Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 12.500,00 EUR als Schmerzensgeld zu zahlen.
Es wird weiter festgestellt, dass eine Ersatzpflicht der Beklagten als Gesamtschuldner für künftige materielle sowie unvorhersehbare immaterielle Schäden des Klägers aus dem Unfallereignis vom 30.03.2017 besteht, soweit diesbezügliche Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
Im Übrigen wird die Klage mit dem auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes gerichteten Antrag abgewiesen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung von Schadensersatz infolge eines Verkehrsunfalls.
Der am 00.00.00 geborene Kläger absolvierte Ende März 2017 ein dreitätiges Praktikum bei der Firma A GmbH in B. Am 30.03.2017 befand er sich gegen 17:17 Uhr mit einem Fahrrad auf dem Heimweg vom Praktikum. Hierbei befuhr er den kombinierten Geh- und Radweg an der B 00 aus B kommend in Fahrtrichtung C. Der Beklagte zu 1 befuhr zur selben Zeit mit dem vom ihm gehaltenen und bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Fahrzeug Opel Meriva mit dem amtlichen Kennzeichen 000-00 die Straße D in B in Richtung der B 00, um dort nach rechts in Richtung B abzubiegen. Der Beklagte zu 1 führte im Einmündungsbereich der Straße D zur B 00 den Abbiegevorgang aus, ohne zuvor anzuhalten. Hierbei kam es zum Zusammenstoß mit dem von rechts auf dem Rad- und Gehweg heranfahrenden Kläger. Die volle Haftung der Beklagten für die unfallursächlichen Schäden ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der Kläger, der Rechtshänder ist, stürzte durch den Zusammenstoß mit dem Fahrrad und erlitt hierbei eine Verletzung der linken Schulter, deren Ausmaß im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist, sowie jedenfalls Schürfwunden am linken Knie sowie am rechten Unterschenkel. Im Anschluss an den Unfall wurde der Kläger vom 30.03.2017 bis zum 10.04.2017 stationär im Klinikum der Streithelferin in C behandelt. Wegen in der Folge vom Kläger geklagter fortdauernder Beschwerden im AC-Gelenk der linken Schulter und bei Untersuchungen festgestellter vermehrter Verschiebbarkeit in der Horizontalebene wurde am 06.04.2017 im Klinikum der Streithelferin eine Schulterarthroskopie zur Aufklärung durchgeführt. Hierbei wurde als Diagnose eine Gelenkluxation Typ Rockwood IV festgehalten und in der Folge im gleichen Eingriff eine Versorgung mittels eines sog. Dog-Bone-Systems durchgeführt. Im Anschluss an den Eingriff wurde der linke Arm des Klägers zunächst für einen Zeitraum von etwa sechs Wochen mittels eines sog. Gilchrist-Verbands ruhig gestellt. Nach der Entlassung aus der stationären Behandlung wurde der Kläger in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Darüber hinaus befand sich der Kläger im Zeitraum 13.04.2017 bis 02.01.2018 in physiotherapeutischer Behandlung im Reha-Zentrum E in C. Eine erneute Vorstellung bei der Streithelferin erfolgte durch den Kläger erst am 11.08.2017. Für einen Zeitraum bis etwa zehn Monate nach der Operation musste der Kläger nach Entfernung des Gilchrist-Verbands eine Armschlinge tragen.
Ab dem 15.02.2018 war der Kläger gemäß Arbeitsvertrag vom 12.02.2018, auf dessen zur Akte gereichte Kopie (Anl. zur Klageschrift, Bl. 57f. d. eA.) wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, für die Firma A GmbH in B tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde infolge Kündigung zum 31.03.2020 wieder beendet. Der Kläger ist in die Steuerklasse I eingruppiert.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.05.2018 (Anl. zur Klageschrift, Bl. 66f. d. eA.) forderte der Kläger die Beklagte zu 2 zur abschließenden Schadensregulierung und Gesamtabrechnung bis zum 05.06.2018 auf. Daraufhin zahlte die Beklagte zu 2 einen frei verrechenbaren Vorschuss in Höhe von 5.000,00 EUR und erklärte weitergehend mit Schreiben vom 31.10.2018 (Anl. zur Klageschrift, Bl. 70f. d. eA.), dass die Angelegenheit damit erledigt sei und sie keine weiteren Zahlungen leisten werde. Der gezahlte Vorschuss wurde vom Kläger auf das Schmerzensgeld verrechnet. Weitergehende Zahlungen durch die Beklagten erfolgten nicht.
Mit Bescheid vom 11.10.2018, auf dessen zur Akte gereichte Kopie (Anl. WH1 [im Schriftsatz bezeichnet als WH3] zum Schriftsatz vom 08.04.2020, Bl. 310ff. d. eA.) wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, lehnte die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (im Folgenden: BGHW) Ansprüche des Klägers auf Verletztengeld, Verletztenrente oder sonstige Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallrente aufgrund des als Arbeitsunfall eingestuften Unfalls vom 30.03.2017 ab. Zwischenzeitlich wurde das Verfahren von der BGHW jedoch auf Antrag des Klägers im Hinblick auf die im hiesigen Rechtsstreit durchgeführte Beweisaufnahme wieder aufgenommen, eine (weitergehende) Eintrittspflicht von der BGHW jedoch durch weiteren Bescheid abgelehnt. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, der derzeit noch bei der BGHW anhängig ist.
Der Kläger behauptet, er habe infolge des Unfalls eine AC Gelenkssprengung in der linken Schulter erlitten. Vor dem Unfall habe er keinerlei Probleme im Bereich des linken Schultergelenks gehabt. Darüber hinaus habe er unfallbedingt auch noch eine Thoraxprellung sowie eine commotio cerebri erlitten.
Der Kläger behauptet weiter, er habe sich nach August 2017 nicht mehr in weitergehende Behandlung der Streithelferin begeben, weil er zu dieser Zeit schon im Klinikum F in Behandlung gewesen sei. Grund dafür sei gewesen, dass er bei Abduktion seines linken Arms, die nur bis zu 50° möglich gewesen sei, anhaltende Schmerzen gehabt habe. Deshalb sei er am 18.09.2017 in F im Rahmen eines zweiwöchigen stationären Klinikaufenthaltes erneut am linken Schultergelenk operiert worden. Der Kläger meint, die unfallbedingten Verletzungen und deren Folgen rechtfertigten ein Schmerzensgeld von mindestens noch weiteren 20.000,00 EUR, insgesamt also 25.000,00 EUR.
