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Verkehrsunfall – erstattungsfähige Sachverständigenkosten

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 128/20 – Urteil vom 23.09.2021

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.03.2020 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Potsdam im Tenor zu Ziffer 3 teilweise abgeändert:

3. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 25.000 € nebst Zinsen Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2018 zu zahlen. Wegen des weitergehenden Schmerzensgeldantrages wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen bleibt es beim Ausspruch des Landgerichts; die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 16 % und die Beklagten zu 84 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 18 % und die Beklagten zu 82 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Verkehrsunfall - erstattungsfähige Sachverständigenkosten
(Symbolfoto: AK-GK Studio/Shutterstock.com)

Der Kläger macht als Eigentümer und Fahrer des Fahrzeugs VW T5 Multivan mit dem amtlichen Kennzeichen TF… Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall am …2017 gegen 19:15 Uhr auf der L… von N… nach L… geltend. Vor dem ersten Fahrzeug einer Kolonne fuhren Radfahrer. Ihnen folgten langsam fahrend mit dem Pkw Mercedes die Zeugen A… sowie anschließend der vom Beklagten zu 1. geführte und gehaltene und bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherte Pkw VW Tuareg mit dem amtlichen Kennzeichen MÜR…, verbunden mit dem leeren Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen PM-…, der bei der Streithelferin haftpflichtversichert ist. Ihm folgte der Kläger mit seinem VW Bus T5 mit dem amtlichen Kennzeichen TF…. Nachdem eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h aufgehoben worden war beabsichtigten sowohl der Kläger wie auch der Beklagte zu 1., den Mercedes zu überholen. Hierbei kam es zum Unfall. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das Landgericht hat nach Anhörung des Sachverständigen L… und der Parteien die Beklagten mit Ausnahme des Verdienstausfallschadens antragsgemäß verurteilt. Unter Berufung auf die Ausführungen des Sachverständigen L… ist es davon ausgegangen, dass sich das Beklagtenfahrzeug mit dem Anhänger zwischen dem Pkw Mercedes der Zeugen A… und dem Klägerfahrzeug befunden haben muss. Der Beklagte hätte daher bei Einleitung des Überholvorgangs und der gebotenen Rückschau das Überholen des Klägerfahrzeuges bemerken und vom Überholen Abstand nehmen müssen. Für den Kläger sei der Unfall unvermeidbar gewesen. Insbesondere habe für ihn keine unklare Verkehrslage bestanden. Die Schäden seien mit Ausnahme des Verdienstausfalls wie beantragt zu ersetzen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und den rechtlichen Ausführungen wird auf das Urteil Bezug genommen.

Die Beklagten haben gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 28.04.2020 zugestellte Urteil mit am 22.05.2020 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 19.06.2020 begründet. Sie führen aus, das Landgericht habe zu einer Haftung der Beklagten von nicht mehr als zwei Drittel gelangen dürfen. Der Sachverständige L… habe sich in seinem Gutachten und der Anhörung nicht zu der Frage erklärt, wer zuerst den Überholvorgang eingeleitet habe. Vielmehr habe er lediglich gemutmaßt, dass das Ausscheren mit dem VW Kleinbus als erstes begonnen worden sei. Feststellungen dazu, dass dies nennenswert früher als die Einleitung des Überholvorgangs durch den Beklagten erfolgte, seien nicht getroffen worden. Erst recht könne nicht angenommen werden, dass sich das Klägerfahrzeug bereits neben dem Beklagtenfahrzeug befunden habe. Zudem habe der Kläger bei unklarer Verkehrslage überholt, da er die Spitze der Kolonne nicht habe einsehen können und diese bereits seit geraumer Zeit sehr langsam gefahren sei.

Das Schmerzensgeld sei übersetzt. Selbst bei einer vollen Haftung der Beklagten seien allenfalls 15.000 € angemessen. Das Landgericht habe bereits die Primärverletzungen nicht zutreffend erkannt. Noch nicht einmal vom Kläger vorgetragen seien unfallbedingte fünf Operationen, wie sie vom Landgericht angenommen werden. Die vom Landgericht herangezogenen Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte seien mit wesentlich schwereren Unfallfolgen verbunden gewesen. Die weitergehende Behandlungsbedürftigkeit, fortdauernde Schmerzen und dass der Kläger seinen Beruf nicht mehr ausüben könne, sei bestritten. Das Landgericht hätte deshalb darüber Beweis erheben müssen. Hinsichtlich der Sachverständigenkosten habe es die Weiterabtretung übersehen. Ebenso gingen die Feststellungen zu überhöhten Sachverständigenkosten in der Abrechnung fehl.

