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Verkehrssicherungspflicht – wirkt Streusalz nicht, muss Splitt oder Sand genommen werden

Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass die beklagte Stadt ihrer Verkehrssicherungspflicht bei Glatteis nicht ausreichend nachgekommen ist. Bei extremen Witterungsbedingungen reicht das alleinige Streuen von Salz nicht aus, es müssen auch abstumpfende Materialien wie Splitt oder Sand eingesetzt werden. Die Stadt wurde zu Schmerzensgeld und Schadensersatz verurteilt, da sie fahrlässig gehandelt und ihre Pflichten verletzt hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 U 32/22

✔ Kurz und knapp


  • Bei Schnee und Eis müssen Gehwege und Fußgängerüberwege in Ortschaften durch Streuen mit abstumpfenden Mitteln wie Splitt, Sand oder Granulat gesichert werden.
  • Eine bloße Salzstreuung ist bei dicken Eisschichten und tiefen Temperaturen unzureichend und kann die Glätte sogar verschlimmern.
  • Der Streustoffbedarf muss fachkundig ermittelt werden, um eine 13%ige Salzlösung zur Eisauflösung zu erzielen.
  • Die Kommune muss geeignete Streumittel vorrätig halten und bei Bedarf einsetzen.
  • Ein Mitverschulden des Fußgängers ist ohne konkrete Anhaltspunkte für einen Sorgfaltspflichtverstoß nicht anzunehmen.
  • Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach Art und Schwere der Verletzungen sowie den Folgeschäden.

Kommune muss bei extremer Glätte Salz und Splitt einsetzen

Verkehrssicherungsplicht Kommunen bei Eisglätte
(Symbolfoto: stoatphoto /Shutterstock.com)

Im Winter können Schnee und Eis auf Straßen und Gehwegen zu einer ernsthaften Gefahr für Verkehrsteilnehmer werden. Deshalb haben Kommunen eine gesetzliche Verkehrssicherungspflicht, um Glättestellen durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen. Neben dem Räumen von Schnee gehört dazu in der Regel auch das Streuen von abstumpfenden Mitteln wie Splitt oder Sand.

Allerdings reicht eine bloße Salzstreuung bei extremen Witterungsverhältnissen oft nicht aus. Bei tiefen Temperaturen und dicken Eisschichten kann der Einsatz von Salz sogar kontraproduktiv sein und die Gefahr noch erhöhen. Dann müssen Kommunen zusätzlich oder stattdessen andere geeignete Streumittel einsetzen, um die Verkehrssicherheit wiederherzustellen.

Im Folgenden wird ein aktuelles Urteil vorgestellt, das sich mit den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht in solchen Situationen befasst.

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✔ Der Fall vor dem Oberlandesgericht Hamm


Verkehrssicherungspflicht bei Glatteis: Kommunen müssen geeignete Mittel einsetzen

Im vorliegenden Fall klagte die Klägerin gegen die beklagte Stadt aufgrund eines Unfalls auf Schnee- und Eisglätte. Am 00.02.2021 um etwa 9:10 Uhr rutschte die Klägerin im Bereich des Kreisverkehrs M.-straße/A.-straße/Q.-straße/B.-straße aus und verletzte sich dabei schwer. Der Unfall ereignete sich, weil die beklagte Stadt ihrer Räum- und Streupflicht nicht ausreichend nachgekommen war. Trotz des Einsatzes von Streusalz kam es aufgrund der extremen Wetterbedingungen zu keiner effektiven Beseitigung der Glätte. Die Klägerin forderte daraufhin Schadensersatz für ihre Verletzungen.

Gerichtsurteil zur Räum- und Streupflicht der Kommune

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied, dass die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen wird. Die Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 Euro sowie weitere Kosten zu zahlen. Das Gericht befand, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Bei den herrschenden Witterungsbedingungen war das alleinige Streuen von Salz unzureichend. Es hätte auch abstumpfendes Material wie Splitt oder Sand eingesetzt werden müssen. Zudem wurde festgestellt, dass die Lagerung des Splitts durch die Stadt nicht angemessen war, da dieser aufgrund von Restfeuchte nicht einsatzfähig war.