Der Kläger behauptet weiter, er sei unfallbedingt vom Zeitpunkt des Unfalls bis einschließlich zum 03.01.2018 arbeitsunfähig gewesen. Er behauptet, dass, wenn es nicht zum streitgegenständlichen Unfall und seiner daraus folgenden Verletzung und Arbeitsunfähigkeit gekommen wäre, er bereits ab dem 01.04.2017 bei der Firma A GmbH zu denselben Konditionen, die letztlich dem ab dem 15.02.2018 begonnenen Arbeitsverhältnis zugrunde lagen, angestellt worden wäre. Dies sei ihm wegen guter Leistungen vom Geschäftsführer der Firma, dem Zeugen G, zugesagt worden. Am Tag nach dem Unfall hätte der diesbezügliche Arbeitsvertrag unterschrieben werden sollen. Er behauptet, dass sein Gehalt in diesem Falle nach sechsmonatiger Probezeit auf 1.990,00 EUR (brutto) angehoben worden wäre. Ihm sei deshalb insgesamt ein Nettoverdienstausfall von 14.894,28 EUR abzüglich der von ihm in diesem Zeitraum erhaltenen ALG-II-Leistungen in Höhe von 4.362,88 EUR entstanden. Wegen der Einzelheiten der vom Kläger hierzu angestellten Berechnungen wird auf die Ausführungen auf Seite 3 der Klageschrift (Bl. 4 d. eA.) und Seite 2 des Schriftsatzes vom 21.07.2020 (Bl. 417 d. eA.) jeweils nebst der hierzu vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger hat ursprünglich beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 10.900,00 EUR sowie eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes zu verurteilen.
Mit am 23.07.2020 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 21.07.2020 hat der Kläger die Klageanträge umgestellt.
Nach Konkretisierung des Feststellungsantrags im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2020 beantragt der Kläger zuletzt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen;
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 10.531,40 EUR (als Netto-Verdienstentgang) zu zahlen;
3. festzustellen, dass auch eine Ersatzpflicht der Beklagten für etwaige künftige Schäden des Klägers aus dem Unfallereignis vom 30.03.2017 besteht, soweit diese nicht an Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
Die Beklagten stimmen der Teil-Rücknahme der Klage hinsichtlich des Antrags zu 2 zu und beantragen im Übrigen, die Klage abzuweisen.
Die Streithelferin beantragt ebenfalls, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, der Kläger habe infolge des Unfalls allenfalls eine Schulterprellung erlitten. Eine Fraktur sei auf dem Röntgenbefund vom Unfalltag sowie einem nachfolgenden Trauma-CT nicht erkennbar, sehr wohl aber Anzeichen einer geringen Arthrose. Die erst nachfolgend festgestellte Instabilität des Schultereckgelenks beruhe daher nicht auf dem Unfall, sondern sei verschleißbedingt entstanden. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer commotio cerebri hätten schon deshalb nicht vorgelegen, weil der Kläger nicht bewusstlos gewesen sei. Sie behaupten weiter, dass jedenfalls die Behandlung des Klägers bei der Streithelferin besonders grob fehlerhaft gewesen sei. Auch wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige letztlich nur mehrere einfache Fehler festgestellt habe, lasse dies in der Gesamtbetrachtung den Schluss auf einen besonders groben Behandlungsfehler zu. Sie meinen, dass deshalb der Zurechnungszusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Schulterbeschwerden des Klägers unterbrochen worden sei.
Die Beklagten bestreiten, dass der Kläger zu 100 % und über den 05.04.2017 hinaus unfallbedingt arbeitsunfähig gewesen sei. Die Anstellung des Klägers bei der Firma A GmbH ab Februar 2018 sei in nicht unerheblichem Umfang von der Agentur für Arbeit subventioniert worden. Sie meinen, deshalb seien weitere Abzüge beim Verdienstausfall vorzunehmen. Weiter behaupten sie, dass jedenfalls der hypothetische Verdienst des Klägers noch um einen Abschlag von 10 % für Risiko und Eigenaufwendungen zu kürzen sei. Darüber hinaus meinen die Beklagten, dass der Kläger für die Geltendmachung des Verdienstausfallschadens nicht aktivlegitimiert sei, da der ablehnende Beschluss der BGHW vom 11.10.2018 nach dem Ergebnis der im hiesigen Rechtsstreit durchgeführten Beweisaufnahme rechtswidrig sei und deshalb eine Abänderung nach § 44 SGB VI angezeigt sei, wodurch ein Anspruchsübergang nach § 116 SGB X auf die BGHW nicht ausgeschlossen werden könne.
Die Streithelferin meint, eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs zwischen Unfall und Verletzungsfolgen des Klägers komme nur durch ein ärztliches Fehlverhalten in Betracht, das weit über die Schwelle eines groben Behandlungsfehlers hinausgehe. Sie behauptet hierzu, dass diese Voraussetzungen nicht vorlägen, da die Behandlung des Klägers in ihrem Klinikum behandlungsfehlerfrei erfolgt sei.
Das Gericht hat den Kläger zum Unfallhergang, den unfallbedingten Verletzungen und Beeinträchtigungen, insbesondere im Bereich der linken Schulter, sowie den Vereinbarungen und dem Arbeitsverhältnis mit der Firma A GmbH persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der persönlichen Anhörung des Klägers wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 30.09.2019 auf Seite 2f. (Bl. 151f. d. eA.), vom 10.08.2020 auf Seite 2f. (Bl. 440f. d. eA.) und vom 20.12.2021 auf Seite 4 (Bl. 844 d. eA.) Bezug genommen.
