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Verkehrssicherungspflichtverletzung – Zinken von Gabelstapler als Stolperfalle

Ein Sturz über Gabelstapler-Zinken in einem Baumarkt wurde zum Zankapfel vor Gericht. Ein Kunde verletzte sich und forderte Schadensersatz vom Betreiber, der jede Schuld von sich wies. Wie sicher muss ein Baumarkt seine abgestellten Geräte absichern, damit Kunden dort gefahrlos einkaufen können?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 S 68/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Lübeck
  • Datum: 02.05.2024
  • Aktenzeichen: 14 S 68/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Verkehrssicherungspflicht, Schadensersatz nach Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Person, die in einem Baumarkt über die Gabelzinken eines abgestellten Gabelstaplers gestolpert ist und Schadensersatzansprüche geltend machte. Sie legte Berufung gegen die erstinstanzliche Klageabweisung ein.
  • Beklagte: Ein Baumarkt, in dessen Räumlichkeiten der Unfall passierte und der sich gegen die Schadensersatzansprüche verteidigte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Klägerin stürzte in einem Baumarkt über die Gabelzinken eines abgestellten Gabelstaplers und verlangte Schadensersatz. Das Amtsgericht hatte ihre Klage bereits abgewiesen, da es keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Baumarkt sah.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob der Baumarkt seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, indem die Gabelzinken des abgestellten Gabelstaplers möglicherweise nicht vollständig auf dem Boden auflagen, und ob der Klägerin dadurch Schadensersatz zusteht.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Lübeck wurde zurückgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht befand, dass der Gabelstapler samt seiner Gabel im Baumarkt deutlich sichtbar war und von einem durchschnittlich aufmerksamen Kunden umgangen werden konnte. Es stellte fest, dass keine allgemeine Pflicht besteht, Gabelzinken vollständig und lückenlos auf dem Boden aufliegen zu lassen, da auch ein kleiner Spalt nur eine abstrakte Stolpergefahr darstellt. Weitere Sicherungsmaßnahmen waren unter diesen Umständen nicht notwendig.
  • Folgen: Die Klägerin erhält keinen Schadensersatz und muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.

Der Fall vor Gericht


Ein alltäglicher Einkauf mit unerwarteten Folgen: Der Sturz über Gabelstapler-Zinken

Wer in einem großen Baumarkt einkauft, kennt das Bild: Hohe Regale, breite Gänge und oft auch schweres Gerät wie Hubwagen oder Gabelstapler, die zum Transport von Paletten genutzt werden. Meist stehen diese Geräte am Rand der Gänge und man schenkt ihnen kaum Beachtung. Doch was passiert, wenn ein solches Gerät zu einer Unfallursache wird? Wer trägt die Verantwortung, wenn ein Kunde über die Zinken eines Gabelstaplers stolpert und sich verletzt? Genau diese Frage musste das Landgericht Lübeck in einem Urteil klären.

Von der ersten Klage zur zweiten Instanz: Der Weg durch die Gerichte

Kunde stolpert im Baumarkt: Gabelstapler-Unfall im Gang.
Kundin stolpert im Baumarktgang über abgesenkte Gabelstapler-Zinken und verliert die Kontrolle. Gefahr erkannt! | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Eine Kundin war in den Räumlichkeiten eines Baumarktes über die Gabelzinken eines abgestellten Gabelstaplers gestolpert und hatte sich dabei verletzt. Sie war der Ansicht, der Baumarkt sei für ihren Unfall verantwortlich und verklagte das Unternehmen auf Schadensersatz. Ein solcher Schadensersatz kann zum Beispiel die Zahlung eines Schmerzensgeldes umfassen, also einer finanziellen Entschädigung für erlittene Schmerzen und Leiden.

Doch die erste Runde vor Gericht, vor dem Amtsgericht Lübeck, verlor die Kundin. Das Gericht wies ihre Klage ab. Die Begründung: Der Baumarkt habe seine Pflichten nicht verletzt. Der Gabelstapler sei groß und deutlich sichtbar gewesen. Jeder Kunde müsse damit rechnen, dass ein solches Gerät Gabelzinken hat, über die man stolpern kann. Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen seien dem Baumarkt nicht zuzumuten gewesen.

Mit dieser Entscheidung wollte sich die verletzte Kundin nicht zufriedengeben. Sie legte deshalb Berufung ein. Eine Berufung ist ein Rechtsmittel, bei dem man eine Entscheidung eines Gerichts von der nächsthöheren Instanz, in diesem Fall dem Landgericht, überprüfen lässt. Sie war überzeugt, dass das erste Gericht Fehler gemacht hatte und ihre Argumente nicht ausreichend gewürdigt wurden.

Die Kernfrage: Wie sicher muss ein geparkter Gabelstapler sein?

Für das Landgericht Lübeck ging es im Kern nicht darum, ob der Unfall passiert war, sondern um die rechtliche Verantwortung. Hatte der Baumarkt eine Pflicht verletzt? Und wenn ja, welche? Dreh- und Angelpunkt des gesamten Falles war ein juristisches Konzept, das im Alltag eine große Rolle spielt, auch wenn die meisten den Begriff nicht kennen: die Verkehrssicherungspflicht.

