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Sturz über Podest im Möbelhaus! Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Möbelhausinhabers!

Landgericht Coburg

Az.: 13 O 541/00

Verkündet am 17.01.2001


In dem Rechtsstreit hat der Einzelrichter der 1. Zivilkammer des Landgerichts Coburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.1.1.2000 für Recht erkannt:.

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.700,- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz, Schmerzensgeld sowie die Pflicht der Beklagten zum Ersatz sämtlicher zukünftiger materieller und immaterieller Schäden wegen behaupteter Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht.

Am 16.11.1999 unternahm die Klägerin eine von einer Sammelbestellerin organisierte Busfahrt zur Beklagten. Sie besichtigte die Möbelabteilung der Beklagten und kaufte schließlich ein Schlafzimmer. Dieses wollte sie nach dem Mittagessen Bekannten vor Ort zeigen. Hierzu lief sie mit den Bekannten denselben Weg, den sie bereits zur Erstbesichtigung des Schlafzimmers und dann von diesem weg begangen hatte. Sämtliche Schlafzimmer waren auf Podesten aufgebaut, zwischen denen Gänge hindurchführten. Auf dem Weg zum Schlafzimmer blieb die Klägerin dann an einem anderen Podest, auf dem lediglich ein Futon-Bett aufgestellt war, hängen und stürzte.

Sie erlitt bei dem Sturz einen Trümmerbruch von Elle und Speiche an der linken Hand. Deswegen befand sie sich vom 16.11. bis 19.11.1999 in stationärer Behandlung des Kreiskrankenhauses Lichtenfels, wo eine Operation durchgeführt wurde. Die Nachbehandlung wurde bei XX durchgeführt, die Entfernung der eingesetzten Drähte und Schrauben erfolgte am 27.12.1999.

Die Klägerin behauptet, das Podest habe sich farblich so gut wie gar nicht von dem Gang, auf dem sie unterwegs gewesen sei, unterschieden. Da sie eine eigene Mithaftung nicht ausschließen könne, lasse sie sich ein 30% eigenes Mitverschulden anrechnen. Ihr stehe ein Schmerzensgeld zu, dessen Höhe sich mindestens auf 9.000,- DM zu belaufen habe. Außerdem seien ihr materielle Schäden entstanden. Hierfür könne sie 1.270,74 DM von der Beklagten verlangen. Weiterhin behauptet die Klägerin, ihre linke Hand sei nicht völlig wiederhergestellt und kaum mehr zu Arbeiten zu gebrauchen. Es bestehe auch die Gefahr einer Verschlimmerung (Arthrose). Dies rechtfertige ihren Feststellungsantrag.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagte wird dazu verurteilt, an die Klägerin 1.270,74 DM nebst Zinsen- in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes seit Klageerhebung zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird dazu verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes seit Klageerhebung zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin jeglichen materiellen und immateriellen Schaden, der der Klägerin aus dein Unfallereignis vom 16.11.1999 zukünftig noch entstehen wird, zu ersetzen hat, soweit Träger der gesetzlichen Sozialversicherung hierfür nicht aufkommen.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung. Sie hält entgegen, das Podest sei deutlich farblich abgesetzt und mit einem hellen Teppichboden verkleidet gewesen. Es liege gerade kein Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten vor – vielmehr sei die Klägerin infolge von Unaufmerksamkeit gestürzt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme eines Augenscheins in der Sitzung vom 22.11.2000. Zum Ergebnis des Augenscheins wird auf die protokollierten Feststellungen im Sitzungsprotokoll (B1. 24/27 d.A.) verwiesen. Im übrigen wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht gem. §§ 12, 17, 32 ZPO örtlich und gem. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig. Das erforderliche Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO für den Klageantrag Ziff. -3 ist gegeben, die objektive Klagenhäufung gem. § 260 ZPO zulässig.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin stehen aus keinem Rechtsgrund heraus Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus dem Unfall vom 16.11.1999 zu. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte ist ebensowenig festzustellen wie die Voraussetzungen einer verschuldensabhängigen vertraglichen Haftung etwa aus vorvertraglichem Verhalten (cic) oder positiver Vertragsverletzung (pVV) – die jeweils materielle Schadensersatzansprüche begründen könnten – vorliegen.

