MDR 2005, 92).

(1) Die Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht, namentlich der Umfang der Kontrollpflichten, hängt, wie ausgeführt, von den Umständen des Einzelfalles ab, u.a. von der Kundenfrequenz, der Witterung sowie dem von den zum Verkauf angebotenen Waren ausgehenden Gefahrenpotential (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2002, 171). Die unter II.1.a. der Gründe dargestellten, von der Rechtsprechung für Kaufhäuser, Supermärkte, Drogeriemärkte und Baumärkte geforderten kurzen Kontrollintervalle bedürfen für den hier maßgeblichen Außenbereich der SB-Tankstelle zumindest während der Zeiten des Nachtbetriebes einer Modifikation. Die strengen Anforderungen an die Verkehrssicherungspflichten des Betreibers eines Lebensmittelmarktes für Obst- und Gemüseabteilungen und anderweitige Märkte beruhen im Wesentlichen auf der Erwägung, dass von dem dortigen Warensortiment ein Gefährdungspotential für Verunreinigungen des Bodens ausgeht, wobei der Umfang des Gefährdungspotentiales die Kontrollintervalle maßgeblich mitbestimmt. Zudem ist die Aufmerksamkeit der Kunden in gewissen Bereichen (Kassenbereich) durch das Warensortiment und den Verkaufsvorgang geschmälert. Der Sturz der Klägerin ereignete sich jedoch auf dem Tankstellengelände, ein Gefährdungspotential eines Warensortiments war hier nicht gegeben. Es kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass in dem angegliederten SB-Markt Waren verkauft werden, die auch im Außenbereich der Tankstelle ein Gefährdungspotential entfalten könnten (z.B. durch weggeworfene Waren, die eine Rutschgefahr begründen). Denn der Shop der Tankstelle schließt um 22.00 Uhr, ab diesem Zeitpunkt ist bis morgens lediglich der Nachtschalter geöffnet. Aus dem im Senatstermin von der Beklagten überreichten Beleg, der einen Teil der getätigten Tankvorgänge in der Nacht vom 17.05.2014 ausweist, geht hervor, dass die Klägerin am 17.05.2014 um 0:09 Uhr an der Tanksäule 3 9,15 l Superbenzin zu einem Entgelt von 15,00 EUR brutto getankt hat. Diese Angaben sind mit denen der Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung in Einklang zu bringen. Da die Klägerin unstreitig nach Abschluss des Tankvorganges stürzte, hat sich dieser Sturz mithin am 17.05.2014 kurz nach 0:09 Uhr ereignet. Zu diesem Zeitpunkt war der SB-Markt aber, wie dargestellt, bereits geschlossen und lediglich der Nachtschalter geöffnet, so dass ein Gefährdungspotential durch Waren des Shops bereits aus diesem Grund nicht gegeben war. Von den bei einer Tankstelle üblichen betriebsbedingten Verunreinigungen des Bodens (Kraftfahrstoffrückstände in der Nähe der Tanksäulen) geht aufgrund des gewählten Bodenbelages – es handelt sich um eine Pflasterung – bei üblichen Witterungsbedingungen keine Gefährdung durch Rutschgefahren aus. Gleiches gilt für zu Boden geworfene Papiertücher, die meist in Papierspendern zur Reinigung der Hände in unmittelbarer Nähe der Tanksäulen bereitgestellt werden. Ein gefahrträchtiger Zustand konnte daher in erster Linie dadurch entstehen, dass Gegenstände, die eine Gefahrenquelle darstellten, durch die Beklagte, Mitarbeiter der Beklagten oder Dritte absichtlich oder versehentlich auf dem Tankstellengelände zurückgelassen wurden. Zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt war dieses Risiko jedoch aufgrund des eingeschränkten Kundenverkehres reduziert. Zudem ist allgemein bekannt, dass – ungeachtet der Tatsache, dass es sich um eine SB-Tankstelle handelt, bei der auf dem Tankstellengelände naturgemäß nicht durchgängig Personal zugegen ist – aufgrund des ersichtlich eingeschränkten Nachtbetriebes nicht mit der Anwesenheit von Personal auf dem Tankstellengelände gerechnet werden konnte. Eine regelmäßige Kontrolle des Tankstellengeländes während des Nachtbetriebes würde entweder die Einstellung eines weiteren Mitarbeiters, der die Kontrollgänge durchführt, erfordern oder die Inkaufnahme eines nicht unerheblichen Sicherheitsrisikos in sich bergen, da der diensthabende Beschäftigte in regelmäßigen Abständen den Nachtschalter verlassen müsste. So dient die bloße Öffnung des Nachtschalters – auch dies ist allgemein bekannt – aber nicht zuletzt Sicherheitsgesichtspunkten. Während des eingeschränkten Nachtbetriebes der Tankstelle ab 22.00 Uhr war es daher erforderlich und ausreichend, dass vor dem Schichtwechsel zur um Mitternacht beginnenden Nachtschicht in der Zeit ab ca. 23.30 Uhr ein Kontrollgang über das Tankstellengelände durchgeführt wurde. Zumindest bis zum konkreten Schadenszeitpunkt um kurz nach 0:09 Uhr bedurfte es darüber hinaus keines weiteren Kontrollganges über das Gelände.

