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Verkehrsunfall bei Kollision aufgrund eines Spurwechsels

OLG München – Az.: 10 U 3766/15 – Urteil vom 08.07.2016

1. Auf die Berufung des Klägers vom 15.10.2015 wird das Endurteil des LG München I vom 24.09.2015 (Az. 19 O 7925/14) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger samtverbindlich 4.381,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2014 zu bezahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten samtverbindlich verpflichtet sind, alle weiteren Schäden aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall (vom 10.12.2013 gegen 15.15 Uhr auf der A. Str. in München) zu ersetzen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Von den Kosten erster Instanz tragen der Kläger 29% und die Beklagten samtverbindlich 71%.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 45% und die Beklagten samtverbindlich 55%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Von einer Darstellung der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO).

B.

I. Die statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf samtverbindliche Zahlung von 4.381,55 € nebst Zinsen aus §§ 7 I, 18 I 1 StVG, 823 I, 840 I BGB, 115 I 1 Nr. 1, 4 VVG. Er errechnet sich aus den vom Erstgericht zu Recht auf 3.511,38 € gekürzten Reparaturkosten zuzüglich den Sachverständigenkosten i.H.v. 845,17 € sowie der Unkostenpauschale i.H.v. 25,00 €.

Verkehrsunfall bei Kollision aufgrund eines Spurwechsels
(Symbolfoto: Dmitry Kalinovsky/Shutterstock.com)

Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts haften die Beklagten samtverbindlich dem Grunde nach in vollem Umfang. Denn aufgrund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist nicht von einem ungeklärten Verkehrsunfall auszugehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Beklagte zu 3) die Kollision dadurch allein verschuldet, dass er unter Verstoß gegen § 7 V StVO den Fahrstreifen wechselte und dabei mit dem Fahrzeug des Klägers kollidierte.

1. Der Senat ist nicht gem. § 529 I Nr. 1 ZPO an die vom Erstgericht festgestellten Tatsachen gebunden, weil konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Obwohl vom Kläger beantragt und obwohl das Erstgericht hierzu gem. § 144 I 1 ZPO auch von Amts wegen verpflichtet war, wurde in erster Instanz kein unfallanalytisches Gutachten zum Beweis der klägerischen Behauptung erholt, zur streitgegenständlichen Kollision sei es deshalb gekommen, weil nicht er, sondern der Beklagte zu 3), den Fahrstreifen gewechselt hatte.

2. Die gebotene Erholung eines unfallanalytischen Gutachtens wurde vom Senat unter abermaliger Anhörung des Klägers und der Beklagten zu 2) und zu 3)nachgeholt.

a) Der Kläger ist bei seiner Darstellung des Unfallhergangs geblieben, so wie von ihm bereits in der Vorinstanz (vgl. S. 2/3 des Protokolls der Sitzung vom 29.07.2014 = Bl. 28/29 d.A.), aber auch im Parallelverfahren vor dem AG München, Az. 343 C 7228/14 (vgl. S. 2/3 des Protokolls der dortigen Sitzung vom 21.07.2014 = Bl. 37/38 der beigezogenen Akte), geschildert. Demnach habe er auf der rechten Fahrspur dem s-förmigen Straßenverlauf folgen müssen, also etwas nach links lenken müssen, während der auf der Spur links neben ihm befindliche Beklagte zu 3) geradeaus weiter gefahren und entsprechend von links auf ihn zugekommen sei, wodurch es zur Kollision kam. Er sei gerade von der Arbeit (Anwesen E.-S.-Str. 18) gekommen und habe geradeaus in Richtung Westfriedhof fahren wollen.

b) Der Beklagte zu 3) ist ebenfalls bei seiner Version des Unfallhergangs geblieben, so wie es von ihm bereits in der Vorinstanz (vgl. S. 3/4 des Protokolls der Sitzung vom 29,07.2014 = vgl. 29/30 d.A.), aber auch im o.g. Parallelverfahren (vgl. S. 3/4 des dortigen Protokolls = Bl. 38/39 der Beiakte), bekundet wurde. Dem zur Folge sei er stets dem Spurenverlauf gefolgt und sei nicht geradeaus weitergefahren.

