Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Sturz auf nassem Metall: Wer haftet für die Folgen?
- Der unglückliche Sturz und der Weg vor Gericht
- Die nächste Instanz: Warum Frau K. Berufung einlegte
- Die Entscheidung des Landgerichts: Keine Haftung der Hauseigentümer
- Die Knackpunkte: Warum musste niemand für den Sturz zahlen?
- Die abschließenden Feststellungen des Gerichts
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was versteht man unter der Verkehrssicherungspflicht?
- Wann haften Grundstückseigentümer für Stürze auf angrenzenden öffentlichen Flächen wie Gehwegen?
- Wann gilt eine Gefahr als so offensichtlich, dass keine besonderen Warnhinweise nötig sind?
- Welche Rolle spielt die eigene Aufmerksamkeit und Vorsicht von Passanten bei einem Sturz?
- Welche ersten Schritte sollte ich unternehmen, wenn ich auf einem öffentlich zugänglichen Bereich stürze und mich verletze?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 1 S 37/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Ellwangen
- Datum: 16.10.2024
- Aktenzeichen: 1 S 37/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Haftungsrecht, Verkehrssicherungspflicht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Person, die Schadensersatzansprüche wegen eines Sturzes auf einem Riffelblech vor dem Anwesen der Beklagten geltend machte und Berufung gegen die Klageabweisung einlegte.
- Beklagte: Die Miteigentümer eines Anwesens, vor dem sich ein Riffelblech befindet. Sie wiesen die Forderungen der Klägerin zurück und verteidigten die erstinstanzliche Klageabweisung.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin forderte Schadensersatz, da sie auf einem regennassen Riffelblech vor dem Anwesen der Beklagten ausgerutscht und gestürzt war. Sie erlitt dabei Knieverletzungen.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral war die Frage, ob die Hauseigentümer (Beklagten) ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hatten, indem sie auf die Rutschgefahr des Riffelblechs bei Nässe nicht hinwiesen oder Sicherheitsmaßnahmen trafen, und ob sie daher schadensersatzpflichtig waren.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Berufung der Klägerin zurück. Damit blieb die erstinstanzliche Entscheidung, die Klage abzuweisen, bestehen. Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass keine Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde. Eine Warnung oder zusätzliche Sicherung war nicht erforderlich, da die Rutschgefahr bei Nässe auf einem Riffelblech als allgemein bekannt gilt und das Blech gut sichtbar war.
- Folgen: Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Urteil ist sofort vollstreckbar, und eine weitere Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.
Der Fall vor Gericht
Sturz auf nassem Metall: Wer haftet für die Folgen?
Jeder kennt die Situation: Es hat geregnet, und plötzlich wird ein eigentlich harmloser Untergrund zur Rutschpartie. Doch wer ist verantwortlich, wenn man auf einem solchen rutschigen Belag vor einem Haus stürzt und sich verletzt? Muss der Eigentümer des Hauses immer für die Sicherheit sorgen, auch wenn die Gefahr offensichtlich erscheint? Genau mit diesen Fragen musste sich das Landgericht Ellwangen beschäftigen. Es ging um einen Sturz auf einem nassen Metallblech und die Frage, ob die Hauseigentümer hätten Vorkehrungen treffen müssen.
Der unglückliche Sturz und der Weg vor Gericht

Eine Frau, nennen wir sie Frau K., war an einem Nachmittag im August 2020 in Bad Mergentheim unterwegs. Vor einem Anwesen in der H.-Straße befand sich auf dem Gehweg ein aufklappbares sogenanntes Riffelblech. Das ist eine Metallplatte mit einem eingeprägten Muster, meist Rauten oder Streifen, das eigentlich die Rutschfestigkeit erhöhen soll. Dieses spezielle Blech war dort auf Anweisung der Stadt Bad Mergentheim angebracht worden. Es diente den Eigentümern des Hauses, den Beklagten, als Zugang zu ihrem Gewölbekeller, nachdem die Straße vor ihrem Haus höhergelegt worden war.