Werden – wie hier – die Kontrollen durch Mitarbeiter ausgeführt, ist zudem eine konkrete Anweisung des Geschäftsinhabers, die Kontrolle und Beseitigung von Verunreinigungen in bestimmten zeitlichen Abständen durchzuführen, ausreichend, wenn der Geschäftsinhaber regelmäßig die Beachtung der Anweisung kontrolliert (vgl. OLG Karlsruhe, MDR 2005, 92; OLG Köln, VersR 1999, 861; Wellner in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage, 14. Kapitel, Rn. 204). Dabei ist auch hier der zu fordernde zeitliche Abstand der Kontrollen abhängig von den Umständen des Einzelfalles.

(2) Die Beklagte hat den an sie zu stellenden Anforderungen genügt. Ein Organisationsverschulden ist ihr nicht vorzuwerfen. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagte ihren Mitarbeitern konkrete Anweisung zur ausreichenden Kontrolle des Tankstellengeländes gegeben und die Beachtung dieser Anweisung hinreichend kontrolliert hat.

Im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung hat die Beklagte angegeben, ihre Mitarbeiter mündlich angewiesen zu haben, vor jedem Schichtwechsel eine Kontrolle des Tankstellengeländes vorzunehmen. Diese Kontrollen hätten sich so gestaltet, dass die Eimer und Kannen kontrolliert und aufgefüllt worden seien. Darüber hinaus habe eine Kontrolle des Bodens stattgefunden; herumliegende Gegenstände oder Müll sei entfernt worden. Jeder Mitarbeiter sei zudem auch außerhalb dieser festen Kontrollen gehalten gewesen, Gegenstände oder Müll vom Boden zu entfernen. Sie selbst habe die Befolgung ihrer Anweisung einmal im Monat bei jedem Mitarbeiter kontrolliert. Bei keiner der Kontrollen sei etwas aufgefallen. Auch habe es keine mit dem streitgegenständlichen Fall vergleichbaren Vorfälle gegeben. Nach den Angaben der Beklagten waren zum Zeitpunkt des Schadensereignisses außer ihr noch acht weitere Mitarbeiter an der Tankstelle beschäftigt, die 24 Stunden geöffnet war. Gearbeitet wurde, so die Beklagte, in vier Schichten und zwar von 0.00 Uhr bis 05.00 Uhr, von 05.00 Uhr bis 12.00 Uhr, von 12.00 Uhr bis 19.00 Uhr und von 19.00 Uhr bis 24.00 Uhr.

Die Angaben der Beklagten werden bestätigt durch die Aussagen der Zeuginnen L und I. Die Zeugin L, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses Nachtschicht hatte, war vor dem streitgegenständlichen Vorfall bereits seit ein bis zwei Jahren bei der Beklagten beschäftigt. Bei der Zeugin I handelt es sich ebenfalls um eine erfahrene Mitarbeiterin, die nunmehr seit fast sechs Jahren auf der Tankstelle arbeitet. Beide Zeuginnen waren ihren Angaben nach auch generell in der Nachtschicht tätig. Übereinstimmend haben die Zeuginnen in Bezug auf die Nachtschichten angegeben, dass es für alle Mitarbeiter einen festen Ablauf gegeben habe. Vor Beginn der Nachtschicht hätten auf dem Tankstellengelände die Eimer, Kannen und Mülltonnen geprüft werden müssen sowie der Boden, ob dort Müll oder Glasscherben herumlagen. Die Durchführung dieser Kontrollen habe die Beklagte kontrolliert. Letzteres konkretisierte die Zeugin I dahingehend, dass diese Kontrollen ein- bis zweimal im Monat stattgefunden hätten. Nach Aussage der Zeugin L sei die Beklagte insoweit sehr pingelig gewesen; sie sei mit den Mitarbeitern über den Hof gegangen und habe heimlich geschaut, ob die Kontrollen auch durchgeführt worden seien. Auch haben beide Zeuginnen übereinstimmend angegeben, dass es zu keinen vergleichbaren Vorfällen gekommen sei. Die Aussagen der Zeuginnen L und I sind glaubhaft. In sich schlüssig und widerspruchsfrei haben die Zeuginnen jeweils die vorzunehmenden Kontrollen und das bestehende Kontrollsystem detailliert geschildert, wobei sich die Aussagen – wie dargestellt – im wesentlichen Kernbereich decken. Einseitige Belastungs- oder Entlastungstendenzen sind bei keiner der beiden Zeuginnen während der Vernehmung zu Tage getreten. Sie waren beide ersichtlich bemüht, das Erinnerte vollständig und wirklichkeitstreu wiederzugeben, wobei Erinnerungslücken offen zugestanden wurden. Der Senat hat auch keinen Anlass, Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen zu hegen. Insoweit verkennt der Senat nicht, dass die Beklagte und die Zeuginnen aufgrund der Veräußerung des Tankstellenbetriebes zwar nicht mehr arbeitsrechtlich verbunden sind, es jedoch nahe liegt, dass aufgrund der Vergangenheit eine gewissen Verbundenheit fortbesteht. Dies allein rechtfertigt es aber nicht, ohne das Hinzutreten weiterer konkreter Anhaltspunkte, Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen zu hegen.