Weiter hat das Gericht Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 01.10.2019 (Bl. 129f. d. eA.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der diesbezüglichen Beweisaufnahme wird auf das schriftliche fachorthopädisch-unfallchirurgische Zusammenhangsgutachten des Sachverständigen Dr. med. H vom 02.03.2020 (Bl. 234ff. d. eA.) sowie dessen mündliche Erläuterung und Ergänzung hierzu gemäß Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2020 auf Seite 3 – 8 (Bl. 441ff. d. eA.) Bezug genommen. Ergänzend hierzu hat das Gericht gemäß Auflagen-, Hinweis- und Beweisbeschluss vom 12.10.2020 (Bl. 525ff. d. eA.) weitergehend Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der diesbezüglichen Beweisaufnahme wird auf das weitere fachorthopädisch-unfallchirurgische Zusammenhangsgutachten des Sachverständigen Dr. med. H vom 14.01.2021 (Bl. 642ff. d. eA.), dessen mit Beschluss vom 23.03.2021 (Bl. 721f. d. eA.) beauftragtes ergänzendes schriftliches Gutachten vom 14.05.2021 (Bl. 747ff. d. eA.) sowie die mündlichen Erläuterungen und Ergänzungen des Sachverständigen hierzu gemäß Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2021 auf Seite 2f. (BL. 842f. d. eA.) Bezug genommen.
Darüber hinaus hat das Gericht Beweis erhoben zu den Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Firma A GmbH hinsichtlich einer möglichen Anstellung des Klägers im März/April 2017 durch Vernehmung des Zeugen G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird auf Seite 9f. des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2020 (Bl. 447f. d. eA.) Bezug genommen.
Die Klageschrift ist den Beklagten am 22.07.2019 zugestellt worden.
Entscheidungsgründe
Die im Rahmen des Schriftsatzes vom 21.07.2020 (Bl. 416 d. eA.) erfolgte Erweiterung der Klage um den Feststellungsantrag war gem. § 263 ZPO zulässig, da sie sachdienlich war. Die Klärung der Haftung dem Grunde nach für künftige Schäden des Klägers aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis war geeignet, einen künftigen – isolierten – Prozess über diesbezügliche Ansprüche zu vermeiden.
Die mit den danach hinsichtlich des auf Zahlung von Schmerzensgeld gerichteten Antrags und des Feststellungsantrags zuletzt wirksam gestellten Anträgen zulässige Klage ist mit dem Feststellungsantrag im vollen Umfang und mit dem Schmerzensgeldantrag in Höhe von 15.000,00 EUR begründet und im Übrigen unbegründet.
Wegen des weitergehenden Antrags auf Zahlung von Verdienstausfall ist der Rechtsstreit hingegen derzeit nicht entscheidungsreif, weshalb das Gericht ein Grund- und Teilurteil gem. § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO erlassen hat.
I.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von (weiteren) 12.500,00 EUR zu.
1.
Gegenüber dem Beklagten zu 1 ergibt sich der Anspruch des Klägers aus § 7 Abs. 1 StVG.
Der Beklagte zu 1 hat als Halter des auf Seiten der Beklagten unfallbeteiligten Fahrzeugs im fließenden Verkehr, mithin bei Betrieb seines Kfz i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG, den streitgegenständlichen Unfall, bei dem der Kläger unstreitig – allerdings in streitigem Ausmaß – körperlich verletzt worden ist, alleinschuldhaft verursacht. Ausschlussgründe für die Haftung des Beklagten zu 1 gem. §§ 7 Abs. 2, Abs. 3, 8 StVG sind weder ersichtlich noch von den Beklagten vorgebracht. Da auch ein Mitverschulden des Klägers bei Herbeiführung des Unfalls i.S.d. §§ 9 StVG, 254 Abs. 1 BGB seitens der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht eingewandt worden ist, erstreckt sich die Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 1 auf sämtliche infolge des Unfalls entstandenen Schäden des Klägers.
Hiervon erfasst ist gem. § 253 Abs. 2 BGB auch der Anspruch des Klägers aus Zahlung von Schmerzensgeld infolge der von ihm erlittenen unfallbedingten Körper- und Gesundheitsschäden und deren Folgen. Dabei richtet sich die Bemessung des Schmerzensgeldes nach einer Gesamtbetrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes. Zu berücksichtigende Faktoren bei der Bemessung sind insbesondere Art, Ausmaß und Schwere der unfallbedingt eingetretenen Verletzungen und Schmerzen sowie die hieraus folgenden Beeinträchtigungen des Verletzten. Dazu gehören auch etwaige erforderlich gewordene stationäre Aufenthalte oder Operationen sowie gegebenenfalls dauerhaft verbleibende Beeinträchtigungen. Auf Seiten des Schädigers ist beispielsweise der Grad des Verschuldens bei der Herbeiführung des Schadens zu berücksichtigen. (vgl. zu den Bemessungskriterien ausführlich Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 253 Rn. 15ff. m.w.N.)
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Gericht sämtliche vom Kläger behaupteten Verletzungen, namentlich eine Thoraxprellung, eine commotio cerebri respektive ein Schädelhirntrauma I. Grades, Schürfwunden an linkem Knie und rechten Unterschenkel sowie – insbesondere – eine AC-Gelenkssprengung in der linken Schulter, jeweils einschließlich der damit einhergehenden Behandlungen und Beeinträchtigungen des Klägers, für die Bemessung des zugesprochenen Schmerzensgeldbetrages berücksichtigt. Der insoweit beweisbelastete Kläger hat nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass diese sämtlich auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen sind. Im Einzelnen:
a)
Nach dem Ergebnis der schriftlichen Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. med. nebst mündlicher Erläuterungen und Ergänzungen hierzu stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass bei dem Kläger infolge des Unfalls eine Schultereckgelenkssprengung (hier zum Teil synonym verwandt mit den Begriffen „AC-Gelenkssprengung“ und „Rockwood-IV-Läsion“) im Bereich der linken Schulter als Primärschaden eingetreten ist.