Frau K. gab an, an jenem Tag gegen 14:30 Uhr auf diesem Riffelblech ausgerutscht zu sein. Es hatte zuvor geregnet, und die Metalloberfläche sei dadurch besonders rutschig gewesen. Bei dem Sturz schlug sie mit dem linken Knie auf dem Gehweg auf und erlitt, wie sie sagte, unter anderem einen Knorpelschaden. Zuvor habe sie keinerlei Knieprobleme gehabt. Frau K. war der Meinung, die beklagten Hauseigentümer hätten ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Was ist das genau? Die Verkehrssicherungspflicht ist die Pflicht dessen, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält (zum Beispiel ein Grundstückseigentümer für sein Grundstück), die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um Schäden anderer zu verhindern. Frau K. meinte, die Hauseigentümer hätten auf die Rutschgefahr hinweisen oder Antirutschmatten auslegen müssen. Deshalb forderte sie von ihnen Schadensersatz (also eine Geldleistung, um den entstandenen Schaden auszugleichen) und Schmerzensgeld (eine Entschädigung für erlittene Schmerzen und Leiden). Konkret verlangte sie 680,09 € für materielle Schäden, mindestens 750,00 € Schmerzensgeld, die Feststellung, dass die Hauseigentümer auch für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall aufkommen müssen, sowie die Erstattung ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Die beklagten Hauseigentümer sahen das anders. Sie argumentierten, dass der Gehwegstreifen Eigentum der Stadt Bad Mergentheim sei. Außerdem gäbe es keine städtische Satzung, die ihnen als Hauseigentümern die Verkehrssicherungspflicht für diesen Bereich auferlege. Sie hielten sich daher nicht für schadensersatzpflichtig. Das Amtsgericht Bad Mergentheim, die erste gerichtliche Instanz in diesem Fall, wies die Klage von Frau K. ab. Die Begründung des Amtsgerichts: Es sei unklar geblieben, wer überhaupt Eigentümer des Gehwegs und des Riffelblechs sei und wer somit die Verkehrssicherungspflicht trage. Zudem sei das Riffelblech aufgrund seiner Größe und Lage sehr gut und schon von Weitem erkennbar gewesen. Frau K. hätte ihr Verhalten anpassen können und müssen – sie hätte beispielsweise einfach um das Blech herumgehen können.
Die nächste Instanz: Warum Frau K. Berufung einlegte
Mit diesem Urteil des Amtsgerichts war Frau K. nicht einverstanden und legte Berufung ein. Eine Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei eines Rechtsstreits die Überprüfung eines Urteils durch ein höheres Gericht, hier das Landgericht, verlangen kann. Frau K. wiederholte ihre Argumente aus der ersten Instanz. Sie fügte hinzu, das Amtsgericht hätte anhand eines vorgelegten Grundbuchauszugs feststellen müssen, dass die Beklagten sehr wohl Eigentümer des Gehwegstücks seien. Außerdem hätte das Gericht die Rutschigkeit des Riffelblechs nicht nur anhand von Fotos beurteilen dürfen, sondern hätte einen Ortstermin, also eine Besichtigung vor Ort, durchführen müssen. Sie räumte zwar ein, gewusst zu haben, dass Riffelbleche rutschig sein können, aber nicht, dass dieses spezielle Blech „derart rutschig“ sei.
Die beklagten Hauseigentümer beantragten, die Berufung zurückzuweisen und verteidigten das Urteil des Amtsgerichts. Einer der beiden beklagten Hauseigentümer, der nicht anwaltlich vertreten war, erschien nicht zur mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren.
Die Entscheidung des Landgerichts: Keine Haftung der Hauseigentümer
Das Landgericht Ellwangen, das als nächsthöhere Instanz für die Berufung zuständig war, wies die Berufung von Frau K. zurück. Das bedeutet, das Urteil des Amtsgerichts Bad Mergentheim blieb bestehen, und Frau K. bekommt keinen Schadensersatz oder Schmerzensgeld von den Hauseigentümern. Dass einer der Beklagten nicht zur Verhandlung erschienen war, führte zu einem sogenannten unechten Versäumnisurteil gegen ihn. „Unecht“ bedeutet hier, dass das Gericht die Klage nicht allein deshalb abwies, weil der Beklagte fehlte, sondern weil es die Klage auch in der Sache, also inhaltlich, für unbegründet hielt. Frau K. musste zudem die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
Die Knackpunkte: Warum musste niemand für den Sturz zahlen?
Aber warum entschied das Landgericht so? Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Hauseigentümer Frau K. aus keinem rechtlichen Grund zum Schadensersatz verpflichtet sind. Insbesondere sahen sie keine Haftung aus § 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser Paragraph regelt die sogenannte unerlaubte Handlung und besagt vereinfacht, dass wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist. Auch eine Haftung aus § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 229 des Strafgesetzbuches (StGB), der fahrlässigen Körperverletzung, schloss das Gericht aus. Eine fahrlässige Körperverletzung liegt vor, wenn jemand durch Außerachtlassen der gebotenen Sorgfalt einen anderen am Körper verletzt.
Die Rolle der Verkehrssicherungspflicht im Detail
Das Landgericht stellte fest, dass das Amtsgericht einige Fragen offengelassen hatte: Ob Frau K. überhaupt an der behaupteten Stelle gestürzt war, wer Eigentümer des Riffelblechs und des Gehwegs war und wer für das Riffelblech als Gefahrenquelle die Verkehrssicherungspflicht trug. Doch das Landgericht sagte: Diese Fragen sind letztlich unerheblich! Warum? Weil selbst wenn die Hauseigentümer (oder die Stadt) verkehrssicherungspflichtig gewesen wären, sie diese Pflicht jedenfalls nicht verletzt hätten.
