Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Verkehrsunfall beim Linksabbiegen: Gericht weist Klage ab und verurteilt Klägerin zur Zahlung an das beklagte Land
- Der Unfallhergang: Linksabbiegen kollidiert mit Einsatzfahrzeug
- Einsatzfahrt der Polizei: Sonder- und Wegerechte im Fokus
- Die Klage der Leasingnehmerin: Schadensersatz für Transporter gefordert
- Die Widerklage des beklagten Landes: Polizei fordert Ersatz für Schäden am Einsatzfahrzeug
- Das Urteil des Landgerichts Krefeld: Klageabweisung und Verurteilung zur Zahlung
- Kostenverteilung im Rechtsstreit: Teils, teils für die Parteien
- Vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils: Sicherheiten können Zwangsvollstreckung abwenden
- Bedeutung des Urteils für Betroffene von Verkehrsunfällen mit Einsatzfahrzeugen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Sorgfaltspflichten habe ich als Linksabbieger gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere Einsatzfahrzeugen?
- Was bedeuten „Sonder- und Wegerechte“ für Einsatzfahrzeuge und welche Auswirkungen haben diese Rechte auf meine Haftung bei einem Unfall?
- Wie wirkt sich die Inanspruchnahme meiner Kaskoversicherung auf meine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Unfallgegner aus?
- Was ist eine „Gesamtschuldnerische Haftung“ und was bedeutet das konkret für mich, wenn mehrere Personen an einem Unfall beteiligt sind?
- Welche Beweismittel sind wichtig, um meine Position bei einem Verkehrsunfall mit einem Einsatzfahrzeug zu untermauern?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Krefeld
- Datum: 02.03.2023
- Aktenzeichen: 3 O 424/19
- Verfahrensart: Nicht angegeben
- Rechtsbereiche: Nicht angegeben
- Beteiligte Parteien:
- Die Klägerin, deren Rolle und Argumente nicht näher spezifiziert sind.
- Die Widerbeklagten zu 2) und 3), deren Rolle und Argumente nicht näher spezifiziert sind.
- Das beklagte Land, das widerklagend eine Zahlung geltend macht.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3) wurden zur Zahlung an das beklagte Land verurteilt. Das beklagte Land erhob Widerklage.
- Kern des Rechtsstreits: Es geht um die Frage, inwieweit die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3) zur Zahlung an das beklagte Land verpflichtet sind.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Auf die Widerklage hin wurden die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner zur Zahlung von 5.910,95 EUR nebst Zinsen im Wege des Anerkenntnisurteils und weiterer 17.732,86 EUR nebst Zinsen verurteilt.
- Folgen: Die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3) tragen einen Großteil der Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei für das beklagte Land hinsichtlich des anerkannten Teils keine Sicherheitsleistung erforderlich ist, im Übrigen aber schon.
Der Fall vor Gericht
Verkehrsunfall beim Linksabbiegen: Gericht weist Klage ab und verurteilt Klägerin zur Zahlung an das beklagte Land

Das Landgericht Krefeld hat mit Urteil vom 02. März 2023 (Az.: 3 O 424/19) eine Klage auf Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall abgewiesen und die Klägerin sowie weitere Widerbeklagte zur Zahlung von Schadensersatz an das beklagte Land verurteilt. Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein Zusammenstoß zwischen einem zivilen Transporter und einem Einsatzfahrzeug der Polizei.
Der Unfallhergang: Linksabbiegen kollidiert mit Einsatzfahrzeug
Der Unfall ereignete sich am 08. Mai 2019 in Krefeld. Eine Frau, die Widerbeklagte zu 2) im Verfahren, befuhr mit einem Transporter der Marke X die D-Straße und beabsichtigte, in die W-Straße abzubiegen. Die D-Straße ist an dieser Stelle zweispurig und verfügt auf beiden Seiten über Radwege. Während des Abbiegevorgangs kam es zur Kollision mit einem sich von hinten nähernden Einsatzfahrzeug der Polizei.
