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Verkehrsunfall bei Rangieren auf Tankstellengelände

AG Krefeld – Az.: 6 C 191/17 – Urteil vom 22.02.2019

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.955,80 nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 1.841,90 seit dem 18.04.2017 und aus weiteren € 114,– seit dem 25.08.2017 sowie € 211,93 vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.08.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 9% und der Beklagte zu 91%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten restliche Schadensersatzansprüche wegen eines Verkehrsunfalls geltend, der sich am 22.02.2017 in W.-N. auf dem Tankstellengelände der T.-Tankstelle auf der H.-Straße ereignet hat. Unfallbeteiligt waren der Beklagte als Fahrer und Halter des PKWs Audi, amtliches Kennzeichen: …, und der Zeuge … als Fahrer des PKWs Audi, amtliches Kennzeichen: …, deren Eigentümerin und Halterin die Klägerin ist.

Zu dem Unfall kam es, als der Beklagte im Rahmen eines Rangierens auf dem Tankstellengelände rückwärtsfuhr. Dabei kam es zu einer Kollision mit dem Klägerfahrzeug, welches zuvor vom Zeugen … rückwärts aus einer auf dem Tankstellengelände befindlichen Parktasche gesetzt worden war, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob das Klägerfahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision bereits stand. Bei der Kollision wurde das Klägerfahrzeug im Heckbereich links, das Beklagtenfahrzeug im Heckbereich rechts beschädigt.

Die Klägerin machte gegen den Beklagten bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung zunächst folgende Schadenspositionen geltend:

Reparaturkosten Klägerfahrzeug (netto) €     2.728,34

Sachverständigenkosten €     697,34

allgemeine Unkostenpauschale €     25,00

insgesamt: €     3.450,68

Hierauf zahlte die Kfz-Haftpflichtversicherung des Beklagten vorprozessual unter Annahme einer Haftungsquote von 50% : 50% insgesamt € 1.403,64. Der nicht regulierte Differenzbetrag in Höhe von € 2.047,04 ist Teil der Klageforderung.

Die Klägerin ließ ihr Fahrzeug instand setzen und verlangt als weiteren Teil der Klageforderung Nutzungsausfallentschädigung für 3 Arbeitstage in Höhe von € 38,– täglich, insgesamt also € 114,–. Dieser Betrag ist ebenfalls Gegenstand der Klageforderung.

Schließlich verlangt sie vom Beklagten Zahlung restlicher vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 211,93. Insoweit machte sie ursprünglich € 413,64 geltend, worauf die Kfz-Haftpflichtversicherung des Beklagten vorprozessual bereits € 201,71 gezahlt hatte.

Verkehrsunfall bei Rangieren auf Tankstellengelände
(Symbolfoto: Von Mut Hardman/Shutterstock.com)

Die Klägerin behauptet, der Zeuge … sei mit dem Klägerfahrzeug zunächst rückwärts aus einer Parktasche unmittelbar vor der auf dem Tankstellengelände gelegenen Werkstatt gefahren. Im Rahmen des Ausparkvorgangs habe er das Beklagtenfahrzeug bemerkt, das die Ausfahrt in Richtung H.-Straße blockiert und dort rangiert habe. Daraufhin habe der Zeuge… das Klägerfahrzeug angehalten. Der Beklagte habe ihn offensichtlich nicht wahrgenommen und sei dann beim Rückwärtsfahren gegen das stehende Klägerfahrzeug gestoßen.

Die Klägerin behauptet, die von ihr geltend gemachten € 2.728,35 Nettoreparaturkosten seien zur Instandsetzung des Klägerfahrzeugs erforderlich.