Offensichtliche Gefahr: Wenn jeder die Rutschgefahr erkennen kann
Und hier kommt der entscheidende Punkt in der Argumentation des Gerichts: Weder die Stadt Bad Mergentheim noch die beklagten Hauseigentümer waren verpflichtet, durch ein Schild auf die Rutschgefahr auf dem Riffelblech bei Nässe hinzuweisen oder Antirutschmatten auszulegen. Das Gericht stützte sich dabei auf eine bestehende Rechtsprechung, unter anderem des Bundesgerichtshofs (BGH), des höchsten deutschen Zivilgerichts. Demnach sind die Anforderungen an die Gefahrensicherung und die Sicherungserwartungen der Allgemeinheit herabgesetzt, wenn es um Gefahren geht, die „jedem vor Augen stehen müssen und vor denen man sich deshalb durch die zu verlangende eigene Vorsicht ohne weiteres selbst schützen kann“.
Was bedeutet das konkret im Fall des Riffelblechs? Das Gericht führte aus, dass eine Metallplatte mit einem Riffelmuster, das die Griffigkeit verbessern soll, an vielen Orten üblich und zugelassen ist. Das war auch in diesem Fall unbestritten. Es gehöre zum Allgemeinwissen, so das Gericht weiter unter Verweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, dass auf einer solchen Metallplatte stehendes Wasser zu einer gewissen Rutschigkeit der Oberfläche führen kann. Jeder Fußgänger müsse daher bei Nässe auf solchen Flächen von sich aus vorsichtig sein. Man könnte es vergleichen mit nassen Blättern auf einem Gehweg im Herbst: Jeder weiß, dass diese rutschig sein können und man entsprechend vorsichtiger gehen muss.
Das Riffelblech war, wie auch die von Frau K. vorgelegten Fotos zeigten, schon von Weitem gut erkennbar. Frau K. hatte es auch unbestritten als solches erkannt, bevor sie darauf trat. Da die mögliche Rutschgefahr bei Nässe für jeden aufmerksamen Passanten offensichtlich war, waren nach Ansicht des Gerichts zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen wie Warnschilder oder Matten nicht erforderlich. Die Hauseigentümer hatten also keine Pflicht verletzt.
Die abschließenden Feststellungen des Gerichts
Da Frau K. mit ihrer Berufung keinen Erfolg hatte, musste sie gemäß § 97 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Dieser Paragraph legt fest, dass die Partei, die in einem Rechtsstreit unterliegt, die Kosten zu tragen hat. Das Urteil des Landgerichts und auch das vorherige Urteil des Amtsgerichts wurden für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das bedeutet, dass die Entscheidungen (hier vor allem bezüglich der Kosten) umgesetzt werden können, auch wenn theoretisch noch weitere Rechtsmittel möglich wären. Im konkreten Fall hatte dies vor allem Bedeutung für die Kostentragungspflicht von Frau K.
Eine Revision, also eine weitere Überprüfung des Urteils durch den Bundesgerichtshof, ließ das Landgericht Ellwangen nicht zu. Eine Revision ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die in § 543 Absatz 2 ZPO genannt sind. Dazu gehört, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Das Landgericht sah diese Voraussetzungen hier nicht als gegeben an. Der Streitwert für das Berufungsverfahren, also der Wert, um den gestritten wurde, wurde auf 1.805,09 € festgesetzt. Dieser Wert ist unter anderem für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltsgebühren relevant.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt klar: Wer auf offensichtlich gefährlichen Untergründen stürzt, kann nicht automatisch Schadensersatz verlangen. Hausbesitzer oder die Stadt müssen nicht vor jeder erkennbaren Rutschgefahr warnen – jeder Fußgänger ist selbst dafür verantwortlich, bei nassen Metallplatten vorsichtig zu sein, da diese Gefahr allgemein bekannt ist. Die Gerichte erwarten von jedem die nötige Eigenverantwortung: Wer eine nasse Metallplatte sieht und trotzdem darauf tritt, muss die Folgen meist selbst tragen. Dieses Urteil stärkt das Prinzip der Selbstverantwortung und begrenzt die Haftung bei offensichtlichen, alltäglichen Gefahren, mit denen jeder rechnen muss.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was versteht man unter der Verkehrssicherungspflicht?
Die Verkehrssicherungspflicht bedeutet, dass jeder, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, die notwendigen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen muss, um andere vor Schäden zu schützen. Es geht darum, Gefahren zu vermeiden, die von Dritten nicht ohne Weiteres erkannt oder abgewendet werden können. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bildet hierbei die rechtliche Grundlage, insbesondere über die allgemeine Haftung für unerlaubte Handlungen (beispielsweise nach § 823 BGB).
