Übersicht:
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Flensburg
- Datum: 07.07.2023
- Aktenzeichen: 7 O 212/22
- Verfahrensart: Amtshaftungsklage
- Rechtsbereiche: Amtshaftungsrecht, Straßenverkehrssicherungspflicht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Urlauberin, die Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend macht, weil sie auf einem Bohlenweg gestürzt ist. Sie argumentiert, dass der Beklagte seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, da Sicherheitsmerkmale wie beidseitige Geländer und sichtbare Farbmarkierungen fehlten.
- Beklagter: Die zuständige Gemeinde, die bestreitet, dass eine Verkehrssicherungspflichtverletzung vorlag. Sie argumentiert, dass der Bohlenweg für die Nutzer klar erkennbar und sicher genug war und dass es keine überraschende Gefahrenlage an der Unfallstelle gab.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld, weil sie im September 2021 auf einem Bohlenwanderweg auf Amrum gestürzt ist und sich schwer verletzte. Sie behauptet, dass fehlende Sicherheitsmerkmale wie ausreichende Farbmarkierungen und ein beidseitiges Geländer auf der Treppe die Ursache für ihren Unfall waren.
- Kern des Rechtsstreits: Ist die Gemeinde verpflichtet, Bohlenwege mit umfassenden Sicherheitsvorkehrungen auszustatten, wie beidseitigen Geländern und ausreichender Markierung, um Gewähr für die Sicherheit der Nutzer zu bieten?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld gegen die Gemeinde.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Gemeinde keine Verkehrssicherungspflichtverletzung begangen hat. Der Bohlenweg entsprach den Anforderungen und war für einen sorgfältigen Benutzer hinreichend sicher. Eine vollständige Gefahrlosigkeit der Wege sei mit zumutbaren Mitteln nicht zu erreichen. Zudem wurde der Klägerin ein Mitverschulden zur Last gelegt, da sie durch die Sonne geblendet war und keine Sonnenbrille trug oder das vorhandene Geländer nutzte.
- Folgen: Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil stellt klar, dass eine Gemeinde nicht verpflichtet ist, Bohlenwege mit beidseitigen Geländern auszustatten, solange der Weg erkennbar sicher genutzt werden kann. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.
Verkehrssicherungspflicht: Haftung bei Wanderwegen im Naturschutzgebiet prüfen
Die Verkehrssicherungspflicht ist ein zentrales Thema im Bereich der Haftung, das insbesondere bei öffentlichen Wanderwegen eine Rolle spielt. Verantwortliche müssen sicherstellen, dass die Wege für die Nutzer sicher sind, was in Naturschutzgebieten, wie einer Dünenlandschaft, besondere Herausforderungen mit sich bringt. Die Sicherheitspflicht umfasst dabei wichtige Aspekte wie die regelmäßige Zustandsüberwachung und die Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen, um Gefahren abzuwehren und durch erosionstechnische Faktoren verursachte Schäden zu verhindern.
Besondere Beachtung finden auch die Maßnahmen zur Nutzerinformation und Zutrittsbeschränkung, um eine umweltverträgliche Nutzung und den Erhalt der Landschaft zu gewährleisten. Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der diese Themen im Kontext eines Bohlenweges detailliert beleuchtet und die rechtlichen Rahmenbedingungen analysiert.
Der Fall vor Gericht
Sturz von Bohlenweg: Gemeinde Norddorf auf Amrum nicht haftbar
Eine Urlauberin scheiterte vor dem Landgericht Flensburg mit ihrer Schadensersatzklage gegen die Gemeinde Norddorf auf Amrum. Die Frau war im September 2021 auf dem Bohlenweg Düüwdääl von einer Treppe gestürzt und hatte sich dabei schwer verletzt. Das Gericht sah jedoch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Gemeinde.
