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Verkehrsunfall bei Überholversuch eines links abbiegenden Pkw auf Spielstraße

In einer Spielstraße wurde ein Überholmanöver zum riskanten Spiel: Ein Auffahrunfall entfachte einen Streit um die Schuldfrage, der nun vor Gericht endete. Wer trägt die Verantwortung, wenn in der verkehrsberuhigten Zone plötzlich Blechschaden entsteht und die Nerven blank liegen? Ein Gerichtsurteil in Celle gibt Einblick in die verzwickte Welt der Haftungsabwägung zwischen Schrittgeschwindigkeit und riskanten Fahrmanövern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: AG Celle
  • Datum: 11.10.2023
  • Aktenzeichen: 110 C 510/23
  • Verfahrensart: Schadensersatzklage aus einem Verkehrsunfall (Abgetretenes Recht)
  • Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht, Versicherungsrecht
  • Beteiligte Parteien:
  • Klägerin: Ehefrau des Zeugen, die eine restliche Schadensersatzzahlung aus einem Verkehrsunfall begehren will
  • Beklagter (Fahrer): Fahrer und Halter des Pkw Kia, dessen Überholversuch zum Unfall führte
  • Beklagter (Haftpflichtversicherer): Versicherung, bei der der Pkw Kia haftpflichtversichert ist
  • Um was ging es?
  • Sachverhalt: Am 04.04.2023 kam es in Winsen/Aller in einer Spielstraße zu einem Verkehrsunfall. Der Zeuge fuhr mit seinem Multivan mit Schrittgeschwindigkeit, während ein Pkw Kia, gefahren von einem Beklagten, mit ca. 10–12 km/h hinterherfuhr. Beim Versuch, den langsamen Verkehr zu überholen, kollidierte der Pkw Kia mit dem Fahrzeug des Zeugen, der daraufhin das Fahrzeug zum Parken nach links lenkte. Die Klägerin fordert auf Grundlage eines abgetretenen Rechts die restliche Schadensersatzzahlung.
  • Kern des Rechtsstreits: Es wird streitig, ob die Klägerin Anspruch auf die geforderte Schadensersatzzahlung hat.
  • Was wurde entschieden?
  • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen.
  • Folgen: Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; zur Abwendung der Vollstreckung muss die Klägerin Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrags erbringen, während die Beklagten gegebenenfalls ebenso Sicherheit leisten müssen.

Der Fall vor Gericht


Verkehrsunfall in der Spielstraße: Gericht weist Klage nach missglücktem Überholmanöver ab

Verkehrsunfall zwischen einem Volkswagen und einem anderen Auto an einer Kreuzung in einer deutschen Spielstraße.
Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall in Spielstraße | Symbolbild: KI-generiertes Bild

In einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Celle (Az.: 110 C 510/23) vom 11. Oktober 2023 wurde die Klage einer Frau auf restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall in einer sogenannten Spielstraße abgewiesen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die besonderen Verkehrsregeln in verkehrsberuhigten Bereichen und die Frage der Haftungsverteilung bei Unfällen in solchen Zonen. Das Gericht entschied, dass die bereits erfolgte Zahlung der Versicherung des Unfallverursachers in Höhe von 50 Prozent des Schadens ausreichend war und wies die weitergehende Klage ab.

Kollision beim Überholen in verkehrsberuhigter Zone: Die Ausgangslage

Der Unfall ereignete sich am Morgen des 4. April 2023 in Winsen/Aller in der Straße „Am Wördel“, die als Spielstraße ausgewiesen ist. Ein Ehemann, der später seine Schadensersatzansprüche an seine Ehefrau abtrat (die Klägerin im vorliegenden Fall), fuhr mit seinem VW Multivan in Schrittgeschwindigkeit durch die Straße. Hinter ihm folgte der Beklagte zu 1) in einem Kia, dessen Fahrzeug bei der Beklagten zu 2), einer Versicherung, haftpflichtversichert ist. Auch der Beklagte zu 1) bewegte sein Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von etwa 10 bis 12 km/h. Als der Fahrer des Multivans sein Fahrzeug leicht nach links lenkte, um es am linken Fahrbahnrand zu parken, versuchte der Beklagte zu 1) zu überholen. Dabei kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge.