Wer trägt die Verkehrssicherungspflicht?
Diese Pflicht trifft typischerweise denjenigen, der für den Zustand und die Sicherheit eines bestimmten Bereichs verantwortlich ist. Dazu gehören in der Regel:
- Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden: Sie müssen sicherstellen, dass Wege, Treppen oder Dächer keine unnötigen Risiken bergen. Stellen Sie sich zum Beispiel einen Hauseigentümer vor, dessen Dachziegel lose sind und auf den Bürgersteig fallen könnten. Er wäre verpflichtet, diese Gefahr zu beseitigen.
- Betreiber von Anlagen oder Geschäften: Wer beispielsweise einen Supermarkt, ein Schwimmbad oder einen Spielplatz betreibt, muss dafür sorgen, dass diese Einrichtungen sicher sind. Dies könnte bedeuten, dass nasser Boden sofort gereinigt oder defekte Spielgeräte repariert werden.
- Jeder, der eine Situation schafft, die eine Gefahr für andere darstellen kann: Dies kann auch kurzfristige Zustände umfassen, etwa das Aufstellen eines Gerüsts auf öffentlichem Grund.
Zweck und Grenzen der Verkehrssicherungspflicht
Der Hauptzweck der Verkehrssicherungspflicht ist es, das allgemeine Sicherheitsniveau zu gewährleisten und Unfälle zu vermeiden, die durch mangelnde Sorgfalt entstehen. Sie sollen andere vor Gefahren schützen, die für sie überraschend sind oder die sie nicht selbst erkennen und abwenden können.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass die Verkehrssicherungspflicht keinen absoluten Schutz vor jedem denkbaren Unfall darstellt. Sie verlangt nur die Ergreifung von Maßnahmen, die objektiv notwendig und zumutbar sind. Das bedeutet:
- Keine Pflicht zur Beseitigung aller Risiken: Nicht jedes noch so kleine Risiko muss beseitigt werden. Ein gewisses Restrisiko ist im Alltag normal und muss von jedem selbst getragen werden.
- Maßnahmen nach der Art der Nutzung: Die Anforderungen richten sich nach der Art der Fläche und ihrer üblichen Nutzung. Ein Kinderspielplatz erfordert andere Sicherheitsstandards als ein abgesperrtes Industriegelände.
- Zumutbarkeit der Maßnahmen: Die Kosten und der Aufwand für Sicherungsmaßnahmen müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Grad der Gefahr und der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts stehen. Es muss also nicht jede noch so teure oder aufwendige Maßnahme ergriffen werden, wenn die Gefahr gering ist oder leicht erkennbar wäre.
Wenn Sie beispielsweise auf einem Gehweg stolpern, weil dort ein normaler, leicht erkennbarer Gullydeckel sitzt, ist das in der Regel kein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht, da diese Gefahr offensichtlich und erwartbar ist. Anders wäre es, wenn der Gullydeckel unerwartet lose oder verdeckt gewesen wäre.
Wann haften Grundstückseigentümer für Stürze auf angrenzenden öffentlichen Flächen wie Gehwegen?
Grundsätzlich liegt die Verantwortung für die Sicherheit öffentlicher Wege und Plätze, wie Gehwege, bei der jeweiligen Gemeinde. Dies wird als Verkehrssicherungspflicht bezeichnet. Sie bedeutet, dass die Gemeinde dafür sorgen muss, dass diese Flächen sicher begehbar sind und keine Gefahren für Nutzer darstellen. Dies gilt etwa für die Beseitigung von Stolperfallen, die Instandhaltung des Belags oder den Winterdienst bei Schnee und Eis.
Es gibt jedoch Fälle, in denen diese Pflicht oder Teile davon auf den angrenzenden Grundstückseigentümer übergehen können.
Übertragung der Verkehrssicherungspflicht durch Satzungen
Die häufigste Situation, in der Grundstückseigentümer für öffentliche Gehwege vor ihrem Grundstück haften können, ist die Übertragung der Verkehrssicherungspflicht durch eine Gemeindesatzung. Viele Gemeinden nutzen ihr Recht, den Winterdienst (Schneeräumen und Streuen bei Glätte) sowie die Reinigung (Kehrpflicht) der angrenzenden Gehwege auf die Eigentümer der anliegenden Grundstücke zu übertragen.
- Für Sie als Grundstückseigentümer bedeutet dies: Informieren Sie sich über die konkreten Satzungen Ihrer Gemeinde. Diese können festlegen, wann und wie oft Sie Gehwege räumen, streuen oder reinigen müssen. Wenn Sie diese Pflichten verletzen und es zu einem Sturz kommt, können Sie dafür haftbar gemacht werden.