Was ist eine Verkehrssicherungspflicht?

Die Verkehrssicherungspflicht ist eine grundlegende Regel, die besagt: Wer eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, muss die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um andere vor Schäden zu schützen. Ein einfaches Alltagsbeispiel ist der winterliche Gehweg: Ein Hauseigentümer muss bei Schnee und Eis streuen, damit Passanten nicht ausrutschen. Er schafft zwar nicht den Schnee, ist aber für den sicheren Zustand des Gehwegs vor seinem Haus verantwortlich. Übertragen auf den Baumarkt bedeutet das: Der Betreiber muss dafür sorgen, dass Kunden auf seinem Gelände sicher einkaufen können. Er muss also Gefahrenquellen, wie etwa einen Gabelstapler, sichern. Aber wie weit geht diese Pflicht? Muss er jede denkbare Gefahr ausschließen?

Die Argumente der Kundin: Eine unsichtbare Risikoerhöhung?

Die Kundin argumentierte vor dem Landgericht, dass der Baumarkt genau diese Pflicht verletzt habe. Ihre Hauptkritikpunkte waren klar: Sie behauptete, die Gabelzinken des Staplers hätten nicht vollständig flach auf dem Boden gelegen. Es habe einen kleinen Spalt gegeben, der die Zinken zu einer heimtückischen Stolperfalle gemacht habe. Das erste Gericht, so ihre Beschwerde, hätte einen von ihr benannten Zeugen anhören müssen, der dies bestätigen könne.

Zudem verwies sie auf eine offizielle Information der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), eine Art Sicherheitsleitfaden für den Umgang mit Gabelstaplern. Darin stehe, dass die Gabelzinken auf den Boden abgesenkt werden müssen. Aus ihrer Sicht sei das Risiko deutlich geringer gewesen, wenn die Zinken lückenlos auf dem Boden aufgelegen hätten. Schließlich betonte sie, dass sie als „Otto-Normalverbraucherin“ keine Expertin für Gabelstapler sei. Ein normaler Kunde, der sich nicht täglich in Industrieumgebungen bewegt, rechne nicht mit einer solchen Gefahr.

Die Entscheidung des Landgerichts: Keine Pflichtverletzung des Baumarktes

Das Landgericht Lübeck wies die Berufung der Kundin zurück. Das bedeutet, die Entscheidung des ersten Gerichts wurde bestätigt. Die Kundin verlor den Prozess endgültig und musste nicht nur ohne Schmerzensgeld auskommen, sondern auch die Kosten für das Gerichtsverfahren tragen. Doch warum kamen die Richter zu diesem Schluss, obwohl die Kundin doch gestürzt war?

Die Begründung des Gerichts: Erkennbare Gefahr versus versteckte Falle

Das Gericht rollte den Fall komplett neu auf und prüfte die Verkehrssicherungspflicht des Baumarktes sehr genau. Seine Argumentation lässt sich in mehreren Schritten nachvollziehen.

Eine Gefahr, aber welche?

Zunächst stimmte das Gericht zu, dass ein abgestellter Gabelstapler eine Gefahrenquelle darstellt. Aber es machte eine wichtige Unterscheidung: Es kommt darauf an, welche Art von Gefahr von ihm ausgeht. Eine Gabel, die in Knie- oder Kopfhöhe in den Weg ragt, stellt eine ganz andere, viel höhere Gefahr dar als eine Gabel, die bereits am Boden liegt. Im ersten Fall könnten Menschen frontal hineinlaufen, ohne die Gefahr rechtzeitig zu erkennen. Im zweiten Fall handelt es sich „nur“ noch um eine Stolpergefahr am Boden.

Muss eine Gabelzinke perfekt am Boden aufliegen?

Hier lag der entscheidende Punkt der Urteilsbegründung. Das Gericht verneinte diese Frage. Es gebe keine allgemeine rechtliche Pflicht, die vorschreibt, dass eine abgesenkte Gabelzinke über ihre gesamte Länge lückenlos auf dem Boden aufliegen muss. Auch die von der Kundin zitierte DGUV-Information fordere lediglich, die Zinken „auf den Boden abzusenken“. Von einem lückenlosen Kontakt sei dort keine Rede.

Für das Gericht war die Logik eine andere: Die grundsätzliche Stolpergefahr besteht, sobald die Zinken am Boden sind. Ob zwischen der Unterseite der Zinke und dem Boden noch ein Spalt von wenigen Millimetern oder Zentimetern besteht, ändere nichts an der Art der Gefahr. Es bleibt eine Stolpergefahr, die für einen aufmerksamen Kunden erkennbar ist.

Wann wären strengere Maßnahmen nötig gewesen?