Einsatzfahrt der Polizei: Sonder- und Wegerechte im Fokus
Das Polizeifahrzeug war mit zwei Beamten besetzt und befand sich auf Einsatzfahrt. Die genauen Umstände der Einsatzfahrt, insbesondere ob Sonder- und Wegerechte gemäß § 38 StVO in Anspruch genommen wurden, dürften im Prozess eine entscheidende Rolle gespielt haben. Sonder- und Wegerechte erlauben es Einsatzfahrzeugen, von den Regeln der Straßenverkehrsordnung abzuweichen, um ihre Aufgaben zu erfüllen, bedingen aber auch besondere Sorgfaltspflichten.
Die Klage der Leasingnehmerin: Schadensersatz für Transporter gefordert
Die Klägerin des Verfahrens, eine Leasingnehmerin des Transporters, machte Schadensersatzansprüche für die Schäden an ihrem Fahrzeug geltend. Als Leasingnehmerin war sie berechtigt, die Ansprüche aus dem Unfall in eigenem Namen zu verfolgen. Sie forderte unter anderem die Kosten für ein Sachverständigengutachten, die Wertminderung des Fahrzeugs, die Selbstbeteiligung ihrer Vollkaskoversicherung sowie zusätzliche Kosten aufgrund einer Höherstufung ihrer Versicherungsprämie.
Die Widerklage des beklagten Landes: Polizei fordert Ersatz für Schäden am Einsatzfahrzeug
Das beklagte Land, vertreten durch die Polizei L, erhob Widerklage und forderte Schadensersatz für die Schäden am Einsatzfahrzeug. Diese umfassten Reparaturkosten, Kosten für die Wiederherstellung der Fahrzeugfolierung, Sachverständigenkosten, eine Wertminderung des Polizeifahrzeugs sowie Nutzungsausfall, da kein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stand und Einsätze umorganisiert werden mussten. Zusätzlich wurden Abschleppkosten und eine Auslagenpauschale geltend gemacht.
Das Urteil des Landgerichts Krefeld: Klageabweisung und Verurteilung zur Zahlung
Das Landgericht Krefeld wies die Klage der Leasingnehmerin vollständig ab. Gleichzeitig gab das Gericht der Widerklage des beklagten Landes teilweise statt. Die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3) wurden als Gesamtschuldner verurteilt, an das beklagte Land einen Betrag von 5.910,95 EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen. Dieser Teil der Widerklage erfolgte im Wege eines Anerkenntnisurteils, was bedeutet, dass die Beklagten diesen Teil der Forderung anerkannt haben.
Weitergehende Verurteilung im Hauptsacheverfahren
Darüber hinaus wurden die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3) im Hauptsacheverfahren der Widerklage verurteilt, weitere 17.732,86 EUR zuzüglich Zinsen an das beklagte Land zu zahlen. Insgesamt muss die Klägerin also einen erheblichen Teil der durch den Unfall entstandenen Schäden des beklagten Landes tragen, während sie selbst keinerlei Schadensersatz erhält.
Kostenverteilung im Rechtsstreit: Teils, teils für die Parteien
Auch die Kosten des Rechtsstreits wurden zwischen den Parteien aufgeteilt. Die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3) tragen den Großteil der Kosten (69%), während das beklagte Land einen geringeren Anteil (26%) übernimmt. Die Klägerin muss zudem einen Teil ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Diese Kostenverteilung spiegelt das teilweise Obsiegen und Unterliegen der Parteien im Rechtsstreit wider und verdeutlicht, dass das Gericht die Hauptschuld am Unfallgeschehen bei der Klägerin bzw. der Fahrerin des Transporters sah.
Vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils: Sicherheiten können Zwangsvollstreckung abwenden
Das Urteil ist für das beklagte Land hinsichtlich des anerkannten Teils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen, also für den größeren Teil der zugesprochenen Summe, ist das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar. Die Klägerin und die Widerbeklagten können die Zwangsvollstreckung durch das beklagte Land abwenden, indem sie ihrerseits eine Sicherheitsleistung erbringen. Dies dient dazu, die Interessen beider Seiten während eines möglichen Rechtsmittelverfahrens zu wahren.