Klägerin forderte über 12.000 Euro Schmerzensgeld
Die Urlauberin, die bereits zehn Mal zuvor auf Amrum Urlaub gemacht hatte, nutzte den hölzernen Wanderweg vom Parkplatz an der Lunstruat zur Aussichtsplattform in den Dünen. An einer ansteigenden Treppe, die nur linksseitig über ein Geländer verfügte, stürzte sie nach eigenen Angaben, weil sie die Stufen für einen abgeschrägten Weg gehalten hatte. Die Klägerin erlitt einen Bruch des linken Sprunggelenks sowie einen Riss beider Kreuzbänder im rechten Knie. Sie verlangte neben Heilbehandlungskosten von 854,46 Euro ein Schmerzensgeld von mindestens 12.000 Euro.
Charakteristische Bauweise der Amrumer Bohlenwege
Das Gericht betonte in seiner Urteilsbegründung die besondere Beschaffenheit der Amrumer Bohlenwege, die auf Pfahlunterbauten errichtet und charakteristischerweise nahezu ohne Geländer durch die Dünenlandschaft führen. Diese Bauweise erfordere von Fußgängern eine erhöhte Aufmerksamkeit. Da der Klägerin die Bohlenwege aus früheren Urlauben bekannt waren, hätte sie sich auf diese Besonderheiten einstellen können.
Treppe war ausreichend erkennbar
Nach Überzeugung des Gerichts war die absteigende Treppe für die Urlauberin rechtzeitig erkennbar. Dies ergab sich aus der Führung des Treppengeländers sowie dem Verlauf des Bohlenweges. Die Klägerin hatte bereits eine beträchtliche Strecke auf dem Weg zurückgelegt und die Möglichkeit, sich am linksseitigen Treppengeländer festzuhalten. Auch der Umstand verblichener Farbmarkierungen auf den Treppenstufen begründete keine Verkehrssicherungspflichtverletzung, da es sich um eine langgezogene, gut erkennbare Treppe handelte.
Mitverschulden durch Blendung
Das Gericht stellte zudem ein Anspruchsausschließendes Mitverschulden der Klägerin fest. Diese hatte während ihrer Anhörung eingeräumt, im Unfallmoment von der Sonne geblendet worden zu sein. Nach Auffassung des Gerichts hätte sie einen Sonnenschutz tragen oder sich zumindest am vorhandenen Treppengeländer festhalten müssen. Die Klage wurde vollständig abgewiesen. Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass Gemeinden bei charakteristischen Landschaftswegen wie den Amrumer Bohlenwegen keine beidseitigen Geländer installieren müssen. Besucher müssen sich auf die örtlichen Gegebenheiten einstellen und erhöhte Aufmerksamkeit walten lassen. Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet Gemeinden nicht zu einer vollständigen Gefahrlosigkeit von Wegen, sondern nur zur Absicherung nicht erkennbarer Gefahren. Bei Blendung durch Sonne trifft Nutzer eine Eigenverantwortung zum Schutz durch Sonnenbrillen oder zur Nutzung vorhandener Sicherungen wie Geländer.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie auf touristischen Wegen mit besonderen landschaftlichen Merkmalen wie Bohlenwegen einen Unfall erleiden, können Sie nicht automatisch Schadensersatz von der Gemeinde erwarten. Sie müssen nachweisen, dass eine echte, nicht erkennbare Gefahr vorlag – bekannte Besonderheiten wie fehlende Geländer reichen dafür nicht aus. Schützen Sie sich bei schwierigen Sichtverhältnissen durch Sonnenbrillen und nutzen Sie vorhandene Sicherungen wie einseitige Geländer. Auch wenn Sie einen schweren Sturz erleiden: Ohne Nachweis einer konkreten Pflichtverletzung der Gemeinde müssen Sie die Kosten selbst tragen.
Benötigen Sie Hilft?
In Fällen von Unfällen auf touristischen Wegen ist die rechtliche Situation oft komplex und erfordert eine sorgfältige Prüfung der individuellen Umstände. Unsere erfahrenen Juristen analysieren die spezifischen Details Ihres Falls und prüfen, ob eine nicht erkennbare Gefährdung vorlag, die über die üblichen Wegeeigenschaften hinausging. Mit langjähriger Expertise im Bereich kommunaler Haftung unterstützen wir Sie bei der rechtlichen Bewertung Ihrer Ansprüche. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Verkehrssicherungspflichten gelten für öffentliche Bohlenwege?