Das Gericht überlegte auch, unter welchen Umständen der Baumarkt mehr hätte tun müssen – zum Beispiel durch Warnhütchen, Flatterband oder indem er die Gabel mit einer Palette verdeckt. Solche erhöhten Anforderungen, so die Richter, würden nur dann gelten, wenn die Gefahr besonders schwer zu erkennen wäre. Ein Beispiel wäre, wenn die Gabelzinken unbeleuchtet in einen Hauptdurchgangsweg hineinragen würden.

Im vorliegenden Fall war die Situation aber anders. Der Gabelstapler war ein großes, auffälliges Gerät. Er stand parallel zu den Regalen und damit in der Laufrichtung des Ganges. Für das Gericht war klar: Ein durchschnittlich aufmerksamer Kunde hätte den Gabelstapler und seine Zinken problemlos erkennen und umgehen können.

Der „Otto-Normalverbraucher“ im Baumarkt

Auch dem Argument der Kundin, sie sei nur eine ahnungslose „Otto-Normalverbraucherin“, folgte das Gericht nicht. Die Richter meinten, das grundlegende Aussehen und die Funktionsweise eines Gabelstaplers seien heutzutage allgemein bekannt. Dies gelte umso mehr in einem Baumarkt, der von Natur aus ein eher „rustikales“, also industriell geprägtes Umfeld darstellt. Kunden müssen in einem solchen Geschäft eher mit abgestelltem Gerät rechnen als in einer Modeboutique.

Was aus den Argumenten der Kundin wurde

Das Gericht setzte sich am Ende mit jedem einzelnen Punkt der Kundin auseinander und erklärte, warum dieser ihrer Klage nicht zum Erfolg verhelfen konnte.

Die Forderung, einen Zeugen zu dem Spalt unter den Gabelzinken zu hören, wurde als unerheblich abgetan. Warum? Weil das Gericht sagte: Selbst wenn wir annehmen, dass es diesen Spalt gab, ändert das nichts am Ergebnis. Denn wie bereits begründet, gab es keine Pflicht, für einen lückenlosen Bodenkontakt zu sorgen. Eine Zeugenaussage dazu wäre also für die rechtliche Bewertung des Falles irrelevant gewesen.

Auch die Sicherheitsregel der DGUV wurde geprüft und anders ausgelegt als von der Kundin. Die Regel soll verhindern, dass Mitarbeiter oder Kunden gegen hochstehende Zinken laufen, aber sie schreibt keinen millimetergenauen Bodenkontakt vor. Die Kundin konnte aus der allgemeinen Regel also keine spezielle Pflicht für ihren konkreten Fall ableiten.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass Geschäfte nicht jede denkbare Gefahr ausschließen müssen, sondern nur vor gut versteckten oder ungewöhnlichen Risiken warnen oder schützen müssen. Wenn ein Gabelstapler gut sichtbar am Boden steht, müssen Kunden selbst aufpassen und können bei einem Sturz nicht automatisch Schadensersatz verlangen. Kleine technische Details wie ein minimaler Spalt unter den Gabelzinken machen aus einer erkennbaren Stolperfalle keine versteckte Gefahr, für die das Geschäft haften müsste. Für Verbraucher bedeutet dies: In Baumärkten und ähnlichen Geschäften gilt eine erhöhte Eigenverantwortung, da dort industrielle Geräte zum normalen Umfeld gehören.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann hat ein Geschäft seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, wenn sich ein Kunde verletzt?

Jeder Geschäftsinhaber hat eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet, er muss dafür sorgen, dass seine Geschäftsräume und die dazugehörigen Bereiche (wie etwa Parkplätze oder Zugänge) für Kunden sicher sind und keine vermeidbaren Gefahren von ihnen ausgehen. Diese Pflicht soll Kunden vor Schäden schützen, die durch mangelnde Sicherheit entstehen könnten. Es geht darum, Gefahrenquellen zu beseitigen oder zumindest deutlich darauf hinzuweisen.

Wann liegt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor?

Ein Geschäft verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn drei wesentliche Bedingungen erfüllt sind, die zu einer Kundenverletzung führen:

  1. Es lag eine objektiv gefährliche Situation vor, die für das Geschäft erkennbar war:
    Stellen Sie sich vor, ein Boden ist extrem rutschig, eine Treppe hat ein loses Geländer oder es liegt ein defektes Kabel mitten im Gang. Solche Gefahren müssen nicht nur existieren, sondern für das Personal des Geschäfts auch erkennbar gewesen sein. Das bedeutet, das Geschäft hätte die Gefahr bei üblicher Sorgfalt erkennen können oder sogar müssen. Eine völlig unerwartete und nicht vorhersehbare Gefahr führt in der Regel nicht zu einer Pflichtverletzung.
  2. Das Geschäft hat keine zumutbaren und notwendigen Schutzmaßnahmen ergriffen:
    Nachdem eine Gefahr erkannt wurde (oder hätte erkannt werden müssen), muss das Geschäft vernünftige Schritte unternehmen, um diese Gefahr zu beseitigen oder Kunden davor zu warnen. Was genau „zumutbar“ ist, hängt von der Art und Schwere der Gefahr sowie den Möglichkeiten des Geschäfts ab.