Streit um den Unfallhergang und die Schuldfrage: Wer trug die Hauptverantwortung?

Nach dem Zusammenstoß entstand am Multivan ein Schaden von mindestens 5436,79 Euro brutto. Die Versicherung des Beklagten zahlte daraufhin 2733,40 Euro, was 50 Prozent der Reparaturkosten zuzüglich einer Kostenpauschale von 30 Euro entsprach. Diese Zahlung erfolgte unter der Annahme einer hälftigen Haftung beider Unfallbeteiligten. Die Klägerin, die die restlichen Schadensersatzansprüche ihres Mannes übernommen hatte, forderte jedoch die Begleichung der verbleibenden 50 Prozent des Schadens.

Vor Gericht schilderten beide Seiten den Unfallhergang unterschiedlich. Die Klägerin argumentierte, ihr Mann habe vor dem Abbiegen nach links geblinkt, den Schulterblick durchgeführt und sein Fahrzeug dann langsam nach links gelenkt. Die Überholabsicht des Beklagten sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Die Beklagten hingegen behaupteten, der Fahrer des Multivans habe sein Fahrzeug plötzlich und ohne Vorwarnung nach links gezogen. Sie waren der Ansicht, mit der bereits geleisteten Zahlung von 50 Prozent des Schadens ihrer Haftung ausreichend nachgekommen zu sein.

Das Gerichtsurteil: Klageabweisung mangels überwiegender Schuld des Beklagten

Das Amtsgericht Celle wies die Klage der Ehefrau ab. In der Urteilsbegründung stellten die Richter fest, dass der Klägerin zwar grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht zusteht und die Beklagten als Halter und Versicherung des überholenden Fahrzeugs grundsätzlich haften. Auch sei der Unfall für keine der Parteien im Sinne des Gesetzes „unabwendbar“ gewesen, was bedeutet, dass er potenziell durch sorgfältigeres Verhalten hätte vermieden werden können.

Entscheidend für die Urteilsfindung war jedoch die sogenannte Haftungsabwägung gemäß § 17 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Dieses Gesetz schreibt vor, dass bei einem Verkehrsunfall, an dem mehrere Kraftfahrzeuge beteiligt sind, die Haftung und der Umfang des Schadensersatzes davon abhängen, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Beteiligten verursacht wurde. Dabei werden nur feststehende, also unstreitige oder bewiesene Umstände berücksichtigt, die sich nachweislich auf den Unfall ausgewirkt haben.

Im vorliegenden Fall konnte das Gericht nicht eindeutig feststellen, dass der Schaden überwiegend durch das Verhalten des Beklagten verursacht wurde. Die Beweisaufnahme, insbesondere die Vernehmung des Ehemannes der Klägerin als Zeugen, brachte keine klare Klärung des Unfallhergangs. Da die Klägerin die Beweislast für eine überwiegende Schuld des Beklagten trägt und diese nicht erbringen konnte, blieb es bei der grundsätzlichen Haftungsverteilung nach Betriebsgefahr beider Fahrzeuge. In solchen Fällen, in denen die genauen Umstände unklar bleiben und keine Partei eine überwiegende Schuld nachweisen kann, ist eine Teilung der Haftung, oft im Verhältnis 50 zu 50, üblich und rechtens. Das Gericht sah daher die Zahlung der Beklagten in Höhe von 50 Prozent des Schadens als angemessen an und wies die weitergehende Klage ab. Die Klägerin muss nun auch die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Bedeutung des Urteils für Betroffene von Unfällen in Spielstraßen

Das Urteil verdeutlicht die besondere Vorsichtspflicht in Spielstraßen. Diese verkehrsberuhigten Bereiche sind durch das Verkehrszeichen 325.1 gekennzeichnet und unterliegen speziellen Regeln. So dürfen Fahrzeuge dort nur Schrittgeschwindigkeit fahren und Fußgänger dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite nutzen. Kindern ist das Spielen auf der Straße erlaubt. Der Fahrzeugverkehr darf weder Fußgänger noch spielende Kinder gefährden oder behindern. Parken ist außerhalb der gekennzeichneten Flächen unzulässig, es sei denn, es ist durch Zusatzzeichen erlaubt.