Sie beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie € 2.161,04 nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 2.047,04 seit dem 18.04.2017 und aus weiteren € 114,– seit Rechtshängigkeit sowie € 211,93 vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Jahreszinsen hieraus In Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, die Fahrzeuge seien beide rückwärtsfahrend zusammengestoßen. Die Reparaturkosten für das Klägerfahrzeug seien lediglich in Höhe von € 2.084,93 erforderlich. Insbesondere sei eine Beilackierung der Türe hinten links sowie die De- und Wiedermontage der geklebten Scheiben nicht erforderlich. Zudem müsse sich die Klägerin auf die günstigeren Stundenverrechnungssätze der im Prüfbericht der … Versicherung vom 30.03.2017 (Bl. 53 ff. dA.) genannten Referenzwerkstatt verweisen lassen. Bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bestreitet er die Erstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung gemäß § 10 RVG sowie deren Bezahlung durch die Klägerin.

Das Gericht hat den Beklagten informatorisch angehört. Zudem hat es gemäß Beweisbeschlüssen vom 26.01.2018 (Bl. 80 Rs. d.A.) und vom 16.02.2018 (Bl. 100 f. d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und … sowie Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der informatorischen Anhörung des Beklagten sowie der zeugenschaftlichen Vernehmung der vorgenannten beiden Zeugen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26.01.2018 (Bl. 80 ff. d A.) verwiesen; im Übrigen wird wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Gutachten des Sachverständigen … vom 10.08.2018 (Bl. 134 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet und unterliegt insoweit der Abweisung.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 249 ff, 823 BGB wegen des Verkehrsunfalls vom 22.02.2017 in W.-N. auf dem Tankstellengelände der T.-Tankstelle auf der H.-Straße Anspruch auf restlichen Schadensersatz in Höhe von € 1.841,90 sowie weiterer € 114,– (Nutzungsausfallentschädigung für 3 Arbeitstage zur Reparatur), insgesamt also in Höhe von €1.955,90.

Nach dem Ergebnis der Anhörung des Beklagten sowie der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagten den Unfall allein verursacht und verschuldet hat, weil er auf dem Tankstellengelände im Rahmen eines Rangiervorgangs rückwärtsfahrend gegen das Klägerfahrzeug stieß, das er aus Unachtsamkeit nicht wahrgenommen hatte, und dieses dabei im linken Heckbereich beschädigte. Gegenüber dem gravierenden und erheblichen schuldhaften Sorgfaltspflichtverstoß des Beklagten tritt die der Klägerin zuzurechnende Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges vollständig zurück.

Der Beklagte hat selbst eingeräumt, rückwärtsfahrend gegen das Klägerfahrzeug gestoßen zu sein. Zwar hat er seinen dahingehenden Vortrag in der Klageerwiderung vom 16.10.2017 (Bl. 44 d.A.) mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 15.01 2018 – ohne nachvollziehbare Begründung – wieder in Abrede gestellt (Bl. 73 d.A.). Jedoch hat der Beklagte im Rahmen seiner informatorischen Anhörung vom 26.01.2018 letztlich klargestellt, dass es zur Kollision mit dem Klägerfahrzeug kam, als er etwa 5 Meter auf dem Tankstellengelände rückwärtsgefahren ist.

Ungeachtet dessen haben sowohl der Zeuge … als auch der unbeteiligte Zeuge … übereinstimmend bekundet, dass das Beklagtenfahrzeug im Zeitpunkt der Kollision rückwärtsfuhr.

Dies deckt sich im Übrigen mit den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen … in seinem Gutachten vom 10.08.2018 (Bl. 134 ff. d.A.), wonach aus der Schadenscharakteristik beider Fahrzeuge aus technischer Sicht abzuleiten sei, dass das Beklagtenfahrzeug rückwärtsfahrend mit einer Kollisionsgeschwindigkeit von 7 bis 12 km/h mit dem Klägerfahrzeug kollidiert sei, wobei technisch plausibel sei, dass das Klägerfahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision gestanden oder nahezu gestanden habe. Wegen der näheren Einzelheiten wird insoweit auf das vorgenannte Gutachten Bezug genommen.

Insoweit steht zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte beim Rückwärtsfahren auf dem Tankstellengelände seiner Sorgfaltspflicht gemäß § 1 Abs. 2 StVO i.V.m. der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO nicht nachgekommen ist und den Unfall dadurch verursacht hat. Hierfür spricht bereits zu Gunsten der Klägerin der Beweis des ersten Anscheins (vgl. insoweit: BGH, Urt. v. 11.10.2016, VI ZR 66/16; Urt. v. 26.01.2016, VI ZR 179/15; Urt. v. 15.12.2015, VI ZR 6/15).

