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Verkehrssicherungspflichtverletzung Baustelle

Oberlandesgericht Bamberg

Az.: 5 U 141/08

Verfügung vom 01.09.2008

Vorinstanz: Landgericht Coburg, Az. 12 O 611/07


In Sachen wegen Schmerzensgeldes u.a. beabsichtigt der Senat, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 18. Juni 2008 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss aus folgenden Gründen zurückzuweisen:

Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch die zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 513 Abs. 1, 529, 546 ZPO).

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht eine Verkehrssicherungspflichtverletzung seitens der Beklagten verneint, so dass eine Haftung für die Verletzungsfolgen, die die Klägerin bei ihrem Sturz vom 14.06.2007 erlitten hat, nicht besteht.

Der Senat hat zwar Bedenken, dass das Landgericht den richtigen Ausgangspunkt für seine rechtlichen Überlegungen gewählt hat. Vorliegend kommt es wohl weniger auf die Frage der Sicherung des Baustellenbereiches als darauf an, ob die durch Auflegen der Schaltafel geschaffene Zugangsmöglichkeit zum Anwesen A. in K. ausreichend sicher gewesen ist. Dabei kann offen bleiben, ob eine provisorische Baugrubenüberquerung mittels Schaltafeln grundsätzlich geeignet ist, wofür die vom Landgericht zitierte Entscheidung BGH NJW 1985, 1078, die einen gänzlich anderen Fall betrifft, allerdings keine Aussage trifft. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass zumindest im konkreten Streitfall die Verwendung der Schaltafel nicht beanstandet werden kann.

Nachdem die Klägerin ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2008 (Bl. 30, 31 d.A.) durch den Schriftsatz am 01.02.2008 (Bl. 46 ff. d.A.) relativiert hat, ist davon auszugehen, dass der Zustand der Baugrubenüberquerung sich zum Unfallzeitpunkt etwa wie in der Anlage B 1 dargestellt hat. Nach den nicht zu beanstandenden und auch mit den Angaben der Klägerin selbst übereinstimmenden Feststellungen des Landgerichts war der bereits teilweise verfüllte Graben allenfalls etwa 30 cm tief und daher durchaus zum Durchschreiten für Fußgänger geeignet. Die Verlegung der Schaltafel diente daher in erster Linie nicht der Überwindung des Hindernisses als solchem, sondern der Bequemlichkeit von Besuchern, denen ein „schmutzfreier“ Zugang geboten werden sollte. Die Tafel sollte also den Übergang nicht überhaupt ermöglichen, sondern ihn vielmehr lediglich erleichtern. Von der Baugrube als solcher gingen für den Verkehr auch keinerlei objektive Gefahren aus, wie dies in Vergleichsfällen, in denen die Rechtsprechung stabile Seitengeländer gefordert hat, der Fall war. Es steht zudem fest, dass die Verletzungen der Klägerin nicht durch einen Sturz in die Baugrube, sondern durch den Aufprall auf die Bohle selbst hervorgerufen wurden (vgl. Sitzungsniederschrift S. 1 = Bl. 30 d.A.).

Der Senat folgt daher der Wertung des Landgerichts, dass die Klägerin durch ein Durchschreiten der Grube selbst das Betreten der sichtlich rutschgefährdeten, weil infolge Regens nassen Bohle und damit ihren Sturz leicht hätte vermeiden können und müssen. Eines besonderen Hinweisschildes etwa mit der Aufschrift „Vorsicht Rutschgefahr“, wie die Klägerin meint, bedurfte es nicht. Die Rutschgefahr der regennassen Bohle war offensichtlich und für den Fußgängerverkehr leicht erkennbar. Auch die Klägerin selbst hat die Rutschigkeit durchaus erkannt, wenngleich sie sie auch – wie sich herausstellte zu Unrecht – als beherrschbar angesehen hat. Der Verkehrssicherungspflichtige muss allenfalls vor solchen Gefahren warnen, die für den sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall aber nicht vor. Die Klägerin hat die von der Schaltafel ausgehende Gefahr tatsächlich erkannt und hätte sie leicht dadurch vermeiden können, dass sie von ihrem Betreten Abstand nahm und das Anwesen durch den Graben hindurch betrat. Auf ein solches – vernünftiges – Verhalten durfte die Beklagte wiederum grundsätzlich auch vertrauen. Sie durfte davon ausgehen, dass Fußgänger den gebotenen schmutzfreien Zugang nicht nutzen würden, wenn dieser nicht gefahrlos möglich, die Schaltafel also erkennbar nass und rutschig ist. Das vorliegend gegebene „Verschulden“ der Klägerin „gegen sich selbst“ wiegt so schwer, dass ein Verursachungsbeitrag der Beklagten, der allenfalls darin zu sehen wäre, dass sie nicht an ein mögliches Fehlverhalten Dritter gedacht hat, demgegenüber als geringfügig zurücktritt.

Aus diesen wesentlichen Gründen hat die Berufung der Klägerin keine Aussicht auf Erfolg. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO).

Der Senat beabsichtigt außerdem, die Kosten des Berufungsverfahrens der Klägerin aufzuerlegen und den Streitwert, der ersten Instanz folgend, auf 11.592,– € festzusetzen.

Auf die bei Berufungsrücknahme in Betracht kommende Gerichtsgebührenermäßigung (vgl. KV Nr. 1220, 1222) wird vorsorglich hingewiesen.

Gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO erhält die Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu Ziffer 1 bis spätestens 6. Oktober 2008. Die Bestimmung einer Berufungserwiderungsfrist für die Beklagte ist derzeit nicht veranlasst.

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