Damit steht fest, dass die Beklagte ihre Mitarbeiter unter Festlegung des Kontrollumfangs (Kannen, Eimer, Mülleimer und Boden prüfen) mündlich angewiesen hat, vor Beginn der Nachtschicht einen Kontrollgang über das Gelände vorzunehmen und sie die Einhaltung dieser Weisung einmal pro Monat kontrolliert hat. Dies reicht aus, um ihren Organisations- und Kontrollpflichten nachzukommen. Da es zuvor keine vergleichbaren Vorfälle gegeben hatte und die von der Beklagten durchgeführten Kontrollen keinen Anlass zu Beanstandungen gaben, war die Beklagte auch nicht gehalten, ihre Mitarbeiter in kürzeren zeitlichen Abständen zu kontrollieren.

(3) Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats auch fest, dass die Zeugin L am 16.05.2014 vor Beginn der Nachtschicht gegen 23.30 Uhr das Tankstellengelände kontrolliert und hierbei keine Gegenstände, namentlich keinen schwarzen Paketbinder, auf dem Boden vorgefunden hat.

Die Zeugin L hat ausgesagt, am 16.05.2016 gegen 23.30 Uhr das Tankstellengelände wie sonst auch auf herumliegende Gegenstände kontrolliert zu haben, ohne dass ihr hierbei etwas aufgefallen ist. Im Rahmen ihrer Vernehmung vor dem Senat hat die Zeugin dabei zunächst allgemeine Angaben zu den von ihr durchgeführten Kontrollgängen vor Beginn einer Nachtschicht gemacht. Danach ist die Zeugin L jeweils gegen 23.30 Uhr zum Tankstellengelände gekommen und hat vor Übernahme der Kasse zunächst einen Rundgang über das Gelände gemacht. Bei diesen Rundgängen wurde, so die Zeugin L, kontrolliert, ob die Gießkannen aufgefüllt und sonst alles in Ordnung sei, insbesondere kein Glas oder andere Gegenstände auf dem Boden lagen. Auch an den konkreten Abend, an dem sich der Sturz ereignete, vermochte sich die Zeugin L zu erinnern. So hat sie ausgesagt, ihr sei erinnerlich, dass damals ein Krankenwagen gekommen sei. Sie habe ihr Auto vor Schichtbeginn – wie immer – am Finanzamt geparkt, sei dann einmal über das Tankstellengelände gegangen und habe alles kontrolliert. Autos hätten sich zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Gelände befunden. Bei diesem Kontrollgang zu Schichtbeginn habe sie keinen Paketbinder auf dem Tankstellengelände liegen sehen. Die Aussage der Zeugin L war glaubhaft. Die Zeugin hat sowohl zu der von ihr durchgeführten Kontrolle als auch zu dem weiteren Geschehen in sich schlüssige und widerspruchsfreie Angaben gemacht. Dass die Aussage der Zeugin zu dem später von ihr beobachteten Sturz der Klägerin originellere und detailliertere Angaben enthält – die Zeugin schilderte einen langsamen Fall zur Seite auf den Boden vor das Auto, wobei sie zuerst gedacht habe, es seien Drogen oder Alkohol im Spiel -, als dem zuvor durchgeführten Kontrollgang über das Gelände, spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben im Ganzen oder in Bezug auf den geschilderten Kontrollgang. Dieser Umstand erklärt sich vielmehr daraus, dass es sich bei der Kontrolle mangels Hervortretens von Besonderheiten für die Zeugin um einen von ihr vor jedem Schichtwechsel durchgeführten routinemäßigen Vorgang handelte, der naturgemäß nicht derart detailliert erinnert wird wie ein überraschendes oder außergewöhnliches Ereignis. Die Angaben der Zeugin L zum Kontrollgang sprechen daher eher für die Erlebnisfundiertheit und damit Glaubhaftigkeit der Aussage. Bei ihrer Vernehmung vor dem Senat war Letztere auch ersichtlich bemüht, das aufgrund des Zeitablaufs noch Erinnerlichte ohne Ausschmückungen oder ein Aufbauschen des Geschehens wiederzugeben. Für die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin L und deren Glaubwürdigkeit spricht zudem, dass ihre Angaben zu den generellen Kontrollen – wie angeführt – mit der Aussage der Zeugin I übereinstimmen. Auch die Angaben der Zeugin L zu dem Sturz der Klägerin und dem Geschehen nach dem Sturz sind mit den Angaben der Klägerin und den Aussagen der Zeuginnen Q und I vom äußeren Ablauf her im Wesentlichen in Einklang zu bringen, wobei der Senat in diesem Zusammenhang nicht verkennt, dass die Zeugin L den von der Klägerin geschilderten Aufprall mit der Schulter gegen das Auto nicht bekundet hat. Der Senat hat auch keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin L. Dabei verkennt er nicht, dass die Zeugin am Ausgang des Rechtsstreits zumindest insoweit ein mittelbares Eigeninteresse hat, als ihr in der Nacht des Unfalls die Kontrolle des Tankstellengeländes oblag mit der Folge, dass sich die Zeugin L bei Verletzung dieser Pflichten – trotz des nunmehr beendeten Arbeitsverhältnisses infolge des Betreiberwechsels – womöglich Regressansprüchen der Beklagten ausgesetzt sieht. Dies allein rechtfertigt es jedoch nicht, ohne weitere Anhaltspunkte die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Frage zu stellen. Wie ausgeführt, sprechen das Aussageverhalten der Zeugin und die Aussageanalyse für die Glaubhaftigkeit der Aussage und die Glaubwürdigkeit der Zeugin.