Die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Bohlenwege erfordert alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen, um Benutzer vor Gefahren zu schützen. Der Betreiber muss dabei einen dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand gewährleisten.
Grundlegende Pflichten
Der Betreiber eines Bohlenweges muss die Stabilität und Begehbarkeit des Weges sicherstellen. Dies umfasst die regelmäßige Kontrolle auf schadhafte Stellen, lose Bretter oder andere Gefahrenquellen. Besonders wichtig ist die Überprüfung der Tragfähigkeit der Konstruktion und die Beseitigung von Stolperfallen.
Besonderheiten in Naturgebieten
In Naturschutzgebieten dient der Bohlenweg oft dem Schutz der empfindlichen Vegetation. Hier gelten spezielle Nutzungsregeln, wie etwa das Gebot, Fahrräder zu schieben. Diese Regeln müssen durch entsprechende Beschilderung kenntlich gemacht werden.
Grenzen der Sicherungspflicht
Die Verkehrssicherungspflicht umfasst nicht den Schutz vor allen denkbaren Gefahren. Der Betreiber muss nur vor solchen Gefahren schützen, die bei bestimmungsgemäßer Nutzung entstehen können. Bei atypischen Gefahren, etwa durch mutwillige Beschädigung, besteht keine Haftung.
Praktische Umsetzung
Die Sicherungspflicht erfordert:
- Regelmäßige Kontrollen des Wegezustands
- Zeitnahe Reparatur erkannter Schäden
- Deutliche Kennzeichnung von Gefahrenstellen
- Sperrung bei erheblichen Sicherheitsmängeln
Bei Verletzung dieser Pflichten und daraus resultierenden Schäden kann der Betreiber nach § 823 BGB haftbar gemacht werden.
Wann haftet eine Gemeinde für Unfälle auf Bohlenwegen?
Eine Gemeinde haftet grundsätzlich nicht für Unfälle auf Bohlenwegen, wenn diese ihre charakteristische Besonderheit aufweisen, nahezu ohne Geländer durch die Dünenlandschaft zu führen. Die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde ist hier stark eingeschränkt.
Grundsätzliche Haftungsvoraussetzungen
Bei Bohlenwegen müssen Nutzer mit den typischen Eigenschaften dieser Wegeart rechnen. Die Gemeinde muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Eine vollständige Gefahrlosigkeit ist nicht erforderlich und mit zumutbaren Mitteln auch nicht zu erreichen.
Ausnahmen von der Haftungsfreiheit
Die Gemeinde haftet ausnahmsweise, wenn:
- offensichtliche und vermeidbare Gefahrenquellen nicht beseitigt werden
- besondere Gefahrenstellen nicht gekennzeichnet sind
- die Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt wird
Beurteilung der Verkehrssicherungspflicht
Die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht sind bei Bohlenwegen deutlich geringer als bei normalen Gehwegen. Benutzer können nur eine eingeschränkte Sicherheitserwartung an den Zustand des Weges haben. Bei der Beurteilung der Haftung wird stets der Einzelfall geprüft, wobei alle Umstände wie die Beschaffenheit des Weges, die Art der Gefahr und das Verhalten des Geschädigten berücksichtigt werden.
Welche Ansprüche bestehen nach einem Unfall auf einem Bohlenweg?
Bei einem Unfall auf einem Bohlenweg richten sich mögliche Ansprüche nach der konkreten Situation und den Umständen des Einzelfalls. Eine Gemeinde ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Bohlenweg mit beidseitigen Geländerläufen auszustatten. Dies gilt besonders für Bohlenwege in Dünenlandschaften, die charakteristischerweise nahezu ohne Geländer durch die Landschaft führen.