Bedeutung des Urteils für Betroffene von Verkehrsunfällen mit Einsatzfahrzeugen
Dieses Urteil unterstreicht die besondere Bedeutung von Sonder- und Wegerechten für Einsatzfahrzeuge im Straßenverkehr. Autofahrer sind grundsätzlich verpflichtet, Einsatzfahrzeugen mit Blaulicht und Martinhorn freie Bahn zu schaffen und besondere Vorsicht walten zu lassen. Werden diese Pflichten verletzt und es kommt zu einem Unfall, kann dies erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben, wie das vorliegende Urteil zeigt. Auch wenn ein Einsatzfahrzeug in einen Unfall verwickelt ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass die Polizei die Schuld trägt. Die Gerichte prüfen im Einzelfall genau, ob die Sonder- und Wegerechte rechtmäßig in Anspruch genommen wurden und ob die übrigen Verkehrsteilnehmer ihren Sorgfaltspflichten nachgekommen sind. Für Betroffene von Verkehrsunfällen mit Einsatzfahrzeugen ist es daher ratsam, sich frühzeitig rechtlich beraten zu lassen, um die eigene Position und die Erfolgsaussichten eines möglichen Rechtsstreits realistisch einschätzen zu können. Das Urteil des LG Krefeld macht deutlich, dass die Beweislast und die rechtliche Verantwortung in solchen Fällen komplex sein können und nicht immer eindeutig auf den ersten Blick erkennbar sind.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht die besondere Sorgfaltspflicht beim Abbiegen gegenüber Einsatzfahrzeugen mit Sondersignalen und betont die Bedeutung der doppelten Rückschaupflicht. Verkehrsteilnehmer müssen auch bei eingeschaltetem Blinker vor dem Abbiegen sicherstellen, dass sie kein herannahendes Einsatzfahrzeug übersehen haben, selbst wenn dieses die Gegenfahrbahn nutzt. Die wesentliche Quintessenz liegt in der hohen Haftungsquote zu Lasten des abbiegenden Fahrzeugs, was die rechtliche Privilegierung von Einsatzfahrzeugen im Straßenverkehr unterstreicht und für Autofahrer bedeutet, dass sie bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen mit erheblichen finanziellen Konsequenzen rechnen müssen.
Benötigen Sie Hilfe?
Rechtliche Unterstützung bei komplexen Verkehrsunfällen
Wenn Sie in einen Unfall verwickelt waren, bei dem Einsatzfahrzeuge im Spiel waren, zeigt sich, dass die juristischen Fragestellungen häufig vielschichtig und von besonderer Bedeutung sind. Faktoren wie Sonder- und Wegerechte sowie Beweislastfragen können den Verlauf und die Bewertung eines Verfahrens nachhaltig beeinflussen.
Unsere Kanzlei hilft Ihnen dabei, Ihre Situation präzise zu analysieren und verlässlich zu beurteilen. Wir stehen Ihnen zur Seite, um die relevanten Aspekte Ihres Falles verständlich darzustellen und die möglichen rechtlichen Optionen abzuwägen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Sorgfaltspflichten habe ich als Linksabbieger gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere Einsatzfahrzeugen?
Als Linksabbieger haben Sie eine besondere Sorgfaltspflicht gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere gegenüber entgegenkommenden Fahrzeugen. Diese Pflicht ist in der Straßenverkehrsordnung (StVO) festgelegt und umfasst:
- Vorfahrt gewähren: Sie müssen entgegenkommenden Fahrzeugen, die geradeaus fahren oder nach rechts abbiegen wollen, Vorfahrt gewähren. Dies gilt auch bei Grünlicht, es sei denn, es gibt einen grünen Abbiegepfeil, der anzeigt, dass der Gegenverkehr durch Rotlicht angehalten ist.
- Erhöhte Aufmerksamkeit: Sie müssen frühzeitig die Verkehrssituation einschätzen und sicherstellen, dass Ihr Abbiegemanöver gefahrlos durchgeführt werden kann. Dazu gehört auch, auf Einsatzfahrzeuge zu achten, die mit Sondersignalen unterwegs sind und Vorrang haben.