    • Beispiele für zumutbare Schutzmaßnahmen:
      • Regelmäßiges Reinigen von Böden, insbesondere bei Nässe oder Verschmutzung.
      • Aufstellen deutlicher Warnschilder (z.B. „Achtung, Rutschgefahr“ bei nassem Boden).
      • Regelmäßige Kontrollen der Räumlichkeiten und Einrichtungen auf Defekte (z.B. lose Teppiche, kaputte Beleuchtung).
      • Schnelles Beseitigen von Hindernissen oder Verschmutzungen, die zu Stürzen führen könnten.
      • Reparatur von bekannten Mängeln an Wegen, Treppen oder Türen.
        Kann ein Geschäft nachweisen, dass es alle vernünftigerweise erwartbaren Maßnahmen zur Sicherung ergriffen hat, liegt in der Regel keine Pflichtverletzung vor, selbst wenn sich ein Kunde verletzt. Die Verkehrssicherungspflicht ist keine Garantie dafür, dass niemals jemand stürzt, sondern die Pflicht, alle vermeidbaren Gefahren abzuwenden.
  3. Die Verletzung des Kunden ist eine direkte Folge der nicht erfüllten Pflicht:
    Es muss einen klaren Zusammenhang zwischen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und dem Schaden des Kunden geben. Das bedeutet, die Verletzung muss tatsächlich durch die mangelnde Sicherung des Geschäfts verursacht worden sein und nicht durch eine unglückliche eigene Handlung des Kunden oder eine andere, nicht vom Geschäft zu verantwortende Ursache.

Kurz gesagt: Ein Geschäft haftet, wenn es eine erkennbare Gefahr nicht oder nicht ausreichend gesichert hat und ein Kunde sich deshalb verletzt, obwohl das Geschäft dies mit zumutbaren Mitteln hätte verhindern können. Die genaue Beurteilung hängt immer vom Einzelfall und den konkreten Umständen ab.


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Welche Sorgfalt wird von mir als Kunde in einem Geschäft erwartet, um einen Unfall zu vermeiden?

Als Kunde in einem Geschäft tragen Sie eine Eigenverantwortung für Ihre eigene Sicherheit. Es wird erwartet, dass Sie sich mit einer gewissen Aufmerksamkeit und Umsicht bewegen, um Unfälle zu vermeiden. Juristisch spricht man hierbei vom Maßstab des „durchschnittlich aufmerksamen Kunden“.

Der Maßstab des „durchschnittlich aufmerksamen Kunden“

Dies bedeutet, dass Sie im Laden nicht unachtsam oder gedankenverloren umhergehen sollten. Vielmehr wird von Ihnen erwartet, dass Sie die Augen offen halten und auf Ihre Umgebung achten, so wie es ein vernünftiger und umsichtiger Mensch in einer ähnlichen Situation tun würde. Wenn Sie beispielsweise durch die Gänge eines Geschäfts gehen, sollten Sie nicht nur die Auslagen betrachten, sondern auch auf den Boden und mögliche Hindernisse achten.

Unterscheidung zwischen offensichtlichen und verdeckten Gefahren

Ihre Sorgfaltspflicht hängt maßgeblich davon ab, ob eine Gefahr offensichtlich oder verdeckt ist:

  • Offensichtliche Gefahren: Dies sind Zustände, die für jeden leicht erkennbar und vermeidbar sind. Beispiele hierfür sind:
    • Ein deutlich sichtbares Warnschild vor einem frisch gewischten, nassen Boden.
    • Ein klar erkennbares Hindernis wie ein Palettenstapel oder ein Einkaufswagen mitten im Gang.
    • Stufen oder Absätze, die gut zu sehen und ausreichend beleuchtet sind.
      Wenn Sie aufgrund von Unaufmerksamkeit über eine solche offensichtliche Gefahr stolpern oder ausrutschen, tragen Sie in der Regel einen erheblichen Teil der Verantwortung selbst. Es wird von Ihnen erwartet, dass Sie solche leicht erkennbaren Gefahren wahrnehmen und entsprechend reagieren.
  • Verdeckte Gefahren: Hierbei handelt es sich um Zustände, die für einen durchschnittlich aufmerksamen Kunden nicht ohne Weiteres erkennbar sind und mit denen er nicht rechnen muss. Beispiele sind:
    • Eine lose Fliese unter einem Teppich, die von außen nicht sichtbar ist.
    • Ein unbeleuchteter, unerwarteter Absatz in einem ansonsten ebenen Bereich.
    • Eine durch ein Regal verdeckte Pfütze, die nicht durch ein Warnschild gesichert ist.
      In solchen Fällen, wo die Gefahr nicht erkennbar war, liegt die Verantwortung eher beim Geschäft, da es seine Pflicht zur Sicherung des Ladenbereichs (Verkehrssicherungspflicht) möglicherweise nicht ausreichend erfüllt hat.