Für Verkehrsteilnehmer bedeutet dies in Spielstraßen erhöhte Aufmerksamkeit und defensives Fahrverhalten. Überholmanöver sind in der Regel riskant und sollten vermieden werden, insbesondere wenn – wie im vorliegenden Fall – unklar ist, ob das vorausfahrende Fahrzeug möglicherweise anhalten oder abbiegen möchte. Das Urteil mahnt zur Vorsicht und betont, dass auch in Spielstraßen die grundsätzlichen Regeln der Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen gelten. Kann keine überwiegende Schuld einer Partei nachgewiesen werden, bleibt es oft bei einer Teilung der Haftung, was finanzielle Einbußen für beide Unfallbeteiligten bedeuten kann. Betroffene sollten sich daher im Falle eines Unfalls in einer Spielstraße oder ähnlichen verkehrsberuhigten Bereichen frühzeitig rechtlich beraten lassen, um ihre Ansprüche und Pflichten korrekt einschätzen zu können.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass bei Verkehrsunfällen in verkehrsberuhigten Bereichen (Spielstraßen) besondere Sorgfaltspflichten gelten und Verstöße gegen Verkehrsregeln sich direkt auf die Schadensersatzquote auswirken. Die Missachtung des Überholverbots und der Schrittgeschwindigkeit (4-7 km/h) durch den Beklagten wurde gegen das möglicherweise unzureichende Absicherungsverhalten des Klägers beim Einparken abgewogen. Bei derartigen beidseitigen Pflichtverletzungen ist eine hälftige Schadensteilung (50:50) üblicherweise angemessen, weshalb keine höhere Quote zugesprochen wurde. Das Urteil zeigt auch, dass die wirksame Abtretung von Schadensersatzansprüchen an Familienangehörige möglich ist, sofern die Eigentumsverhältnisse am Fahrzeug nicht widerlegt werden.

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Verlässliche rechtliche Beratung bei Haftungsfragen in Spielstraßen

Die komplexe Haftungssituation bei Verkehrsunfällen in verkehrsberuhigten Bereichen, wie sie im vorliegenden Fall diskutiert wurde, stellt viele Betroffene vor unerwartete Herausforderungen. Insbesondere die unklare Schuldverteilung und die Besonderheiten der verkehrsrechtlichen Vorschriften in Spielstraßen können zu Unsicherheiten hinsichtlich der Rechte und Pflichten führen.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihre individuelle Situation präzise zu analysieren und die relevanten Aspekte einer Haftungsverteilung aufzudecken. Unsere langjährige Erfahrung in der Begutachtung solcher Fälle ermöglicht es, Ihnen eine transparente und verständliche Beratung zu bieten, sodass Ihre Handlungsmöglichkeiten fundiert abwägen können.

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Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche besonderen Verkehrsregeln gelten in einer Spielstraße?

In einem verkehrsberuhigten Bereich, umgangssprachlich als Spielstraße bezeichnet, gelten besondere Verkehrsregeln, die dem Schutz aller Verkehrsteilnehmer dienen.

Geschwindigkeitsregelungen

Schrittgeschwindigkeit ist für alle Fahrzeuge vorgeschrieben. Nach aktueller Rechtsprechung bedeutet dies eine Höchstgeschwindigkeit zwischen 7 und 15 km/h. Die meisten Gerichte legen als angemessene Geschwindigkeit maximal 10 km/h fest.

Vorrang und Verhalten

Fußgänger und spielende Kinder haben absoluten Vorrang. Sie dürfen die gesamte Straßenbreite zum Gehen und Spielen nutzen. Fahrzeugführer müssen ihre Geschwindigkeit entsprechend anpassen und wenn nötig anhalten.

Parkregeln

Parken ist nur auf gekennzeichneten Flächen erlaubt. Kurzzeitiges Halten zum Be- und Entladen sowie Ein- und Aussteigen ist auch außerhalb der markierten Flächen gestattet.