- Blinker setzen: Nutzen Sie Ihren Blinker rechtzeitig, um andere Verkehrsteilnehmer über Ihr Abbiegevorhaben zu informieren.
- Nachzügler beachten: Achten Sie auch auf Nachzügler, die sich hinter entgegenkommenden Fahrzeugen befinden könnten.
Einsatzfahrzeuge mit Sondersignalen (z.B. Blaulicht und Martinshorn) haben immer Vorrang. Wenn Sie ein solches Fahrzeug erkennen, sollten Sie sofort anhalten und den Weg freimachen. Die Erkennbarkeit von Einsatzfahrzeugen ist oft durch ihre Sirenen und Lichtsignale gegeben. Sobald Sie diese Signale wahrnehmen, sollten Sie vorsichtig handeln und den Vorrang des Einsatzfahrzeugs beachten.
Haftungsrisiken bestehen, wenn Sie Ihre Sorgfaltspflichten verletzen. In der Regel haftet der Linksabbieger bei Unfällen voll oder überwiegend, da er die Vorfahrt des Gegenverkehrs missachtet hat.
Für Sie bedeutet das, stets besonders aufmerksam zu sein und im Zweifel lieber zu warten, um sicherzustellen, dass Ihr Abbiegemanöver sicher durchgeführt wird.
Was bedeuten „Sonder- und Wegerechte“ für Einsatzfahrzeuge und welche Auswirkungen haben diese Rechte auf meine Haftung bei einem Unfall?
Sonderrechte und Wegerechte sind besondere Privilegien, die Einsatzfahrzeugen wie Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten im Straßenverkehr eingeräumt werden. Diese Rechte ermöglichen es ihnen, in bestimmten Situationen von den allgemeinen Verkehrsregeln abzuweichen.
Sonderrechte
Sonderrechte sind in § 35 der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt. Sie erlauben es bestimmten Gruppen, wie der Polizei oder Feuerwehr, bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben von den Verkehrsregeln abzuweichen. Dazu gehören das Überschreiten von Tempolimits, das Fahren gegen die Fahrtrichtung oder das Missachten von Rotlichtern. Diese Rechte sind nicht an bestimmte Fahrzeuge gebunden, sondern an die Personen, die sie nutzen. Allerdings müssen die Sonderrechte dringend erforderlich sein, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten oder Menschenleben zu retten.
Wegerechte
Das Wegerecht ist in § 38 StVO festgelegt und ermöglicht es Einsatzfahrzeugen, mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgestattet, von anderen Verkehrsteilnehmern freie Bahn zu verlangen. Dies geschieht, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Das Wegerecht erfordert die Nutzung von Sondersignalanlagen und ist nicht nur auf bestimmte Fahrzeuge beschränkt, sondern kann von allen Fahrzeugen in Anspruch genommen werden, die über diese Anlagen verfügen.
Haftung bei Unfällen
Die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten befreit nicht automatisch von der Haftung bei Unfällen. Fahrer von Einsatzfahrzeugen müssen immer sicher und verantwortungsvoll fahren. Bei Unfällen wird die Haftung individuell geprüft, und die Fahrer können persönlich haftbar gemacht werden, wenn sie fahrlässig gehandelt haben. Es ist wichtig, dass die Inanspruchnahme dieser Rechte stets verhältnismäßig und im Einklang mit den gesetzlichen Voraussetzungen erfolgt.
Wenn Sie in einer Situation sind, in der Sie sich über die rechtlichen Aspekte eines Unfalls informieren möchten, ist es ratsam, sich an verlässliche Informationsquellen zu wenden, um die spezifischen Umstände besser zu verstehen.
Wie wirkt sich die Inanspruchnahme meiner Kaskoversicherung auf meine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Unfallgegner aus?
Wenn Sie Ihre Kaskoversicherung in Anspruch nehmen, um Schäden an Ihrem Fahrzeug zu regulieren, hat dies keine direkten Auswirkungen auf Ihre Schadensersatzansprüche gegenüber dem Unfallgegner. Die Kaskoversicherung dient dazu, Ihre eigenen Fahrzeugschäden abzudecken, unabhängig davon, wer für den Unfall verantwortlich ist. Sie sind nicht verpflichtet, Ihre Kaskoversicherung zu nutzen, um den Unfallgegner zu entlasten.