Sie beantragen, das am 24.03.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az. 12 O 223/18 teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen,

1. soweit sie verurteilt worden sind, mehr als 8.307,08 € nebst darauf entfallende Zinsen an den Kläger zu zahlen,

2. soweit sie verurteilt worden sind, mehr als 327,38 € nebst darauf entfallende Zinsen an den Kläger zu zahlen

3. soweit sie verurteilt worden sind, mehr als ein Schmerzensgeld i.H.v. 10.000,50 € nebst darauf entfallende Zinsen an den Kläger zu zahlen,

4. soweit festgestellt wird, dass sie über eine Haftungsquote von zwei Drittel hinaus verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen, die ihm zukünftig aus dem Verkehrsunfall vom …2017 entstehen,

5. soweit sie verurteilt worden sind, den Kläger von Sachverständigenkosten freizustellen,

6. soweit sie verurteilt worden sind, den Kläger freizustellen von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von mehr als 1.100,51 Euro.

Der Kläger hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertieft seine Ausführungen zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Zahlung eines über 25.000 € hinausgehenden Schmerzensgeldes wendet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Das Landgericht geht im Ergebnis zu Recht von einer Alleinhaftung der Beklagten aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 StVG, 823 BGB i.V.m. §§ 115 VVG, 1 PflVG für die unfallbedingten Schäden des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom …7.2017 gegen 19:15 Uhr auf der L… aus.

Dass es im Anwendungsbereich dieser Vorschriften zu einem Verkehrsunfall gekommen war, steht nicht im Streit. Mit der Berufung wenden sich die Beklagten auch allein gegen ihre über den Anteil von zwei Drittel hinausgehende Haftung.

a) Im Ergebnis der Ausführungen des Sachverständigen L… in seiner Anhörung vor dem Landgericht und unter Einbeziehung des den Parteien bekannten Sachverständigengutachtens aus dem Strafverfahren steht fest, dass der Kläger den Überholvorgang bereits eingeleitet hatte, als der Beklagte zu 1 mit seinem Überholmanöver begann. Die hiergegen gerichteten Einwände der Beklagten, gestützt auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen M…, tragen nicht.

Der Sachverständige L… hat in seinen gesamten Ausführungen deutlich gemacht, keine Unfallspuren auf der Fahrbahn festgestellt zu haben, aus denen er Rückschlüsse auf die Geschwindigkeiten oder den Unfallablauf ziehen könnte. Hinsichtlich der vom Sachverständigen M…vermuteten Spurzeichnung durch den Anhänger bleibt festzustellen, dass sich nicht mehr verlässlich feststellen lässt, ob diese Spur tatsächlich dem Anhänger zuzuordnen ist. Der Sachverständige M… vermutet dies lediglich, kann sich jedoch anhand des ihm vorliegenden Bildmaterials nicht verbindlich festlegen; der Sachverständige L…, der die Spuren persönlich vor Ort besichtigt hat, stellt diese Feststellung nachvollziehbar in Abrede. Mithin kann nach keine der vorliegenden Äußerungen eine konkrete Feststellung auf der Basis von objektivierbaren Fahrbahnspuren getroffen werden. Etwas anderes ist auch nicht von einer erneuten Begutachtung zu erwarten. Damit kann auch nach beiden Sachverständigen kein Rückschluss auf die vom Kläger gefahrene Geschwindigkeit, insbesondere einer solchen über die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h hinaus getroffen werden. Dabei muss auch die Unfallstelle ca. 100 m nach Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h und die vom Sachverständigen M… als plausibel eingeschätzte Kollisionsgeschwindigkeit des Klägerfahrzeugs mit dem Baum von ca. 70 km/h in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Für eine vom Sachverständigen M… angenommene Vollbremsung des Klägers und damit eine wesentlich überhöhte Geschwindigkeit vor der Erstkollision gibt der Sachverhalt keinen Anhalt.