Vorfahrtsregelungen

Innerhalb des verkehrsberuhigten Bereichs gilt die Rechts-vor-links-Regel, sofern keine andere Beschilderung vorhanden ist. Bei der Ausfahrt aus der Spielstraße müssen Sie allen anderen Verkehrsteilnehmern Vorfahrt gewähren.

Haftung bei Unfällen

Bei Unfällen in verkehrsberuhigten Bereichen wird die Geschwindigkeitsüberschreitung besonders streng bewertet. Wer schneller als die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit fährt, muss mit einer Mithaftung rechnen.

Bußgelder

Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen drohen Bußgelder. Diese beginnen bei 30 Euro für Überschreitungen bis 10 km/h und können bei gravierenden Verstößen bis zu 800 Euro betragen.


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Wie wird die Haftung bei einem Unfall in der Spielstraße zwischen den Beteiligten verteilt?

Die Haftungsverteilung bei Unfällen in einer Spielstraße richtet sich nach der Schwere der Verkehrsverstöße und dem Grad der Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge.

Grundsätzliche Haftungsregeln

In einer Spielstraße gilt eine besondere Rücksichtnahme- und Vorsichtspflicht für alle Verkehrsteilnehmer. Die Schrittgeschwindigkeit von maximal 7 km/h ist dabei eine zentrale Vorgabe, deren Überschreitung zu einer erhöhten Haftung führen kann.

Konkrete Haftungsverteilung anhand von Beispielen

Wenn ein Autofahrer mit überhöhter Geschwindigkeit (etwa 20 km/h statt der erlaubten 7 km/h) fährt und es zu einem Unfall kommt, wird ihm in der Regel eine Mithaftung von mindestens 25% zugerechnet – selbst wenn der Unfallgegner die Hauptschuld trägt.

Besondere Fallkonstellationen

Bei einem falsch geparkten Fahrzeug in der Spielstraße gilt: Kommt es zu einer Kollision mit dem Falschparker, haftet dieser nicht automatisch mit. Das Parkverbot in Spielstraßen dient primär dem Schutz von Fußgängern und spielenden Kindern, nicht der Gewährleistung einer ungehinderten Durchfahrt.

Einflussfaktoren auf die Haftungsverteilung

Die Gerichte berücksichtigen bei der Bemessung der Haftung:

  • Die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit im Verhältnis zur erlaubten Schrittgeschwindigkeit
  • Das Maß der Sorgfaltspflichtverletzung der Beteiligten
  • Die objektiv erhöhte Betriebsgefahr durch Geschwindigkeitsüberschreitungen
  • Die besonderen Verkehrsregeln der Spielstraße, insbesondere die gegenseitige Rücksichtnahmepflicht

Stellen Sie sich vor, Sie öffnen als Fahrgast die Autotür in einer Spielstraße: Auch wenn ein vorbeifahrendes Auto zu schnell unterwegs ist, tragen Sie als Aussteigender die überwiegende Haftung, wenn Sie den rückwärtigen Verkehr nicht beachtet haben.


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Welche Beweise sind nach einem Unfall in der Spielstraße besonders wichtig?

Unmittelbare Dokumentation am Unfallort

Eine lückenlose Beweissicherung direkt nach dem Vorfall ist für die erfolgreiche Durchsetzung von Ansprüchen entscheidend. Wenn Sie in einen Unfall in einer Spielstraße verwickelt werden, sollten Sie eine detaillierte Fotodokumentation der Unfallstelle anfertigen.

Zeugen und Kontaktinformationen

Sprechen Sie unmittelbar nach dem Unfall Passanten an, die den Vorfall beobachtet haben. Notieren Sie sich Namen, Adressen und Telefonnummern der Zeugen, da die Aussagen unbeteiligter Dritter vor Gericht besonders wertvoll sind.

Medizinische Dokumentation

Bei Verletzungen ist eine zeitnahe ärztliche Untersuchung wichtig. Lassen Sie sich alle Verletzungen detailliert attestieren und bewahren Sie sämtliche medizinischen Unterlagen auf, einschließlich ärztlicher Atteste, Behandlungsunterlagen und Dokumentation des Heilungsverlaufs.