Beweisaufnahme und rechtliche Grundlagen

Im Berufungsverfahren war unstrittig, dass die Klägerin zum Unfallzeitpunkt auf Schnee- und Eisglätte gestürzt war. Die Beklagte hatte jedoch nur unzureichend gestreut, was durch Zeugenaussagen und ein Gutachten bestätigt wurde. Der Sachverständige stellte fest, dass bei den gegebenen Temperaturen und Verhältnissen eine 13 %-ige Salzlösung notwendig gewesen wäre, um die Glätte effektiv zu beseitigen. Die aufgebrachte Menge von 25 g/m² Salz reichte nicht aus, um eine ausreichende Wirkung zu erzielen, was zu einer Verschlechterung der Glätte führte. Das Gericht entschied, dass die Beklagte fahrlässig gehandelt habe, da sie ihre Verkehrssicherungspflicht nicht erfüllte.

Konsequenzen und Schadensersatzansprüche

Aufgrund der Verletzungen der Klägerin, die eine bimalleoläre Luxationsfraktur und eine traumatische Ruptur von Bändern erlitt, wurde ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 Euro zugesprochen. Zusätzlich wurden der Klägerin die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 800,39 Euro ersetzt. Das Gericht entschied weiter, dass die Stadt alle gegenwärtigen und zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden der Klägerin ersetzen müsse. Dies schließt auch mögliche zukünftige gesundheitliche Beeinträchtigungen wie eine Arthrose ein, die aus den Unfallverletzungen resultieren könnten. Die Beklagte wurde zu 72 % der Kosten des Rechtsstreits verurteilt, während die Klägerin 28 % tragen muss.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das Urteil verdeutlicht, dass Kommunen ihrer Verkehrssicherungspflicht bei extremen Witterungsbedingungen nur durch den Einsatz geeigneter Mittel nachkommen können. Das alleinige Streuen von Salz reicht nicht aus, es müssen auch abstumpfende Materialien verwendet werden. Unterlässt eine Kommune dies fahrlässig, haftet sie für die Folgen. Zukünftig müssen Kommunen sorgfältiger prüfen, ob ihre Maßnahmen den Anforderungen genügen, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Verkehrssicherungspflicht bei Glätte


Was ist die Verkehrssicherungspflicht und wer muss sie erfüllen? (10)

Die Verkehrssicherungspflicht ist eine rechtliche Verpflichtung, die darauf abzielt, Gefahrenquellen zu erkennen und zu beseitigen, um Schäden an Dritten zu verhindern. Diese Pflicht ergibt sich aus der Rechtsprechung und ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert, insbesondere in § 823 BGB. Wer eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, muss notwendige und zumutbare Vorkehrungen treffen, um andere vor Schäden zu bewahren. Dies betrifft sowohl öffentliche als auch private Bereiche.

Grundsätzlich liegt die Verkehrssicherungspflicht beim Eigentümer des Grundstücks. Auch wenn ein Grundstück vermietet ist, bleibt der Eigentümer verantwortlich. Er kann jedoch bestimmte Pflichten, wie den Winterdienst, auf die Mieter übertragen, sofern dies im Mietvertrag ausdrücklich geregelt ist. Trotz der Übertragung bleibt der Eigentümer in der Pflicht, die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben zu überwachen. Bei Versäumnissen können Schadensersatzansprüche entstehen.

Ein Beispiel: Ein Vermieter überträgt die Pflicht zur Schneeräumung auf den Mieter. Der Mieter kommt dieser Pflicht nicht nach, und ein Passant stürzt auf dem vereisten Gehweg. In diesem Fall kann der Passant Schadensersatz vom Vermieter verlangen, wenn dieser seine Überwachungspflicht vernachlässigt hat. Der Vermieter muss nachweisen, dass er den Mieter sorgfältig ausgewählt und regelmäßig kontrolliert hat.

Die Verkehrssicherungspflicht umfasst verschiedene Bereiche, wie die Beleuchtung von Wegen, die Kontrolle von Bäumen auf Sturmschäden und die Beseitigung von Schnee und Eis. Es geht darum, Maßnahmen zu ergreifen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig hält, um andere vor Schäden zu schützen. Dabei müssen nicht alle theoretisch denkbaren Gefahren abgedeckt werden, sondern nur solche, die vorhersehbar und vermeidbar sind.

Ein weiteres Beispiel: Ein Baum auf einem Grundstück wird regelmäßig kontrolliert und gepflegt. Trotz dieser Maßnahmen stürzt der Baum bei einem unerwarteten Sturm um und beschädigt ein Auto. In diesem Fall liegt keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor, da der Eigentümer seiner Pflicht nachgekommen ist, die Gefahrenquelle regelmäßig zu überprüfen.