cc) Einen Verstoß der Beklagten gegen die ihr obliegende Beleuchtungspflicht hat die Klägerin bereits nicht substantiiert dargelegt. Der Verkehrssicherungspflichtige muss in den Stunden der Dämmerung und Dunkelheit zwar für eine ausreichende Beleuchtung sorgen (vgl. Wellner in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage, 14 Kapitel, Rn. 129). Diese Pflicht wird etwa verletzt, wenn eine nicht nur unerhebliche Unebenheit auf einem Parkplatz wegen unzulänglicher Beleuchtung nur schwer zu erkennen ist (vgl. OLG Hamm, VersR 2004, 1617). Die Klägerin hat bereits schriftsätzlich nicht substantiiert dargelegt, dass die Beleuchtung auf dem Gelände derart schwach gewesen sei, dass mögliche Hindernisse nur schwer zu erkennen gewesen seien. Im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat hat die Klägerin sodann angegeben, dass die Säulen beleuchtet waren und von oben auch Licht kam. Die Beklagte hat in Übereinstimmung mit den Zeuginnen Q und L angegeben, dass die zur Akte gereichten Lichtbilder (Blatt 68 bis 71 der Gerichtsakte) die Örtlichkeiten einschließlich der Lichtverhältnisse zutreffend wiederspiegeln. Diesen Lichtbildern ist aber zu entnehmen, dass der Boden des Tankstellengeländes hinreichend ausgeleuchtet war.

c) Da die vertraglichen Schutzpflichten der Beklagten gegenüber der Klägerin – wie ausgeführt – deckungsgleich mit den sich aus § 823 Abs. 1 BGB ergebenden Verkehrssicherungspflichten sind, scheidet auch eine deliktische Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB mangels Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht aus. Ein Anspruch aus § 831 Abs. 1 BGB besteht ebenfalls nicht. Dieser setzt voraus, dass der Verrichtungsgehilfe – hier die Zeugin L – dem Dritten widerrechtlich eine Schaden zufügt, mithin den objektiven Tatbestand einer unerlaubten Handlung erfüllt (vgl. Palandt, BGB, 75. Auflage, § 831 Rn. 8). Dies steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme aber gerade nicht fest.

2. Der Antrag der Klägerin auf Feststellung der Ersatzpflicht aller künftigen materiellen und immateriellen Schäden hat ebenfalls keinen Erfolg, da die Beklagte wie dargelegt bereits dem Grunde nach nicht gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB oder §§ 823, 831 BGB haftet.

3. Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Eine Revisionszulassung war nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgebenden Fragen sind solche des Einzelfalles.

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