Gefahr durch den Eigentümer selbst geschaffen
Eine Haftung des Grundstückseigentümers kann auch entstehen, wenn dieser selbst eine Gefahr auf der öffentlichen Fläche schafft oder duldet, die zu einem Sturz führt. Hierbei handelt es sich nicht um eine übertragene Verkehrssicherungspflicht, sondern um eine sogenannte „Störerhaftung“.
- Beispiel: Sie lagern Baumaterial so auf dem Gehweg, dass Passanten darüber stolpern können. Oder ein Teil Ihrer Grundstückseinfahrt ragt beschädigt in den Gehweg hinein und stellt eine Stolperfalle dar. Auch herabfallende Gegenstände von Ihrem Grundstück, die eine Gefahr auf dem Gehweg darstellen, können eine Haftung begründen. In solchen Fällen sind Sie verpflichtet, die Gefahr zu beseitigen oder davor zu warnen.
Besondere Vorteilziehung durch den Eigentümer
In seltenen Fällen kann eine Haftung des Grundstückseigentümers auch dann bestehen, wenn die öffentliche Fläche über das übliche Maß hinaus primär dem Grundstückseigentümer zum Vorteil dient. Dies betrifft oft gewerblich genutzte Grundstücke oder besondere Zugänge.
- Beispiel: Eine Treppe, die von Ihrem Geschäft direkt auf den öffentlichen Gehweg führt und von vielen Kunden frequentiert wird, könnte Sie zu einer besonderen Verkehrssicherungspflicht für diesen Bereich verpflichten, wenn Sie daraus einen direkten Vorteil ziehen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Auch wenn die Gemeinde grundsätzlich für öffentliche Gehwege zuständig ist, sollten Sie als Grundstückseigentümer immer die örtlichen Gemeindesatzungen prüfen und darauf achten, keine eigenen Gefahren auf angrenzenden öffentlichen Flächen zu schaffen. Dies ist der wichtigste Punkt, um Ihre Verantwortlichkeiten zu kennen.
Wann gilt eine Gefahr als so offensichtlich, dass keine besonderen Warnhinweise nötig sind?
Grundsätzlich gilt, dass nicht vor jeder denkbaren Gefahr gewarnt werden muss. Eine Gefahr gilt als so offensichtlich, dass keine besonderen Warnhinweise nötig sind, wenn ein durchschnittlicher, umsichtiger Mensch sie ohne Weiteres erkennen und vermeiden kann. Das bedeutet, die Gefahr ist für jedermann klar und deutlich wahrnehmbar oder gehört zum allgemeinen Lebensrisiko, vor dem man sich selbst schützen muss.
Die Verkehrssicherungspflicht und offensichtliche Gefahren
Jeder, der eine Gefahrenquelle schafft oder kontrolliert (z.B. als Eigentümer eines Grundstücks oder Betreiber einer Einrichtung), hat eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet, er muss dafür sorgen, dass niemand durch die von ihm geschaffene oder kontrollierte Situation unnötig zu Schaden kommt. Diese Pflicht umfasst das Absichern von Gefahren oder das Anbringen von Warnhinweisen.
Allerdings erstreckt sich diese Pflicht nicht auf alle denkbaren Risiken. Wenn eine Gefahr als offensichtlich eingestuft wird, entfällt oder verringert sich die Pflicht zur Sicherung oder Warnung erheblich. Der Grundgedanke dahinter ist, dass jeder Mensch eine gewisse Eigenverantwortung trägt und alltägliche oder klar erkennbare Gefahren selbst einschätzen und meiden können muss.
Kriterien für eine „offensichtliche“ Gefahr
Eine Gefahr kann aus verschiedenen Gründen als offensichtlich angesehen werden:
- Allgemeines Alltagswissen: Dies sind Gefahren, die jedem Menschen mit durchschnittlichem Verstand und Lebenserfahrung bekannt sein sollten. Beispiele hierfür sind, dass Feuer heiß ist, Wasser nass macht und Rutschgefahr auf Eis oder nassen Oberflächen besteht. Wenn Sie beispielsweise im Winter eine vereiste Treppe betreten, wird erwartet, dass Sie die erhöhte Rutschgefahr erkennen.
- Klare Sichtbarkeit: Die Gefahr ist ohne Schwierigkeiten, auch ohne spezielle Aufmerksamkeit, sofort erkennbar. Stellen Sie sich vor, auf einem gut beleuchteten Weg befindet sich ein großes, weit geöffnetes Loch. Hier ist die Gefahr des Hineinfallens offensichtlich und bedarf in der Regel keines besonderen Warnhinweises.