Zusammengefasst ist die Verkehrssicherungspflicht eine wesentliche Verantwortung für Grundstückseigentümer, die sicherstellen müssen, dass keine vermeidbaren Gefahren von ihrem Grundstück ausgehen. Bei Verletzung dieser Pflicht können erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen drohen.


Welche Maßnahmen müssen Kommunen bei Glätte ergreifen, um ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen?

Kommunen müssen bei Glätte verschiedene Maßnahmen ergreifen, um ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Diese Pflicht umfasst das Räumen und Streuen von Gehwegen und Straßen, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Die Verkehrssicherungspflicht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert und wird durch kommunale Satzungen konkretisiert.

Eine wesentliche Maßnahme ist das Streuen von abstumpfenden Materialien wie Splitt oder Sand. Diese Materialien erhöhen die Griffigkeit der vereisten Flächen und reduzieren die Rutschgefahr. Splitt besteht aus scharfkantigen, künstlich zerkleinerten Steinen, die eine gute abstumpfende Wirkung haben. Sand ist ebenfalls ein häufig verwendetes Streugut, muss jedoch aufgrund seiner feinkörnigen Beschaffenheit öfter nachgestreut werden, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Beide Materialien können nach dem Winter zusammengefegt und wiederverwendet werden, was sie zu nachhaltigen Alternativen macht.

Streusalz wird in vielen Kommunen aufgrund seiner umweltschädlichen Wirkung nur eingeschränkt oder gar nicht verwendet. Es kann Pflanzen, Tiere und Bauwerke schädigen und ist daher oft nur in Ausnahmefällen erlaubt, beispielsweise bei extremen Wetterbedingungen wie Eisregen. Wenn Streusalz nicht wirkt oder nicht verwendet werden darf, müssen Kommunen auf alternative Streumittel zurückgreifen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.

Die Rechtsprechung betont, dass die Verkehrssicherungspflicht nicht bedeutet, dass jeder Unfall ausgeschlossen werden kann. Es geht vielmehr darum, die Gefahren, die nach den konkreten Umständen vorhersehbar und vermeidbar sind, durch zumutbare Maßnahmen zu minimieren. Kommunen müssen daher sicherstellen, dass die eingesetzten Streumittel effektiv sind und regelmäßig nachgestreut wird, um die Glätte zu beseitigen.

Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, dass Kommunen bei extremen Wetterbedingungen wie Blitzeis oder starkem Schneefall besonders gefordert sind. In solchen Fällen müssen sie schnell und effektiv handeln, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Dabei kann es notwendig sein, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, wie das Aufstellen von Warnschildern oder das Sperren besonders gefährlicher Bereiche.

Die Verkehrssicherungspflicht der Kommunen umfasst somit eine Vielzahl von Maßnahmen, die je nach Wetterlage und örtlichen Gegebenheiten angepasst werden müssen. Wichtig ist, dass die eingesetzten Mittel effektiv sind und die Glättegefahr minimieren, um Unfälle zu verhindern und die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten.


Welche Ansprüche haben Geschädigte, wenn sie auf glatten Wegen stürzen und sich verletzen?

Geschädigte, die auf glatten Wegen stürzen und sich verletzen, haben verschiedene Ansprüche gegen die verantwortliche Partei. Diese Ansprüche umfassen Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Schadensersatzanspruch richtet sich nach § 823 BGB und umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Schäden.

Materielle Schäden beinhalten die Kosten für ärztliche Behandlungen, beschädigte Kleidung und weiteres Eigentum wie Smartphones. Auch Verdienstausfall und Haushaltsführungsschäden können geltend gemacht werden. Ein Beispiel hierfür ist ein Fall, in dem eine Frau aufgrund einer Verletzung der Streupflicht eine Speichenfraktur erlitt und 1.278 Euro Schadensersatz erhielt.

Immaterielle Schäden werden durch Schmerzensgeld kompensiert. Die Höhe des Schmerzensgeldes bemisst sich anhand der Verletzung und möglicher Folgeschäden. Ein Beispiel ist ein Urteil des Landgerichts Bochum, das einer Frau 10.000 Euro Schmerzensgeld zusprach, nachdem sie bei einem Glatteisunfall gestürzt war.

Um diese Ansprüche durchzusetzen, muss der Geschädigte nachweisen, dass die Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde. Dies kann durch Fotos, Zeugenaussagen oder andere Beweismittel geschehen. Die Beweislast liegt beim Geschädigten, der darlegen muss, dass die Glätte ursächlich für den Sturz war und die Streupflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt wurde.