Zunächst ist auch entsprechend des Berichts des Klinikums der Streithelferin vom 10.04.2017 (Bl. 7f d. elektronischen Beihefts Krankenunterlagen) dort anhand der am 02.04.2017 durchgeführten Röntgenaufnahme eine solche Verletzung explizit diagnostiziert worden. Die Korrektheit dieses Befundes hat auch der Sachverständige Dr. H, nachdem ihm die entsprechende Bildgebung zur Erstellung seines zweiten (Haupt-)Gutachtens zur Verfügung gestellt worden war mit nachvollziehbarer Begründung bestätigt. Entgegen der Behauptungen der Beklagten lag bei dem Kläger danach nicht nur eine bloße Schulterprellung war. Auch die von den Beklagten weiter monierte Einordnung der Schultereckgelenkssprengung in die Kategorie Rockwood IV, welche ebenfalls bereits in den Berichten des Klinikums der Streithelferin Niederschlag gefunden hat, ist vom Sachverständigen mit überzeugender Begründung bestätigt worden. Jener hat hierzu bereits im Rahmen seines ersten Gutachtens vom 10.03.2020 anschaulich die Einteilung von entsprechenden Verletzungen nach Rockwood und die dafür notwendigen Voraussetzungen, insbesondere für eine Einordnung in den Typ IV, dargestellt. Zugleich hat er hierbei bestätigt, dass die Einordnung in diesen Typ, insbesondere aufgrund der im Rahmen der zunächst als Aufklärungsmaßnahme bei der Streithelferin durchgeführten Schulterarthroskopie am 06.04.2017 festgestellten horizontalen Instabilität nach dorsal hinten, korrekt gewesen ist. Auch die vom Gutachter der BGHW Dr. I monierte angeblich fehlende Weichteilzerreißung lag nach den vom Sachverständigen auch im Rahmen seines zweiten (Haupt-)Gutachtens vom 22.01.2021 nochmal bestätigten Feststellungen des Klinikums der Streithelferin im März/April 2017 vor und bestätigte danach ebenfalls diese Einordnung. Hierzu hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Erläuterung im Termin vom 10.08.2020 auch den weiteren Einwand der Beklagten unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. I entkräftet, es fehle an einem notwendigen Bluterguss. Denn ein solcher kann nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H zwar mit einer Rockwood-IV-Läsion einhergehen, muss es aber – anders als bei einer Rockwood-V-Läsion – nicht. Nach alldem hat der Sachverständige Dr. H zusammenfassend die Richtigkeit der Diagnose der Streithelferin im Hinblick auf die Verletzung der linken Schulter des Klägers eindeutig bestätigt.
Darüber hinaus hat der Sachverständige Dr. H auch nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den im Verfahren der BGHW erstatteten Gutachten des Herrn Dr. I vom 30.03.2018 und des Herrn Dr. K vom 24.02.2018 mit überzeugender Begründung einen alleinigen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem streitgegenständlichen Unfallereignis und der Schultereckgelenkssprengung des Klägers bestätigt. Hierzu hat der Sachverständige Dr. H bereits im Rahmen seines ersten Gutachtens eindeutig festgehalten, dass es sich um eine traumatische Schultereckgelenkssprengung handelte, diese mithin durch ein traumatisches Ereignis – hier namentlich den Sturz des Klägers im Rahmen des streitgegenständlichen Unfallereignisses – herbeigeführt worden ist. Ergänzend hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, dass keinerlei unfallunabhängige Vor-/Begleitschädigungen oder degenerative Instabilität vorgelegen hätten. Dies steht im Einklang mit den Feststellungen des Sachverständigen zu der von ihm ausführlich beleuchteten Krankheitsvorgeschichte des Klägers, in der sich keinerlei Behandlungen im Bereich der (linken) Schulter fanden. Diese Bewertung hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Erläuterung im Termin vom 10.08.2020 bestätigt. Ergänzend hat er explizit erklärt, dass die festgestellte Rockwood-IV-Läsion – außer gegebenenfalls bei schwerstrheumakranken Personen, zu denen der Kläger (unstreitig) nicht gehört – nicht durch degenerative Veränderungen, sondern allein durch traumatische Ereignisse hervorgerufen werden kann. Insoweit überzeugt das Gericht auch die Entkräftung der diesbezüglich gegenläufigen Ausführungen des Herrn Dr. I im Gutachten vom 30.03.2018. Jener geht darin nämlich, zunächst ohne konkrete Anhaltspunkte für deren Vorliegen beim Kläger zu benennen, von einer vorbestehenden nichttraumatischen horizontalen Instabilität des linken AC-Gelenks des Klägers aus, die dann in der Klinik der Streithelferin als frisch interpretiert worden sei. Die von Herrn Dr. I angeführten Umstände, die seiner Ansicht nach zu einer solchen degenerativen Instabilität führen können, hat der Sachverständige Dr. H hingegen mit überzeugender Begründung als nicht tragfähig erachtet. Im Übrigen bestanden aber auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Kläger vor dem streitgegenständlichen Unfall die von Dr. I angeführten Umstände in Gestalt einer „Hyperlaxität“ – deren Vorliegen beim Kläger der Sachverständige Dr. H sogar explizit ausgeschlossen hat – vorgelegen hätten oder jener etwa Kraftsport oder ständige Überkopftätigkeit betrieben hätte (vgl. S. 7f. Gutachten Dr. I vom 30.03.2018, Bl. 398f. d. eA.). Dagegen spricht auch, dass der Kläger – wie ausgeführt – vor dem Unfall zu keiner Zeit wegen Beschwerden in der linken Schulter in ärztlicher Behandlung gewesen ist. Auch im Gutachten von Dr. I heißt es zudem zu einem Röntgenbefund vom 15.04.2010, dass die linke Schulter einen altersentsprechenden Normalbefund gezeigt habe (vgl. S. 6 des Gutachtens, Bl. 397 d. eA.). Weiterhin ist aus dem Gutachten des Herrn Dr. I nicht ersichtlich, dass jener sich sämtliche zugrunde liegenden bildgebenden Befunde – anders als der gerichtlich bestellte Sachverständige – selbst angesehen hätte. Vielmehr ist in dessen Gutachten nur von der CT-Aufnahme vom 30.03.2017 sowie Röntgenfremdaufnahmen vom 20.09.2017 und vom 15.04.2010 die Rede. Im Übrigen stützt Herr Dr. I seine Erkenntnisse soweit ersichtlich nur auf die jeweiligen Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte (s. S. 8 des Gutachtens vom 30.03.2018 letzter Satz: „… vgl. Lokalbefund und OP-Bericht“, Bl. 399 d. eA.). Insbesondere die Röntgenaufnahme vom 02.04.2017, welche sowohl für die behandelnden Ärzte der Streithelferin als auch für den Sachverständigen Anlass für die Stellung der Diagnose einer Rockwood-IV-Läsion gewesen sind, finden im Gutachten des Herrn Dr. I keinerlei Erwähnung. Das zudem die für das Vorliegen einer Rockwood-IV-Läsion nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H erforderliche Zerreißung im Bereich der Schultereckgelenkskapsel und der dortigen Bänder eher durch ein traumatisches Ereignis als durch eine (langsam) fortschreitende degenerative Veränderung eintreten kann, erscheint dem Gericht schon aufgrund der Begrifflichkeit überaus nachvollziehbar.