Schriftliches Unfallprotokoll

Erstellen Sie ein ausführliches Gedächtnisprotokoll mit allen relevanten Informationen zum Unfallhergang. Dokumentieren Sie besonders die genaue Uhrzeit, Wetter- und Lichtverhältnisse. Eine Skizze des Unfallortes mit der Position der Unfallbeteiligten und der Fahrtrichtung ist ebenfalls hilfreich.

Achten Sie besonders auf die Dokumentation der Geschwindigkeit, da in Spielstraßen Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben ist und Geschwindigkeitsüberschreitungen zu einer Mithaftung führen können. Die Gerichte legen dabei unterschiedliche Maßstäbe an, wobei meist eine Geschwindigkeit zwischen 4 und 10 km/h als zulässig erachtet wird.


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Was bedeutet die 50/50-Haftungsverteilung bei unklarem Unfallhergang?

Eine 50/50-Haftungsverteilung kommt zur Anwendung, wenn der genaue Unfallhergang nicht aufgeklärt werden kann und keinem der Beteiligten ein überwiegendes Verschulden nachgewiesen werden kann.

Rechtliche Grundlage

Nach § 17 StVG hängt die Schadensersatzpflicht davon ab, inwieweit der Schaden überwiegend von einem der Beteiligten verursacht wurde. Können keine Umstände bewiesen werden, die für das Verschulden einer Partei sprechen, wird jedem Unfallbeteiligten nur seine Betriebsgefahr zugerechnet.

Praktische Auswirkungen

Wenn Sie in einen Unfall verwickelt werden, bei dem der Hergang unklar bleibt, bedeutet die 50/50-Regelung:

  • Jeder Beteiligte muss 50 Prozent des Schadens am gegnerischen Fahrzeug übernehmen.
  • Die Schadenshöhe spielt dabei keine Rolle für die prozentuale Verteilung.

Beispiel zur Schadensberechnung

Stellen Sie sich vor, Ihr Fahrzeug erleidet einen Schaden von 900 Euro und das gegnerische Fahrzeug einen Schaden von 9.000 Euro. Bei einer 50/50-Haftung:

  • Sie erhalten 450 Euro für Ihren Schaden
  • Sie müssen 4.500 Euro für den gegnerischen Schaden zahlen

Die 50/50-Regelung bedeutet also nicht, dass beide Parteien gleich hohe Beträge zahlen, sondern dass jeder die Hälfte des beim anderen entstandenen Schadens übernimmt.


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Wann ist ein Überholmanöver in der Spielstraße rechtlich zulässig?

In verkehrsberuhigten Bereichen (Spielstraßen) ist das Überholen von fahrenden Fahrzeugen grundsätzlich verboten. Dies wurde durch mehrere Gerichtsentscheidungen bestätigt, unter anderem durch die Landgerichte Dortmund und Saarbrücken.

Begründung des Überholverbots

Die rechtliche Begründung für das Überholverbot basiert auf zwei wesentlichen Faktoren:

Die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit von maximal 7-10 km/h macht ein Überholen in der Praxis faktisch unmöglich.

Der Schutzzweck des verkehrsberuhigten Bereichs verlangt, dass Kinder überall ungefährdet spielen können. Ein Überholmanöver würde die erforderliche Übersicht über mögliche Gefahrensituationen erheblich einschränken.

Ausnahme beim Vorbeifahren

Eine wichtige Ausnahme besteht beim Vorbeifahren an haltenden Fahrzeugen. Sie dürfen in folgenden Situationen passiert werden:

  • An Fahrzeugen, die zum Ein- und Aussteigen halten
  • An Fahrzeugen während des Be- und Entladens
  • An dauerhaft geparkten Fahrzeugen auf gekennzeichneten Flächen