Was das für Sie bedeutet

Für Sie als Kunde bedeutet dies, dass Sie eine aktive Rolle bei der Vermeidung von Unfällen einnehmen müssen. Die Erwartungshaltung ist, dass Sie sich an die Gegebenheiten anpassen und aufmerksam sind. Ein Geschäft muss Sie nicht vor jeder denkbaren Gefahr schützen, wenn diese für Sie selbst leicht zu erkennen und zu vermeiden gewesen wäre. Ihre eigene Aufmerksamkeit und Vorsicht sind entscheidend, um sicher durch ein Geschäft zu navigieren.


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Was ist der Unterschied zwischen einer offensichtlichen und einer versteckten Stolperfalle in einem Geschäft?

Die Unterscheidung zwischen einer offensichtlichen und einer versteckten Stolperfalle ist entscheidend, wenn es darum geht, die Verantwortung eines Ladenbetreibers für einen Unfall zu beurteilen. Es geht darum, wie gut eine Gefahr für eine Person, die mit normaler Aufmerksamkeit unterwegs ist, erkennbar gewesen wäre.

Offensichtliche Stolperfallen

Eine offensichtliche Stolperfalle ist eine Gefahr, die ein aufmerksamer Besucher eines Geschäfts ohne Weiteres erkennen und vermeiden kann. Stellen Sie sich vor, Sie gehen durch einen Supermarkt und sehen einen großen, knallroten Eimer, der deutlich sichtbar mitten im Gang steht. Oder es gibt eine Stufe, die klar markiert und gut beleuchtet ist.

Für den Ladenbetreiber bedeutet das: Er hat in der Regel seine Pflicht erfüllt, wenn die Gefahr so offensichtlich ist, dass jeder vernünftige Mensch sie sehen und umgehen könnte. Wenn Sie dann trotzdem stolpern, liegt die Ursache eher in Ihrer eigenen Unachtsamkeit.

Typische Merkmale einer offensichtlichen Stolperfalle sind:

  • Gute Sichtbarkeit: Die Gefahr ist groß genug oder kontrastiert stark mit der Umgebung.
  • Angemessene Beleuchtung: Der Bereich ist hell genug ausgeleuchtet.
  • Erwartbarkeit: Es handelt sich um eine Situation, mit der man an diesem Ort rechnen muss (z.B. eine klar erkennbare Schwelle am Eingang).

Versteckte Stolperfallen

Im Gegensatz dazu ist eine versteckte Stolperfalle eine Gefahr, die für einen aufmerksamen Besucher nicht ohne Weiteres erkennbar ist und mit der er nicht rechnen muss. Denken Sie an ein durchsichtiges Getränk, das unbemerkt auf einem hellen Fliesenboden verschüttet wurde und keinen Schatten wirft. Oder eine kleine, farblich kaum wahrnehmbare Kante in einem Gang, die schlecht beleuchtet ist.

Hier wird die Situation für den Ladenbetreiber schwieriger. Seine sogenannte Verkehrssicherungspflicht verlangt von ihm, sein Geschäft so sicher zu gestalten, dass niemand unnötig zu Schaden kommt. Wenn eine Gefahr versteckt ist, hat der Betreiber diese Pflicht möglicherweise verletzt, weil er die Gefahr nicht beseitigt oder deutlich gemacht hat.

Faktoren, die die Erkennbarkeit beeinflussen

Mehrere Faktoren spielen eine Rolle dabei, ob eine Stolperfalle als offensichtlich oder versteckt eingestuft wird:

  • Größe und Form: Ein großes Hindernis ist leichter zu sehen als ein kleines. Eine unregelmäßige Form kann unauffälliger sein als ein klarer Block.
  • Farbe und Kontrast: Eine Gefahr, die farblich kaum vom Boden abweicht, ist schlechter erkennbar als eine, die einen starken Kontrast bildet.
  • Beleuchtung: Ein schlecht beleuchteter Bereich macht Gefahren unauffälliger. Schatten können ebenfalls eine Rolle spielen.
  • Position: Eine Gefahr, die direkt im Hauptlaufweg liegt, wo Kunden sich wenig auf den Boden konzentrieren, kann als versteckter gelten als eine Gefahr am Rand oder in einem weniger frequentierten Bereich.
  • Umgebung und Ablenkung: Eine Gefahr in einem Bereich mit vielen optischen Reizen oder Geräuschen, die ablenken, kann als versteckter eingestuft werden.
  • Beschaffenheit des Bodens: Ein rutschiger Boden, der nicht als solcher erkennbar ist (z.B. nach dem Wischen), ist eine versteckte Gefahr.

Für Sie bedeutet das, dass bei der Bewertung einer Situation immer der Gesamteindruck der Gefahrenstelle und die Erwartbarkeit für einen durchschnittlichen, aufmerksamen Kunden zählen.


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Welche Schritte sollte ich unmittelbar nach einem Unfall in einem Geschäft unternehmen, um meine Rechte zu sichern?