c) Anders verhält es sich demgegenüber mit der Aussage der Beklagten zu 2): Während diese ausweislich des o.g. Protokolls der erstinstanzlichen Sitzung vom 29.07.2014 (vgl. dort S. 4 = Bl. 30 d.A.) vor dem Landgericht bekundet hatte, „ich kann mich an den Unfall noch erinnern. Mein Mann ist damals der Fahrspur, so wie hier auf den Bildern zu sehen, gefolgt. Er ist der Verschwenkung gefolgt“, hat sie vor dem Senat erklärt: „Ich habe von dem ganzen Unfall erst etwas mitbekommen, als es schon gekracht hat. (…) Es war damals beim Landgericht so, dass ich gefragt wurde, ob mein Mann der Verschwenkung nachgefahren ist, worauf ich geantwortet habe: „Ich gehe davon aus.“ Die Protokollierung, wie sie dann vorgenommen wurde, drückt das nicht ganz richtig aus.“ (vgl. S. 10/11 des Protokolls der Sitzung vom 03.06.2016 = Bl. 114/115 d.A.).

d) Wie auch schon im Parallelverfahren vor dem Amtsgericht hat der unfallanalytische Sachverständige, Dipl.-Ing. K., in fundierter und nachvollziehbarer Weise überzeugend ausgeführt, dass in technischer Hinsicht keine der beiden Unfallvarianten ausgeschlossen werden könne. Während dies für die Version des Klägers ohne weiteres gelte, wäre die streitgegenständliche Kollision gem. dem Vortrag der Beklagten jedoch nur dann möglich, „wenn der Pkw Audi von der rechten Spur aus in einem überaus zügigen Linksbogen die Spur wechselte oder, wenn sich die Kollision erst im Verlauf der Schwenkung ereignete, (der Kläger) einen sehr weiten Spurwechsel über zwei Fahrspuren begonnen hatte, als es zur Kollision kam“ (vgl. S. 13 des o.g. Protokolls der Sitzung vom 03.06.2016 = Bl. 117 d.A.). Wenn man den Kollisionsort unterstellt, so wie er von den Parteien übereinstimmend angenommen wurde, käme nur die erste Alternative in Betracht. Dann wäre eine Querbeschleunigung des klägerischen Pkw von 2,3 – 4,1 m/s² erforderlich, während übliche Querbeschleunigungen bei Spurwechseln nur 1,0 – 2,5 m/s² betrügen und es sich bei 2,5 m/s² bereits um einen „rasanten“ Spurwechsel handle. Auch die Dauer der „notwendiger Weise durchgeführten Richtungsänderung“ wäre mit 1,81 – 2,42 Sekunden gegenüber üblichen 3 Sekunden sehr kurz gewesen.

Bei einer Gesamtschau der durchgeführten Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass mit der nach § 286 I ZPO zu erzielenden Gewissheit davon ausgegangen werden kann, dass der Beklagte zu 3) – aus welchen Gründen auch immer – dem s-förmigen Spurenverlauf nicht gefolgt ist und dadurch in die Spur des rechts neben ihm fahrenden Klägers geriet.

Die Aussage des Klägers ist aus folgenden Gründen glaubhaft: Der Kläger hat ruhig und sachlich vorgetragen. Wenn er, wie er erklärt hat, geradeaus in Richtung Westfriedhof fahren wollte, befand er sich bereits auf der richtigen Fahrspur; ein Spurwechsel wäre für ihn überflüssig gewesen. Aber selbst wenn er entgegen seiner Aussage doch noch nach links hätte abbiegen wollen, um sodann dem Wintrichring in nordöstlicher Richtung zu folgen, hätte er nicht die Spur wechseln müssen, weil selbst aus der von ihm benutzten Fahrspur (die dritte von links) ein Abbiegen in den dreispurigen Wintrichring möglich und vorgesehen war (siehe genauer auch unten). Zudem wäre ein solcher Spurwechsel nicht nur unnötig gewesen, sondern hätte, worauf es entscheidend ankommt, wie vom Sachverständigen überzeugend dargelegt, eines ungewöhnlich zügigen und rasanten Fahrmanövers bedurft, wofür es keine nachvollziehbaren Gründe gibt. Der Senat geht von der o.g. ersten vom Sachverständigen genannten Alternative aus, also einem Kollisionsort ganz zu Beginn der Verschwenkung. Denn dieser Kollisionsort ist zwischen den Parteien unstreitig. Dass sich die Parteien dabei nicht „auf den Zentimeter“ genau festlegen konnten, wie nun von den Beklagten mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.06.2016 eingewandt wurde (vgl. Bl. 123 d.A.), liegt in der Natur der Sache und ändert nichts an dem Ergebnis, dass der Kollisionsort zwar möglicherweise wenige Zentimeter weiter vorn, hinten, links oder rechts war, keineswegs aber deutlich weiter hinten im Verlauf der Verschwenkung. Im Übrigen hätte es unabhängig von der Frage des genauen Kollisionsortes in jedem Fall eines ungewöhnlichen Fahrmanövers des Klägers bedurft.