Schadensersatzansprüche gegenüber dem Unfallgegner oder dessen Versicherung bleiben bestehen. Diese Ansprüche basieren auf den gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), und sind unabhängig von der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung.
Selbstbeteiligung: Wenn Sie Ihre Kaskoversicherung nutzen, müssen Sie in der Regel eine Selbstbeteiligung zahlen. Diese kann sich auf Ihre zukünftigen Versicherungsbeiträge auswirken, da der Schadenfreiheitsrabatt beeinträchtigt werden kann.
Regressforderungen: In einigen Fällen kann die Kaskoversicherung Regressforderungen gegen Sie stellen, wenn der Unfall durch Ihr eigenes Fehlverhalten verursacht wurde.
Insgesamt bleibt die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung eine Entscheidung, die Sie treffen können, ohne dass dies Ihre Ansprüche gegenüber dem Unfallgegner beeinflusst.
Was ist eine „Gesamtschuldnerische Haftung“ und was bedeutet das konkret für mich, wenn mehrere Personen an einem Unfall beteiligt sind?
Gesamtschuldnerische Haftung bedeutet, dass mehrere Personen gemeinsam für denselben Schaden verantwortlich sind. Jede dieser Personen muss die volle Leistung erbringen, und der Gläubiger kann die Leistung nur einmal fordern, aber von jedem Schuldner auswählen, von wem er sie fordert.
Ein Beispiel: Bei einem Verkehrsunfall, an dem mehrere Fahrzeuge beteiligt sind und die Schuld auf mehrere Personen verteilt wird, können alle Beteiligten gesamtschuldnerisch für den Schaden haften. Der Geschädigte kann dann die vollständige Entschädigung von jedem der Beteiligten verlangen, unabhängig davon, wie hoch der individuelle Verantwortungsanteil ist.
Praktische Auswirkungen:
- Finanzielle Risiken: Jeder Gesamtschuldner trägt das Risiko, die volle Summe zahlen zu müssen, auch wenn er nur teilweise verantwortlich ist.
- Rechtliche Konsequenzen: Der Gläubiger hat die Wahlfreiheit, von welchem Schuldner er die Leistung fordert. Dies kann zu einer ungleichen Verteilung der finanziellen Lasten führen, da der Gläubiger sich oft für den finanziell stärksten Schuldner entscheidet.
In der Praxis bedeutet dies, dass es wichtig ist, die individuellen Verantwortlichkeiten klar zu definieren und gegebenenfalls rechtliche Schritte zu prüfen, um eine faire Verteilung der Kosten sicherzustellen.
Welche Beweismittel sind wichtig, um meine Position bei einem Verkehrsunfall mit einem Einsatzfahrzeug zu untermauern?
Wenn Sie in einen Verkehrsunfall mit einem Einsatzfahrzeug verwickelt werden, sind Beweismittel entscheidend, um Ihre Position zu stärken und die Schuldfrage zu klären. Hier sind einige der wichtigsten Beweismittel, die Sie sammeln sollten:
- Fotos von der Unfallstelle: Dokumentieren Sie die Schäden an den Fahrzeugen und die Umgebung der Unfallstelle. Dies hilft, den Unfallhergang zu rekonstruieren und kann zeigen, ob das Einsatzfahrzeug die Sondersignale ordnungsgemäß eingeschaltet hatte.
- Zeugenaussagen: Versuchen Sie, Zeugen zu finden, die den Unfall beobachtet haben. Ihre Aussagen können wertvolle Informationen über den Unfallhergang liefern und helfen, die Schuldfrage zu klären.
- Polizeiliche Unfallberichte: Die Polizei erstellt in der Regel einen Bericht über den Unfall. Dieser enthält oft wichtige Details wie die Geschwindigkeit der Fahrzeuge, die Sichtverhältnisse und ob die Sondersignale des Einsatzfahrzeugs eingeschaltet waren.