Nach einem Unfall in einem Geschäft ist es entscheidend, schnell und umsichtig zu handeln, um die Umstände des Vorfalls festzuhalten. Dies kann später dabei helfen, den Hergang zu klären und mögliche Ansprüche zu untermauern. Die Beweissicherung ist hierbei von zentraler Bedeutung, da der Unfallhergang und die Verantwortlichkeit oft strittig sein können.

Wichtige Schritte zur Sicherung von Informationen

  1. Dokumentation der Unfallstelle:
    • Machen Sie sofort Fotos oder Videos von der Unfallstelle, bevor sich etwas verändert. Achten Sie auf mögliche Gefahrenquellen (z.B. Nässe auf dem Boden, lose Teppichkanten, herabfallende Ware). Fotografieren Sie auch die unmittelbare Umgebung, um den Kontext zu zeigen.
    • Wenn es zu einer Verletzung gekommen ist, dokumentieren Sie auch diese fotografisch (z.B. Prellungen, offene Wunden).
  2. Meldung des Vorfalls an das Personal:
    • Informieren Sie unverzüglich das Personal des Geschäfts oder die Geschäftsleitung über den Unfall.
    • Es ist hilfreich, wenn ein Unfallbericht erstellt wird. Bitten Sie darum, eine Kopie dieses Berichts zu erhalten oder notieren Sie sich zumindest die Eckdaten wie Datum, Uhrzeit, Ort im Geschäft und den Namen des Mitarbeiters, dem Sie den Unfall gemeldet haben. Wenn kein Bericht erstellt wird, machen Sie sich detaillierte eigene Notizen.
  3. Sammeln von Zeugeninformationen:
    • Sprechen Sie anwesende Personen an, die den Unfall beobachtet haben könnten (andere Kunden, weitere Mitarbeiter).
    • Fragen Sie nach deren Kontaktdaten (Name, Telefonnummer, E-Mail-Adresse), falls sie bereit sind, als Zeugen zur Verfügung zu stehen. Zeugenaussagen können später sehr wichtig sein, um den Hergang zu bestätigen.
  4. Unverzügliche medizinische Versorgung:
    • Suchen Sie umgehend einen Arzt auf, auch wenn die Verletzungen zunächst gering erscheinen. Manche Beschwerden zeigen sich erst später.
    • Lassen Sie alle Verletzungen und Beschwerden, die auf den Unfall zurückzuführen sind, medizinisch dokumentieren. Der ärztliche Befundbericht ist ein wichtiges Dokument, das den Zusammenhang zwischen dem Unfall und Ihren Verletzungen belegen kann. Bewahren Sie alle Belege über Arztbesuche und Behandlungen auf.

Diese Schritte dienen dazu, eine klare und umfassende Informationsgrundlage zu schaffen. Die Sorgfaltspflicht des Geschäftsinhabers, also seine Pflicht, Gefahren für Kunden zu vermeiden, ist ein relevanter Punkt. Um mögliche Ansprüche prüfen zu können, müssen die genauen Umstände des Unfalls und eine etwaige Pflichtverletzung des Geschäftsbetreibers feststehen. Die gesammelten Informationen und Beweise tragen dazu bei, diese Umstände nachvollziehbar zu machen.


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Gelten für bestimmte Arten von Geschäften, wie zum Beispiel Baumärkte, andere Sicherheitsanforderungen?

Ja, die Sicherheitsanforderungen können je nach Art des Geschäfts und der damit verbundenen typischen Gefahren unterschiedlich sein. Dies basiert auf der sogenannten Verkehrssicherungspflicht. Sie bedeutet, dass jeder, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält (wie ein Geschäftsinhaber), dafür sorgen muss, dass andere Personen nicht zu Schaden kommen. Diese Pflicht ist jedoch nicht überall gleich streng, sondern muss den jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden.

Unterschiedliche Anforderungen je nach Geschäftstyp

In einem Baumarkt oder ähnlichen Geschäften, in denen schwere, unhandliche oder große Waren gelagert und bewegt werden, sind die potenziellen Gefahren andere als beispielsweise in einem Bekleidungsgeschäft oder einer Arztpraxis. Hierzu gehören etwa:

  • Herabfallende Gegenstände von Regalen.
  • Stolperfallen durch lose Ware oder Verpackungsmaterial.
  • Bewegungen von Gabelstaplern oder Hubwagen.
  • Glätte durch Feuchtigkeit oder Schmutz im Außenbereich oder an Laderampen.

Für den Betreiber bedeutet das, dass er angemessene Vorkehrungen treffen muss, um diese spezifischen Risiken zu minimieren. Dazu können breitere Gänge, klar gekennzeichnete Gefahrenbereiche, geschultes Personal, das beim Verladen hilft, oder spezielle Sicherungssysteme gehören.