Für die Vermutung der Beklagten, der Kläger habe ggf. deshalb so stark nach links gelenkt, weil er infolge Unaufmerksamkeit zu spät auf einen vor ihm haltenden Bus aufmerksam wurde, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Während der Kläger derartiges bestritten hat (vgl. S. 11 des Protokolls der Sitzung vom 03.06.2016 = Bl. 115 d.A.), hat der Beklagte zu 3) bekundet, er könne nicht mehr sicher sagen, ob zum Unfallzeitpunkt ein Bus an der nach der Unfallstelle rechts befindlichen Bushaltestelle stand (vgl. S. 8 des o.g. Protokolls = Bl. 112 d.A.). Allein die Beklagte zu 2) meinte sich „jetzt sogar“ noch daran erinnern zu können, dass an der Haltestelle ein MVV-Bus stand (vgl. S. 11 des o.g. Protokolls = Bl. 115 d.A.). Hierbei ist jedoch maßgeblich, dass die Beklagte zu 2) sich letztendlich nur deshalb an den Bus erinnern konnte, weil Fahrgäste nach dem Unfall herübergeschaut haben. Angesichts der Tatsache, dass die Beklagte zu 2) im direkten Bereich des Unfallgeschehen keine verlässlichen Angaben machen konnte, spricht einiges dafür, dass die Wahrnehmung des Busses erst nach dem Unfall gemacht wurde und deshalb ungeklärt bleibt, ob der Bus bereits zum Zeitpunkt des Unfalls an der Haltestelle stand.

Hinzu kommt, dass der Kläger, anders als die Beklagten zu 2) und 3), das Unfallgeschehen vor sich hatte, er konnte den Beklagten-Pkw ohne weiteres sehen, als dieser mit seiner hinteren rechten Seite gegen die vordere linke Seite des klägerischen Pkw stieß, während sich die Kollision aus Sicht der Beklagten zu 2) und 3) in deren Rücken ereignete.

Der Aussage des Beklagten zu 3) kann demgegenüber nicht gefolgt werden. Es erscheint fragwürdig, dass sich der Beklagte zu 3) an einen so alltäglichen Vorgang wie ein Lenken nach links, um einem Spurverlauf zu folgen, erinnern will. Besser denkbar erscheint, dass der Beklagte zu 2) aus dem Umstand, dass er wegen des Spurverlaufs nach links lenken musste, um nicht auf die rechte Fahrbahn zu gelangen, schloss, dass er dann auch wohl nach links gelenkt haben müsse. Dass ein Verkehrsteilnehmer im Verlauf einer Fahrbahnverschwenkung infolge eines Spontanversagens weiter geradeaus fährt, ist jedenfalls wesentlich nachvollziehbarer als das vom Sachverständigen ermittelte Spurwechselmanöver des Klägers bei Unterstellung des von den Beklagten geschilderten Unfallhergangs.

Hinzu kommt, dass anders als noch in der Vorinstanz der vom Beklagten zu 3) geschilderte Unfallhergang von der Beklagten zu 2) (seiner Ehefrau und Beifahrerin) nicht mehr bestätigt wurde. Diese konnte mithin zur entscheidenden Frage, ob der Beklagte zu 3) dem Fahrbahnverlauf folgte oder nicht, nichts beitragen.