Diesen Anscheinsbeweis hat der Beklagte weder zu erschüttern, noch seine abweichende Schilderung des Unfallhergangs nachzuweisen vermocht.

Insoweit hat der Beklagte in seiner Anhörung eingeräumt, dass er das Klägerfahrzeug vor der Kollision überhaupt nicht wahrgenommen hat, was den Schluss zulässt, dass er seiner Pflicht zur sorgfältigen und aufmerksamen Beobachtung des rückwärtigen und seitlich-rückwärtigen Verkehrsraums während des Rückwärtsfahrens nicht nachgekommen ist. Der Beklagte will zwar in den Rückspiegel und rechten Außenspiegel geschaut haben; einen Schulterblick und eine genügende Beobachtung des hinter ihm liegenden Verkehrsraums liegt darin aber nicht, andernfalls ihm nicht entgangen wäre, dass das Klägerfahrzeug aus seiner Parklücke vor der Werkstatt rückwärts gesetzt hatte.

Sowohl der Zeuge … als auch der unbeteiligte Zeuge … haben zudem übereinstimmend ausgesagt, der Beklagte sei nicht äußerst langsam zurückgesetzt, sondern relativ „zügig“ bzw. mit „etwas Schwung“ rückwärts gefahren.

Demgegenüber kann nicht festgestellt werden, dass der Zeuge … seinen Sorgfaltspflichten nicht genügt hätte. Zwar ist unstreitig, dass er zuvor rückwärtsfahrend seine Parkbox vor der Werkstatt verlassen hatte. Es ist aber nicht nachgewiesen, dass er zum Zeitpunkt der Kollision noch rückwärtsfuhr. Vielmehr ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass das Klägerfahrzeug zum Zweitpunkt der Kollision bereits – ggf, auch schon eine gewisse Zeit lang – stand.

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So hat der Zeuge … bekundet, er sei zunächst ein Stück rückwärts aus der Parklücke gesetzt, habe dann im Rahmen der Rückschau das Beklagtenfahrzeug wahrgenommen und daher zunächst bis zum Stillstand abgebremst. Da das Beklagtenfahrzeug gestanden habe, sei er langsam und vorsichtig weiter in Richtung des Staubsaugers rückwärts gefahren und habe dann dort bis zum Stillstand abgebremst. Er habe dort einen Gangwechsel durchgeführt und sich gerade angeschickt, nach vorne zu fahren, als er gesehen habe, wie das Beklagtenfahrzeug zügig rückwärts auf das von ihm geführte Klägerfahrzeug zugefahren sei. Er habe noch zur Warnung gehupt, aber es sei dann auch schon zur Kollision gekommen, ohne dass es ihm noch möglich gewesen wäre, nach vorne weg zu fahren.

Die Aussage des Zeugen … ist in sich schlüssig und plausibel. Die Angaben des Beklagten stehen den Bekundungen des Zeugen … auch nicht entgegen, da der Beklagte nach eignen Angaben das Klägerfahrzeug erst durch die Kollision wahrgenommen hat. Die Aussage des Zeugen … wird zudem im Wesentlichen bestätigt durch die Aussage des Zeugen …, der bestätigt hat, dass es zu der Kollision kam, als das Beklagtenfahrzeug mit Schwung rückwärts gesetzt sei. Der Zeuge … habe noch gehupt, bevor es zum Zusammenstoß gekommen sei. Das Klägerfahrzeug sei im Zeitpunkt der Kollision nicht rückwärts gefahren, sondern habe gestanden bzw. sei schon ein wenig wieder nach vorne gerollt.