Zutreffend stellt der Sachverständige M…die zeichnerische Darstellung der Unfallkonstellation durch den Sachverständigen L… in Abrede. Denn diese Darstellung, die eine Parallelstellung der Fahrzeuge und eine Kollision des linken Heckteils des Anhängers mit dem Klägerfahrzeug nahe legt, ist mit der tatsächlichen Spurenlage nicht in Übereinstimmung zu bringen. Allerdings geht der Sachverständige L… in seinem Gutachten für die Bewertung von zutreffenden Schadenslagen aus. Danach beschreibt er nachvollziehbar, dass zunächst eine Kollision des vorderen linken Teils des Anhängers mit der rechten hinteren Seite des Klägerfahrzeugs (Stauchung) in einem spitzen Winkel erfolgte, wobei der Anhänger eine höhere Geschwindigkeit innehatte, als das Klägerfahrzeug. Zeitgleich gab es einen Kontakt des linken hinteren Reifens des Beklagtenfahrzeugs mit der Beifahrertür des Klägerfahrzeugs. In der Folge schleuderte der Anhänger nach rechts und stieß mit der rechten vorderen Seite gegen die linke hintere Seite des Mercedes des Zeugen A…. Damit steht nach der Spurenlage, die auch der Sachverständige M… in seiner Stellungnahme nicht ernsthaft in Frage stellt, fest, dass sich zum Zeitpunkt der Primärkollision das Zugfahrzeug des Anhängers, der Pkw des Beklagten zu 1., bereits neben dem Fahrzeug des Zeugen A… befunden haben muss. Damit im Einklang stehen die Aussagen der Zeugen A… Danach soll sich zwar bereits der Anhänger in Höhe der Fahrertür befunden haben. Dies ist vom Ablauf her bereits nicht möglich, wie auch der Sachverständige L… ausgeführt hat, jedenfalls aber das Fahrzeug des Beklagten zu 1. Allerdings muss sich zu diesem Zeitpunkt das Klägerfahrzeug ebenfalls bereits links neben dem Beklagtenfahrzeug befunden haben. Denn eine solche Anstoßkonstellation ist nur möglich, wenn der Kläger den Anhänger bereits nahezu vollständig überholt und sich – wie er in seiner Anhörung bestätigt hat – bereits neben dem Zugfahrzeug befunden hat und auf dessen Fahrer blicken konnte. Die vom Sachverständigen M… zeichnerisch dargestellte Kollisionsstellung ist ferner mit der Annahme des Sachverständigen L… einer leichten Ausweichbewegung des Klägerfahrzeugs nach links in Übereinstimmung zu bringen. Der daraus vom Sachverständigen gezogene Schluss, das Klägerfahrzeug habe bereits vor dem Beklagten mit dem Überholvorgang begonnen und sich einige Zeit auf der Gegenfahrbahn befunden, ist daher zwanglos nachvollziehbar. Es steht zudem im Einklang mit dem zu erwartenden Fahrverhalten des Klägers mit einer – wenn auch nicht Vollbremsung – Bremsung und Ausweichbewegung nach links auf das Überholen des Beklagten zu 1. in dieser Situation und den zurückgelegten Wegstrecken verbunden mit der nachvollziehbaren Annahme einer höheren Geschwindigkeit des Beklagtenfahrzeugs. Dieses Beweisergebnis steht im Übrigen im Einklang mit dem von Amts- und Landgericht im Strafverfahren getroffenen Feststellungen und nach Anhörung beider Sachverständigen durch das Landgericht.

Damit steht fest, dass der Beklagte zu 1. erst zum Überholen angesetzt hatte, als sich das Klägerfahrzeug bereits im Überholvorgang befand. Es liegt ein Verstoß gegen § 5 Abs. 4 StVO vor, da der Beklagte zu 1. zum Überholen angesetzt hatte, ohne auf den nachfolgenden Verkehr zu achten. Er durfte zudem nicht darauf vertrauen, dass der ihm nachfolgende Verkehr nicht ebenfalls zum Überholen ansetzt. Damit im Einklang steht i.Ü. seine Aussage unmittelbar nach dem Unfall, nach der er eigentlich gar nicht überholen wollte. Erst im Laufe des Strafprozesses hat er seine Unfalldarstellung geändert.

b) Ein in die nach § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmenden Abwägung von Verursachungsbeiträgen der Beteiligten Fahrzeugführer einzustellendes schuldhaftes Fehlverhalten des Klägers ist nicht ersichtlich. Insbesondere steht ein unfallkausaler Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO, Überholen bei unklarer Verkehrslage, nicht fest.