Zuletzt ist der Senat davon überzeugt, dass der Beklagte zu 3) über keine gesicherte Erinnerung an das Unfallgeschehen mehr verfügt. Die gesamten Angaben des Beklagten zu 3) erweckten den Eindruck, dass erst nach dem Unfall rekonstruiert wurde, wie der Unfall passiert sein soll unter der Vorgabe, der Beklagte zu 3) könne doch keinen Fehler gemacht haben. So hat der Beklagte zu 3) nach dem Unfall den Unfallort aufgesucht und untersucht, weshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich dort erst die Erinnerungen gebildet haben, die der Beklagte zu 3) heute schildert. Auffällig war auch, dass der Beklagte zu 3) als entscheidende Stütze dafür, dass er doch unter keinen Umständen in die Spur des Klägers herüberziehen wollte, angab, dass er doch am Wintrichring links abbiegen habe wollen und dies nur von seiner (ursprünglich befahrenen) Spur möglich gewesen sei. Gleichzeitig hat er sich auf seine hervorragenden Ortskenntnisse berufen. Bei Beachtung des Bilds 2 der vom Sachverständigen vorgelegten Lichtbilder (Anlage zum Protokoll vom 03.06.2016) ergibt sich jedoch, dass auch die vom Kläger befahrene Spur (dritte von links) ein Linksabbiegen in den Wintrichring vorsieht. Der Senat hat bereits in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass aus eigener Ortskenntnis festgestellt werden kann, dass gerade ortskundige Kraftfahrer diese dritte Fahrspur verwendet haben (die Kreuzung wurde zwischenzeitlich umgebaut), da sich an einer Auffangampel (an dem nach Westen führenden Strang der N./A.Straße) in den linken Spuren oftmals ein Rückstau bildete, während diese rechte Linksabbiegerspur frei blieb. Auch wenn diese Verkehrslage nicht zu allen Tageszeiten vorherrschte, die Verkehrslage zum Unfallzeitpunkt blieb ungeklärt, ist es in der Gesamtschau der Umstände ein weiteres Kriterium dafür, dass der Spurwechsel des Beklagten zu 3) bei weitem wahrscheinlicher war als das vom Sachverständigen für erforderlich gehaltene Fahrmanöver des Klägers. Dies reicht insgesamt aus, den vom Kläger geschilderten Unfallhergang für nachgewiesen anzusehen. Denn, auch wenn das Gericht nach § 286 I 1 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist, erfordert diese Überzeugung des Richters keine – ohnehin nicht erreichbare (vgl. RGZ 15, 338 [339]; BGH NJW 1998, 2969 [2971]; BAGE 85, 140; Senat NZV 2006, 261; Urt. v. 28.7.2006 – 10 U 1684/06 (juris Rz. 20); v. 11.6.2010 – 10 U 2282/10 [juris Rz. 4] sowie NJW 2011, 396 [397]; v. 6.7.2012 – 10 U 3111/11 [juris Rz. 16]; NJW-RR 2014, 601; KG NJW-RR 2010, 1113) – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (grdl. BGHZ 53, 245 [256], st. Rspr., insbesondere BGH NJW 1992, 39 [40], NJW 1998, 2969 [2971]; 2008, 2845; NJW-RR 2008, 1380; NJW 2014, 71 [72] und zuletzt VersR 2014, 632 f.; BAGE 85, 140; OLG Frankfurt a. M. zfs 2008, 264 [265]; Senat in st. Rspr., u. a. VersR 2004, 124 [Revision vom BGH durch Beschl. v. 1.4.2003 – VI ZR 156/02 nicht angenommen]; NZV 2006, 261; NJW 2011, 396 [397]; SP 2012, 111; LG Leipzig NZV 2012, 329 [331]).

3. Das auf Grund der Beweisaufnahme festgestellte Fahrverhalten des Beklagten zu 3) stellt einen Verstoß gegen § 7 V StVO dar, weil der nicht durch Fahrtrichtungsanzeiger angekündigte Fahrstreifenwechsel gerade nicht die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen hat. Da der Spurwechsel fast auf gleicher Höhe erfolgt ist, ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, wie der Kläger den Unfall hätte vermeiden sollen. Jedenfalls rechtfertigt der grobe Verkehrsfehler des Beklagten zu 3) in jedem Fall, dass eine Haftung des Klägers aus Betriebsgefahr dahinter zurücktritt.

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4. Nicht zu beanstanden – und insoweit hatte die Berufung keinen Erfolg – ist demgegenüber, dass das Erstgericht den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch bezüglich der Position „Reparaturkosten“ auf 3.511,38 € gekürzt hat.