Ein weiteres Beispiel zeigt, dass bei starkem Schneefall oder Eisregen die bloße Verwendung von Streusalz nicht ausreicht. In solchen Fällen müssen Kommunen auch abstumpfende Materialien wie Splitt oder Sand einsetzen, um die Glättegefahr effektiv zu beseitigen. Dies ist notwendig, um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen und Unfälle zu verhindern.

Die Gerichte berücksichtigen auch ein mögliches Mitverschulden des Geschädigten. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Mitverschulden des Fußgängers die Haftung der Kommune nicht vollständig ausschließt, sondern nur anteilig mindert. Dies bedeutet, dass der Geschädigte trotz eigener Unachtsamkeit Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld haben kann, wenn die Kommune ihre Streupflicht vernachlässigt hat.

Zusammengefasst haben Geschädigte bei einem Sturz auf glatten Wegen umfassende Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, sofern sie die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nachweisen können. Diese Ansprüche decken sowohl materielle als auch immaterielle Schäden ab und berücksichtigen auch zukünftige Folgeschäden.


Wie können Geschädigte ihre Ansprüche durchsetzen und welche Beweise sind wichtig?

Geschädigte, die auf glatten Wegen stürzen und sich verletzen, können ihre Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld durchsetzen, indem sie bestimmte Schritte einleiten und wichtige Beweise sichern. Zunächst sollten sie einen Anwalt einschalten, der sie bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche unterstützt. Der Anwalt kann helfen, die Klage zu erheben und die notwendigen rechtlichen Schritte einzuleiten.

Wichtige Beweise umfassen Fotos der Unfallstelle, die den Zustand des Weges und die mangelnde Streuung dokumentieren. Diese Fotos sollten unmittelbar nach dem Unfall gemacht werden, um den Zustand der Glätte festzuhalten. Zeugenaussagen sind ebenfalls entscheidend. Geschädigte sollten die Kontaktdaten von Personen, die den Unfall beobachtet haben, notieren. Diese Zeugen können später bestätigen, dass der Weg nicht gestreut war und somit die Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde.

Ärztliche Atteste sind notwendig, um die erlittenen Verletzungen zu dokumentieren. Diese Atteste sollten detailliert die Art und Schwere der Verletzungen sowie die erforderlichen Behandlungen beschreiben. Auch Rechnungen und Belege für medizinische Behandlungen, beschädigte Gegenstände und andere entstandene Kosten sollten aufbewahrt werden. Diese Dokumente sind wichtig, um den materiellen Schaden nachzuweisen.

Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, dass eine Frau, die auf einem eisglatten Gehweg stürzte und sich verletzte, erfolgreich Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen konnte, weil sie Fotos der Unfallstelle und Zeugenaussagen vorlegte, die die mangelnde Streuung bestätigten.

Mitverschulden des Geschädigten kann die Ansprüche mindern, aber nicht vollständig ausschließen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Mitverschulden des Fußgängers die Haftung der Kommune nicht vollständig aufhebt, sondern nur anteilig mindert. Dies bedeutet, dass der Geschädigte trotz eigener Unachtsamkeit Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld haben kann, wenn die Kommune ihre Streupflicht vernachlässigt hat.

Zusammengefasst ist es für Geschädigte wichtig, sofort nach dem Unfall Beweise zu sichern und rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um ihre Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB: Haftung bei Amtspflichtverletzung. Die Beklagte haftet, da sie ihre Pflicht zur Verkehrssicherung nicht erfüllt hat.
  • Art. 34 GG: Staatshaftung. Der Staat oder seine Bediensteten haftenbei schuldhafter Verletzung ihrer Amtspflichten.
  • § 286 ZPO: Freie Beweiswürdigung. Das Gericht entscheidet nach freier Überzeugung über die Tatsachenlage.
  • §§ 9, 9a, 47 StrWG-NW: Straßen- und Wegerecht Nordrhein-Westfalen. Regelungen zur Reinigung und Sicherung von Straßen in NRW.
  • § 1 Straßenreinigungsgesetz-NW: Verpflichtung der Kommunen zur Straßenreinigung. Grundlage der Pflicht der Beklagten zur Verkehrssicherung.
  • § 254 BGB: Mitverschulden. Die Frage, ob der Geschädigte eine Mitschuld an seinen Verletzungen trägt, wurde geprüft und verneint.
  • § 256 ZPO: Feststellungsinteresse. Die Klägerin kann zukünftige Schadensersatzansprüche geltend machen.
  • §§ 280, 286 BGB: Schadensersatz wegen Pflichtverletzung. Grundlage für den Zinsanspruch der Klägerin ab Zustellung der Klage.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Hamm