Eine unklare Verkehrslage ist gegeben, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, wenn also die Verkehrslage unübersichtlich bzw. ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht zu beurteilen ist und Zweifel bestehen, ob der Überholvorgang gefahrlos beendet werden kann (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Heß, 26. Aufl. 2020, StVO § 5, Rn. 26). Eine solche Situation lag gegenüber dem Beklagten zu 1. nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob das Langsamfahren einer Kolonne allein ausreicht, um eine unklare Verkehrslage anzunehmen. Jedenfalls aber hatte der Kläger auf das ihm vorausfahrende Fahrzeug des Beklagten zu 1. die notwendige Sicht. Es bestand für ihn objektiv kein Anhalt für die Annahme, er könne dieses Fahrzeug nicht gefahrlos überholen, zumal das Fahrverhalten des Beklagtenfahrzeugs kein Anhalt für eine Gefährdungssituation gab.

Für eine Geschwindigkeitsüberschreitung des Klägerfahrzeugs (so in BGH, Urteil vom 18. Mai 1971 – VI ZR 267/69 –, Rn. 17, juris) fehlen Anhaltspunkte. Auch die verbleibende allgemeine Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs führt nicht zu einer Haftungsquote, § 17 StVG . Allein das beabsichtigte Überholen mehrerer Fahrzeuge genügt für eine Erhöhung der allgemeinen Betriebsgefahr nicht. Dem gegenüber war die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs – neben dem Verkehrsverstoß – dadurch erhöht, dass er aufgrund des Anhängers keine Sicht auf die hinter ihm fahrenden Fahrzeuge hatte. Bereits die Abwägung der Verursachungsanteile an dem Unfall lässt in dieser Situation die einfache Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs zurücktreten.

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Darüber hinaus hat der Sachverständige L… auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen ausgeführt, dass der Unfall für die beiden anderen Fahrzeugführer, mithin auch für den Kläger, unvermeidbar war. Getragen wird diese Feststellung aus der Kollisionsstellung und der Aussage des Zeugen A… vor dem Amtsgericht, nach der der Beklagte zu 1 sehr dicht hinter ihm gefahren sei und es deshalb ein zügiges Ausscheren gegeben haben muss, um die Kollisionsstellung und die Geschwindigkeiten – der Zeuge A… war langsam gefahren – zu erreichen.

2. a) Zu ersetzen ist der unstreitig bestehende Fahrzeugschaden in Höhe von 12.460 € (13.000 € – Restwert von 560 € zuzüglich 20,00 € Kostenpauschale).

b) Ebenso ersatzfähig sind die Heilbehandlungskosten i.H.v. 491,05 €, die dem Grunde nach nicht in Abrede gestellt werden.

c) Die unfallbedingten Verletzungen rechtfertigen ein Schmerzensgeld von 25.000 €.

Die Grundsätze der Schmerzensgeldbemessung hat das Landgericht zutreffend dargestellt. Auf diese wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen hat der Senat in seinem Beschluss 18.03.2021 auf der Basis der vorgelegten Krankenunterlagen zusammengefasst. Von einer nochmaligen Darstellung wird daher abgesehen. Die Beklagten haben die dort zusammengestellten Unfallfolgen unstreitig gestellt; der Kläger hat Berichtigungsbedarf nicht angezeigt.

Diese rechtfertigen in der Gesamtwürdigung der Gesundheitsfolgen wie auch des Genugtuungsinteresses ein Schmerzensgeld von 25.000 €. Dabei hat sich der Senat orientiert an der Rechtsprechungsübersicht von Slizyk, Schmerzensgeld 2020, S 529ff; 534ff. Insbesondere der aufgrund des Plattenbruchs komplikationsbehaftete Heilungsverlauf mit mehreren operativen Eingriffen und einer langwierigen Arbeitsunfähigkeit bei bleibenden Beeinträchtigungen rechtfertigen ein Schmerzensgeld, das deutlich über die Vorstellungen der Beklagten hinausgeht, jedoch ein höheres Schmerzensgeld, wie es z.B. den Entscheidungen BGH, Urteil vom 07.02.1995 – VI ZR 201/94 -; OLG Stuttgart, Urteil vom 31.10.2002 – 19 U 257/01 – oder OLG Köln, Urteil vom 23.08.2000 – 11 U 29/00 – zugrunde lag, nicht rechtfertigt.

d) Der Feststellungsantrag wird dem Grunde nach mit der Berufung nicht in Frage gestellt und ist aufgrund der Schwere der Verletzungen zwanglos begründet.

e) Auch der Freistellungsantrag bzgl. der Sachverständigenkosten i.H.v. 1.437,85 € ist begründet. Der Anspruch folgt aus §§ 18 Abs. 1 StVG i.V.m. 249 Abs. 1 BGB, da die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Verfolgung der Schadensersatzansprüche erforderlich und zweckmäßig ist. Dem Ausspruch steht nicht entgegen, dass unstreitig die Forderung durch das beauftragte Sachverständigenbüro … an die … GmbH abgetreten ist. Denn die zugrunde liegende Forderung gegen den Kläger aus der Rechnung bleibt auch nach der Abtretung bestehen und ist hinreichend genau bezeichnet. Da lediglich Freistellung und nicht Zahlung begehrt wird, kommt es auf den aktuellen Gläubiger hier nicht an.

