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Verkehrsunfall – Bagatellgrenze für Einholung Sachverständigengutachten

AG Augsburg – Az.: 16 C 1206/16 – Urteil vom 14.04.2016

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 153,39 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.12.2015 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 153,39 € festgesetzt.

Gründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage ist im wesentlichen auch begründet. Der Kläger hat nämlich Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG auf Erstattung der ihm entstandenen Sachverständigenkosten.

Der BGH hat zur Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten in Fällen mit geringem Sachschaden folgende Grundsätze aufgestellt (BGH, Urteil vom 30.11.2004, Az. VI ZR 365/03, Rdnr. 16/18 bei juris):

„a) Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB (n.F.) auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.1988 – X ZR 112/87 – NJW-RR 1989, 953, 956). Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (n.F.) erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. Senatsurteil vom 06.11.1973 – VI ZR 27/73 – VersR 1974, 90, insoweit in BGHZ 61, 346 nicht abgedruckt).

b) Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vgl. zur Beauftragung eines Rechtsanwalts Senatsurteil vom 08.11.1994 – VI ZR 3/94 – NJW 1995, 446, 447). Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte. (…).

Für die Frage, ob der Schädiger die Kosten eines Gutachtens zu ersetzen hat, ist entgegen der Auffassung der Revision nicht allein darauf abzustellen, ob die durch die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen bestimmten Betrag überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht, denn zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters ist dem Geschädigten diese Höhe gerade nicht bekannt. Allerdings kann der später ermittelte Schadensumfang im Rahmen tatrichterlicher Würdigung nach § 287 ZPO oft ein Gesichtspunkt für die Beurteilung sein, ob eine Begutachtung tatsächlich erforderlich war oder ob nicht möglicherweise andere, kostengünstigere Schätzungen wie beispielsweise ein Kostenvoranschlag eines Reparaturbetriebs ausgereicht hätten.“

Da das Gericht die Bagatellgrenze mit dem BGH (Urteil vom 30.11.2004, Az. VI ZR 365/03, Rdnr. 19 bei juris) und Palandt (Grüneberg in Palandt, BGB, 75. Auflage, München 2016, Rdnr 58 zu § 249 BGB) im Bereich von 700,00 € zieht und nicht ersichtlich ist, warum für den Kläger ex ante hätte erkennbar sein sollen, dass der später vom Sachverständigen bezifferte Nettoschaden bei 651,78 € netto und damit geringfügig unter 700,00 € liegen würde, war unter Zugrundelegung der oben zitierten Grundsätze des BGH davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Sachverständigen erforderlich und zweckmäßig war, so dass die Beklagte die dadurch entstandenen Kosten zu erstatten hat.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Die Forderung war jedoch erst ab 13.12.2015 zu verzinsen, da Verzug nicht schon nach Ablauf einer anwaltlichen Zahlungsfrist eintritt. Vielmehr steht der Haftpflichtversicherung nach erfolgter Geltendmachung des klägerischen Schadens, die im streitgegenständlichen Fall mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 12.11.2015 erfolgte, nach der obergerichtlichen Rechtsprechung noch mindestens ein Monat Prüfungszeit zu, bevor sie in Verzug gerät. Bei einem Zugang des klägerischen Schriftsatzes am 13.11.2015 wäre damit Verzug nicht vor dem 13.12.2015 eingetreten. Für einen früheren Verzugseintritt (ev. durch eine vorherige endgültige Ablehnung der Regulierung durch die Beklagte) fehlt es an klägerseitigem Vortrag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Demnach waren der Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da das Unterliegen des Beklagten mit einem Teil der Zinsforderung unerheblich war und im Übrigen auch keine höheren Kosten verursachte.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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