- Sachverständigengutachten: In komplexen Fällen kann ein Sachverständiger den Unfallhergang analysieren und feststellen, ob das Einsatzfahrzeug die Verkehrssicherheitspflichten verletzt hat.
Diese Beweismittel sind entscheidend, um den Unfallhergang zu rekonstruieren und Ihre Position im Hinblick auf die Schuldfrage zu stärken. Sie helfen auch, die Haftungsfrage zu klären und die Schadensregulierung zu erleichtern.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Einsatzfahrzeug
Ein Einsatzfahrzeug ist ein speziell gekennzeichnetes Fahrzeug, das von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst oder anderen Behörden bei dringenden Einsätzen verwendet wird. Diese Fahrzeuge genießen besondere Privilegien im Straßenverkehr nach § 35 und § 38 StVO, wenn sie mit Blaulicht und Martinshorn (Sondersignal) unterwegs sind. Sie dürfen von Verkehrsregeln abweichen, etwa Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Vorfahrtsregeln, wenn der Einsatz dies erfordert.
Beispiel: Ein Polizeiwagen darf bei einem Notfall mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn über eine rote Ampel fahren oder entgegen der Fahrtrichtung in eine Einbahnstraße einbiegen.
Sondersignal
Sondersignale sind die akustischen (Martinshorn) und optischen (Blaulicht) Warnsignale, mit denen Einsatzfahrzeuge auf sich aufmerksam machen. Gemäß § 38 StVO erhalten Fahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn Sonderrechte im Straßenverkehr. Andere Verkehrsteilnehmer sind verpflichtet, diesen Fahrzeugen unverzüglich freie Bahn zu schaffen, indem sie ausweichen oder anhalten.
Beispiel: Wenn ein Rettungswagen mit Blaulicht und Martinshorn von hinten angefahren kommt, müssen Sie als Autofahrer nach rechts ausweichen und bei Bedarf anhalten, um eine Rettungsgasse zu bilden.
Widerklage
Eine Widerklage ist eine Klage, die der Beklagte im selben Verfahren gegen den ursprünglichen Kläger erhebt. Sie ist in § 33 ZPO geregelt und ermöglicht es dem Beklagten, eigene Ansprüche geltend zu machen, statt nur die ursprüngliche Klage abzuwehren. Die Widerklage wird im selben Verfahren verhandelt und entschieden, wodurch zwei Prozesse in einem zusammengefasst werden.
Beispiel: Die Klägerin fordert Schadensersatz für ihr beschädigtes Fahrzeug, während das beklagte Land durch eine Widerklage Ersatz für den Schaden am Polizeifahrzeug verlangt.
Anerkenntnisurteil
Ein Anerkenntnisurteil ist eine besondere Form gerichtlicher Entscheidung nach § 307 ZPO, bei der der Beklagte den Klageanspruch vollständig oder teilweise anerkennt. Das Gericht entscheidet dann ohne weitere Prüfung entsprechend diesem Anerkenntnis. Es handelt sich um eine prozessökonomische Maßnahme, die das Verfahren verkürzt und Kosten spart.
Beispiel: Die Widerbeklagten haben im vorliegenden Fall einen Teil der Forderung (5.910,95 EUR) anerkannt, woraufhin das Gericht insoweit ein Anerkenntnisurteil erlassen hat, ohne die Begründetheit dieses Anspruchs zu prüfen.
Gesamtschuldner
Gesamtschuldner sind mehrere Personen, die gemäß §§ 421 ff. BGB gemeinsam für eine Schuld haften. Der Gläubiger kann von jedem Gesamtschuldner die gesamte Leistung verlangen, muss die Forderung aber nur einmal erhalten. Die Gesamtschuldner haften nach außen solidarisch, können jedoch im Innenverhältnis untereinander Ausgleichsansprüche haben.
Beispiel: Bei dem Verkehrsunfall werden die Klägerin und die Widerbeklagten als Gesamtschuldner verurteilt, sodass das beklagte Land den vollen Schadensersatzbetrag von jedem von ihnen einzeln fordern könnte.