OLG Hamm – Az.: 11 U 32/22 – Urteil vom 01.12.2023

Die Berufung der Beklagten gegen das am 04.02.2022 verkündete Grundurteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin wird das vorgenannte Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und neu gefasst.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.09.2021 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle gegenwärtigen und künftigen materiellen sowie nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aufgrund des Unfalls vom 00.02.2021 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstigen Dritten übergegangen sind oder übergehen werden.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 800,39 Euro an außergerichtlichen Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.09.2021 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 28 % und die Beklagte 72 %. Hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin im Berufungsverfahren, welche die Klägerin zu 28 % und im Übrigen die Streithelferin selbst zu tragen hat.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Der Senat hat die Klägerin angehört und Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ###. Wegen des Ergebnisses der Anhörung der Klägerin wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 25.11.2022, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 14.02.2023 verwiesen.

Nach Einverständniserklärungen der Klägerin vom 22.09.2023, der Beklagten vom 09.10.2023 und der Streithelferin der Beklagten vom 12.10.2023 hat der Senat mit Beschluss vom 17.10.2023 das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt erfolglos, während die Berufung der Klägerin teilweise Erfolg hat.

Der Klägerin steht aufgrund ihres Glatteisunfalls am 00.02.2021 gegen 9.10 Uhr im Bereich des Kreisverkehrs M.-straße/A.-straße/Q.-straße/B.-straße im Gebiet der beklagten Stadt gegen diese ein Schadensersatzanspruch gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG, §§ 9, 9a, 47 StrWG-NW, § 1 Straßenreinigungsgesetz-NW zu.

1. Im Berufungsverfahren ist nicht mehr streitig, dass die Klägerin zu der von ihr angegebenen Zeit am angegebenen Ort auf Schnee- und Eisglätte gestürzt ist, wie sie zudem anschaulich und glaubhaft bei ihrer Anhörung durch den Senat dargestellt hat.

2. Aufgrund des Ergebnisses der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht weiterhin zur Überzeugung des Senats i.S.d. § 286 ZPO fest, dass der Sturz der Klägerin auf einer schuldhaften Verletzung der der Beklagten obliegenden Räum- und Streupflicht beruht.

a) Der Beklagten oblag die Pflicht, zur Erhaltung der Verkehrssicherheit auf den öffentlichen Straßen und Wegen bei vorhandener Schnee- und Eisglätte Streu- und Räummaßnahmen durchzuführen. Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht richten sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Danach sind Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Gefahren, die infolge winterlichen Glätte für den Verkehrsteilnehmer bei zweckgerichteter Wegebenutzung und trotz Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bestehen, hat der Sicherungspflichtige durch Schneeräumen und Abstreuen mit abstumpfenden Mitteln zu beseitigen. Jedoch steht die Verpflichtung einer Kommune in räumlicher und zeitlicher Hinsicht unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, weshalb es auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt. Zudem hat sich jeder Verkehrsteilnehmer gerade im Winter den ihm erkennbar gegebenen Straßenverhältnissen anzupassen. Für den Fußgängerverkehr müssen die Gehwege und die belebten über die Fahrbahnen führenden unentbehrlichen Fußgängerüberwege innerhalb der geschlossener Ortschaften gestreut werden. Dabei sind an die Sicherung des Fußgängerverkehrs strengere Anforderungen als an die des Fahrverkehrs zu stellen. Maßgeblich ist, ob die Fußgänger bei vernünftiger Sicherheitserwartung mit dem Abstreuen eines Gehwegs rechnen dürfen oder nicht (std. Rechtsprechung, vgl. nur Grüneberg – Sprau, BGB, 82. Aufl., § 823 Rdnr. 211 ff. m.w.N.).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass die Beklagte zum Unfallzeitpunkt verpflichtet war, zur Sicherung des Fußgängerverkehrs im Stadtgebiet die Fußwege im Kreisverkehr und auch die Fußgängerüberwege über die Fahrbahnen zu räumen und zu streuen. Diese Verantwortlichkeit konnte sie nicht bezüglich der Fahrbahn auf die Streithelferin übertragen, sondern hatte für eine durchgängige Begehbarkeit der Gehwege zu sorgen. Deshalb ist es nicht von Bedeutung, dass sich nach dem Ergebnis der Anhörung der Klägerin ihr Sturz auf dem Zebrastreifen über die B.-straße ereignete.