1. Der Inhaber eines Kaufhauses hat dafür zu sorgen, dass auch die Fußböden der dem Publikum gewidmeten Räume während der Geschäftszeiten frei von Gefahren sind. Die Rechtsprechung stellt dabei auch hinsichtlich der Auswahl und der Unterhaltung des Fußbodens strenge Anforderungen (vgl. dazu BGH in VersR 1994, 1128, 1129). Diese Verpflichtung hat der Inhaber eines Kaufhauses erfüllt, wenn die Gewähr besteht, dass sich der Kaufhausbesucher bei normalem, vernünftigem Verhalten sicher in den freigegebenen Räumen bewegen kann. Dabei ist nur diejenige Sicherheit zu schaffen und zu bieten, die bei Berücksichtigung der jeweils gegebenen Verhältnisse und der Art und weise des in Frage kommenden Publikumsverkehrs allgemein erwartet werden darf und muss (vgl. BGH a.a.O. m. w.N.).

2. Die Anwendung der vorzitierten Grundsätze auf den zu entscheidenden Fall ergibt, dass der Beklagten keine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten angelastet werden kann.

Zwar ist davon auszugehen, dass Podeste in Möbelverkaufsräumen potentielle Stolperfallen darstellen.

Doch zum einen ist zu beachten, dass das Vorhandensein derartiger Podeste gerade in Möbelhäusern weit verbreitet ist – diese Erkenntnis bezieht das Gericht aus einer Vielzahl eigener Besuche in diversen Möbelhäusern. Zum anderen hat der Augenschein klar ergeben, dass das fragliche, knapp 8 cm hohe Podest unschwer zu erkennen ist. Zum einen unterscheiden sich die Teppichbeläge von Gang und Podest deutlich in der Farbe. Die Teppichbeläge machten jeweils einen relativ abgenutzten Eindruck, was ohne weiteres die Schlussfolgerung zulässt, dass sie sich bereits seit längerer Zeit an Ort und Stelle befinden. Auf entsprechende Nachfrage des Gerichts wollte die Klägerin auch nicht Gegenteiliges behaupten. Zum anderen ist die Oberkante des Podestes in einer goldfarbenen Leiste gefasst, die ins Auge sticht und das Hindernis optisch zur Geltung bringt.

Wie der Augenschein ergeben hat, wollte die Klägerin an dem Podest vorbeigehen und sich dann nach links wenden. Hier war nicht etwa eine spitze Ecke des Podestes im Wege – vielmehr ist die dem Kurvenverlauf des Ganges folgende Ecke abgeschrägt. Die Klägerin hat jeweils nicht behauptet, dass dies zum Unfallzeitpunkt anders gewesen sei.

Alles in allem war das Podest für den durchschnittlichen Möbelhausbesucher bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt ohne weiteres als Hindernis erkennbar und erforderte keine weitergehenden Sicherungsmaßnahmen wie beispielsweise Hinweisschilder oder Umrandungen bzw. sogar die komplette Podestentfernung (vgl. dazu beispielsweise auch Amtsgericht Hannover in VersR 1988, 721). Hinzu kommt, dass die Klägerin die fragliche Stelle bereits zweimal (Hin- und Rückweg zu und vom gekauften Schlafzimmer vor dem Mittagessen) problemlos passiert hatte und dabei ganz offensichtlich die entsprechende Sorgfalt walten ließ.

Damit beeinträchtigte das Podest – genausowenig wie die anderen auf der Verkaufsfläche befindlichen Podeste – nicht die Sicherheit der mit der erforderlichen Sorgfalt agierenden Kunden. Vorkehrungen gegen Unaufmerksamkeiten können auch von Inhabern von Kaufhäusern nicht erwartet werden.

Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung scheidet daher hinsichtlich des Sturzes der Klägerin ebenso aus wie ein irgendwie geartetes schuldhaftes Verhalten der Beklagten bzw. der für sie handelnden Personen.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gem. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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