Bestätigt werden die Angaben des Zeugen … überdies durch die Feststellungen des Sachverständigen …. Danach zeige das Klägerfahrzeug einen nahezu punktuellen Anstoß gegen die hintere linke Längsseite. Die Schadenscharakteristik am Beklagtenfahrzeug zeige im heckzugewandten Bereich deutliche Verformungen des Heckstoßfängers rechts. Allerdings seien ein Versatz des Heckstoßfängers in Querrichtung bzw. Kratzer/Verschürfungen, die auf einen Geschwindigkeitsanteil in Querrichtung des Beklagtenfahrzeugs schließen ließen, nicht vorhanden bzw. dokumentiert. Aus technischer Sicht könne aus den Schadenscharakteristika an beiden Fahrzeugen auf einen deutlichen Geschwindigkeitsanteil in Richtung der Fahrzeuglängsachse des Beklagtenfahrzeugs (bzw. in Richtung der Fahrzeugquerachse des Klägerfahrzeuges) geschlossen werden, der ausschließlich durch eine Rückwärtsbewegung des Beklagtenfahrzeuges in die Kollision eingebracht worden sein könne. Das Beklagtenfahrzeug habe zum Kollisionszeitpunkt insoweit eine Fahrtgeschwindigkeit von ca. 7 bis 12 km/h inne gehabt. Demgegenüber habe das Klägerfahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision gestanden bzw. nahezu gestanden, insoweit sei die Unfalldarstellung der Klägerseite, wonach das Klägerfahrzeug gestanden habe, aus technischer Sicht plausibel.

Der Beklagte kann sich insoweit auch nicht deshalb auf einen zu seinen Gunsten sprechenden Anscheinsbeweis berufen, weil das Klägerfahrzeug unstreitig in einem relativ nahen zeitlichen Zusammenhang mit der Kollision vom Zeugen … zuvor aus der Parklücke zurückgesetzt worden war. Denn die für die Anwendung eines Anscheinsbeweises gegen den Rückwärtsfahrenden erforderliche Typizität des Geschehensablaufes liegt regelmäßig nicht vor, wenn beim rückwärtigen Ausparken von zwei Fahrzeugen aus Parkbuchten eines Parkplatzes zwar feststeht, dass vor der Kollision ein Fahrzeugführer rückwärts gefahren Ist, aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt bereits stand, als der andere – rückwärtsfahrende – Unfallbeteiligte mit seinem Fahrzeug in das Fahrzeug hineingefahren ist (BGH, Urt. v. 11.10.2016, VI ZR 66/16; Urt. v. 15.12.2015, VI ZR 6/15).

Diese Rechtsprechung ist auf das Ausparken und Rückwärtssetzen auf einem Tankstellengelände übertragbar, wobei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen ist, dass das Beklagtenfahrzeug im Zeitpunkt der Kollision mit einer Geschwindigkeit von etwa 7 bis 12 km/h zurückfuhr und das Klägerfahrzeug zu dieser Zeit stand.

Der Beklagte hat der Klägerin daher den vollständigen Schaden zu ersetzen, der Ihr durch den Unfall vom 22.02.2017 entstanden ist.

Unstreitig sind dies € 697,34 Sachverständigenkosten sowie € 25,– allgemeine Unkostenpauschale. Unstreitig wurde das Klägerfahrzeug repariert, so dass die Klägerin auch Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von insgesamt € 114,– für 3 Arbeitstage verlangen kann. Diese Position ist von Beklagtenseite nicht näher bestritten worden und gilt daher als zugestanden. Überdies ergibt sich aus dem Schadensgutachten vom 22.03.2017 (Bl. 8 ff. d A), dass die Instandsetzungsdauer mit drei Arbeitstagen anzusetzen ist. Gleiches ergibt sich aus der Reparaturbestätigung vom 04.07.2017 (Bl. 31 d.A.).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht das Gericht von erforderlichen Nettoreparaturkosten in Höhe von € 2.523,20 aus.