Die Einwände gegen die Höhe der Gutachterkosten greifen nicht durch. Im Grundsatz kann der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.Indes ist der vom Geschädigten aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13 –, Rn. 15-17; Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 –, Rn. 13, juris). Dabei ist es Sache der Beklagten, die Unwirtschaftlichkeit der Abrechnung zu belegen. Bei der nach § 287 ZPO vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung kann eine Orientierung an den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes erfolgen (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 –, Rn. 20, juris). Danach ist anerkannt, dass neben dem Grundhonorar Schreibkosten in Ansatz gebracht werden können (BGH a.a.O.). Nach § 12 JVEG ermitteln sich die Kosten anhand der Zahl der Anschläge (0,90 € je angefangene 1000 Anschläge). In der Rechtsprechung werden ferner Kosten bis zu 1,80 € je Seite anerkannt. Insoweit besteht hier kein Anlass, die Abrechnung zu beanstanden. Ferner stellt es keinen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot dar, wenn der Gutachter Kosten für eine Fahrzeugbewertung berücksichtigt hat (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 –, Rn. 23, juris).Fremdleistungen, die der Sachverständige selbst in Anspruch genommen hat und die ihm seinerseits in Rechnung gestellt worden sind, sind ohne weiteres erforderlich und damit ersatzfähig. Denn der Geschädigte darf in aller Regel davon ausgehen, dass die durch eine – nicht ersichtlich willkürliche – Fremdvergabe von Leistungen entstandenen (weiteren) Kosten in aller Regel zur Erstellung des Schadensgutachtens erforderlich waren. Damit sind auch Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Dritten wie z.B. die „EDV-Abrufgebühr“, die „Fahrzeugbewertung“, soweit sie unstreitig sind oder nachweislich tatsächlich angefallen sind, aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten als erforderlich anzusehen (LG Saarbrücken, Urteil vom 19. Dezember 2014 – 13 S 41/13 –, Rn. 41, juris bestätigt durch BGH a.a.O.). Ausweislich des Gutachtens sind die Systeme Audatex und Autoonline für die Gutachtenerstellung verwendet worden.

Soweit für die Vorbereitung oder die Erstattung des Gutachtens Fotos erforderlich werden, sind die anfallenden Kosten nach § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 JVEG gesondert erstattungsfähig. Eine Beschränkung der Anzahl der zu erstattenden Fotos oder Farbausdrucke sieht das JVEG nicht vor, jedoch kann Aufwendungsersatz nur für solche Fotos gewährt werden, die zur Vorbereitung oder Erstattung des Gutachtens notwendig waren. Die Frage der Notwendigkeit ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig, wobei sämtliche Fotos als notwendig anzusehen sind, deren Fertigung der Sachverständige nach seinem pflichtgemäßem Ermessen im Hinblick auf den ihm erteilten Auftrag für erforderlich halten durfte (Schneider JVEG/Schneider, 3. Aufl. 2018, JVEG § 12, Rn. 56 vgl. auch BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 –, Rn. 22, juris). Nach diesen Grundsätzen mögen zwar bei wenigen Fotos Zweifel an der Erforderlichkeit begründet sein. Dies lag schon wegen der geringen Anzahl für einen Geschädigten allerdings nicht auf der Hand. Es liegt auch kein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vor, wenn geringfügig mehr als die nach dem JVEG möglichen Kosten für jedes Foto (1. Abzug) mit einer Pauschale von 2 € abgerechnet werden. Da zudem lediglich Freistellung begehrt wird, haben es die Beklagten letztlich selbst in der Hand, die Erforderlichkeit der Kostenpositionen mit dem Sachverständigen zu klären.

f) Die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten richten sich nach den letztlich begründeten Forderungen des Klägers und sind nach §§ 286, 288 BGB jedenfalls in vom Landgericht zugesprochener Höhe erstattungsfähig. Der Zinsanspruch folgt ebenfalls aus §§ 286, 288 BGB.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.420,61 € festgesetzt (§§ 48, 47 GKG).

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