Mit ebenfalls überzeugender Begründung hat der Sachverständige Dr. H zudem die vom Gutachter Dr. K in dessen Gutachten vom 24.02.2018 festgehaltene Diagnose einer vorbestehenden, unfallabhängigen Arthrose im Bereich des linken Schultereckgelenkes des Klägers widerlegt. Anders als Dr. K, dem ausweislich seines Gutachtens offensichtlich weder die bildgebenden Befunde, die unmittelbar nach dem Unfall gefertigt worden sind, noch die übrigen Behandlungsunterlagen auch nur annähernd vollständig vorgelegen haben – jener hat z.B. nichts zu der durchgeführten Röntgenaufnahme vom 02.04.2017 festgestellt, obwohl diese sowohl in den Behandlungsunterlagen der Streithelferin als auch in deren Entlassungsbrief vom 10.04.2017 (Bl. 7f. d. eBeiakte Krankenunterlagen ) explizit dokumentiert ist – hat der Sachverständige Dr. H diese selbst angesehen. Gleiches gilt hinsichtlich der Kernspintaufnahme vom 12.09.2017, zu der jener erklärt hat, dass sich der bei Annahme einer (vorbestehenden) Arthrose zu erwartende Zapfen darin nicht abgebildet gefunden habe. Auch sei nicht ersichtlich, dass dieser im Rahmen des Eingriffs vom 06.04.2017 geglättet worden sei. Aufgrund dessen kommt der Sachverständige Dr. H für das Gericht nachvollziehbar zu dem Schluss, dass die auch von Herrn Dr. K festgestellte Arthrose letztlich erst infolge einer Überkompensation durch den unfallbedingten operativen Eingriff vom 06.04.2017 entstanden ist. Dies gilt jedenfalls, soweit es sich nicht um die nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H bei jedem Menschen über 60 Jahre zu findende zumindest leichte Form der Schultereckgelenksarthrose handelt. Dass der Kläger, der im Unfallzeitpunkt 58 Jahre alt gewesen ist, eine solche nicht symptomatische Arthrose aufgewiesen hätte, ließ sich danach zwar nicht feststellen, steht aber zu vermuten. Der Sachverständige hat jedoch anhand seiner Ausführungen klargestellt, dass nicht diese in der gesamten älteren Bevölkerung bestehende Arthrose die Beschwerden des Klägers verursacht hat, sondern die infolge der dargestellten Überkompensation entstandene posttraumatische Arthrose.
b)
Letzteres hat der Sachverständige im Hinblick auf die von ihm beim Kläger diagnostizierte Schulterteilsteife noch dahingehend ergänzt, dass er auch diese eher auf die Ruhigstellung der linken Schulter nach der unfallbedingten Operation und die anschließend geringere Belastung der linken Schulter infolge der Schmerzen des Klägers hierbei zurückgeführt hat. Dies war für das Gericht ebenfalls überzeugend, zumal es hinsichtlich der Ruhigstellung im Einklang mit den Angaben des Klägers stand, dass jener – entsprechend der Empfehlung im OP-Bericht vom 06.04.2017 (Bl. 109 d. eBeiheft Krankenunterlagen II) – zunächst über sechs Wochen einen sogenannten Gilchrist-Verband getragen hat und seine linke Schulter damit nahezu vollständig ruhiggestellt gewesen ist. Darüber hinaus erfolgte anschließend nach den insoweit unbestrittenen Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung über einen längeren Zeitraum noch eine Behandlung mittels einer Schlinge. Auch die seitens des Klägers fortbestehenden Schmerzen sind unter anderem durch die Angaben zur Vorgeschichte im Bericht des Klinikums F vom 22.09.2017 (Bl. 83f. d. eBeiheft Krankenunterlagen) belegt. Letztlich war diese Behandlung gerade unter anderem wegen dieser fortbestehenden Schmerzen notwendig geworden.
Weiter ergab sich aus den umfangreichen Ausführungen des Sachverständigen, dass die Schulterteilsteife letztlich auch Folge der aufgrund der Überkompensation im Rahmen des Eingriffs vom 06.04.2017 entstandenen posttraumatischen Schultereckgelenksarthrose gewesen ist. Auch die hiermit verbundenen, vom Sachverständigen bestätigten fortbestehenden Bewegungseinschränkungen des Klägers im Bereich der linken Schulter sind danach vollständig ursächlich auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen.
c)
Auch eine Unterbrechung des Kausal-/Zurechnungszusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und – insbesondere – der danach vorliegenden Schulterteilsteife des Klägers infolge der Behandlung in der Klinik der Streithelferin im März/April 2017 kam nach dem Ergebnis der hierzu durchgeführten ergänzenden Beweisaufnahme nicht in Betracht.
Insoweit gilt grundsätzlich, dass der Zurechnungszusammenhang des primär schädigenden Ereignisses in der Regel durch Schäden, die erst durch das Hinzutreten Dritter, die zur Beseitigung des Schadens vom Geschädigten hinzugezogen werden, nicht unterbrochen wird (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, Vorb v § 249 Rn. 47 m.w.N.). Zwar kann der Zurechnungszusammenhang ausnahmsweise dann entfallen, wenn ein grobes Fehlverhalten, beispielsweise bei besonders groben ärztlichen Kunst-/Behandlungsfehlern vorliegt (OLG Hamm, Urt. v. 15.11.2016, Az. 26 U 37/14, juris Rn. 37ff. unter Verweis auf BGH, Urt. v. 06.05.2003, Az. VI ZR 259/02, VersR 2003, 1128; Palandt/Grüneberg, a.a.O. m.w.N.). Dafür ist jedoch in der Regel erforderlich, dass die Zweitursache im Hinblick auf den eingetretenen Schaden so stark in den Vordergrund tritt, dass die Erstursache vollständig verdrängt wird und deshalb die Aufbürdung des weiteren Schadens auf den (Erst-)Schädiger unzumutbar ist (Brandenburgisches OLG, Urt. v. 08.04.2003, Az. 1 U 26/00, juris Rn. 46 m.w.N. = NJW-RR 2003, 1383; vgl. Oetker, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 142ff. m.w.N.). Eine solche Zäsur hat der Schädiger darzulegen und zu beweisen (BGH, Beschl. v. 14.11.2017, Az. VI ZR 92/17, juris Rn. 24 = NJW 2018, 866).