Rechtliche Konsequenzen bei Verstößen

Wenn Sie trotz des Verbots überholen, riskieren Sie nicht nur ein Bußgeld, sondern auch eine erhöhte Haftung bei Unfällen. Bei Kollisionen in verkehrsberuhigten Bereichen wird Ihr Verhalten besonders streng bewertet. Die Rechtsprechung berücksichtigt dabei die besondere Schutzfunktion der Spielstraße für Fußgänger und spielende Kinder.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Schadensersatzquote

Eine prozentuale Aufteilung der Haftung zwischen den Unfallbeteiligten, die das Maß der jeweiligen Mitverantwortung am Unfall widerspiegelt. Die Quote bestimmt, welchen Anteil des Gesamtschadens jede Partei tragen muss. Sie wird nach den konkreten Umständen des Unfalls, der Schwere der Verkehrsverstöße und dem Grad des Verschuldens festgelegt.

Beispiel: Bei einer 70/30-Quote muss der Hauptverursacher 70% des Gesamtschadens tragen, während der andere Unfallbeteiligte die restlichen 30% übernehmen muss.


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Verkehrsberuhigter Bereich

Ein speziell gekennzeichneter Straßenabschnitt (umgangssprachlich „Spielstraße“), in dem nach § 42 Abs. 4 StVO besondere Verkehrsregeln gelten. Fahrzeuge dürfen nur Schrittgeschwindigkeit (4-7 km/h) fahren, Fußgänger dürfen die gesamte Straße nutzen und Kinderspiel ist überall erlaubt. Parken ist nur in gekennzeichneten Flächen zulässig.

Beispiel: Eine Wohnstraße wird durch das Verkehrszeichen 325.1 StVO als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen.


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Abgetretenes Recht

Die rechtlich wirksame Übertragung eines Anspruchs von einer Person (Zedent) auf eine andere Person (Zessionar) nach §§ 398 ff. BGB. Der neue Gläubiger kann den Anspruch dann im eigenen Namen geltend machen. Die Abtretung muss durch Vereinbarung erfolgen und darf nicht durch Gesetz oder Vereinbarung ausgeschlossen sein.

Beispiel: Die Ehefrau macht nach Abtretung durch ihren Mann dessen Schadensersatzansprüche aus dem Unfall geltend.


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Sicherheitsleistung

Ein Geldbetrag oder eine andere Sicherheit, die nach § 709 ZPO hinterlegt werden muss, um die vorläufige Vollstreckung eines Urteils abzuwenden. Sie dient dem Schutz der Gegenpartei vor möglichen Vermögensverlusten, falls das Urteil später aufgehoben wird.

Beispiel: Die Klägerin muss 110% des Streitwerts als Sicherheit hinterlegen, um die Zwangsvollstreckung zu verhindern.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 7 Abs. 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Regelt die Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters für Schäden, die beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstehen, unabhängig vom Verschulden. Der Halter haftet dabei für alle Schäden, die durch den Betrieb seines Fahrzeugs verursacht werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Beide Fahrzeughalter haften zunächst grundsätzlich für die entstandenen Schäden aufgrund der Betriebsgefahr ihrer Fahrzeuge.
  • § 115 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Gewährt dem Geschädigten einen direkten Anspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers im Rahmen der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Dies ermöglicht die unmittelbare Inanspruchnahme der Versicherung ohne Umweg über den Schädiger. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin kann ihre Ansprüche direkt gegen die Versicherung des Unfallgegners (Beklagte zu 2) geltend machen.
  • § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB: Begründet die gesetzliche Vermutung, dass der Besitzer einer Sache auch deren Eigentümer ist. Diese Vermutung kann durch Gegenbeweis widerlegt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Eigentümerstellung des Zeugen am beschädigten Fahrzeug wird vermutet und wurde von den Beklagten nicht wirksam widerlegt.
  • § 398 BGB: Regelt die Abtretung einer Forderung von einem Gläubiger an einen neuen Gläubiger durch Vertrag. Der neue Gläubiger tritt dabei in die Rechtsposition des bisherigen Gläubigers ein. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Abtretung der Schadensersatzansprüche von dem Zeugen an die Klägerin wurde wirksam vereinbart.

Das vorliegende Urteil


AG Celle – Az.: 110 C 510/23 – Urteil vom 11.10.2023


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