Soweit das Erstgericht diese Reparaturkosten zunächst von den geltend gemachten 5.677,99 € hinsichtlich einiger Positionen auf 4.089,58 € gekürzt hat, hat der Kläger hiergegen keine Einwände vorgetragen. Aber auch unter Beachtung von § 529 II 2 ZPO erschließt sich nicht, was an dieser, auf den Feststellungen des erstinstanzlich erholten Schadengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) S. vom 18.06.2015 (Bl. 41 ff d.A.) beruhenden Berechnung rechtsfehlerhaft sein sollte. Denn – ohne dass der Kläger dem etwas entgegen gesetzt hätte – hat der Sachverständige auf S. 15 seines Gutachtens Folgendes festgestellt: „Im Fazit ergibt sich aus dem Ergebnis der Fahrzeugbesichtigung und -untersuchung, dass ein Großteil der in der Kalkulation SV N. angeführten Ersatzteile technisch nachvollziehbar keine Belastungen aufweisen, die eine mit dem streitgegenständlichen Unfallereignis zu verkoppelnde Erneuerungsnotwendigkeit auslösen.“

Bezüglich der weiteren Kürzung auf letztlich 3.511,38 €, welche auf einem Ansatz mittlerer Stundenverrechnungssätze freier (nicht markengebundener) Werkstätten beruht und sich abermals aus dem o.g. Schadengutachten ergibt, gilt Folgendes:

Die vom Erstgericht vertretene Rechtsansicht ist zutreffend (und wird im Übrigen auch vom Berufungsführer nicht angezweifelt), wonach die Erstattungsfähigkeit der Stundenverrechnungssätze markengebundener Fachwerkstätten davon abhängt, dass entweder der Pkw noch nicht älter als drei Jahre oder zumindest scheckheftgepflegt ist (vgl. auch BGH, Urteil vom 20.10.2009, Az. VI ZR 53/09; NJW 2010,606). Zwar hätte das Erstgericht gem. § 139 II 1 ZPO die Parteien darauf hinweisen müssen, der klägerische Vortrag im Lichte dieser Rechtsprechung noch nicht ausreicht, um die Klage insoweit schlüssig erscheinen zu lassen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein entsprechender hinreichend substantiierter Vortrag des Klägers auch in der Berufungsinstanz nicht erfolgt ist. Zwar hat er nun als Anlage „KB2“ Lichtbilder vorgelegt, auf welchen gewisse Serviceheft-Einträge zu erkennen sind. Allerdings hat der Kläger trotz Hinweises des Senats vom 22.02.2016 (vgl. Bl. 91 d.A.), dass diesen Lichtbildern keine Nachweise über die Durchführung etwaiger Reparaturen zu entnehmen sind, hierzu nichts mehr vorgetragen, und dies obwohl ihm mit dem o.g. Hinweis ausdrücklich aufgegeben worden war, bis zum 11.03.2016 das Original-Serviceheft vorzulegen, dazu Stellung zu nehmen, ob es über die Service-Termine hinaus zu Reparaturen des betroffenen Pkw gekommen ist oder nicht, und ggf. sämtliche Reparaturrechnungen etc. vorzulegen.

5. Dass die Positionen „Sachverständigenkosten“ (845,17 €) und „Unkostenpauschale“ (25,00 €) dem Kläger zustehen, war als solches zwischen den Parteien unstreitig und wurde vom Erstgericht, wenn auch bei Annahme einer hälftigen Haftungsverteilung, zutreffend als begründet angesehen.

6. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 I, 286 I 1 BGB.

7. Antragsgemäß war weiterhin festzustellen, dass die Beklagten samtverbindlich verpflichtet sind, alle weiteren Schäden aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall vollständig zu ersetzen.

Das erforderliche Feststellungsinteresse ist im vorliegenden Fall gem. der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung gegeben (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 16. 1. 2001, Az. VI ZR 381/99, NJW 2001, 1431); im Hinblick auf § 528 S. 2 ZPO bedarf es hier im Übrigen keiner weiteren Vertiefung.

Dass die Beklagten samtverbindlich zu 100% haften, ergibt sich aus den obigen Ausführungen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 I 1 Fall 2, 100 IV 1 ZPO.

Zu den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz:

Im Verhältnis zum Streitwert erster Instanz (7.548,16 €, errechnet aus der Addition von Leistungsantrag i.H.v. 6.548,16 € und Feststellungsantrag, bewertet mit 1.000,00 €) obsiegt der Kläger zu 71% (4.381,55 € zuzüglich Feststellung = 5.381,55 €).

Zu den Kosten des Berufungsverfahrens:

Im Verhältnis zum Streitwert des Berufungsverfahrens (4.857,39 €; errechnet aus dem Unterschied zwischen dem Ersturteil und den Berufungsanträgen, d.h. dem Zurückbleiben des Ersturteils hinter den Klageanträgen) obsiegt der Kläger im Berufungsverfahren zu 55% (5.381,55 € [s.o.] abzüglich 2.690,77 € = 2.690,78 €).

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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