Dieser Nachweis ist den Beklagten jedoch anhand der ergänzenden Gutachten und Erläuterungen des Sachverständigen Dr. H nicht gelungen. Insoweit hat der Sachverständige die Behandlung des Klägers bei der Streithelferin im März/April 2017 zuletzt noch allein dahingehend moniert, dass trotz der auf den intraoperativ durchgeführten Bildwandleraufnahmen zu erkennenden deutlichen Überkorrekturstellung von bis zu 8 bildmm diese belassen worden ist beziehungsweise der Kläger in der Folge hierauf nicht explizit aufmerksam gemacht wurde und nicht ausreichend eng geführt wurde. Insbesondere hätten danach die Auswirkungen der Überkorrektur auf die Beschwerden des Klägers beobachtet werden müssen, um zu überprüfen, ob gegebenenfalls eine weitere Operation erforderlich ist. Dies hat der Sachverständige jedoch lediglich als einfachen Behandlungsfehler bewertet. Dies war für das Gericht in Anbetracht der weitergehenden Ausführungen des Sachverständigen, wonach sich entsprechende Überkorrekturen erfahrungsgemäß in der Folge zurückbilden und deshalb sogar geringere Überkorrekturen durchaus als Operationsergebnis gewünscht sind, nachvollziehbar.
Die weiteren noch im Rahmen des Gutachtens vom 21.01.2021 geäußerten – ebenfalls als einfache Behandlungsfehler eingeordneten – Vorwürfe, die Streithelferin habe zum einen intraoperativ eine nicht ausreichende Anzahl Bildwandleraufnahmen durchgeführt sowie zum anderen nach der Röntgenaufnahme vom 10.04.2017, in der weiterhin eine größeren Überkorrektur um (dort noch) ca. 6 bildmm zu erkennen war, keine weitere nachfolgende (bildgebende) Diagnostik mehr durchgeführt, hat der Sachverständige letztlich fallen gelassen. Dies beruhte auf den von der Streithelferin nach der Erstellung des Gutachtens vom 21.01.2021 noch nachgereichten Bildwandleraufnahmen, auf denen die Überkorrektur nach den Ausführungen des Sachverständigen – auch in Zusammenschau mit dem Röntgenbild vom 10.04.2017 – deutlich zu erkennen gewesen ist. Vor diesem Hintergrund bedurfte es, was der Sachverständige im Einklang damit für das Gericht nachvollziehbar im Rahmen der mündlichen Erläuterung im Termin vom 21.12.2021 nochmal klargestellt hat, auch keiner weitergehenden CT- oder MRT-Aufnahmen mehr. Denn hiernach ergab die am 10.04.2017 vorhandene Bildgebung bereits einen eindeutigen Befund.
Weitergehende Behandlungsfehler hat der Sachverständige nicht feststellen können, was auch von den Beklagten letztlich nicht angegriffen worden ist. Da danach aber nur ein einfacher Behandlungsfehler vorlag, lagen die Voraussetzungen für eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs gerade nicht vor. Soweit die Beklagte zunächst die Ansicht geäußert hat, auch bei Vorliegen mehrerer einfacher Behandlungsfehler könne dies angenommen werden, folgt das Gericht dem ausdrücklich nicht. Abgesehen davon hat der Sachverständige – wie ausgeführt – nachdem ihm sämtliche maßgeblichen Unterlagen vorgelegt worden waren, lediglich einen einzigen einfachen Behandlungsfehler, namentlich die unterbliebene enge Führung nach Belassen der erheblichen Überkorrektur, ausdrücklich moniert.
d)
Der Sachverständige Dr. H hat auch das unfallbedingte Vorhandensein der weiteren vom Kläger angegebenen und im Entlassungsbrief des Klinikums der Streithelferin festgehaltenen Verletzungen, namentlich einer Thoraxprellung sowie einer commotio cerebri, bestätigt. Hinsichtlich Letzterer hat er insoweit aber im Rahmen der mündlichen Erläuterung vom 10.08.2020 nachvollziehbar ausgeführt, dass eine Klassifizierung als Schädel-Hirn-Trauma I, also eine sogenannte leichte Gehirnerschütterung, medizinisch genauer sei und dem auch nicht entgegenstand, dass der Kläger nach dem Unfall nicht bewusstlos gewesen ist.
Die weiter vom Kläger angegebenen Schürfwunden am linken Knie und am rechten Unterschenkel sind als unfallbedingte Schäden unstreitig gewesen.
e)
Unter Berücksichtigung der danach unfallbedingt entstandenen Verletzungen in Gestalt der AC-Gelenkssprengung links vom Typ Rockwood IV, einer Thoraxprellung, eines SHT I sowie Prellungen im Bereich des linken Knies und des rechten Unterschenkels waren auch die hieraus resultierenden erforderlichen ärztlichen Behandlungen in die Bemessung des Schmerzensgeldes einzubeziehen. Hinsichtlich der drei zuletzt genannten Verletzungen war dabei keine weitergehende ärztliche Behandlung erforderlich; diese sind auch nach Angaben des Klägers komplikationslos binnen kurzer Zeit abgeheilt und haben keine Folgeschäden hinterlassen.