- Typische oder vorhersehbare Situation: Die Gefahr ergibt sich aus der Art der Örtlichkeit oder der dort üblichen Nutzung. Auf einem Spielplatz sind beispielsweise bestimmte Fallhöhen an Spielgeräten typisch, und auf einer Baustelle ist generell mit erhöhtem Risiko und Unordnung zu rechnen. Wer solche Orte betritt, muss mit den dort üblichen Gefahren rechnen. Auch bei natürlichen Gegebenheiten wie schmalen Wanderwegen im Gebirge oder unebenen Waldpfaden ist eine erhöhte Vorsicht geboten, ohne dass jeder Stein gesondert gekennzeichnet werden müsste.
Bedeutung für die Verkehrssicherungspflicht
Wenn eine Gefahr als offensichtlich gilt, reduziert sich die Verkehrssicherungspflicht für den Verantwortlichen erheblich oder entfällt ganz. Es wird dann angenommen, dass die Nutzer oder Besucher der Fläche selbst die nötige Vorsicht walten lassen müssen. Es besteht keine Verpflichtung, vor solchen Gefahren zu warnen, die jeder vernünftige Mensch eigenverantwortlich wahrnehmen und umgehen kann.
Für Sie als Besucher oder Nutzer einer Fläche bedeutet dies, dass Sie in bestimmten Situationen eine eigene Verantwortung für Ihre Sicherheit tragen. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass nicht jeder mögliche Stolperstein oder jede Unregelmäßigkeit abgesichert oder mit einem Warnhinweis versehen werden kann, die im Alltag normal sind oder klar erkennbar sind.
Welche Rolle spielt die eigene Aufmerksamkeit und Vorsicht von Passanten bei einem Sturz?
Als Passant im öffentlichen Raum tragen Sie stets eine Eigenverantwortung für Ihre Sicherheit. Dies bedeutet, dass von jedem Fußgänger eine gewisse, dem Durchschnitt entsprechende Aufmerksamkeit und Vorsicht erwartet wird. Es geht darum, seine Umgebung bewusst wahrzunehmen und sich den gegebenen Umständen anzupassen.
Die Erwartung an die eigene Sorgfalt
Die Rechtsprechung geht davon aus, dass jeder Mensch im Verkehr, also auch ein Fußgänger, eine sogenannte Sorgfaltspflicht hat. Für Sie als Passant bedeutet das, dass Sie:
- Aufmerksam sein sollten: Achten Sie auf den Zustand des Weges, auf mögliche Hindernisse oder Gefahrenstellen.
- Ihre Aufmerksamkeit nicht übermäßig ablenken lassen sollten: Zum Beispiel durch die intensive Nutzung eines Mobiltelefons, die dazu führt, dass Sie den Blick vom Weg abwenden.
- Vorsichtig handeln sollten: Wenn Sie zum Beispiel eine offensichtliche Gefahr sehen, sollten Sie versuchen, diese zu umgehen oder sich entsprechend darauf einzustellen. Stellen Sie sich vor, Sie sehen eine große Pfütze, deren Tiefe Sie nicht einschätzen können – hier wäre es umsichtig, diese zu umgehen oder vorsichtig zu überqueren.
Es wird also eine vernünftige und angepasste Vorsicht erwartet, die über das „blindlings in Gefahren laufen“ hinausgeht.
Wenn die eigene Vorsicht fehlt: Das Mitverschulden
Wenn ein Sturz nicht allein durch eine Pflichtverletzung einer anderen Person (z.B. des Wegehalters) verursacht wurde, sondern auch Ihre eigene mangelnde Aufmerksamkeit oder Vorsicht eine Rolle gespielt hat, spricht man von Mitverschulden. Das deutsche Recht sieht vor, dass die Haftung und damit auch der Schadensersatzanspruch beeinflusst werden können, wenn der Geschädigte selbst zu seinem Schaden beigetragen hat.
Das bedeutet konkret: Wenn Sie sich selbst nicht ausreichend sorgfältig verhalten haben und dies zum Sturz beigetragen hat, kann Ihr Schadensersatzanspruch gegen den Verursacher gemindert werden oder, in seltenen Fällen, sogar ganz entfallen. Gerichte prüfen in solchen Fällen sehr genau, inwieweit die jeweilige Partei – also der Wegehalter und der gestürzte Passant – zu dem Unfall beigetragen haben. Dabei werden alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, wie die Erkennbarkeit der Gefahr, die Lichtverhältnisse, die Witterung und eben auch Ihre eigene Aufmerksamkeit im Moment des Sturzes.
Für Sie ist es wichtig zu wissen, dass die Eigenverantwortung ein zentraler Aspekt bei der Beurteilung von Schadensersatzansprüchen nach einem Sturz ist. Die Wahrnehmung der eigenen Sorgfaltspflicht schützt Sie daher nicht nur vor Unfällen, sondern ist auch relevant, wenn es um die Durchsetzung von Ansprüchen geht.