Voraussetzungen für Ansprüche gegen die Gemeinde
Eine Haftung der Gemeinde kommt nur in Betracht, wenn der Bohlenweg als Gemeindestraße gewidmet ist. Dafür muss nachgewiesen werden:
- Eine öffentliche Widmung des Weges
- Bei fremdem Grundeigentum die Zustimmung des Eigentümers
- Die Übernahme der Straßenbaulast durch die Gemeinde
Ansprüche bei nachgewiesener Verkehrssicherungspflicht
Wenn eine Verkehrssicherungspflicht besteht, können Sie folgende Ansprüche geltend machen:
- Schmerzensgeld bei körperlichen und seelischen Verletzungen
- Heilbehandlungskosten einschließlich Arztkosten und Atteste
- Verdienstausfall bei Arbeitsunfähigkeit
- Eine Unkostenpauschale für weitere Aufwendungen
Besonderheiten bei Waldwegen
Bei Wegen im Wald gilt das jeweilige Landeswaldgesetz. Das Betreten des Waldes erfolgt dabei grundsätzlich auf eigene Gefahr. Eine Haftung des Waldbesitzers besteht nur bei atypischen Gefahren, die nicht durch die Natur oder eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung begründet sind.
Welche Besonderheiten gelten für die Verkehrssicherung bei Naturwegen?
Bei Naturwegen gilt der Grundsatz „Betreten auf eigene Gefahr„. Dies ist insbesondere im Bundeswaldgesetz und den entsprechenden Landeswaldgesetzen verankert.
Unterscheidung der Gefahrenarten
Bei Naturwegen wird zwischen waldtypischen und atypischen Gefahren unterschieden. Waldtypische Gefahren wie herabfallende Äste, Wurzeln auf Wegen oder umstürzende Bäume müssen von den Nutzern selbst getragen werden. Diese Gefahren sind Teil des allgemeinen Lebensrisikos beim Betreten der Natur.
Haftungsbeschränkung
Der Waldbesitzer oder Wegeverantwortliche haftet grundsätzlich nur für atypische Gefahren. Dies sind beispielsweise nicht naturbedingte Gefahrenquellen wie defekte Geländer an Brücken, nicht gesicherte Abgrabungen oder künstlich geschaffene Hindernisse.
Besondere Verkehrssicherungspflichten
Eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht besteht nur in speziellen Fällen:
- Bei öffentlichen Verkehrswegen im Wald, insbesondere an Bundes- und Landesstraßen
- Bei künstlichen Einrichtungen wie Schutzhütten, Bänken oder Brücken
- An Stellen mit besonders eröffnetem Verkehr, etwa bei ausgewiesenen Parkplätzen oder Waldspielplätzen
Kontroll- und Wartungspflichten
Die Kontrollpflichten sind bei Naturwegen deutlich eingeschränkt. Eine regelmäßige Kontrolle ist nur dort erforderlich, wo atypische Gefahren bestehen können. Bei bekannt gewordenen akuten Gefahren besteht jedoch eine unverzügliche Handlungspflicht zur Gefahrenbeseitigung oder Absperrung des Gefahrenbereichs.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Verkehrssicherungspflicht
Eine rechtliche Verpflichtung, die jeden trifft, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält. Der Verantwortliche muss alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden anderer zu verhindern. Die Pflicht basiert auf § 823 BGB und richterlicher Rechtsfortbildung. Bei öffentlichen Wegen muss beispielsweise die Gemeinde durch regelmäßige Kontrollen und Wartungen für einen verkehrssicheren Zustand sorgen. Die Anforderungen sind jedoch nicht grenzenlos – es müssen nur die Gefahren beseitigt werden, die ein sorgfältiger Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann.
Mitverschulden
Ein rechtliches Konzept nach § 254 BGB, bei dem der Geschädigte selbst eine Mitschuld am entstandenen Schaden trägt. Dies führt zur Minderung oder sogar zum Ausschluss von Schadensersatzansprüchen. Ein Mitverschulden liegt vor, wenn der Geschädigte die eigene Sorgfaltspflicht verletzt hat – zum Beispiel wenn er erkennbare Gefahren missachtet oder sich leichtsinnig verhält. Im Beispielfall wurde die Blendung durch die Sonne ohne Schutzmaßnahmen als Mitverschulden gewertet.