Etwas anderes gilt im Hinblick auf die Rockwood-IV-Läsion. Diese machte zunächst den 12-tägigen Aufenthalt im Klinikum der Streithelferin einschließlich der Operation am 06.04.2017 erforderlich. Da diese – wie ausgeführt – nicht wegen grober Fehlerhaftigkeit den Zurechnungszusammenhang unterbrochen hat, waren auch die weitergehenden Behandlungsmaßnahmen und Beeinträchtigungen des Klägers, auch soweit sie zum Teil oder sogar ausschließlich auf die erfolgte Überkompensation zurückzuführen gewesen sind, in die Bemessung des Schmerzensgeldes einzubeziehen. Dies betrifft zunächst die von den Beklagten nicht bestrittene Durchführung einer physiotherapeutischen Behandlung des Klägers über einen Zeitraum von ungefähr 8,5 Monaten ebenso wie die weitergehende 12-tägige stationäre Behandlung im Klinikum F einschließlich der dort vorgenommenen Operation. Die von den Beklagten bestrittene Durchführung dieser Behandlung ist anhand der hierzu vom Kläger beigebrachten Unterlagen hinreichend belegt worden. Aufgrund der mit diesen Behandlungen einhergehenden Beeinträchtigungen des Klägers in der Beweglichkeit des linken Armes sowie der mit Bewegungen einhergehenden Schmerzen war auch nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H die Annahme einer bis zum 03.01.2018 – mithin über einen Zeitraum von rund neun Monaten – andauernden unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht zu beanstanden. Dies wurde auch aufgrund der Angaben des Klägers zu der insoweit maßgeblichen von ihm zuletzt im Rahmen eines Praktikums bei der Firma A GmbH durchgeführten Tätigkeit als Müllsortierer bestätigt. Hieraus ergab sich, dass der Kläger für diese Tätigkeit, auch wenn er Rechtshänder war, notwendigerweise beide Arme zur Verfügung haben musste, um Tätigkeiten wie etwa das Abladen schwerer Geräte wie Waschmaschinen vornehmen zu können. Hinzu kommen als Dauerschäden die fortbestehende Schultergelenksteilsteife einschließlich der damit einhergehenden, mit Schmerzmitteleinnahme behandelten Schmerzen sowie die ca. 10cm lange Operationsnarbe. Hinsichtlich der Schmerzen und der Bewegungseinschränkung hat sich der Zustand des Klägers auch bis zuletzt entsprechend seinen glaubhaften Angaben in der persönlichen Anhörung im Termin vom 20.12.2021 nicht gebessert.
Nach Gesamtwürdigung all dieser Unfallfolgen erachtet das Gericht deshalb einen Schmerzensgeldbetrag von insgesamt 17.500,00 EUR, insbesondere aufgrund des langwierigen Behandlungsverlaufs und der verbliebenen Schulterteilsteife, für angemessen. Die gegenüber dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag im Rahmen des Beschlusses vom 06.10.2020 (Bl. 525ff. d. eA.) erfolgte moderate Erhöhung des Schmerzensgeldes beruht auf dem Umstand, dass infolge des Zeitablaufs noch deutlicher geworden ist, dass die Bewegungseinschränkungen des Klägers von Dauer sein werden und jener sich zudem nach den unbestrittenen Angaben seines Prozessbevollmächtigten im Termin vom 20.12.2021 demnächst einer weiteren Operation zwecks Materialentfernung wird unterziehen müssen. Die Höhe des Schmerzensgeldes fügt sich in die Rechtsprechung zu in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Beträgen nach Auffassung des Gerichts ein. Zu nennen sind hier insbesondere die Entscheidungen des OLG Düsseldorf vom 15.04.1991 zum Az. 1 U 23/90 (Hacks u.a, Schmerzensgeldbeträge, 40. Aufl. 2022, lfd. Nr. 32.1831) und vom 28.03.2019 zum Az. 1 U 66/18 (Hacks u.a, a.a.O, lfd. Nr. 40.1557) sowie des LG Krefeld vom 02.05.2019 zum Az. 3 O 271/16 (Hacks u.a, a.a.O, lfd. Nr. 40.1539). In den weiteren bereits im angesprochenen Vergleichsvorschlag zitierten Entscheidungen wurden zwar weitestehend geringere Beträge zugesprochen, allerdings waren zumindest in den meisten der diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Fälle sowohl die Behandlungsdauer als auch die verbliebenen Beeinträchtigungen geringer als im hiesigen Fall.
f)
Infolge der bereits vorgerichtlich (zur freien Verrechnung) geleisteten Zahlung der Beklagten zu 2 in Höhe von 5.000,00 EUR, welche der Kläger ausdrücklich auf den Schmerzensgeldanspruch verrechnet hat, ist dessen Forderung in dieser Höhe durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB untergegangen. Die Erfüllung wirkt auch zugunsten des Beklagten zu 1 als Gesamtschuldner, § 422 Abs. 1 S. 1 BGB.
2.
Im gleichen Umfang wie gegenüber dem Beklagten zu 1 steht dem Kläger gem. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG ein Direktanspruch gegen die Beklagte zu 2 zu. Beide Beklagten haften gem. §§ 115 Abs. 1 S. 4 VVG, 421ff. BGB als Gesamtschuldner.
II.
Da die Beklagten dem Kläger danach dem Grunde nach für die ihm entstandenen Schäden aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall haften (s.o. I.1. u. I.2.) und dem Kläger zudem bereits ein Vermögensschaden (s. dazu noch sogleich unter Ziff. III) entstanden ist, war auch die von jenem begehrte Feststellung der Schadensersatzpflicht auszusprechen. Ist der Geschädigte, wie der hiesige Kläger, in einem durch § 7 Abs. 1 StVG geschützten Rechtsgut verletzt worden und ein Vermögensschaden bereits eingetreten, ist die Wahrscheinlichkeit des Eintritts künftiger Schäden keine Voraussetzung für die Begründetheit einer auf Feststellung des Schadensersatzpflicht gerichteten Feststellungsklage (BGH, Urt. v. 17.10.2017, Az. VI ZR 423/16, juris Rn. 49 = NJW 2018, 1242).
Die im Rahmen der Tenorierung vorgenommene Konkretisierung des Feststellungsantrages war vor allem dem Umstand geschuldet, dass die vom Kläger gewählte Formulierung so hätte verstanden werden können, dass auch eine Ersatzpflicht für künftige vorhersehbare immaterielle Schäden besteht. Solche sind jedoch bereits in dem zugesprochenen Schmerzensgeldbetrag enthalten.
