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Verkehrssicherungspflicht Vermieter – Weg zum Hauseingang

LG Osnabrück – Az.: 4 S 466/17 – Beschluss vom 23.02.2018

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung durch nicht anfechtbaren einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweisbeschluss binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

Der Kläger ist Mieter einer von der Beklagten vermieteten Wohnung im Objekt F. in O.. Er nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch, weil sich – wie der Kläger seit mehreren Wochen wusste – einige der Pflastersteine der Zuwegung zum Hauseingang angehoben hatten. Er hatte auch die Beklagte hierauf mit Schreiben vom 02.05.2016 hingewiesen. Der Kläger hat mit der Behauptung, er sei am 15.6.2016 gegen 21.00 Uhr über diese Erhöhung gefallen und habe sich dabei leichte Verletzungen im Oberschenkel- und LWS-Bereich zugezogen, beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in einer Größenordnung von 2.500,00 € und Schadensersatz in Höhe von 38,74 € (Eigenanteile und Attestkosten) zu verurteilen.

Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Im Übrigen wäre ein möglicher Anspruch auch wegen überwiegenden Mitverschuldens des Klägers ausgeschlossen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, die vom Amtsgericht zugrunde gelegten Maßstäbe seien von der Rechtsprechung für den öffentlichen Verkehrsraum entwickelt worden. Das Amtsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei der Zuwegung um einen privaten Zugang zu einem Mietshaus handele und zwischen den Parteien ein Mietverhältnis bestehe. Im Übrigen habe das Amtsgericht rechtsfehlerhaft verkannt, dass die Unebenheiten der Beklagten bekannt gewesen seien. Jedenfalls wäre eine Absperrung des betroffenen Bereiches oder aber Warnhinweise notwendig gewesen. Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung liege auch darin, dass die Außenbeleuchtung über der Zuwegung defekt gewesen sei, was unabhängig von dem Zustand des Weges selbst die Haftung der Beklagten begründe.

Mit den gegen das amtsgerichtliche Urteil erhobenen Einwendungen dringt der Kläger nicht durch. Das Amtsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, abgewiesen. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz aus dem behaupteten Vorfall vom 15.6.2016 zu.

Grundsätzlich ist zwar zutreffend, dass die Beklagte als Eigentümerin für das Gebäude und die Grundstücksfläche verkehrssicherungspflichtig war. Auch auf privaten Grundstücken gilt aber, dass der jeweilige Eigentümer eines Wohnhauses nicht verpflichtet ist, jede noch so geringe Bodenunebenheiten einzuebnen. Er hat einen Sicherheitsstandard zu schaffen und einzuhalten, der bei Berücksichtigung der jeweils gegebenen Verhältnisse und der Art und Weise des in Frage kommenden Verkehrs allgemein erwartet werden kann (OLG Hamm, Urteil vom 30. Oktober 2012, 24 U 38/12). Zweck der Verkehrssicherungspflicht ist es nicht, die Passanten vor jeder denkbaren Gefahr zu schützen. Das würde die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht überspannen und unzumutbare Anforderungen an die wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit des Verkehrssicherungspflichtigen stellen. Es sind allerdings diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer und nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (BGH NJW 1990, 1236; OLG Hamm, Urteil vom 30. Oktober 2012,24 U 38/12).

Die von dem Kläger vorgelegten Lichtbilder, Anlage K1, machen deutlich, dass es sich um lediglich geringfügige Höhenunterschiede zwischen den einzelnen Pflastersteinen handelte. Sie erstreckten sich, wie auch das Amtsgericht bereits zutreffend festgestellt hat, nicht auf die gesamte Breite der Zuwegung und konnten vom Kläger umgangen werden. Da sie dem Kläger bereits seit Wochen bekannt waren und er, wie sich aus seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht ergibt, an dem besagten Abend bereits mehrfach den Weg zur Haustür hin- und hergelaufen war, hätte er den Unebenheiten mit der gebotenen Vorsicht begegnen müssen und dadurch einen Sturz unschwer verhindern können. Selbst wenn die Beklagte also, wie der Kläger behauptet, wusste, dass einzelne Pflastersteine hervortraten, durfte sie sich darauf verlassen, dass sich Passanten oder Mieter des Hauses bei zumutbarer Wahrung der eigenen Sicherheitsinteressen vorsichtig verhielten und den schadhaften Bereich aussparten. Die eigene Kenntnis des Klägers von der Unebenheiten führt auch die Argumentation der Berufung, die Beklagte hätte diverse Sicherheitsvorkehrungen wie eine Absperrung oder einen Warnhinweis treffen können und müssen, um eine Gefährdung der Mieter oder Dritte auszuschließen, ad absurdum. Warnhinweise waren gerade nicht erforderlich, weil der Kläger die schadhafte Stelle kannte. Sie hätten den behaupteten Sturz auch nicht verhindert.

Jedenfalls aber ist eine Haftung wegen ganz überwiegenden Mitverschuldens des Klägers gemäß § 254 BGB ausgeschlossen. Da ihm die Unebenheiten der Zuwegung bekannt waren, hätte er sich auf sie einstellen müssen und den Bereich entweder umgehen oder mit der gebotenen Vorsicht betreten müssen.

Auch für die ausgefallene Beleuchtung haftet die Beklagte nicht wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht. Insoweit gilt das Vorgenannte entsprechend, weil auch der Beleuchtungsausfall ein lange vor dem Vorfall bestehender Zustand war, auf den sich der Kläger hätte einstellen können und müssen.

Die zur Entscheidung stehende Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Urteilsentscheidung ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Ein rechtlich relevanter neuer Tatsachenvortrag im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Das angefochtene Urteil beruht aus den genannten Gründen nicht auf einer falschen Rechtsanwendung. Eine mündliche Verhandlung im Sinne von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO ist nicht geboten.

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