Schadensersatzklage
Ein rechtliches Verfahren, mit dem ein Geschädigter Ausgleich für erlittene Schäden fordert. Grundlage ist meist § 823 BGB (unerlaubte Handlung) oder eine Vertragsverletzung. Der Kläger muss dabei nachweisen, dass der Beklagte eine Pflicht verletzt hat und dadurch ein Schaden entstanden ist. Der Ersatz kann materielle Schäden (z.B. Behandlungskosten) und immaterielle Schäden (Schmerzensgeld) umfassen. Voraussetzung ist in der Regel ein Verschulden des Schädigers.
Schmerzensgeld
Eine finanzielle Entschädigung für erlittene körperliche oder seelische Schmerzen nach § 253 BGB. Es soll einen Ausgleich für immaterielle Schäden wie Leiden, Unannehmlichkeiten und entgangene Lebensfreude bieten. Die Höhe richtet sich nach Art, Schwere und Dauer der Verletzungen sowie dem Grad des Verschuldens. Beispielsweise können bei schweren Knochenbrüchen mit dauerhaften Folgen durchaus fünfstellige Schmerzensgeldsummen zugesprochen werden.
Anspruchsausschließendes Mitverschulden
Eine besonders schwere Form des Mitverschuldens nach § 254 BGB, bei der das Verhalten des Geschädigten so gravierend ist, dass es jeden Schadensersatzanspruch vollständig ausschließt. Dies ist der Fall, wenn das Eigenverschulden des Geschädigten die Pflichtverletzung des Schädigers deutlich überwiegt. Beispielsweise wenn jemand sich grob fahrlässig oder vorsätzlich selbst gefährdet. Im Unterschied zum einfachen Mitverschulden führt es nicht nur zur Minderung, sondern zum kompletten Verlust des Anspruchs.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 823 BGB (Schadensersatzpflicht): Diese Vorschrift regelt die Schadensersatzansprüche bei der Verletzung von Rechtsgütern. Dabei ist insbesondere relevant, dass eine Schadensersatzpflicht besteht, wenn jemand vorsätzlich oder fahrlässig einen anderen schädigt. Im vorliegenden Fall erhebt die Klägerin Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, da sie behauptet, durch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten verletzt worden zu sein.
- § 276 BGB (Fahrlässigkeit): Der Paragraph definiert die Voraussetzungen, unter denen eine Person für eine Pflichtverletzung verantwortlich gemacht werden kann. Eine Verpflichtung zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten besteht, die im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht insbesondere für Gemeinden erheblich sind. Im Kontext des Unfalls auf dem Bohlenweg wird diskutiert, ob der Beklagte fälschlicherweise gegen seine Verkehrssicherungspflichten verstoßen hat, was die Klägerin zu ihrem Sturz brachte.
- § 839 BGB (Amtshaftung): Paragraph regelt die Haftung von öffentlichen Amtsträgern bei der Verletzung ihrer Pflichten. Insbesondere können geschädigte Dritte Schadensersatzansprüche gegen eine Gemeinde geltend machen. Hier erhebt die Klägerin eine Amtshaftungsklage, da sie der Ansicht ist, dass die Gemeinde für die unzureichende Sicherung des Bohlenwegs verantwortlich ist und dadurch der Unfall verursacht wurde.
- § 3 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung – Verkehrssicherungspflicht): Dieser Paragraph legt fest, dass Straßen und Wege so zu gestalten sind, dass sie für alle Verkehrsteilnehmer sicher nutzbar sind. Eine wichtige Frage im Fall ist, ob der Bohlenweg den Sicherheitsanforderungen entsprach, insbesondere in Bezug auf das fehlende Geländer und die Sichtbarkeit der Treppenmarkierungen, was zum Sturz der Klägerin führte.
- § 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO): Sie verpflichtet alle Verkehrsteilnehmer dazu, die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten. An dieser Stelle könnte diskutiert werden, ob die Klägerin selbst eine Mitverantwortung für ihren Sturz trägt, insbesondere wenn sie unter den Bedingungen, die der Weg bot, unvorsichtig war oder warum das Geländer nicht genutzt wurde.
Das vorliegende Urteil
LG Flensburg – Az.: 7 O 212/22 – Urteil vom 07.07.2023
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.