III.
Die Entscheidung durch Grund- und Teilurteil war gem. § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO zulässig. Der Rechtsstreit war hinsichtlich des Feststellungsantrags und des auf Zahlung von Schmerzensgeld gerichteten Antrags entscheidungsreif, nicht hingegen im Hinblick auf den auf Zahlung von Verdienstausfall gerichteten Antrag.
Insoweit geht das Gericht zwar weiterhin – wie schon in den Erwägungen zum schriftlichen Vergleichsvorschlag gemäß Beschluss vom 06.10.2020 (Bl. 525ff d.A.) dargestellt – aufgrund der Angaben des Zeugen G und des Klägers davon aus, dass der Kläger ab dem 01.04.2017 bei der Firma A GmbH zu vergleichbaren Konditionen wie im Rahmen des später eingegangenen Arbeitsverhältnis eingestellt worden wäre, wenn er nicht unfallbedingt arbeitsunfähig gewesen wäre.
Allerdings kann hinsichtlich des Anspruchs auf Verdienstausfallschaden bislang nicht festgestellt werden, (ob und) in welchem Umfang dieser gem. § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X auf die BGHW übergegangen ist. Der Übergang von Schadensersatzansprüchen auf den Sozialversicherungsträger, hier die BGHW, erfolgt nach dieser Vorschrift regelmäßig schon mit deren Entstehung, mithin im Zeitpunkt des Unfalls, soweit nicht völlig unwahrscheinlich ist, dass der Sozialversicherungsträger nach den Umständen des Schadensfalls Leistungen zu erbringen hat, die sachlich und zeitlich mit den Schadensersatzansprüchen des Geschädigten kongruent sind (vgl. BGH, Urt. v. 02.12.2008, Az. VI ZR 312/07, juris Rn. 12 m.w.N. = NJW-RR 2009, 455). Diese Voraussetzungen sind im hiesigen Fall erfüllt. Auch nach dem Bescheid der BGHW vom 11.10.2018 (Anl. WH1 zum Schriftsatz vom 08.04.2020, Bl. 310ff. d.A.) lag ein Wegeunfall vor, der deren Eintrittspflicht als Unfallversicherungsträger begründet. Weitergehende Ansprüche des Klägers z.B. auf Verletztengeld, die insoweit als kongruent mit dem geltend gemachten Verdienstausfallschaden anzusehen sind, wurden von der BGHW lediglich aufgrund der dortigen Annahme, dass die Schulterbeschwerden des Klägers nicht als unfallursächlich anzusehen sind, abgelehnt. Zwar ist insoweit nach Einschätzung des Gerichts unbeachtlich, dass sich dies nicht mit den Ergebnissen der im hiesigen Rechtsstreit durchgeführten Beweisaufnahme im Einklang bringen lässt, da die Beurteilung insoweit den zuständigen Sozialversicherungsträgern und in der Folge gegebenenfalls den Sozialgerichten obliegt. Allerdings stellt dies durchaus ein Indiz dafür dar, dass eine (letztendliche) Leistungserbringung durch den Sozialversicherungsträger – sei es auch nach gerichtlicher Entscheidung – nicht völlig unwahrscheinlich erscheint. Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Wiederaufnahme des diesbezüglichen Verfahrens vor der BGHW ist letztlich offen, wie eine solche Entscheidung am Ende ausfällt. Danach fehlt dem Kläger im jetzigen Zeitpunkt zumindest hinsichtlich eines Teils des Anspruchs auf Verdienstausfallschaden infolge des Anspruchsübergangs die notwendige Aktivlegitimation.
Da sich bislang seitens des Gerichts nicht beurteilen lässt, in welcher Höhe Ansprüche des Klägers nach dem SGB VII gegenüber der BGHW bestehen, konnte auch nicht nur ein Teil des Verdienstausfallschadens zugesprochen werden. Für die Bemessung des Anspruchs auf Verletztengeld gem. § 47 SGB VII bedarf es unter anderem der Feststellung des im Jahr vor dem Versicherungsfall vom Kläger erzielten Jahresarbeitsentgeltes. Hierzu fehlen bislang jegliche Erkenntnisse. Insbesondere ist nicht klar, ob der Kläger auch in diesem Zeitraum schon Arbeitslosengeld II erhalten hat. Darüber hinaus ist auch nicht klar, ob und in welchem Umfang gegebenenfalls ein Anspruch auf Zahlung einer Rente gem. § 56 SGB VII, der möglicherweise ebenfalls anzurechnen wäre, besteht. Hierzu bedürfte es Feststellungen zur verbliebenen Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers, zu welcher bislang weder vorgetragen noch Beweis erhoben worden ist.
Eine vom Gericht in Erwägung gezogene Abtretung des Anspruchs des Klägers gegenüber der BGHW an die Beklagten im Rahmen der Schadensminderungspflicht zur Vermeidung einer doppelten Inanspruchnahme der Beklagten wurde in Erwägung gezogen. Ein solches Vorgehen kam aber letztlich nicht in Betracht, da der Kläger – wie ausgeführt – über den Anspruch, soweit er gem. § 116 SGB X auf die BGHW übergegangen ist, gar nicht verfügungsbefugt war und demzufolge auch ein etwaiges Urteil keinerlei Bindungswirkung gegenüber dieser hätte entfalten können (vgl. dazu BGH, Urt. v. 02.12.2008, Az. VI ZR 312/07, juris Rn. 17 = NJW-RR 2009, 455).
Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidung in Teil- und Schlussurteil bestand schon deshalb nicht, weil gemäß § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO zugleich eine Entscheidung über den Anspruchsgrund ergangen ist. Die weitergehende Entscheidung über ursächlichen Zusammenhang des verbliebenen Anspruchs mit dem schädigenden Ereignis und über dessen Höhe ist im Übrigen unabhängig von der Entscheidung über den Anspruchsgrund sowie über die Höhe des Schmerzensgeldes.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 u. 2. ZPO.
V.
Eine Kostenentscheidung war nicht angezeigt, da diese aufgrund des Grundsatzes der einheitlichen Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten ist.