Welche ersten Schritte sollte ich unternehmen, wenn ich auf einem öffentlich zugänglichen Bereich stürze und mich verletze?
Wenn Sie auf einem öffentlich zugänglichen Bereich stürzen und sich dabei verletzen, ist es hilfreich, bestimmte Schritte zur Sicherung der Sachlage zu unternehmen. Diese Maßnahmen dienen dazu, den Vorfall umfassend zu dokumentieren und die notwendigen Fakten festzuhalten.
Unmittelbare Schritte am Unfallort
Direkt nach dem Sturz ist es wichtig, die Situation so gut wie möglich zu erfassen:
- Beweise sichern: Machen Sie Fotos von der Sturzstelle, der möglichen Ursache (z.B. ein Schlagloch, ein Hindernis, Glatteis) und der näheren Umgebung. Fotografieren Sie auch eventuelle sichtbare Verletzungen. Achten Sie darauf, den genauen Ort und die Uhrzeit der Aufnahmen festzuhalten.
- Zeugen identifizieren: Sollten andere Personen den Sturz beobachtet haben, bitten Sie sie um ihre Kontaktdaten (Name, Telefonnummer, Adresse). Ihre Aussagen können später wichtig sein, um den Hergang zu bestätigen.
- Datum und Uhrzeit notieren: Halten Sie den genauen Zeitpunkt des Sturzes sowie den Ort so präzise wie möglich fest.
- Zustand der Umgebung festhalten: Notieren Sie sich auch den Zustand der Umgebung, wie beispielsweise die Lichtverhältnisse, Wetterbedingungen oder andere Auffälligkeiten, die zum Sturz geführt haben könnten.
Medizinische Versorgung und Dokumentation der Verletzungen
Ihre Gesundheit hat Vorrang. Nach der Sicherung der ersten Beweise sollten Sie sich umgehend um Ihre Verletzungen kümmern:
- Sofortige ärztliche Untersuchung: Auch bei scheinbar geringfügigen Verletzungen ist es ratsam, umgehend einen Arzt aufzusuchen. Manche Verletzungen zeigen sich erst später oder können schwerwiegender sein, als sie zunächst erscheinen.
- Ärztliches Attest: Lassen Sie sich vom Arzt Art und Umfang Ihrer Verletzungen sowie den mutmaßlichen Hergang des Sturzes schriftlich bestätigen. Dieses Attest sollte das Datum der Untersuchung und eine präzise Beschreibung der Diagnose enthalten.
- Sammeln aller Belege: Bewahren Sie sämtliche medizinischen Unterlagen, Atteste, Rezepte, Krankschreibungen sowie alle Belege für Fahrtkosten zu Arztterminen oder für Medikamente und Hilfsmittel sorgfältig auf.
Meldung des Vorfalls
Informieren Sie die für den Bereich zuständige Stelle über den Sturz:
- Verantwortliche Stelle ermitteln: Finden Sie heraus, wer für den Zustand des öffentlich zugänglichen Bereichs zuständig ist. Das kann die Stadtverwaltung, der Eigentümer des Grundstücks oder Gebäudes, eine Straßenmeisterei oder ein Betreiber (z.B. eines Einkaufszentrums) sein.
- Schriftliche Meldung: Informieren Sie die verantwortliche Stelle schriftlich über den Vorfall. Schildern Sie den Sturzhergang detailliert, nennen Sie das Datum und die Uhrzeit sowie den genauen Ort. Beschreiben Sie die erlittenen Verletzungen und die daraus resultierenden Einschränkungen.
- Kopien aufbewahren: Behalten Sie unbedingt Kopien Ihrer Meldung und aller weiteren Korrespondenz. Dies dient der eigenen Absicherung und Dokumentation.
Wichtige Hintergründe zur Situation
Die rechtliche Grundlage für die Sicherheit auf öffentlich zugänglichen Bereichen ist die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet, dass derjenige, der für einen bestimmten Bereich verantwortlich ist, diesen in einem verkehrssicheren Zustand halten muss. Er hat die Pflicht, Gefahren zu beseitigen oder zumindest davor zu warnen. Eine umfassende Dokumentation aller Fakten und Umstände ist entscheidend, um die Sachlage nach einem solchen Sturz klar und präzise darlegen zu können.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Verkehrssicherungspflicht
Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet denjenigen, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, dazu, alle notwendigen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, damit Dritte vor Schäden geschützt sind. Dabei ist entscheidend, dass nur Gefahren abgesichert werden müssen, die andere nicht ohne weiteres erkennen oder vermeiden können. Ein Beispiel ist ein Grundstückseigentümer, der dafür sorgen muss, dass Wege oder Treppen am Haus keine versteckten Stolperfallen bieten, während offensichtliche Risiken wie eine nasse Oberfläche keine zusätzlichen Warnhinweise erfordern.