Zum Unfallzeitpunkt herrschte allgemeine Glätte. Dies ergibt sich insbesondere aus der Aussage des Zeugen G. bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht, der eingängig beschreibt, dass bei der morgens um 4 Uhr durchgeführten Kontrollfahrt im Gemeindegebiet so viel Schnee und überfrierende Nässe festzustellen war, dass man im Grunde überall etwas machen musste. Aus diesem Grunde setzte die Beklagte ihre in der Bereitschaft verfügbaren Mitarbeiter zum Streuen und Räumen ein.

An der Verkehrswichtigkeit der Fußgängerüberwege im Bereich des streitgegenständlichen Kreisverkehrs ist nicht zu zweifeln. Dies entsprach auch der Sichtweise der Beklagten, die den Zeugen ### mit dem Abstreuen des Weges und der Fußgängerüberwege beauftragt hatte. Da der Unfall um 9.10 Uhr geschah, ereignete er sich innerhalb der Zeiten, in denen der Fußgängerverkehr zu sichern war.

c) Die Beklagte ist zwar nicht untätig geblieben, jedoch war das von ihr veranlasste Abstreuen der Wege unzureichend.

c.1) Aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen ### bei seiner Vernehmung durch das Landgericht in Verbindung mit dem von der Beklagten vorgelegten und von dem Zeugen ausgefüllten Einsatzplan vom Unfalltage ist davon auszugehen, dass der Zeuge als Mitarbeiter der Beklagten am Morgen des Unfalltages zwischen 05.00 und 09.00 Uhr zweimal den Gehweg und den Fußgängerüberweg im Kreisverkehr mit einer Streumaschine D. abgefahren hat und dabei an dem Fahrzeug eine Salzmenge von 25 g/m² eingestellt hatte. Sonstige Räum- und Streumaßnahmen erfolgten nicht.

c.2) Dieses Abstreuen reichte zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht nicht aus, weil die maschinell aufgebrachte Salzmenge bei den seinerzeit vorherrschenden Witterungsbedingungen bei weitem nicht ausreichend war und das gebotene Vorgehen mit abstumpfenden Streustoffen wie Splitt, Sand oder Granulat unterlassen wurde.

Der Senat folgt insofern den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen R. in seinem schriftlichen Gutachten vom 14.02.2023. Der Sachverständige hat ermittelt, dass am Unfalltage eine Lufttemperatur von -10°C herrschte. Er ist weiterhin – plausibel und in Übereinstimmung mit der Aussage des Zeugen ### – davon ausgegangen, dass auf den Gehwegen und der Fahrbahn eine Eisschicht von mehr als 1 cm Dicke vorhanden war, zu der frisch gefallener Schnee und durch die Kehrmaschine mit dem Schneepflug verteilter Schnee hinzukamen. Er hat weiter dargelegt, dass bei diesen Verhältnissen eine 13 %-ige Salzlösung erforderlich ist, um zu verhindern, dass das durch das Salz angetaute Wasser wieder gefriert und dadurch die Glättebildung sogar noch verstärkt. Die von dem Zeugen Y. aufgebrachte Salzmenge von 25 g/m² war jedoch bei weitem nicht ausreichend, um eine solche Sättigung der sich nach dem Antauen bildenden Wasser-Salz-Lösung zu erreichen, und hat die vorhandene Glätte noch verschlimmert. In dem Aufbringen abstumpfender Streustoffe stand eine geeignete und wirksame Alternative zur Verfügung.

Die mit wissenschaftlichen Unterlagen belegten Ausführungen des Sachverständigen ### sind überzeugend und vermögen das Unfallgeschehen trotz erfolgter Salzstreuung schlüssig zu erklären. Weder die Beklagte noch die Streitverkündete sind den Ausführungen des Sachverständigen entgegengetreten.

c.3) Soweit die Beklagte hingegen einwendet, dass eine von ihr beabsichtigte Streuung von Splitt daran gescheitert sei, dass der bei ihr vorhandene Splitt aufgrund Restfeuchte weder verladetauglich noch streufähig gewesen sei, kann sie sich damit nicht entlasten.