Hinsichtlich der Stundenverrechnungssätze geht das klägerseits vorgelegte Schadensgutachten vom 22.03.2017 von den ortsüblichen durchschnittlichen Stundenverrechnungssätzen aus (Blatt 7 des Gutachtens = Bl. 14 d.A.). Es kann dahinstehen, ob die im Prüfbericht der Haftpflichtversicherung des Beklagten angegebene Referenzwerkstatt für die Klägerin ohne weiteres zugänglich ist und eine Reparatur dort technisch gleichwertig wäre und zu den dort genannten – geringfügig günstigeren – Stundenverrechnungssätzen erfolgen könnte. Denn dann, wenn der Geschädigte in seiner Abrechnung der fiktiven Reparaturkosten – wie vorliegend – bereits den Mittelwert der ortsüblichen Stundenverrechnungssätze in der Region zugrunde gelegt hat, genügt er mit dieser Vorgehensweise dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und bewegt sich in den für die Schadensbehebung gemäß § 249 Abs. 2 BGB gezogenen Grenzen. Er ist – trotz entsprechenden Verweises der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers auf günstigere Stundenverrechnungssätze einer freien Referenzwerkstatt – auch unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 2 BGB – nicht gehalten, seiner fiktiven Abrechnung die Stundenverrechnungssätze dieser Referenzwerkstatt zugrunde zu legen. Der Geschädigte ist bereits nicht verpflichtet, seiner Abrechnung die durchschnittlichen Stundenverrechnungssätze der maßgeblichen (markengebundenen und freien) Fachwerkstätten in der maßgeblichen Region zugrunde zu legen, da dieser (regelmäßig geringere) Mittelwert nicht den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag darstellt. Tut er dies „überobligationsgemäß“ doch, kann dem Geschädigten nicht noch zusätzlich auferlegt werden, sich auf eine noch billigere Werkstatt verweisen zu lassen. Denn dann würden hierdurch der Grundsatz der Totalreparation und die in § 249 Abs. 2, S. 1 BGB dem Geschädigten zuerkannte Ersetzungsbefugnis unterlaufen. Im Ergebnis wäre es dann der Schädiger, der entscheiden darf, in welcher bestimmten Werkstatt der Geschädigte sein Fahrzeug zu reparieren hat (OLG München, Urt. v. 13.09.2013, 10 U 859/13; LG Düsseldorf, Urt. v. 13.01.2017, 22 S 157/16; AG Köln, Urt. v. 19.04.2016, 263 C 210/15).

Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen … ist der im klägerischen Schadensgutachten kalkulierte Ein- und Ausbau der Seitenscheibe hinten links zur technisch einwandfreien Instandsetzung des Klägerfahrzeugs erforderlich. Demgegenüber sind die Kosten für die Beilackierung der Türe hinten links nicht erforderlich, weshalb sie insoweit von der Klageforderung abzusetzen sind. Entgegen der Auffassung der Klägerseite hat der Sachverständige … nicht ausgeführt, dass aus lackiertechnischer Sicht eine Farbton- und Effektangleichung grundsätzlich nicht erforderlich sei. Vielmehr hat er überzeugend ausgeführt, dass der Schaden im Bereich der Seitenwand hinten links In einem sehr begrenzten Bereich liegt und ein Anlackieren bzw. Beilackieren der angrenzenden Türe hinten links lackiertechnisch nicht erforderlich sei, weil für eine Farbton- und Effektangleichung innerhalb des Bauteils selbst, also der Seitenwand, ausreichend Platz bestehe. Wegen der näheren Einzelheiten wird insoweit auf das Gutachten des Sachverständigen … Bezug genommen.

Der Anspruch hinsichtlich der ausgeurteilten Verzugs- und Prozesszinsen beruht auf §§ 286, 288, 291 BGB.

Aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges hat der Beklagte der Klägerin auch restliche vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 211,93 nebst den ausgeurteilten Prozesszinsen zu ersetzen. Die ordnungsgemäße Berechnung dieser Kosten gemäß § 10 RVG ergibt sich aus der Klageschrift. Da der Beklagte eine weitergehende Erstattung ernsthaft und endgültig abgelehnt hat, muss sich die Klägerin nach dem Rechtsgedanken des § 250 BGB auch nicht auf einen Freistellungsanspruch verweisen lassen, sondern kann auch Zahlung klagen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: € 2.161,04

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