Erhöhte Wachsamkeit von Kunden

Für Sie als Kunde bedeutet diese Besonderheit, dass in solchen Umgebungen, wie einem Baumarkt, eine höhere Eigenverantwortung und Wachsamkeit erwartet werden kann. Man kann nicht die gleiche risikofreie Umgebung wie beispielsweise in einem Museum erwarten. Das bedeutet, dass Sie selbst verstärkt auf Ihre Umgebung achten und sich der potenziellen Gefahren bewusst sein sollten, die mit der Art des Geschäfts verbunden sind. Wenn Sie in einem Baumarkt unterwegs sind, sollten Sie zum Beispiel damit rechnen, dass Waren auf Paletten stehen, die bewegt werden könnten, oder dass sich der Untergrund durch Schmutz oder Sägespäne anders anfühlt.

Zusätzlich gibt es für bestimmte Branchen spezifische branchenspezifische Richtlinien und Vorschriften, wie beispielsweise die der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Diese Regelwerke legen detailliert fest, welche Sicherheitsmaßnahmen in bestimmten Arbeits- und Geschäftsbereichen einzuhalten sind, um Unfälle zu vermeiden. Sie dienen als wichtige Orientierung für Betreiber und tragen dazu bei, die Sicherheit in Geschäften wie Baumärkten zu gewährleisten.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Verkehrssicherungspflicht

Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet den Betreiber eines Grundstücks oder Geschäfts, alle notwendigen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, damit keine vermeidbaren Gefahren für Besucher entstehen. Das bedeutet, wer etwa einen Gabelstapler abstellt, muss sicherstellen, dass Kunden dadurch nicht zu Schaden kommen, indem er Gefahren erkennt und minimiert. Diese Pflicht ist im Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB, § 823) und der allgemeinen Haftung für Gefahrenquellen verankert. Im vorliegenden Fall ist entscheidend, ob der Baumarkt seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, indem er die Gabelstaplerzinken nicht ausreichend gesichert hat.

Beispiel: Ein Hauseigentümer muss im Winter seinen Gehweg streuen, um Passanten vor Ausrutschen zu schützen – hier gilt die Verkehrssicherungspflicht analog.

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Berufung

Die Berufung ist ein formelles Rechtsmittel, mit dem ein Kläger oder Beklagter eine gerichtliche Entscheidung einer niedrigeren Instanz bei einem höheren Gericht überprüfen lassen kann. Sie dient dazu, Sachverhalte und rechtliche Bewertungen neu zu prüfen und Fehler des ersten Urteils zu korrigieren. Im Fall vor dem Landgericht Lübeck legte die Kundin Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein, weil sie die Entscheidung des Amtsgerichts nicht akzeptierte und eine Neubewertung durch die nächsthöhere Instanz forderte.

Beispiel: Jemand wird in erster Instanz verurteilt und fühlt sich ungerecht behandelt, deshalb verlangt er mit der Berufung eine nochmalige gerichtliche Überprüfung.

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Pflichtverletzung

Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn jemand eine rechtlich bestehende Verpflichtung nicht erfüllt und dadurch einem anderen Schaden zufügt. Im zivilrechtlichen Kontext wird geprüft, ob der Schuldner eine Verpflichtung – hier die Verkehrssicherungspflicht – verletzt hat, also nicht die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen hat. Die Feststellung einer Pflichtverletzung ist entscheidend für Ansprüche auf Schadensersatz. In dem Fall wurde geklärt, ob der Baumarkt gegen seine Pflicht zur Verkehrssicherung verstoßen hat, indem er den Gabelstapler nicht ausreichend gesichert hat.

Beispiel: Wenn ein Ladeninhaber nicht darauf achtet, dass der Boden frei von Glätte ist, und jemand darauf ausrutscht, kann er wegen Pflichtverletzung haften.

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Durchschnittlich aufmerksamer Kunde (Maßstab der Sorgfaltspflicht des Kunden)

Der Begriff beschreibt die zu erwartende Wachsamkeit und Vorsicht eines normalen, vernünftigen Kunden in einem Geschäft. Juristisch wird daran bemessen, wie sorgfältig ein Besucher Gefahren erkennen und vermeiden muss, um seine eigene Sicherheit zu gewährleisten. Diese Eigenverantwortung spielt eine Rolle bei der Haftungsverteilung, etwa wenn eine Gefahr für jeden erkennbar war. Im vorliegenden Fall wurde beurteilt, ob die Kundin als „Otto-Normalverbraucherin“ die Gefahr hätte erkennen müssen.

Beispiel: Ein Kunde, der die Augen offen hält und auf einen großen Gabelstapler achtet, handelt nach dem Maßstab eines durchschnittlich aufmerksamen Kunden.

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Zeugenbeweis

Der Zeugenbeweis ist eine Form der Beweiserhebung, bei der Aussagen von Personen, die einen Sachverhalt beobachtet haben, zur Wahrheitsfindung vor Gericht herangezogen werden. Zeugenaussagen können helfen, strittige Tatsachen aufzuklären, etwa ob der Gabelstapler im Baumarkt tatsächlich gefährlich abgestellt war. Im Fall wurde entschieden, dass ein vom Kläger benannter Zeuge zur Frage des Spalts unter der Gabelzinke nicht entscheidend ist, da selbst bei dessen Annahme keine Pflichtverletzung vorliegt.