Mit ihrem Vortrag ist die Beklagte bereits gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Berufungsverfahren ausgeschlossen, denn sie hat dieses Verteidigungsmittel in erster Instanz nicht vorgebracht, obwohl es ihr möglich gewesen wäre, ohne dass hierfür Entschuldungsgründe ersichtlich sind. Darüber hinaus ist das Vorbringen aber auch in der Sache unerheblich. Denn die Beklagte hätte den für das Abstreuen vorgesehenen Splitt jedenfalls so lagern müssen, dass er gerade dann, wenn er dringend benötigt wird, verladefähig ist und eingesetzt werden kann.

c.4) Die bei der Beklagten vorhandene Unkenntnis über die Ungeeignetheit der durchgeführten Salzstreuung begründet ein fahrlässiges Verschulden. Wie der Sachverständige ### ebenfalls überzeugend dargelegt hat, musste das Wissen um die Ungeeignetheit der durchgeführten Salzstreuung jedenfalls bei dem verantwortlichen Einsatzleiter der Beklagten vorhanden sein. Fahrlässigkeit läge im Übrigen auch vor, wenn bei der Beklagten Splitt so gelagert wurde, dass dieser nicht einsatzfähig war.

3. Entgegen der Einschätzung des Landgerichts fällt der Klägerin, wie sie mit ihrer Berufung zu Recht geltend macht, kein Mitverschulden des § 254 Abs. 1 BGB zur Last.

Zwar war die Klägerin angesichts der für sie erkennbaren Witterungsverhältnisse beim Begehen des Gehweges und des Fußgängerüberweges zu besonderer Vorsicht verpflichtet. Jedoch ist nicht schon allein aufgrund ihres Sturzes anzunehmen, dass sie diese Sorgfaltspflicht verletzt hatte, denn es besteht kein Erfahrungssatz und damit kein Anscheinsbeweis dahin, dass ein Fußgänger, der bei Schnee und Eis stürzt, die ihm obliegende Sorgfalt missachtet hat. Ihre Schilderung, dass sie zunächst am Zebrastreifen stehen geblieben war, um eine ältere Dame passieren zu lassen und dann beim Weiterlaufen auf einer mit Schnee bedeckten Eisschicht ausgerutscht sei, vermag die für ein Mitverschulden der Klägerin beweisbelastete Beklagte nicht zu widerlegen. Da aber davon auszugehen ist, dass aufgrund der unzureichenden Streumaßnahmen der Beklagten die Wege und Fußgängerüberwege weitgehend noch vereist waren und eine sichere Einschätzung der Gefährlichkeit des Begehens einzelner Stellen nicht zuließen, zudem auch nicht gewährleistet ist, dass für die Klägerin erkennbar ein anderer sichererer Weg zur Verfügung gestanden hätte, ist ein schuldhaftes Versäumnis ungeachtet des Umstands, dass die entgegenkommende Dame und andere Personen im Bereich der Unfallstelle nicht zu Schaden gekommen sind, nicht feststellbar.

4. Der Klägerin steht aufgrund ihrer sturzbedingt erlittenen Verletzungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000,00 Euro zu.

a) Der Senat konnte über die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche abschließend entscheiden, obwohl das Landgericht lediglich ein Grundurteil erlassen hatte. Denn das Grundurteil des Landgerichts war fehlerhaft, weil es sich nicht über den gesamten Anspruchsgrund verhielt, sondern weder hinsichtlich der die zuerkannte Quote von 1/3 übersteigenden Ansprüche noch hinsichtlich des Feststellungsantrags einen Ausspruch enthielt. Damit bestand die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen durch das Schlussurteil. Gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO stand es somit im Ermessen des Senats, ob er den Rechtsstreit aufgrund der Fehlerhaftigkeit des Grundurteils an das Landgericht zurückverweist oder ob er den Rechtsstreit auch hinsichtlich der Anspruchshöhe an sich zieht und abschließend entscheidet (vgl. Zöller – Feskorn, ZPO, 34. Aufl., § 304 Rdn. 37 m.w.N.). Vor diesem Ermessen hat der Senat, wie im Senatstermin vom 14.12.2021 erörtert, durch das Hochziehen des noch beim Landgericht anhängigen Teils des Rechtsstreits Gebrauch gemacht und abschließend entschieden, zumal der Rechtsstreit zur Höhe ohne weitere Beweisaufnahme entscheidungsreif war.

b) Die Klägerin wurde durch den Unfall vom 00.02.2021 erheblich verletzt.