Doppelte Rückschaupflicht
Die doppelte Rückschaupflicht beschreibt die besondere Sorgfaltspflicht beim Abbiegen nach § 9 StVO. Sie verlangt, dass ein Fahrzeugführer nicht nur vor dem Abbiegen in den Rückspiegel schaut, sondern unmittelbar vor dem Abbiegevorgang nochmals den rückwärtigen Verkehr kontrolliert. Dies gilt besonders beim Linksabbiegen, um überholen wollende Fahrzeuge nicht zu übersehen.
Beispiel: Eine Autofahrerin will links abbiegen, hat bereits geblinkt und sich eingeordnet. Bevor sie tatsächlich abbiegt, muss sie nochmals prüfen, ob sich von hinten ein Fahrzeug nähert – auch auf der Gegenfahrbahn, wie im Fall das Einsatzfahrzeug.
Haftungsquote
Die Haftungsquote bezeichnet die prozentuale Aufteilung der Schadensersatzpflicht zwischen den Unfallbeteiligten. Sie wird anhand der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensanteile am Unfall festgelegt und regelt, zu welchem Teil der entstandene Schaden von den Parteien zu tragen ist. Die Festlegung erfolgt unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr der Fahrzeuge und des Verschuldens der Fahrer.
Beispiel: Bei einem Unfall zwischen Abbieger und Einsatzfahrzeug könnte eine Haftungsquote von 90:10 zulasten des Abbiegers festgelegt werden, wenn dieser seine Sorgfaltspflicht erheblich verletzt hat, während das Einsatzfahrzeug mit Sondersignalen unterwegs war.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 35 StVG Sonderrechte: Sonderrechte erlauben es bestimmten Fahrzeugen, wie Polizei und Feuerwehr, unter bestimmten Voraussetzungen von den Regeln der StVO abzuweichen, um dringende Aufgaben zu erfüllen. Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Polizeifahrzeug nutzte Sonderrechte, was die Bewertung des Fahrverhaltens der Beteiligten und die Haftungsfrage beeinflusst, da die Regeln der StVO für das Einsatzfahrzeug modifiziert gelten.
- § 38 StVO Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht: Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn signalisiert höchste Eile und fordert von anderen Verkehrsteilnehmern sofortiges Freimachen der Bahn. Gelbes Blinklicht warnt vor Gefahren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Einsatzfahrzeug nutzte Blaulicht und vermutlich Martinshorn, wodurch für die Widerbeklagte zu 2) eine erhöhte Sorgfaltspflicht entstand, um das Einsatzfahrzeug passieren zu lassen.
- § 1 StVO Grundregeln: Jeder Verkehrsteilnehmer muss sich so verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Sowohl die Widerbeklagte zu 2) beim Abbiegen als auch der Fahrer des Einsatzfahrzeugs mussten die allgemeinen Grundregeln der Rücksichtnahme und Vorsicht beachten, auch im Kontext von Sonderrechten.
- § 9 StVO Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren: Wer abbiegen will, muss dies rechtzeitig und deutlich ankündigen und sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren ist besondere Vorsicht geboten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Widerbeklagte zu 2) war beim Abbiegen in die W-Straße verpflichtet, besondere Vorsicht walten zu lassen und den herannahenden Verkehr, einschließlich des Einsatzfahrzeugs, zu beachten.
- § 17 StVG Haftungsverteilung: Bei einem Unfall mit mehreren Beteiligten hängt die Schadenersatzpflicht und deren Umfang davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Sind die Verursachungsanteile nicht eindeutig bestimmbar, kann eine Haftungsteilung in Betracht kommen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste prüfen, inwieweit das Abbiegen der Widerbeklagten zu 2) und das Verhalten des Fahrers des Einsatzfahrzeugs zum Unfall beigetragen haben, um die Haftung und die Verteilung der Kosten zu bestimmen.
- § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatzpflicht: Wer vorsätzlich oder fah
Das vorliegende Urteil
LG Krefeld – Az.: 3 O 424/19 – Urteil vom 02.03.2023
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