Beispiel: Eine Person beobachtet, wie jemand über einen Gegenstand stolpert, und berichtet dem Gericht davon als Beweis für den Unfallhergang.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 823 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph ist die zentrale Vorschrift für Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung im deutschen Zivilrecht. Er besagt, dass jemand, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, dem Geschädigten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist. Im Kontext der Verkehrssicherungspflicht bedeutet dies, dass der Betreiber einer Anlage oder eines Geländes Vorkehrungen treffen muss, um Gefahren für Besucher zu verhindern. Kommt er dieser Pflicht schuldhaft nicht nach und entsteht dadurch ein Schaden, kann er haftbar gemacht werden. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kundin stützte ihre Klage auf diesen Paragraphen, da sie argumentierte, der Baumarkt habe durch unzureichende Sicherung des Gabelstaplers ihre körperliche Unversehrtheit verletzt und sei daher zum Schadensersatz verpflichtet. Das Gericht prüfte, ob der Baumarkt seine aus § 823 BGB abgeleitete Verkehrssicherungspflicht verletzt hatte.
  • Verkehrssicherungspflicht (als Rechtsinstitut): Die Verkehrssicherungspflicht ist eine besondere Ausprägung der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht im Rechtsverkehr. Sie verpflichtet denjenigen, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält – sei es ein Gebäude, ein Grundstück oder eine Einrichtung –, die notwendigen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um andere vor Schäden zu schützen. Dabei müssen die Art der Gefahrenquelle, die Art des zu erwartenden Verkehrs und die Zumutbarkeit der Sicherungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Es geht nicht darum, jede denkbare Gefahr auszuschließen, sondern nur solche, die ein durchschnittlicher, aufmerksamer Besucher nicht erkennen oder umgehen kann. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die zentrale Frage des Falls war, ob der Baumarkt seiner Verkehrssicherungspflicht bezüglich des abgestellten Gabelstaplers nachgekommen war und ob dieser eine über das zumutbare Maß hinausgehende Gefahr darstellte. Das Landgericht musste beurteilen, welche Sicherungsmaßnahmen vom Baumarkt unter den gegebenen Umständen erwartet werden konnten.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 253 Abs. 2 BGB: Dieser Paragraph regelt den Anspruch auf Schmerzensgeld, also den Ersatz eines immateriellen Schadens. Er besagt, dass bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung der Geschädigte auch für den nichtvermögensrechtlichen Schaden eine billige Entschädigung in Geld fordern kann. Die Höhe des Schmerzensgeldes bemisst sich nach der Schwere der Verletzungen, den erlittenen Schmerzen, dem Grad des Verschuldens des Schädigers und den Folgeschäden. Es dient dem Ausgleich und der Genugtuung für erlittene Leiden. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kundin forderte im vorliegenden Fall explizit Schmerzensgeld für ihre durch den Sturz erlittenen Verletzungen als Teil ihres Schadensersatzanspruchs. Die Frage der Haftung des Baumarktes war die Voraussetzung für die mögliche Zuerkennung eines solchen Schmerzensgeldes.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 276 Abs. 2 BGB: Dieser Paragraph definiert den Begriff der Fahrlässigkeit im deutschen Recht. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dies bedeutet, dass eine Person nicht so gehandelt hat, wie es von einem gewissenhaften und vernünftigen Menschen in der jeweiligen Situation erwartet werden könnte, um Schäden zu vermeiden. Ob Fahrlässigkeit vorliegt, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls und den allgemein anerkannten Sicherheitsstandards ab. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüfte, ob dem Baumarkt Fahrlässigkeit vorzuwerfen war, indem er die Gabelzinken nicht anders gesichert hatte. Die Entscheidung, dass die Zinken ausreichend erkennbar waren, implizierte, dass der Baumarkt die erforderliche Sorgfalt nicht verletzt und somit nicht fahrlässig gehandelt hatte.
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) – Regelwerke und Informationen: Die DGUV ist der Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen in Deutschland, die für die gesetzliche Unfallversicherung zuständig sind. Sie erstellt Regelwerke, Vorschriften und Informationen zur Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Diese Richtlinien sind zwar keine Gesetze, gelten aber als anerkannte Regeln der Technik und können im Zivilrecht als Anhaltspunkt für die Bestimmung des Umfangs der Verkehrssicherungspflicht herangezogen werden. Sie spiegeln den Stand des Wissens und bewährte Praktiken wider. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kundin berief sich auf eine DGUV-Information, die vorschreibt, Gabelzinken „auf den Boden abzusenken“, um eine Pflichtverletzung des Baumarktes zu begründen. Das Gericht prüfte diese Information und legte sie dahingehend aus, dass sie keinen lückenlosen Bodenkontakt vorschreibt, sondern lediglich das Absenken zur Vermeidung größerer Gefahren.

Das vorliegende Urteil


LG Lübeck – Az.: 14 S 68/23 – Urteil vom 02.05.2024


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