Sie erlitt eine bimalleoläre Luxationsfraktur des oberen Sprunggelenks am linken Fuß sowie eine traumatische Ruptur von Bändern in Höhe des oberen Sprunggelenks und des Fußes, weshalb eine Operation mit offenerer Reposition durch winkelstabile Plattenosteosynthese der Fibula, einer Schraubenosteosynthese nach Volkmann und der Einsatz einer Stellschraube am Unfalltage erforderlich war. Die Klägerin musste bis zum 18.02.2021 stationär im Krankenhaus verbleiben und war zumindest bis zum 03.04.2021 arbeitsunfähig. Nach Entlassung aus dem Krankenhaus war eine ambulante Therapie mit regelmäßiger Wundkontrolle, Entfernen des Hautmaterials, Mobilisation, radiologischen Kontrollen und Fortsetzen der physiotherapeutischen Übungstherapie erforderlich; darüber hinaus wurde der Klägerin, wie sie bei ihrer Befragung durch den Senat glaubhaft angegeben hat, zwischenzeitlich das Schraubenmaterial entfernt. Soweit die Beklagte die Verletzung und die oben angeführten Verletzungsfolgen bestritten hat, ist ihr Bestreiten unsubstanziiert und nicht beachtlich, denn die Klägerin hat insoweit den Entlassungsbericht aus stationärer Behandlung der sie behandelnden Durchgangsärzte vorgelegt, ohne dass die Beklagte dargelegt hat, was und warum die Angaben falsch sein sollten.

Des Weiteren ist der Senat aufgrund der glaubhaften Schilderung der Klägerin davon überzeugt, dass es unfallbedingt bei ihr anhaltend zu Wasseransammlungen in den Beinen und zu Schmerzen kommen kann, wodurch sie in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt ist, denn hierbei handelt es sich um typische Folgen einer derartigen Verletzung, wie dem Senat aus zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen bekannt ist. Weitere gesundheitliche Einschränkungen und Folgen des Unfalls hat die Klägerin nicht ausreichend belegt. Ein Dauerschaden über die gelegentlich eintretenden Beschwerden hinaus ist bis zum heutigen Tage nicht eingetreten und war daher bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht zu berücksichtigen. Dem Senat erschien daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000,00 Euro als angemessener, aber auch ausreichender Ausgleich für die unfallbedingt eingetretenen Verletzungen und Beeinträchtigungen.

c) Darüber hinaus war dem Feststellungsantrag der Klägerin zu entsprechen, denn es steht außer Frage, dass es infolge einer bimalleolären Luxationsfraktur und der traumatischen Ruptur von Bändern im Bereich des linken oberen Sprunggelenks zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Arthrose und weiteren Beeinträchtigungen kommen kann. Dem Feststellungsbegehren ist bereits zu entsprechen, wenn künftige Schadensfolgen – und sei es auch nur entfernt – möglich, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt noch ungewiss sind (vgl. Zöller – Greger, a.a.O., § 256 Rdn. 9 m.w.N.). Ob die Prognose insoweit schlecht ist, kann im vorliegenden Rechtsstreit dahinstehen; auf eine Wahrscheinlichkeit des Eintritts weiterer Schadensfolgen kommt es nicht an.

d) Ersatz von 46,00 Euro für 92 Kopien aus den Behandlungsunterlagen kann die Klägerin nicht verlangen, denn es ist nicht nachvollziehbar, dass sie diese Behandlungsunterlagen für die Rechtsverfolgung im vorliegenden Prozess benötigte. Die Unterlagen sind von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Ein Grund für die Vorlage bestand auch nicht.

e) Die Klägerin kann Ersatz ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangen, soweit ihre Rechtsverfolgung berechtigt und angemessen war. Unter Berücksichtigung eines Geschäftswerts von 8.000,00 Euro, wovon 1.000,00 Euro auf das Feststellungsbegehren entfallen, ergibt sich bei Zugrundelegung einer 1,3-Geschäftsgebühr nebst Post- und Telekommunikationspauschale und Mehrwertsteuer der tenorierte Betrag von 800,39 Euro. Für die Zuerkennung eines höheren Steigerungssatzes als 1,3 besteht kein Anlass.

f) Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf §§ 280, 286 BGB. Zinsen kann die Klägerin erst ab Zustellung der Klage an die Beklagte verlangen. Für einen früheren Zinsbeginn hat sie nichts dargetan.

5. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO besteht bei der vorliegenden Einzelfallentscheidung kein Anlass. Von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder anderer Oberlandesgerichte ist der Senat nicht abgewichen.

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