Schadensersatz
Schadensersatz ist eine Geldleistung, die eine geschädigte Person von demjenigen verlangen kann, der ihr durch eine rechtswidrige Handlung oder Pflichtverletzung einen Schaden zugefügt hat. Ziel ist es, den finanziellen Nachteil, der durch den Schaden entstanden ist, auszugleichen. Beispielsweise kann jemand, der aufgrund einer Verletzung infolge eines Sturzes medizinische Kosten und Verdienstausfälle hat, von dem Verantwortlichen Ersatz dieser Kosten verlangen.
unerlaubte Handlung (§ 823 Absatz 1 BGB)
Eine unerlaubte Handlung nach § 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs liegt vor, wenn jemand vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, das Eigentum oder andere Rechtsgüter eines anderen widerrechtlich verletzt. Der Schädiger ist dann zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Zum Beispiel haftet jemand, der durch Unachtsamkeit einen anderen verletzt, wenn ihn ein Verschulden trifft und kein Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Mitverschulden
Ein Mitverschulden bedeutet, dass auch die geschädigte Person durch ihr eigenes Verhalten den Schaden teilweise verursacht oder vergrößert hat. Dies führt zu einer Minderung des Schadensersatzanspruchs oder in Ausnahmefällen zu dessen Wegfall. Im Fall eines Sturzes kann beispielsweise mangelnde Aufmerksamkeit oder das Gehen trotz offensichtlicher Rutschgefahr als Mitverschulden berücksichtigt werden, sodass der Anspruch gegenüber dem vermeintlichen Pflichtigen reduziert wird.
offensichtliche Gefahr
Eine Gefahr gilt als offensichtlich, wenn sie für den durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Menschen ohne besondere Hinweise klar erkennbar ist und durch umsichtiges Verhalten vermieden werden kann. In solchen Fällen entfällt oder verringert sich die Verkehrssicherungspflicht des Verantwortlichen, da Eigenverantwortung erwartet wird. Das Beispiel im Text ist das nasse Riffelblech: Da die Rutschgefahr bei Nässe allgemein bekannt und sichtbar war, waren keine zusätzlichen Warnhinweise oder Schutzmaßnahmen erforderlich.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 823 Absatz 1 BGB (unerlaubte Handlung): Regelt die Verpflichtung zum Schadensersatz bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung von Rechtsgütern wie Leben, Körper oder Gesundheit. Wer eine solche widerrechtliche Verletzung verursacht, muss den daraus entstehenden Schaden ersetzen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht sah keine fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung der Hauseigentümer, weshalb keine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB gegeben ist.
- Verkehrssicherungspflicht: Pflicht des Grundstückseigentümers oder Verantwortlichen, Gefahrenquellen so abzusichern, dass keine vermeidbaren Schäden Dritter entstehen. Diese Pflicht umfasst angemessene und zumutbare Sicherheitsvorkehrungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Selbst bei Annahme der Verkehrssicherungspflicht durch die Hauseigentümer stellte das Gericht fest, dass keine Verletzung dieser Pflicht vorlag, da die Gefahr für jedermann erkennbar und zumutbar war, sich entsprechend zu verhalten.
- § 229 StGB i.V.m. § 823 Absatz 2 BGB (fahrlässige Körperverletzung): Stellt die fahrlässige Verletzung der körperlichen Unversehrtheit unter Strafe und kann zugleich zivilrechtliche Schadensersatzansprüche begründen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Eine fahrlässige Körperverletzung durch die Hauseigentümer wurde ausgeschlossen, da keine Pflichtverletzung im Umgang mit der Gefahrenquelle (Riffelblech) vorlag.
- Zivilprozessordnung (ZPO) § 97 (Kostentragungspflicht): Bestimmt, dass die unterlegene Partei im Prozess die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau K. musste wegen Zurückweisung ihrer Klage im Berufungsverfahren die Kosten tragen.
- Zivilprozessordnung (ZPO) § 543 Absatz 2 (Revisionszulassung): Regelt die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision, insbesondere bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder Sicherung der Rechtsfortbildung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht Ellwangen lehnte die Zulassung der Revision ab, da diese Voraussetzungen nicht erfüllt waren.
- Grundbuchrecht (Eigentumsfeststellung): Das Grundbuch dient der offiziellen und rechtlichen Dokumentation von Eigentumsverhältnissen an Grundstücken. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Frage der Eigentümerschaft am Gehweg und Riffelblech war streitig und wesentlicher Bestandteil der Sachverhaltsaufklärung, blieb vom Landgericht jedoch als unerheblich bewertet, da selbst bei Eigentum keine Haftung angenommen wurde.
Das vorliegende Urteil
LG Ellwangen – Az.: 1 S 37/24 – Urteil vom 16.10.2024
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz