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Verkehrssicherungspflicht Supermarkt – Aufstellen von Blumenständern im Kassenbereich

LG Wiesbaden – Az.: 9 O 334/10 – Urteil vom 12.01.2012

Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet, dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) zu tragen. Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorbehalten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von elf Zehnteln des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 2) nach einem behaupteten Sturz auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Beklagte zu 1), bei welcher es sich um eine zentrale Dienstleistungsgesellschaft des L.-Konzerns handelt, nimmt für sämtliche L.-Filialen unter anderem die Bearbeitung angezeigter Schäden vor. Eine solche L.-Filiale betreibt die Beklagte zu 2), und zwar namentlich am D.-ring 2 in W.-N. In eben dieser L.-Filiale nahm der damalige Filialleiter, der Zeuge S. B., zusammen mit einem anderen Mitarbeiter, dem ebenfalls als Zeugen benannten K. Sch., im Frühjahr des Jahres 2008 eine Schadensanzeige der Klägerin auf. In der Folgezeit überwies der Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 2) unter dem 21.11.2008 an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.500,00 EUR. Mit Schreiben vom 20.07.2009 forderte die Klägerin den Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 2) zur Zahlung eines weiteren Vorschusses in Höhe von 10.000,00 EUR bis zum 05.08.2009 auf.

Verkehrssicherungspflicht Supermarkt - Aufstellen von Blumenständern im Kassenbereich
Symbolfoto: Von Yuliasis/Shutterstock.com

Die Klägerin behauptet, sie sei am 15.03.2008 gegen 12.00 Uhr zusammen mit ihrer Tochter, der Zeugin A. B., in der fraglichen L.-Filiale gewesen, um Nahrungsmittel und sonstige Haushaltsgegenstände zu kaufen. Als sie sich bereits zum Kassenbereich hin orientiert habe, sei ihr aufgefallen, daß sie die Margarine vergessen habe, weshalb sie den Entschluß gefaßt habe, wieder in den Verkaufsbereich zurückzukehren. Unmittelbar vor dem Kassenbereich der fraglichen L.-Filiale seien Pflanzen und Blumen zum Verkauf ausgestellt gewesen. Der Boden vor den Pflanzen und Blumen sei aber infolge Gießwassers naß und schmierig gewesen. Auf ihrem Weg zurück in den Verkaufsbereich sei sie, die Klägerin, auf dem nassen und schmierigen Untergrund ausgerutscht und auf das rechte Knie gefallen. Daß der Untergrund naß und schmierig sei, habe sie, die Klägerin, vor dem Sturz nicht erkennen können, weil die erhöhte Rutschigkeit des Bodens allein auf die Feuchtigkeit zurückzuführen gewesen sei, sie, die Klägerin, diese aber vor dem Sturz nicht habe erkennen können. Durch den Sturz habe sie, die Klägerin, Schmerzen erlitten, sie habe nicht mehr nach Hause laufen können und sei deshalb von dem Zeugen S. P. mit dessen PKW nach Hause gefahren worden. Infolge des Unfalls habe sie, die Klägerin, nicht nur eine Prellung am rechten Schultergelenk und am rechten Kniegelenk, sondern auch einen Meniskusriß am rechten Knie erlitten, der operativ habe versorgt werden müssen. Auch sei es bei ihr unfallbedingt zu arterieller Hypertonie gekommen. Noch am Tag des Unfalls habe sie, die Klägerin, das St. J.-Hospital in W. aufgesucht, wo sie in der dortigen chirurgischen Klinik behandelt worden sei. Im Zuge dieser Behandlung sei bei ihr, der Klägerin, eine Kniegelenkprellung sowie eine Meniskusläsion diagnostiziert worden. Der zugehörige Befund habe auf Hämatom, Gelenkserguß und Beschädigungen im rechten Kniegelenk gelautet. Zur weiteren Behandlung seien ihr, der Klägerin, Kühlungsmaßnahmen und Schmerztherapie empfohlen sowie eine Magnetresonanztomographie und eine Reathroskopie des Kniegelenks durchgeführt worden. Insgesamt habe sie, die Klägerin, unfallbedingt sich zahlreichen medizinischen Untersuchungen und Behandlungen bei diversen Ärzten unterziehen und auch eine physiotherapeutische Behandlung über sich ergehen lassen müssen. Auch sei sie, die Klägerin, in der Zeit vom 15.03.2008 bis zum 24.06.2008 unfallbedingt zu 80 %, in der Zeit vom 25.06.2008 bis zum 09.07.2008 zu 100 %, in der Zeit vom 10.07.2008 bis zum 23.07.2008 zu 60 % und seither bis zum heutigen Tag zu 40 % in ihrer Haushaltsführungsfähigkeit eingeschränkt. Hieran werde sich absehbar nichts mehr ändern, weil ihr, der Klägerin, bei einem weiteren Krankenhausaufenthalt zwischen dem 05.04.2011 und dem 14.04.2011 auf ärztlichen Rat hin eine Knietotalprothese implantiert worden sei. Auch wenn die Operation weitestgehend regelrecht und komplikationslos verlaufen sei, werde sie, die Klägerin, bis auf weiteres sich klinischen und radiologischen Verlaufskontrollen unterziehen und krankengymnastische Übungsbehandlungen nehmen müssen. Über dem Knie habe sie, die Klägerin, eine etwa 15 cm lange und schräg verlaufende Narbe. Sie sei ständig auf die Benutzung von Gehhilfen angewiesen und werde künftig intensives Muskelaufbautraining betreiben und eine Gangschulung absolvieren müssen. Da sie, die Klägerin, bisher an insgesamt 937 Tagen in ihrer Haushaltsführungsfähigkeit in dem vorgeschilderten Umfang beeinträchtigt gewesen sei, rechtfertige sich hieraus ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 23.469,05 EUR. Sie, die Klägerin, lebe zusammen mit ihrem Ehemann und zwei Kindern in einem Haushalt. Für die in diesem anfallenden Arbeiten sind täglich knapp sieben Stunden vonnöten, wobei für die Berechnung des Haushaltsführungsschadens ein Stundensatz von 8,00 EUR gerechtfertigt sei. Bis zum Erreichen des Renteneintrittsalters durch sie, die Klägerin, werde der weitere Haushaltsführungsschaden sich auf 89.869,31 EUR summieren. Unfallbedingt habe sie, die Klägerin, aber auch Fahrtkosten in Höhe von 61,00 EUR aufwenden sowie für ärztliche Bescheinigungen 60,00 EUR bezahlen müssen. Hinzu komme eine Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 EUR. Neben dem materiellen Schaden könne sie, die Klägerin, aber auch ein angemessenes Schmerzensgeld verlangen, welches mindestens 3.500,00 EUR betragen solle. Da die weitere Schadensentwicklung nicht abzusehen sei, habe sie, die Klägerin, auch ein berechtigtes Interesse daran, daß die Einstandspflicht der Beklagten zu 2) auch für die Zukunft festgestellt werde.

Die Klägerin hat die von ihr ursprünglich gegen die Beklagte zu 1) erhobene Klage auf den Hinweis der Beklagten zu 1) hin, wonach sie, die Beklagte zu 1), nicht Betreiberin der fraglichen L.-Filiale sei, zunächst auf die Beklagte zu 2) erweitert und sodann in der Sitzung vom 10.02.2011 zu Protokoll des Gerichts erklärt, daß sie, die Klägerin, einen gewillkürten Parteiwechsel auf Beklagtenseite dergestalt anstrebe, daß an Stelle der ausscheidenden Beklagten zu 1) die Beklagte zu 2) in das Prozeßrechtsverhältnis eintreten solle.

Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß:

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 23.615,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 12.083,86 EUR seit dem 06.08.2009 im übrigen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes, in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 3.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden, der ihr aus dem Vorfall vom 15.03.2008, 12.45 Uhr, L.-Filiale D.-ring 2, 6… W., entstanden ist oder künftig entstehen wird, zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergangen sind oder übergehen werden.

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 315,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte zu 2) beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) beantragt, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auch insoweit aufzuerlegen, als sich die Klage gegen die Beklagte zu 1) richtet.

Die Beklagte zu 1) behauptet, sie sei schon deshalb nicht einstandspflichtig, weil die fragliche L.-Filiale nicht von ihr, der Beklagten zu 1), sondern von der Beklagten zu 2) betrieben werde. Die Beklagte zu 2) behauptet, von einem Sturz der Klägerin in der fraglichen L.-Filiale sei ihr nichts bekannt. Jedenfalls hätten Mitarbeiter in der dortigen Filiale einen solchen nicht beobachtet. Auch sei ihr nichts davon bekannt, daß der Boden im fraglichen Bereich durch Blumenwasser benetzt und deshalb glatt und schmierig gewesen sei. Erst recht müsse in Abrede gestellt werden, daß die Klägerin auf einem solchen Boden ausgerutscht und zu Fall gekommen sei. Jedenfalls sei erstaunlich, daß die Klägerin in einem Bereich zu Fall gekommen sein wolle, den sie zuvor auf ihrem Weg zur Kasse passiert haben müsse, ohne daß sie bereits bei dieser Gelegenheit zu Fall gekommen wäre. Ohnehin seien die Mitarbeiter in den einzelnen Filialen angewiesen, die Fußböden in den einzelnen Filialen auf eventuelle Verunreinigungen hin zu überprüfen und etwaige Verschmutzungen sogleich zu beseitigen. Die Befolgung dieser Kontroll- und Reinigungsanweisung durch die Mitarbeiter werde durch die Filialleitung gewissenhaft überwacht. Eine solche Kontroll- und Reinigungsanweisung sei in der fraglichen Filiale insbesondere auch an dem 15.03.2008 beobachtet worden, wobei der fragliche Kassenbereich von dem an der Kasse tätigen Mitarbeiter kontrolliert worden sei, der bei einer festgestellten Verunreinigung selbst geputzt oder aber einen Kollegen unterrichtet hätte. Eine Verunreinigung, insbesondere durch Blumenwasser, sei aber an dem fraglichen Tag in dem hier interessierenden Kassenbereich gerade nicht festgestellt worden. Ohnehin wäre eine eventuelle Verunreinigung in dem fraglichen Bereich, so es diese gegeben hätte, auf Grund des grellen Deckenlichts von der Klägerin gut zu erkennen gewesen, weil das Licht von dem Wasser reflektiert worden wäre. Ebenfalls in Abrede zu stellen seien die klägerischerseits behaupteten Sturzfolgen. Von eben diesen sei ihr, der Beklagten zu 2), nichts bekannt. Die inhaltliche Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten Arztberichte müsse schon deshalb in Abrede gestellt werden, weil die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag auch schon rund vier Jahre vor dem behaupteten Sturz an diversen Erkrankungen des rechten Knies gelitten habe, so daß beklagtenseits nicht nachvollzogen werden könne, inwiefern die nunmehr behaupteten Beschwerden auf den behaupteten Sturz zurückzuführen seien. Entsprechendes gelte für den behaupteten Haushaltsführungsschaden und die übrigen angeblichen Schadenspositionen. Schließlich sei das klägerischerseits vorgestellte Schmerzensgeld jedenfalls überhöht. Im übrigen sei in Abrede zu stellen, daß die Klägerin in dem behaupteten Umfang in der Haushaltsführungsfähigkeit unfallbedingt beeinträchtigt sei, daß sie einen Haushalt nach Art des behaupteten überhaupt führe, daß unfallbedingt Kosten für Fahrten und Bescheinigungen in der behaupteten Höhe überhaupt angefallen seien und daß die Klägerin zusätzlich zu den behaupteten Schadenspositionen auch noch eine Schadenspauschale verlangen könne.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zugehörigen Anlagen sowie die Niederschriften der öffentlichen Sitzungen vom 10.02.2011, vom 14.07.2011 und vom 08.12.2011 verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A. B., S. B., M. P. und S. P. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften der öffentlichen Sitzungen vom 14.07.2011 und vom 08.12.2011 verwiesen.

Wegen des Ergebnisses der informatorischen Anhörung der Klägerin wird auf die Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 08.12.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat, soweit sie sich – aus welchen Gründen auch immer – ehedem gegen die Beklagte zu 1) richtete, wegen des von der Klägerin in der Sitzung vom 10.02.2011 bewirkten gewillkürten Parteiwechsels als niemals anhängig geworden zu gelten (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO); soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet, ist sie dem Grunde nach gerechtfertigt (§ 304 Abs. 1 ZPO).

Daß im Laufe des Rechtsstreits auf Beklagtenseite ein Wechsel stattgefunden hat, läßt die Zulässigkeit der Klage unberührt. Zwar handelt es sich insoweit nicht um eine bloße Rubrums- oder Parteiberichtigung, sondern um einen gewillkürten Parteiwechsel auf Beklagtenseite. Gegen einen solchen bestehen indes keine Bedenken, wenn – wie hier – sowohl die aus dem Rechtsstreit ausscheidende als auch die neu hinzutretende Partei insoweit zumindest durch schlüssiges Verhalten ihre Einwilligung erklären. Trifft dies zu, so ist in dem gewillkürten Parteiwechsel auf Beklagtenseite ein Fall der zulässigen Klageänderung zu sehen. Dessen Wirksamkeit ist in erster Instanz an den Vorschriften der §§ 263 ff. ZPO zu messen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der meisten Instanzgerichte stellt der gewillkürte Parteiwechsel auf Beklagtenseite in erster Instanz einen Unterfall der Klageänderung dar (Roth, Gewillkürter Parteiwechsel und Bindung an Prozeßlagen, NJW 1988, 2977, 2978 m. w. N.). Da die Beklagte zu 1) mit ihrem Ausscheiden aus dem Verfahren ausweislich ihres Auftretens in der Sitzung vom 10.02.2011 und sodann ausweislich ihrer Antragstellung in der Sitzung vom 14.07.2011 einverstanden war und die Beklagte zu 2) mit Einreichen des Schriftsatzes ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 01.04.2011 in den Eintritt ihrer Person in den laufenden Rechtsstreit eingewilligt hatte, ist der Wechsel in der Person der Beklagten vorliegend als wirksam anzusehen. Die darin liegende Klageänderung ist zulässig (§ 263 Alt. 1 ZPO).

Über die Klagebegehren konnte vorab durch Grundurteil entschieden werden, weil die insoweit von der Klägerin nunmehr nur noch gegen die Beklagte zu 2) erhobenen Ansprüche zwischen den Parteien sowohl nach Grund als auch nach Betrag streitig sind (§ 304 Abs. 1 ZPO), der Anspruchsgrund aber entscheidungsreif ist.

Die von der Klägerin nunmehr nur noch gegen die Beklagte zu 2) erhobenen Ansprüche auf Ersatz der aus dem Vorfall vom 15.03.2008 resultierenden materiellen und immateriellen Schäden sind begründet. Ersatz der materiellen Schäden kann die Klägerin sowohl aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo als auch gemäß den Vorschriften des § 823 Abs. 1 und 2 BGB aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung verlangen; Schmerzensgeld steht ihr dem Grunde nach gemäß § 253 BGB zu.

Die Beklagte zu 2) hat die ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt. Sie hat nämlich keine oder zumindest keine hinreichenden Vorsorgemaßnahmen dafür getroffen, die Gefahr des Ausrutschens auf einer verunreinigten Stelle in der Nähe des Kassenbereichs ungeachtet der dort von ihr bewußt und gewollt aufgestellten Schnittblumen zu vermeiden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts mit für die richterliche Überzeugungsbildung hinreichender Sicherheit fest (§ 286 Abs. 1 ZPO), daß die Klägerin am 15.03.2008 gegen 12.45 Uhr in der fraglichen L.-Filiale ausrutschte und hinfiel, als sie sich schon im Kassenbereich befindlich wegen der von ihr bei dem Einkauf vergessenen Margarine wieder dem Verkaufsbereich zuwandte und auf ihrem Weg zu dem seinerzeitigen Standort der Margarine beim Passieren des Ständers mit den Schnittblumen auf einer wasserbenetzten Stelle ausglitt und dieserhalb hinfiel. Daß die Klägerin zusammen mit ihrer Tochter am fraglichen Tag zur fraglichen Zeit überhaupt in der hier interessierenden L.-Filiale war, folgt zur Überzeugung des erkennenden Gerichts in einer keinen vernünftigen Zweifel zulassenden Weise aus den Bekundungen der Zeugen A. B., M. P. und S. P., die insoweit übereinstimmende Wahrnehmungen gemacht haben. So wußte die Zeugin A. B. davon zu berichten, daß sie mit der Klägerin, ihrer Mutter, am 15.03.2008 gegen 12.00 Uhr in der fraglichen Filiale einkaufen war, daß sie zusammen mit ihr bereits dabei war, die Waren auf das Band im Kassenbereich zu legen, als die Klägerin wegen der vergessenen Margarine sich wieder dem Verkaufsbereich zuwandte, um von dort die noch fehlende Margarine zu holen. Zwar hat die Zeugin A. B. den Sturz der Klägerin selbst nicht beobachtet, sie tat jedoch kund, daß sie die Klägerin unmittelbar nach diesem im fraglichen Bereich auf dem Boden liegen sah, wohin sie sogleich geeilt ist, um ihrer Mutter, der Klägerin, aufzuhelfen. In dieselbe Richtung weisen die Bekundungen der Zeugin M. P., die ebenfalls kundtat, spätestens durch die schreiende Klägerin auf deren Mißgeschick aufmerksam geworden zu sein und dieserhalb ihren Ehemann, den Zeugen S. P., auf dem Vorfall aufmerksam gemacht zu haben, weil sie selbst, die Zeugin M. P., wegen ihres kleinen Sohnes nicht in der Lage gewesen war, der Klägerin zu helfen. Für das erkennende Gericht steht auch mit hinreichender Sicherheit fest, daß die Klägerin in dem Bereich zwischen den Kassen und der eigentlichen Verkaufsfläche unweit der dort seinerzeit postierten Schnittblumen auf einer wasserbenetzten Stelle ausglitt und dieserhalb zu Boden fiel. Daß an der fraglichen Stelle zur fraglichen Zeit überhaupt ein Ständer mit Schnittblumen stand, kann insbesondere den Bekundungen der Zeugen A. B. und M. P. entnommen werden. Diese haben auch übereinstimmend ausgesagt, daß das Aufstellen des fraglichen Ständers seinerzeit insbesondere immer wieder zur Folge hatte, daß Blumenwasser den Boden benetzte, wenn Kunden einzelne Blumen den dortigen Behältnissen entnahmen. Der Zeuge S. P. wußte wiederum davon zu berichten, daß die Klägerin, als er dieser aufzuhelfen versucht habe, neben einer Wasserpfütze gelegen habe und daß ihre Hose naß gewesen sei. Für das erkennende Gericht steht damit mit hinreichender Sicherheit fest, daß die Klägerin tatsächlich auf einer wasserbenetzten Stelle des Bodens im Bereich der Schnittblumen ausrutschte und zu Boden fiel. Daß dieser Vorgang als solcher letztlich von keinem der drei vorgenannten Zeugen unmittelbar beobachtet worden ist, ist dabei unschädlich. Dies vermag zur Überzeugung des erkennenden Gerichts nichts daran zu ändern, daß die wasserbenetzte Stelle im Bereich der Schnittblumen als ursächlich für den Sturz der Klägerin anzusehen ist. Insoweit streitet der Beweis des ersten Anscheins für die Klägerin. Denn es kann ein Erfahrungssatz dahingehend aufgestellt werden, daß einer Person, die ohne jeden erkennbaren anderen Anhalt in der Nähe einer Gefahrenquelle zu Fall gekommen ist, eben diese Gefahrenquelle zum Verhängnis geworden ist. Daß eine wasserbenetzte Stelle auf dem Fußbodenbelag eines Supermarktes, deren Wahrnehmbarkeit für die Kunden je nach Lichteinfall und Aufmerksamkeitsgrad des im Zweifel auf die Warenauswahl und sonstige einkaufstypische Verrichtungen konzentrierten Kunden letztlich vom Zufall abhängt, per se eine Gefahrenquelle abgibt, liegt zur Überzeugung des erkennenden Gerichts auf der Hand (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 1992, 796, 797 m. w. N.). Der Umstand aber, daß unweit des Kassenbereichs bei den Schnittblumen auf dem Fußboden eine Naßstelle war, auf welcher die Klägerin ausglitt und zu Boden fiel, spricht zunächst einmal dafür, daß die Beklagte zu 2) seinerzeit die ihr obliegende Pflicht, den von ihr eröffneten Verkehr zu sichern, schuldhaft verletzt hat. Den Nachweis, alles Erforderliche und ihr Zumutbare zur Abwendung einer solchen Gefahr getan zu haben, konnte die Beklagte zu 2) zur Überzeugung des erkennenden Gerichts nicht führen. Denn grundsätzlich trifft den Betreiber eines Lebensmittelmarktes die Verpflichtung, im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um die Sicherheit der Kunden zu gewährleisten. Dazu gehört auch, die Fußböden zu den Geschäftszeiten frei von Gefahren zu halten, insbesondere im Kassenbereich und in dessen Nähe, weil insbesondere hier die erhöhte Gefahr besteht, daß die Aufmerksamkeit der Kunden durch die im Kassenbereich üblicherweise stattfindenden Vorgänge in Gänze beansprucht wird, so daß der einzelne Kunde regelmäßig potentiellen Gefahrenquellen erst gar keine oder aber keine zureichende Aufmerksamkeit zu schenken in der Lage ist. Zwar sind Sicherungsmaßnahmen, die jede Unfallgefahr ausschließen, nicht zu realisieren. Doch ist dem Betreiber eines Einkaufsmarktes zuzumuten, für regelmäßige Kontrollen des Fußbodens, etwa durch den Filialleiter zu sorgen, unter gleichzeitiger Anleitung des Personals, Verunreinigungen sofort zu beseitigen (vgl. OLG Köln, VersR 1997, 1113, 1114). Dem ist die Beklagte zu 2) zur Überzeugung des erkennenden Gerichts nicht gerecht geworden. Den Bekundungen des Zeugen S. B. kann insoweit nämlich entnommen werden, daß es seinerzeit in der hier interessierenden Filiale der Beklagten zu 2) gleichsam dem Zufall geschuldet war, ob eine den Kunden potentiell gefährliche Stelle als solche erkannt und umgehend beseitigt wurde. Der Zeuge S. B. tat nämlich aus Anlaß seiner Vernehmung unmißverständlich kund, daß es in der fraglichen L.-Filiale seinerzeit weder einen Putzbeauftragten noch einen Putzplan gab, es vielmehr so war, daß Mitarbeiter aus Anlaß der von ihnen sonst zu verrichtenden Arbeiten auch ein Augenmerk auf die Sauberkeit und eventuell zu beseitigende potentielle Gefahrenquellen zu werfen hatten. Bezeichnenderweise wußte der Zeuge S. B. allerdings auch davon zu berichten, daß nach dem hier in Rede stehenden Vorfall zum einen die Blumen aus dem fraglichen Bereich entfernt und zugleich ein gesonderter Beauftragter für den Obst und Gemüsebereich benannt worden ist, zu dessen Aufgaben es insbesondere auch gehört, ein Augenmerk auf die Sauberkeit in dem fraglichen Bereich zu haben. Das erkennende Gericht verkennt nicht, daß allein in der Beseitigung einer tatsächlichen oder potentiellen Gefahrenquelle nicht das Eingeständnis einer zuvor begangenen schuldhaften Verkehrssicherungspflichtverletzung erblickt werden kann. Allerdings kann es nicht umhin zu konstatieren, daß das Aufstellen des hier interessierenden Blumenständers ohne die gleichzeitige Sicherstellung einer Kontrolle desselben in dem fraglichen Bereich dergestalt, daß das in einem solchen notwendig enthaltene Blumenwasser nicht den Fußboden um eben diesen Ständer herum benetzt und auf diese Weise zu einer Gefahrenquelle für die Kunden wird, nicht anders als vorwerfbar pflichtwidrig gewertet werden kann. Denn es liegt zur Überzeugung des erkennenden Gerichts geradezu auf der Hand, daß es durch die Entnahme von Schnittblumen aus einem solchen Ständer geradezu notwendig zu einer Benetzung des umherliegenden Fußbodens kommen muß. Wird ein solcher Ständer, wie hier, obendrein in unmittelbarer Nähe des Kassenbereichs postiert, wo die Aufmerksamkeit der Kunden ohnehin in besonderem Maße anderweit beansprucht wird, so kann eine solche Gefahrenquelle letztlich nicht anders als durch vorab festgelegte und eng überwachte Kontrollen beherrscht werden. Da den Bekundungen des Zeugen S. B., wie dargelegt, derlei nicht entnommen werden kann, kann es an der Einstandspflicht der Beklagten zu 2) wegen der von ihr begangenen schuldhaften Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht keinen Zweifel geben, weshalb über den Anspruchsgrund vorab durch Grundurteil entschieden werden konnte. Die Klägerin trifft im übrigen auch kein Mitverschulden (§ 254 BGB). Der Sturz war für sie weder vorhersehbar noch vermeidbar. Gegenteilige Suggestionen der Beklagten zu 2), wonach eine eventuelle Feuchtstelle in dem Neonlicht gut zu erkennen gewesen wäre, gehen an der Sache vorbei. Denn ist es, wie von der Beklagten zu 2) postuliert, letztlich dem Einfallswinkel des Lichts eines Beleuchtungskörpers und damit dem Zufall geschuldet, ob ein Kunde eine potentielle Gefahrenquelle zuverlässig auch als solche identifiziert, so kann es ihm letztlich auch nicht zum Nachteil im Sinne eines Mitverschuldens gereichen, wenn er im Einzelfall zufällig eine entsprechende Wahrnehmung bedauerlicherweise nicht gemacht hat.

Hinsichtlich der in jeder Hinsicht umstrittenen Anspruchshöhe und der ebenfalls umstrittenen Frage, ob bei der Klägerin künftig noch weitere auf den Unfall zurückzuführende Schäden auftreten können, besteht noch keine Entscheidungsreife.

Die Kostenentscheidung betrifft nur die Beklagte zu 1) und deren außergerichtliche Kosten. Sie hat ihre Grundlage in § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO und betrifft nur die Kostenentscheidung zu Gunsten der Beklagten zu 1).

 

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